Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 28.04.2015 Beiträge und Rücklagen der Industrie- und Handelskammern Bayerns Gemäß § 3 Absatz 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern dürfen die Industrie- und Handelskammern (IHK) Beiträge zur Finanzierung ihrer Tätigkeit von den Mitgliedern erheben. Nach gängiger Rechtsprechung ist dabei die Bildung von Rücklagen zulässig, soweit diese zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben notwendig sind und entsprechende Beschlüsse zur Bildung solcher Rücklagen gefasst sind. Damit ist die Planung unspezifischer Überschüsse (Gewinne) nach dem Gesetz unzulässig. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Mit welchen Maßnahmen stellt die Staatsregierung sicher, dass im Bezirk der IHK München und Oberbayern nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) München vom 20.01.2015 keine weiteren Beitragsbescheide für das Jahr 2013 erlassen werden? b) Mit welchen Maßnahmen stellt die Staatsregierung sicher, dass im Bezirk der IHK München und Oberbayern keine weiteren Beitragsbescheide für das laufende Jahr 2015 sowie für vergangene Jahre erlassen werden, in denen die sachlichen Voraussetzungen (unspezifische Gewinnvorträge) wie für das Jahr 2013 vorlagen? c) Welche Maßnahmen seitens der Rechtsaufsicht sind im Hinblick auf die Beitragsbescheide der IHK München und Oberbayern geplant, die nach dem Urteil des VG München erlassen wurden? 2. In welchen IHK-Bezirken in Bayern wurden in den Jahren 2010–2014 ebenfalls unspezifische Gewinnvorträge über Jahre vorgetragen bzw. ungeplante Gewinne nachträglich anderen Zwecken zugeführt (bitte Aufstellung nach Haushaltsjahr, Höhe, Vortrag bzw. Umwidmung)? a) Lagen hinsichtlich möglicher Überschuss-/Gewinnplanungen in anderen IHKn in Bayern Beschlüsse vor, die eine solche Planung rechtfertigten? Wenn ja, welche? 3. Mit welchen Maßnahmen will die Staatsregierung sicherstellen , dass in den IHK-Bezirken in Bayern für Haushaltsjahre, die in gleicher Weise beplant wurden, wie dies zum Urteil des VG München geführt hat, keine weiteren Bescheide erlassen werden? 4. Hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren bei einer IHK eine Wirtschaftssatzung zurückgewiesen , weil eine dem Gesetz nach unzulässige Überschuss -/Gewinnplanung vorlag? 5. Wie hoch sind insgesamt in IHKn in Bayern die geplanten Überschüsse/Gewinne in den Jahren 2010–2015 (bitte Angabe in tabellarischer Form)? 6. Welcher sachliche oder rechtliche Grund rechtfertigt eine Umbuchung aus der bis 2018 abzuschmelzenden Liquiditätsrücklage in den Gewinnvortrag? a) Gibt es hinsichtlich dieses Sachverhalts eine Intervention der Rechtsaufsicht? Wenn ja, in welcher Form? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 30.06.2015 1. a) Mit welchen Maßnahmen stellt die Staatsregierung sicher, dass im Bezirk der IHK München und Oberbayern nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) München vom 20.01.2015 keine weiteren Beitragsbescheide für das Jahr 2013 erlassen werden ? Zunächst zu den Entscheidungsgründen des genannten Urteils : Das Gericht hat die von der Klägerin in erster Linie gerügte Höhe verschiedener Rücklagen nicht beanstandet und diesbezüglich auf den Beurteilungsspielraum der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer verwiesen . Lediglich den im Wirtschaftsplan der IHK für München und Oberbayern für das Jahr 2013 vorgesehenen Gewinnvortrag hat das Gericht als unzulässig angesehen. Dieser wäre wegen des Verbots der Vermögensbildung grundsätzlich als Einnahme in den Wirtschaftsplan einzustellen gewesen . Allerdings hat das Gericht explizit ausgeführt, dass es ebenfalls zulässig ist, einen Gewinnvortrag durch Beschluss der Vollversammlung einem speziellen Zweck (z. B. Rücklagenbildung für Projekte) zuzuführen. Diesen Zuordnungsfehler hat die IHK für München und Oberbayern nachträglich korrigiert. Durch Beschlüsse der Vollversammlung (vom 18. März 2015 und 13. April 2015) wurden die bisher ohne verbindliche Zweckbindung ausgewiesenen Gewinnvorträge zweckgebundenen Rücklagen zugeführt (u. a. zur Generalsanierung des Haupthauses in München, zur Finanzierung neuer regionaler Geschäftsstellen ). Auch wenn das Urteil einen Beitragsbescheid aus dem Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.08.2015 17/7337 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7337 Jahr 2013 betrifft, wurden die entsprechenden Korrekturen auch für zurückliegende Jahre vorgenommen, in denen ein Gewinn ohne konkrete Zweckbindung vorgetragen wurde. Die Wirtschaftssatzungen der Jahre 2011 bis 2014 wurden rückwirkend ersetzt und die Jahresabschlüsse der Jahre 2011 bis 2013 entsprechend geändert. Grundbeitrag und Umlagesatz der neuen Wirtschaftssatzungen 2011 bis 2014 wurden nicht geändert, somit sind diese ergebnisneutral. Seit Juni 2015 werden alle Beitragsbescheide auf Basis der neu in Kraft getretenen Wirtschaftssatzungen erlassen. Frühere Beitragsbescheide sind durch die beschriebenen Maßnahmen geheilt worden. Die Beitragsbescheide auf Basis der neu erlassenen Wirtschaftssatzungen sind rechtmäßig und führen zu keiner Mehrbelastung der Mitgliedsunternehmen in Form höherer Beiträge. Weitere Maßnahmen der Rechtsaufsicht sind nicht geboten. b) Mit welchen Maßnahmen stellt die Staatsregierung sicher, dass im Bezirk der IHK München und Oberbayern keine weiteren Beitragsbescheide für das laufende Jahr 2015 sowie für vergangene Jahre erlassen werden, in denen die sachlichen Voraussetzungen (unspezifische Gewinnvorträge) wie für das Jahr 2013 vorlagen? Für die Jahre 2011 bis 2014 wurde die Frage bereits unter 1 a mit beantwortet. Für das laufende Jahr 2015 wurde die Wirtschaftssatzung ebenfalls durch Beschluss der Vollversammlung entsprechend geändert; damit entsprechen die auf dieser Basis ergehenden Beitragsbescheide den Anforderungen des Urteils des VG München. c) Welche Maßnahmen seitens der Rechtsaufsicht sind im Hinblick auf die Beitragsbescheide der IHK München und Oberbayern geplant, die nach dem Urteil des VG München erlassen wurden? Die IHK für München und Oberbayern hat im Zeitraum zwischen dem Urteilsspruch des VG München und dem Neuerlass der Wirtschaftssatzungen keine Beitragsbescheide erlassen. Im Übrigen ergibt sich die Antwort bereits aus der Antwort zu Frage 1 a. 2. In welchen IHK-Bezirken in Bayern wurden in den Jahren 2010–2014 ebenfalls unspezifische Gewinnvorträge über Jahre vorgetragen bzw. ungeplante Gewinne nachträglich anderen Zwecken zugeführt (bitte Aufstellung nach Haushaltsjahr, Höhe, Vortrag bzw. Umwidmung)? Die Industrie- und Handelskammern Aschaffenburg, Bayreuth und Würzburg haben in den Jahren 2010 bis 2013 Gewinne in die kommenden Haushaltsjahre vorgetragen, die Industrie- und Handelskammer Coburg in den Jahren 2010 bis 2012. Die übrigen Kammern haben Bilanzgewinne jeweils im Rahmen der Feststellung des jeweiligen Jahresabschlusses im Folgejahr durch Beschluss der Vollversammlung einem Zweck zugeführt. Eine nachträgliche Zuführung von ungeplanten Gewinnen zu anderen Zwecken hat bei keiner der Kammern stattgefunden. Die Feststellung der Jahresabschlüsse für das Jahr 2014 ist noch nicht abgeschlossen . Einzelheiten sind der beigefügten Tabelle (Anlage 1) zu entnehmen, wobei Gewinnvorträge in Folgejahre farblich markiert sind. Ausführungen zur rechtlichen Würdigung folgen bei der Beantwortung der Frage 3. a) Lagen hinsichtlich möglicher Überschuss-/Gewinnplanungen in anderen IHKn in Bayern Beschlüsse vor, die eine solche Planung rechtfertigten ? Wenn ja, welche? Die Überschuss-/Gewinnplanungen der bayerischen Industrie - und Handelskammern ergeben sich aus der Antwort zu Frage 5. Wie aus der dortigen Tabelle (Anlage 3) ersichtlich ist, gab es in manchen Fällen geplante Jahresüberschüsse, in vielen Fällen aber auch geplante Jahresfehlbeträge. Der geplante Bilanzgewinn lag meistens bei 0 €. Die Überschuss/-Gewinnplanung ist Teil des Wirtschaftsplans (bzw. des Nachtragswirtschaftsplans). Die Beschlussfassung erfolgt jeweils in der Vollversammlung. Die beigefügte Tabelle (Anlage 2) enthält alle Vollversammlungsbeschlüsse der übrigen bayerischen Industrie- und Handelskammern (ohne IHK München) seit 2009, in denen ein Wirtschaftsplan bzw. ein Nachtragswirtschaftsplan bzw. eine Gewinnverwendung beschlossen wurde. 