Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN vom 12.05.2015 Gyphosateinsatz in Bayern I Zu den bereits bekannten schädigenden Wirkungen des Herbizids Glyphosat nahm die WHO im März 2015 eine Neubewertung von Glyphosat vor. Aufgrund von Studien der IARC (International Agency for Research on Cancer), die im Tierversuch ausreichende Belege für eine Kanzerogenität lieferten, stufte die WHO Glyphosat, eines der weltweit am häufigsten eingesetzten Herbizide, als Wirkstoff der Gruppe 2A (wahrscheinlich krebserzeugend) ein. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Welche Mengen glyphosathaltiger Pestizide wurden jeweils in den letzten zwei Jahren eingesetzt? a) Im Bereich des Landwirtschaftsministeriums (LfL, LWG)? b) Im Bereich des Finanzministeriums (Schlösser und Seenverwaltung)? c) Im Bereich des Innenministeriums (Hochbau- und Straßenbauverwaltung)? 2. Wird Glyphosat auf weiteren Flächen im Staatsbesitz eingesetzt? a) Wenn ja, auf welchen Flächen? b) In welchen Mengen? 3. Werden bei der Landesanstalt für Landwirtschaft oder bei der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau glyphosathaltige Pestizide zur Sikkation vor der Ernte eingesetzt? a) Wenn ja, seit wann? b) Für welche Ackerfrüchte? c) In welchen Mengen? 4. Wird die Sikkation vor der Ernte von staatlichen Landwirtschaftsberatern empfohlen? a) Wenn ja, seit wann? b) Jeweils für welche Ackerfrüchte? c) Unter welchen Voraussetzungen (bitte genaue Definition angeben)? 5. Hält die Staatsregierung den Einsatz glyphosathaltiger Pestizide zur Sikkation, also zur Erleichterung der Ernte, mit dem Ziel einer Reduktion des Einsatzes von Pestiziden für vereinbar? 6. a) Sind glyphosathaltige Herbizide bei der pfluglosen Bewirtschaftung inzwischen Standard? b) Sind der Staatsregierung die Versuchsergebnisse der DLG zum Einsatz von Glyphosat bekannt? c) Ist der Staatsregierung die Studie von Horst-Henning Steinmann, Uni Göttingen, zur Glyphosatanwendung in Deutschland bekannt? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 06.07.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet : 1. Welche Mengen glyphosathaltiger Pestizide wurden jeweils in den letzten zwei Jahren eingesetzt? a) Im Bereich des Landwirtschaftsministeriums (LfL, LWG)? Im Bereich der Landwirtschaftsverwaltung (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG)) betrug die ausgebrachte Wirkstoffmenge im Jahr 2013 589 kg und im Jahr 2014 471 kg. b) Im Bereich des Finanzministeriums (Schlösser und Seenverwaltung)? Im Jahr 2014 setzten nur noch zwei Gärtnereien Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat ein. Es ist vorgesehen, dass die gärtnerischen Regiebetriebe in den Außenverwaltungen der Bayerischen Schlösserverwaltung ab dem Jahr 2016 auf die Verwendung des Wirkstoffs Glyphosat komplett verzichten. In den vergangenen beiden Jahren betrug die ausgebrachte Wirkstoffmenge 0 kg im Jahr 2013 und 0,9 kg im Jahr 2014. c) Im Bereich des Innenministeriums (Hochbau- und Straßenbauverwaltung)? Im Bereich der Liegenschaften, für die die staatliche Bauverwaltung (Hoch- und Straßenbau) die Grundbesitz bewirtschaftende Dienststelle ist, wurden glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel in den Jahren 2010, 2013 und 2014 nur noch in sehr geringem Umfang und im Jahr 2012 keine glyphosathaltigen Mittel eingesetzt. Angesichts dieser sehr geringen Einsatzmengen wurde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf eine aktuelle umfangreiche Erhebung bei den nachgeordneten Dienststellen verzichtet. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.08.2015 17/7354 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7354 2. Wird Glyphosat auf weiteren Flächen im Staatsbesitz eingesetzt? a) Wenn ja, auf welchen Flächen? Im Bereich der Bayerischen Staatsforsten erfolgten punktuelle Anwendungen insbesondere in Pflanzgärten. b) In welchen Mengen? In den Geschäftsjahren 2013 und 2014 (jeweils 1. Juli bis 30. Juni) wurden jeweils rund 40 Kilogramm Glyphosat – hauptsächlich in den Pflanzgärten – ausgebracht. 3. Werden bei der Landesanstalt für Landwirtschaft oder bei der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau glyphosathaltige Pestizide zur Sikkation vor der Ernte eingesetzt? a) Wenn ja, seit wann? Auf Ackerflächen der Lehr-, Versuchs- und Fachzentren der LfL werden Sikkationsbehandlungen zur Wiederherstellung der Erntefähigkeit von lagernden und unkrautüberwachsenen Getreidebeständen nur bei eindeutigem Bedarf durchgeführt . b) Für welche Ackerfrüchte? Der Bedarf für eine Sikkationsbehandlung besteht primär in lageranfälliger Wintergerste. Im Anbaujahr 2014 wurde auch ein Sommergerstebestand behandelt. c) In welchen Mengen? Der Bedarf für eine Sikkationsbehandlung ist stark von der jahrgangsspezifischen Witterung abhängig. Im Mittel der Anbaujahre 2013 und 2014 wurden jährlich durchschnittlich 76 kg Glyphosat zur Sikkation von