Schriftliche Anfrage der/des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 13.01.2014 Paragraphenstopp Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer verkündete Mitte Juni 2013 einen sogenannten Paragrapfenstopp. Wörtlich sagte er: „Ich möchte, dass in Bayern 5 Jahre lang keine neuen Vorschriften ausgegeben werden.“ Sollte eine neue Vorschrift erlassen werden, muss an anderer Stelle eine Vorschrift gestrichen werden (Main-Post vom 05.07.2013). Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie gedenkt die Staatsregierung diese Vorgabe des Mi- nisterpräsidenten umzusetzen (auch im Hinblick auf viele EU- und Bundesgesetze, die in Bayern umgesetzt werden müssen)? 2. Wurden den einzelnen Ministerien seit der öffentlichen Ankündigung des Ministerpräsidenten schon entsprechende Vorgaben gemacht, und wenn ja, welche? 3. Was im Einzelnen versteht die Staatsregierung unter „Vorschriften“? 4. Wie viele Vorschriften und Gesetze (bitte auch einzeln nennen) wurden seit 2008 in Bayern neu erlassen bzw. verabschiedet? 5. Wie viele Vorschriften und Gesetze (bitte einzeln aufzäh- len) wurden seit 2008 gestrichen? Antwort die Leiterin der Staatskanzlei Staatsministerin für Bundesangelegenheiten und Sonderaufgaben vom 17.02.2014 1. Wie gedenkt die Staatsregierung diese Vorgabe des Ministerpräsidenten umzusetzen (auch im Hinblick auf viele EU- und Bundesgesetze, die in Bayern umgesetzt werden müssen)? 2. Wurden den einzelnen Ministerien seit der öffentlichen Ankündigung des Ministerpräsidenten schon entsprechende Vorgaben gemacht und wenn ja, welche . 3. Was im Einzelnen versteht die Staatsregierung unter „Vorschriften“. Der Ministerrat hat am 13. Dezember 2013 die inhaltliche Ausgestaltung und das Verfahren bezüglich der „Paragraphenbremse “ beschlossen. Die Paragraphenbremse gilt für alle von der Staatsregierung verantworteten Gesetz- und Verordnungsentwürfe. Es handelt sich um ein internes Verfahren, das die Rechte des Landtags selbstverständlich unberührt lässt. Die Paragraphenbremse betrifft die landesrechtliche Normierung. Jede Änderung des Landesrechts soll künftig anhand der folgenden Grundsätze geprüft werden. Ziel ist zugleich die weitere Reduzierung der Zahl der Stammnormen. Es gilt daher der Grundsatz des „one in, one out“. Das Ressort hat zunächst darzulegen, ob das angestrebte Ziel auch ohne normative Änderungen erreicht werden kann, ob also für das angestrebte Ziel ein Gesetz oder eine Verordnung erforderlich ist und – wenn ja – inwieweit jede einzelne Regelung unverzichtbar ist. Ist danach eine Norm gleichwohl erforderlich, hat das Ressort grundsätzlich für den Wegfall einer gleichwertigen bestehenden Vorschrift zu sorgen („one in, one out“), sodass insgesamt der Normenbestand des Landesrechts nicht erhöht wird. Es gibt jedoch Sonderfälle, die nicht der Paragraphenbremse unterfallen. Sie sind eng zu interpretieren. Dazu zählen insbesondere: • die Umsetzung von EU- und Bundesrecht, verfassungs- gerichtlichen Vorgaben oder ratifizierten Staatsverträgen • reine Aufhebungsnormen bzw. Rechtsbereinigung • das Haushalts- und das Finanzausgleichsgesetz, denn ohne dieses ist der Staat finanziell nicht handlungsfähig • Zuständigkeitsbestimmungen, denn gerichtsfeste Ver- waltungsentscheidungen sind im Rechtsstaat nur auf Basis normativ festgelegter Zuständigkeiten möglich • zeitlich einmalige oder beschränkte Sachverhalte, die aus sich heraus, also wesensgemäß zeitlich beschränkt sind (Einmalzahlungen o. Ä.) • Entlastungen / abstrakt gehaltene, verbesserte Neufassungen • Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen oder Inflationsfolgen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.03.2014 17/748 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/748 • finanzielle Anpassungen, die der Ausformung in Normen bedürfen (Besoldungs- und Gebührenanpassungen o. Ä.). 4. Wie viele Vorschriften und Gesetze (bitte auch einzeln nennen) wurden seit 2008 in Bayern neu erlassen bzw. verabschiedet? 5. Wie viele Vorschriften und Gesetze (bitte einzeln aufzählen ) wurden seit 2008 gestrichen? Zum Umfang der Normsetzung wird bereits auf die Antwort der Staatsregierung auf die Anfrage zum Plenum von MdL Margarete Bause vom 15. Juli 2013 verwiesen (LT-Drs. 16/18215), damals zum Stichtag 15. Juli 2013. Ergänzend wird ausgeführt, dass sich die Zahl der Stammnormen seit Beginn der 16. Legislaturperiode bis zum 29. Januar 2014 (GVBl 2014 Nr. 1) wie folgt entwickelt hat: Neu erlassen Aufgehoben Gesetze 31 45 Verordnungen 106 203 Bundesnormen 8 Im gleichen Zeitraum wurden insgesamt 135 Änderungsgesetze und 418 Änderungsverordnungen erlassen. Die betroffenen Normtitel sind den Gesetz- und Verordnungsblättern der 16. und 17. Legislaturperiode zu entnehmen . Auf eine Einzelaufzählung wird daher verzichtet. Die Staatsregierung ist seit vielen Jahren aktiv, um das Landesrecht auf das Wesentliche zurückzuführen. Es ist aufgrund der seit Jahren bestehenden Normprüfung bereits stark ausgedünnt. Aktuell gibt es 1.048 landesrechtliche Gesetze und Verordnungen. In der 16. Legislaturperiode hat diese Zahl – wie oben erwähnt – um 119 Gesetze und Verordnungen (10,2 %) abgenommen. Langfristig ist dieser Trend sogar noch deutlicher. Im Jahr 2000 gab es noch 1.630 Gesetze und Verordnungen, also rd. 55 % mehr.