3. Mit welchen Maßnahmen will die Staatsregierung sicherstellen, dass in den IHK-Bezirken in Bayern für Haushaltsjahre, die in gleicher Weise beplant wurden, wie dies zum Urteil des VG München geführt hat, keine weiteren Bescheide erlassen werden ? Zunächst ist festzuhalten, dass das Urteil des VG München sich nur mit der Wirtschaftssatzung der IHK für München und Oberbayern für das Jahr 2013 befasst hat und nur insoweit Rechtskraft entfaltet. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie hat dennoch, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, die übrigen bayerischen Industrie- und Handelskammern mit einem Schreiben auf das Urteil des VG München hingewiesen und – falls erforderlich – beratende Unterstützung zugesagt. Ein wesentlicher Punkt aus Sicht der Rechtsaufsicht ist, dass das am 30. November 2012 von der Kommission für Kammerrechtspolitik neu beschlossene Musterfinanzstatut in § 15 a Abs. 3 Folgendes bestimmt: „Ergebnisse können auf neue Rechnung vorgetragen werden. Sie sind spätestens im zweiten der Entstehung folgenden Geschäftsjahr den Rücklagen zuzuführen oder im darauffolgenden Geschäftsjahr für den Ausgleich des Erfolgsplans (alternativ: Plan-GuV) heranzuziehen.“ Das Musterfinanzstatut wurde von allen bayerischen Industrie - und Handelskammern mit Wirkung ab 2015 entsprechend umgesetzt. Damit werden die Finanzstatute aller bayerischen Industrie- und Handelskammern in der geltenden Fassung den Feststellungen des Urteils des VG München zum Gewinnvortrag gerecht. Dies hat das VG München für die IHK München und Oberbayern unter Ziffer 3 b der Entscheidungsgründe explizit festgestellt. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass die Beitragsbescheide der IHK München und Oberbayern , welche auf Basis der rückwirkend neu erlassenen Wirtschaftssatzungen ergehen, ergebnisneutral sind, d. h. sie führen weder zu einer Mehrbelastung noch zu einer Entlastung der Mitgliedsunternehmen. Drucksache 17/7337 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 4. Hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren bei einer IHK eine Wirtschaftssatzung zurückgewiesen , weil eine dem Gesetz nach unzulässige Überschuss-/Gewinnplanung vorlag? § 11 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) regelt, welche Beschlüsse der Vollversammlung, welche einer Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde bedürfen. Die Wirtschaftssatzungen der Industrie- und Handelskammern sind dort nicht genannt und müssen demzufolge nicht genehmigt werden. 5. Wie hoch sind insgesamt in IHKn in Bayern die geplanten Überschüsse/Gewinne in den Jahren 2010–2015 (bitte Angabe in tabellarischer Form)? Siehe Tabelle, Anlage 3. 6. Welcher sachliche oder rechtliche Grund rechtfertigt eine Umbuchung aus der bis 2018 abzuschmelzenden Liquiditätsrücklage in den Gewinnvortrag? Bei keiner der neun bayerischen Industrie- und Handelskammern hat eine Umbuchung der bis spätestens zum 31. Dezember 2018 aufzulösenden Liquiditätsrücklage in den Gewinnvortrag stattgefunden. a) Gibt es hinsichtlich dieses Sachverhalts eine Intervention der Rechtsaufsicht? Wenn ja, in welcher Form? Da der beschriebene Sachverhalt nicht gegeben ist, stellt sich die Frage nach einem Tätigwerden der Rechtsaufsicht nicht. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7337 Industrie- und Handelskammer Regensburg für Oberpfalz / Kelheim Bilanzgewinn/Gewinnvortrag 2010 bis 2015 24.06.2015 Frage 2 In welchen IHK-Bezirl