lagernden und unkrautüberwachsenen Futtergetreideflächen zur Wiederherstellung der Erntefähigkeit eingesetzt. Die jährlich zur Sikkation ausgebrachten Glyphosatmengen betrugen im Jahr 2013 91 kg und im Jahr 2014 61 kg. 4. Wird die Sikkation vor der Ernte von staatlichen Landwirtschaftsberatern empfohlen? a) Wenn ja, seit wann? b) Jeweils für welche Ackerfrüchte? Seit der Zulassung von Glyphosat-Produkten zur Sikkation von Ackerkulturen ist diese Anwendung Bestandteil der Beratung . Für die Sikkation von Ackerbaukulturen wurde erstmalig im Jahr 1990 das Präparat Roundup für die Anwendung im Getreidebau vor der Ernte in Deutschland zugelassen. Aktuell sind verschiedene Glyphosat-Herbizide zur Sikkation in Getreide, Raps, Lein, Ackerbohnen, Futtererbsen, Senf, Brassica-Arten und Lupinen registriert. Im Pflanzenschutz -Merkblatt des Bayerischen Pflanzenschutzdienstes (siehe http://www.lfl.bayern.de/ips/pflanzenschutz/027325/ index.php) werden Behandlungen mit Glyphosat-Herbiziden zur Sikkation in Getreide, Raps, Ackerbohnen und Futtererbsen aufgeführt. c) Unter welchen Voraussetzungen (bitte genaue Definition angeben)? Hierzu wird auf die Anlage verwiesen. 5. Hält die Staatsregierung den Einsatz glyphosathaltiger Pestizide zur Sikkation, also zur Erleichterung der Ernte, mit dem Ziel einer Reduktion des Einsatzes von Pestiziden für vereinbar? Die Anwendung von Glyphosat-Herbiziden zur Sikkation im Ackerbau hat als Ziel die Bekämpfung von Zwiewuchs und einer starken Spätverunkrautung zur Wiederherstellung der Erntefähigkeit des Kulturbestandes. Die Sikkation zur Wiederherstellung der Erntefähigkeit ist hierbei eine Sondermaßnahme aufgrund ungünstiger Witterungsbedingungen. Für die Anwendung von glyphosathaltigen Präparaten gelten – wie für alle Pflanzenschutzmittel – die Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes, nach denen sich der Einsatz an dem notwendigen Maß für die jeweiligen Indikationen ausrichtet. 6. a) Sind glyphosathaltige Herbizide bei der pfluglosen Bewirtschaftung inzwischen Standard? Der Einsatz von Glyphosat-Herbiziden zur Bekämpfung von Unkräutern und Ausfallkulturen ist besonders bei Anbauverfahren mit einer nichtwendenden Bodenbearbeitung entscheidend. Der Einsatzbedarf hängt im Einzelfall vom Unkrautbesatz und von den verfügbaren Möglichkeiten zur Unkrautregulierung in der Folgekultur ab. Bei dauerhaftem Anbau im Direktsaatverfahren werden regelmäßig Glyphosat -Herbizide eingesetzt, um das Ertragspotenzial der jeweiligen Kultur zu sichern und den Bedarf für den Einsatz von selektiven Herbiziden in den einzelnen Kulturen auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Bei einem temporären Mulchsaatanbau im Rahmen der Fruchtfolge, zum Beispiel zu Mais, ist der Einsatz von Glyphosat-Herbiziden von der Intensität der Verunkrautung in der Zwischenfrucht abhängig und ist nicht regelmäßig bzw. standardmäßig erforderlich. b) Sind der Staatsregierung die Versuchsergebnisse der DLG zum Einsatz von Glyphosat bekannt? c) Ist der Staatsregierung die Studie von Horst-Henning Steinmann, Uni Göttingen, zur Glyphosatanwendung in Deutschland bekannt? Das DLG-Merkblatt 391 zum Wirkstoff Glyphosat liegt der zuständigen Fachbehörde, der LfL, vor. Es handelt sich hierbei nicht um Versuchsergebnisse, sondern um eine Beschreibung der guten fachlichen Praxis zum Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft. Die Studien und Erhebungen zum Einsatz von Glyphosat der Uni Göttingen sind der LfL ebenfalls bekannt. Drucksache 17/7354 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3   Se it e  1  vo n  1   A nl ag e zu F ra ge 4 c Ta be lle : Im a kt ue lle n Pf la nz en sc hu tz m er kb la tt au fg ef üh rt e A nw en du ng en z ur S ik ka tio n im A ck er ba u *) b ei a lte rn at iv en G ly ph os at -P rä pa ra te n si nd g gf . a nd er e A nw en du ng sb es tim m un ge n zu b ea ch te n! 1 ) G S = E in st uf un g na ch G ef ah rs to ffv er or dn un g ²) E rk lä ru ng d er A uf la ge nc od es im V or s p an n de s P fla nz en sc hu tz -M er kb la tte s: h ttp :// w w w .lf l.b ay er n. de /m am /c m s0 7/ ip s/ da te ie n/ vo rs pa nn _p sm er kb la tt_ 20 12 _i nt er ne t.p df ³) W Z = W ar te ze it in T ag en  Sc ha de rr eg er Pr äp ar at e Zu la ss un g in G S1 ) A uf la ge n² ) W Z³ ) A uf w an d B em er ku ng en U nk rä ut er u nd U ng rä se r; al s Si kk at io n zu r A bs ic he ru ng d er E rn te fä hi gk ei t D om in at or 48 0T F, , … u. a. * A lle G et re id ea rte n, au ße r S aa tun d B ra ug et re id e N G 35 1, N T1 01 , W A 70 0, W A 70 1 7 3, 75 l S pä ta nw en du ng a b V ol lre ife B B C H 8 9 al s Te ilf lä ch en be ha nd lu ng g eg en U nk rä ut er u nd U ng rä se r i n La ge rg et re id e od er v on Z w ie w uc hs in la ge rn de n od er st eh en de n B es tä nd en z ur H er st el lu ng d er B ee rn tb ar ke it. 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