Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Günther Knoblauch SPD vom 22.05.2015 Neubau von Schulen Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist es rechtlich möglich, ohne förderschädlich zu sein, dass eine Kommune zum Bau einer Schule eine eigene kommunale Gesellschaft beauftragt (statt privater Firmen im ÖPP-Modell), um die Vorteile des öffentlichen Auftragswesens mit denen des privaten Handelns zu verbinden? 2. a) Welche Voraussetzungen sind dafür nötig? b) Welche Voraussetzungen sind nötig, wenn zwei Kommunen oder eine Kommune und ein Landkreis einen Zweckverband gründen, um eine kommunale Gesellschaft zu beauftragen? c) Muss dabei ein Grundstück eingebracht werden? 3. a) Gibt es im Freistaat Fälle, in denen eine kommunale Gesellschaft von einer Kommune zum Bau einer Schule beauftragt wurde (bitte detailliierte Angaben zu den Orten bzw. Projekten)? b) Gibt es im Freistaat Fälle, in denen eine kommunale Gesellschaft von einem Zweckverband zum Bau einer Schule beauftragt wurde (bitte detailliierte Angaben zu den Orten bzw. Projekten)? 4. Wie schätzt die Staatsregierung ein solches Modell mit der Beauftragung kommunaler Gesellschaften zum Bau von Schulen ein? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 01.07.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1. Ist es rechtlich möglich, ohne förderschädlich zu sein, dass eine Kommune zum Bau einer Schule eine eigene kommunale Gesellschaft beauftragt (statt privater Firmen im ÖPP-Modell), um die Vorteile des öffentlichen Auftragswesens mit denen des privaten Handelns zu verbinden? Kommunalrechtlich ist es grundsätzlich zulässig, dass eine Kommune zum Bau einer Schule eine kommunale Gesellschaft gründet oder ein bestehendes kommunales Unternehmen im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben den Bau übernimmt. Den Neubau öffentlicher Schulen und schulischer Sportanlagen fördert der Freistaat Bayern nach Art. 10 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Finanzausgleichsgesetz – FAG) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG). Empfänger der staatlichen Zuweisungen sind Gemeinden, Landkreise, Bezirke, Verwaltungsgemeinschaften , Schulverbände und kommunale Zweckverbände (nachfolgend: Kommunen). Kommunale Unternehmen gehören dagegen nicht zum Kreis der Zuweisungsempfänger , unabhängig davon, ob sie in der Rechtsform selbstständiger Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts oder in den Rechtsformen des Privatrechts betrieben werden. Die Einbindung eines kommunalen Unternehmens ist dann nicht förderschädlich, wenn die Kommune eigenverantwortlicher Maßnahmenträger und damit Vertragspartner der ausführenden Firmen bleibt. Gleiches gilt, wenn die Kommune dem kommunalen Unternehmen einen Baukostenzuschuss gemäß Nr. 4.2 der Richtlinie über die Zuweisungen des Freistaats Bayern zu kommunalen Baumaßnahmen im kommunalen Finanzausgleich (Zuweisungsrichtlinie – FAZR) gewährt; in diesem Fall ist der kommunale Baukostenzuschuss nach Art. 10 FAG förderfähig. Ist die Kommune – und nicht ihr Unternehmen – verantwortlicher Maßnahmenträger, dann ist sie auch der öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts. Das kommunale Unternehmen wäre auch dann, wenn es bei der Auftragsvergabe eingebunden wäre, nur ausführende Stelle ohne Entscheidungskompetenz . Damit muss die Kommune auch bei der Einbindung ihres Unternehmens die Leistungen unter Beachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen vergeben . Eine Ausnahme kann unter den Voraussetzungen der sogenannten Inhouse-Vergabe in Betracht kommen, soweit das kommunale Unternehmen selbst Leistungen gegenüber der Kommune erbringt (siehe dazu Antwort zu Frage 2 a). Bei der Vergabe von Bauaufträgen muss die Kommune unterhalb des maßgeblichen EU-Schwellenwertes von derzeit 5,186 Mio. € die Vergabegrundsätze beachten, die das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat aufgrund des § 31 Abs. 2 KommHV-Kameralistik (§ 30 Abs. 2 KommHV-Doppik) in der Bekanntmachung zur „Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich“ in der jeweils geltenden Fassung festgelegt hat. Dazu gehört unter anderem der 1. Abschnitt der VOB/A. Erreicht oder überschreitet der Auftragswert (ohne Umsatzsteuer ) den genannten Schwellenwert, ist die Kommune nach den bundesrechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) verpflichtet, den 2. Abschnitt der VOB/A mit Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.08.2015 17/7328 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7328 seinen förmlichen europaweiten Ausschreibungsverfahren zu beachten. Diese Vergabegrundsätze sind sowohl in den Fällen, in denen die Kommune eigenverantwortlicher Maßnahmeträger bleibt, als auch in den Fällen eines kommunalen Baukostenzuschusses über die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBestK) Bestandteil des Zuwendungsbescheides . Ihre Einhaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für die staatliche Förderung. Verstöße hiergegen erfordern regelmäßig die Überprüfung der Förderfähigkeit der jeweiligen Maßnahmen. 2. a) Welche Voraussetzungen sind dafür nötig? Die allgemein geltenden Anforderungen des kommunalen Unternehmensrechts (Art. 86 ff. GO; Art. 74 ff. LKrO) sind zu beachten. Voraussetzung für eine Neugründung eines kommunalen Unternehmens oder die Erweiterung des Unternehmenszwecks ist insbesondere, dass ein öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kommune damit eine gesetzliche Verpflichtung oder ihre Aufgaben erfüllen will. Der Neubau einer öffentlichen Schule gehört zu den Aufgaben der Kommune, soweit sie Schulaufwandsträger ist (Art. 3, 8 Abs. 1, Art. 15 Schulfinanzierungsgesetz – SchFG). Soll ein kommunales Unternehmen eingeschaltet werden, ist die jeweilige Aufgabe in der Unternehmenssatzung oder dem Gesellschaftsvertrag hinreichend klar festzulegen. Eine Neugründung eines Unternehmens in Privatrechtsform ist ferner nur zulässig , wenn die Kommune angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Gremium erhält und die Haftung der Kommune auf einen bestimmten, ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird (Art. 92 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 GO, Art. 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 LkrO). Sind an dem Unternehmen private Dritte beteiligt, sind die vergaberechtlichen Bestimmungen (siehe Antwort zu Frage 1) bei der Erbringung von Leistungen des Unternehmens gegenüber der Kommune stets zu beachten. Wird es dagegen nur von Kommunen getragen, die es wie ihre eigenen Dienststellen kontrollieren, und erbringt es seine Tätigkeiten im Wesentlichen nur für seine Träger, so ist aufgrund der vom EuGH entwickelten sogenannten Inhouse-Kriterien eine direkte Beauftragung des kommunalen Unternehmens möglich. Die wesentlichen schul- und förderrechtlichen Voraussetzungen für staatliche Zuweisungen zum Neubau von Schulen ergeben sich aus der schulaufsichtlichen Genehmigung (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs - und Unterrichtswesen – BayEUG – i. V. m. § 4 Schulbauverordnung – SchulbauV) und aus der Zuweisungsrichtlinie FAZR. b) Welche Voraussetzungen sind nötig, wenn zwei Kommunen oder eine Kommune und ein Landkreis einen Zweckverband gründen, um eine kommunale Gesellschaft zu beauftragen? Voraussetzung für eine Zusammenarbeit kommunaler Gebietskörperschaften ist, dass sie damit eigene Aufgaben erfüllen (vgl. Art. 3 Abs. 1 KommZG). Besondere Voraussetzungen für Gründung eines Zweckverbands, der anschließend eine kommunale Gesellschaft gründen oder beauftragen will, liegen nicht vor. c) Muss dabei ein Grundstück eingebracht werden? Nein. 3. a) Gibt es im Freistaat Fälle, in denen eine kommunale Gesellschaft von einer Kommune zum Bau einer Schule beauftragt wurde (bitte detailliierte Angaben zu den Orten bzw. Projekten)? b) Gibt es im Freistaat Fälle, in denen eine kommunale Gesellschaft von einem Zweckverband zum Bau einer Schule beauftragt wurde (bitte detailliierte Angaben zu den Orten bzw. Projekten)? Der Staatsregierung liegen in den 2.056 selbstständigen Kommen dazu keine Erkenntnisse vor. Von einer bayernweiten Erhebung dieser Daten wurde wegen der für die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit abgesehen. 4. Wie schätzt die Staatsregierung ein solches Modell mit der Beauftragung kommunaler Gesellschaften zum Bau von Schulen ein? Eine Bewertung ist nur im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und besonderen Umstände möglich.