Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Horst Arnold SPD vom 21.05.2015 Inanspruchnahme von Informanten im Rahmen der Strafverfolgung durch Polizei und Staatsanwaltschaft Im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Informanten im Rahmen der Strafverfolgung gemäß „Gemeinsame Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/- senatoren des Bundes und der Länder über die Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) und Verdeckten Ermittlern im Rahmen der Strafverfolgung“ nach Anlage D zu den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) frage ich die Staatsregierung: 1.1 Überprüft die Strafverfolgungsbehörde, bevor sie einem Informanten Vertraulichkeit zusichert, ob: Der Informant bereits wegen einer Straftat verurteilt worden ist? 1.2 Gegen den Informanten bereits ein Ermittlungsverfahren geführt worden ist? 1.3 Gegen den Informanten bereits ein Vorermittlungsverfahren geführt worden ist? 2. Welche Möglichkeiten stehen der Strafverfolgungsbehörde zur Verfügung, um zu überprüfen, ob der Informant nach Nr. 1.1 bis 1.3 bereits einmal in Erscheinung getreten ist? 3.1 Lehnt die Strafverfolgungsbehörde die Inanspruchnahme eines Informanten, der nach Nrn. 1.1 bis 1.3 bereits einmal in Erscheinung getreten ist, ab? 3.2 Wenn ja, aufgrund welcher Straftaten? 4.1 Wenn der Informant der Strafverfolgungsbehörde mitteilt , dass die Information von einem Mitteiler stammt, findet eine Überprüfung nach Nrn. 1.1 bis 1.3 auch des Mitteilers statt, wenn der Strafverfolgungsbehörde die Person des Mitteilers bekannt wird? 4.2 Hat der Informant gegenüber der Strafverfolgungsbehörde die Pflicht, die Person des Mitteilers der Information offenzulegen? 4.3 Im Fall des Bejahens von Nr. 4.2, ab welchem Zeitpunkt besteht diese Pflicht? 5.1 Welchen Status nimmt grundsätzlich der Mitteiler eines Informanten bei der Inanspruchnahme von Informanten im Rahmen der Strafverfolgung nach Anlage D RiStBV ein? 5.2 Welche Möglichkeiten hat die Strafverfolgungsbehörde zu prüfen, dass der Mitteiler die Information nicht wissentlich oder nicht leichtfertig falsch an den Informanten gegeben hat? 5.3 Findet eine Einvernahme des Mitteilers im Rahmen einer Prüfung nach Nr. 5.2 bei der Strafverfolgungsbehörde statt? 6.1 Wird von dem Mitteiler im Rahmen einer Prüfung nach Nr. 5.2 verlangt, eine Erklärung gegenüber der Strafverfolgungsbehörde abzugeben, dass er die Information nicht wissentlich oder nicht leichtfertig falsch an den Informanten weitergegeben hat? 6.2 Welche rechtliche Qualität hat eine Erklärung nach Nr. 6.1? 6.3 Findet eine Gegenüberstellung des Mitteilers und des Informanten bei der Strafverfolgungsbehörde bei einer Prüfung nach Nr. 5.2 statt? 7. Im Fall, dass die Information wissentlich oder leichtfertig falsch gegeben wird, wegen welcher strafrechtlich relevanten Handlungen nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen 7.1 gegen den Informanten und 7.2 gegen den Mitteiler auf? 7.3 Aus welchen Gründen werden von der Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen Informanten und Mitteiler eingestellt? 8.1 Werden von den Strafverfolgungsbehörden in Bayern Informanten und Mitteiler, gegen die Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der gegebenen Information geführt wurden, weiterhin als Informanten oder Mitteiler in Anspruch genommen? 8.2 Wenn nein, erfolgen Hinweise seitens bayerischer Strafverfolgungsbehörden an die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und die der anderen Länder? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 13.07.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Inanspruchnahme von Informanten und der Einsatz von Vertrauenspersonen im Bereich der Strafverfolgung sind nicht speziell gesetzlich geregelt. In diesem Bereich richtet sich die Erkenntnisgewinnung nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 161, 163 Strafprozessordnung (StPO) und den Gemeinsamen Richtlinien der Justizminister/-senatoren und Innenminister/-senatoren der Länder über die Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 21.08.2015 17/7543 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7543 Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) und Verdeckten Ermittlern im Rahmen der Strafverfolgung (Anlage D zu den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren – RiStBV). Für den Freistaat Bayern wurden diese Richtlinien mit der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz und des Innern vom 27. März 1986 (JMBl. S. 33, geändert durch Bekanntmachung vom 13. Mai 1994, JMBl. S. 87) in Kraft gesetzt. Im Folgenden wird – wie auch in der Fragestellung – von der Nummerierung der Anlage D zu den RiStBV ausgegangen, die von der Nummerierung der landesinternen Bekanntmachung abweicht. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich hieraus nicht. Der Bundesgesetzgeber verzichtete bewusst auf eine Regelung der Inanspruchnahme von Informanten und des Einsatzes von V-Personen. Die Personen seien strafprozessual Zeugen, sodass die notwendige gesetzliche Grundlage für ihre Heranziehung im Ermittlungs- und Strafverfahren gegeben sei (Bundestags-Drucksache 12/989, Seite 41). Hinsichtlich der Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung enthalte zudem die bundeseinheitliche Richtlinie von 1986 Regelungen, die sich bewährt hätten. Nach Ziffer I. 2 der Anlage D zu den RiStBV ist Informant eine Person, die im Einzelfall bereit ist, gegen Zusicherung der Vertraulichkeit der Strafverfolgungsbehörde Informationen zu geben. V-Person ist eine Person, die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit ist, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, und deren Identität grundsätzlich geheim gehalten wird. Die Inanspruchnahme von Informanten und der Einsatz von V-Personen sind als zulässige Mittel der Strafverfolgung in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt . Danach steht der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren dem Beweismittel des Zeugen vom „Hörensagen “ grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings stellt die Verwendung dieses Beweismittels besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung und die Begründung der tatrichterlichen Entscheidung. Erst bei sorgfältiger Abwägung der im Spannungsfeld stehenden Rechtsgüter und entsprechender Würdigung des gesamten Sachverhalts lässt sich ein zutreffendes Urteil finden. 1.1 Überprüft die Strafverfolgungsbehörde, bevor sie einem Informanten Vertraulichkeit zusichert, ob: Der Informant bereits wegen einer Straftat verurteilt worden ist? 1.2 Gegen den Informanten bereits ein Ermittlungsverfahren geführt worden ist? 1.3 Gegen den Informanten bereits ein Vorermittlungsverfahren geführt worden ist? Die Voraussetzungen der Zusicherung der Vertraulichkeit/ Geheimhaltung gegenüber Informanten und V-Personen sind in Ziffer I. 3 der Anlage D zu den RiStBV geregelt. Die Vorschrift lautet: „3.1 Die Inanspruchnahme von Informanten und der Einsatz von V-Personen gebieten eine Abwägung der strafprozessualen Erfordernisse der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der vollständigen Sachverhaltserforschung einerseits und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung andererseits. Hierbei ist der Grundsatz des rechtsstaatlichen fairen Verfahrens zu beachten. a) Die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung kommt im Bereich der Schwerkriminalität, organisierten Kriminalität, des illegalen Betäubungsmittel- und Waffenhandels , der Falschgeldkriminalität und der Staatsschutzdelikte in Betracht. b) Im Bereich der mittleren Kriminalität bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung des Einzelfalls. Die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung wird ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn durch eine Massierung gleichartiger Straftaten ein die Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder die Allgemeinheit ernsthaft gefährdender Schaden eintreten kann. c) In Verfahren der Bagatellkriminalität kommt die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung nicht in Betracht. 3.2 Informanten dürfen nur in Anspruch genommen, V-Personen nur eingesetzt werden, wenn die Aufklärung sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Werden sie in Anspruch genommen bzw. eingesetzt, so ist Ziel der weiteren Ermittlungen das Beschaffen von Beweismitteln, die den strafprozessualen Erfordernissen der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme entsprechen und einen Rückgriff auf diese Personen erübrigen. 3.3 Einem Informanten darf Vertraulichkeit nur zugesichert werden, wenn dieser bei Bekanntwerden seiner Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden erheblich gefährdet wäre oder unzumutbare Nachteile zu erwarten hätte. 3.4 Der Einsatz von Minderjährigen als V-Personen ist nicht zulässig.“ Der Umstand, dass ein Informant respektive eine VPerson bereits selbst strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, stellt nach diesen Richtlinien grundsätzlich keinen Ausschlussgrund dar. Nach den geltenden internen Richtlinien für die Bayerische Polizei sind Informanten ebenso wie V-Personen vor ihrem Tätigwerden abzuklären. Bei der Beurteilung werden insbesondere zurückliegende Ermittlungsverfahren oder Verurteilungen, soweit sie im Bundeszentralregister (BZR) vermerkt sind, einbezogen. Über Vorermittlungsverfahren hat die Polizei in der Regel keine Erkenntnis, soweit sie nicht an den Ermittlungen beteiligt war. Der Staatsanwaltschaft ist eine eigene Überprüfung nur in den Fällen möglich, in welchen sie Kenntnis von den Personalien des Informanten bzw. der V-Person hat. Dies ist regelmäßig nicht der Fall. Gemäß Ziffer I. 5.4 der Anlage D zu den RiStBV unterrichtet die Polizei die Staatsanwaltschaft nur in begründeten Ausnahmefällen über die Identität des Informanten/der V-Person. 2. Welche Möglichkeiten stehen der Strafverfolgungsbehörde zur Verfügung, um zu überprüfen, ob der Informant nach Nr. 1.1 bis 1.3 bereits einmal in Erscheinung getreten ist? Der Polizei stehen zur Überprüfung grundsätzlich alle der Polizei zugänglichen Dateien zur Verfügung (beispielsweise die Datenbank INPOL, das interne Vorgangsbearbeitungssystem IGVP, die bayernweite Arbeitsdatei für Vertrauenspersonen /Informanten sowie Informationen aus dem BZR). Sofern der Staatsanwaltschaft die Personalien des Informanten bzw. der V-Person im Ausnahmefall bekannt sind, können Verurteilungen ebenfalls über das BZR abgefragt werden. Informationen über Ermittlungsverfahren können Drucksache 17/7543 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 über das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister (ZStV) sowie über die jeweiligen Vorgangslisten der eigenen Behörde abgerufen werden. Eine Einschränkung gilt insoweit, als für den prüfenden Staatsanwalt Ermittlungsverfahren bei anderen Staatsanwaltschaften dann nicht einsehbar sind, wenn für diese eine Datensperre eingetragen wurde oder Eintragungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften bereits gelöscht wurden. 3.1 Lehnt die Strafverfolgungsbehörde die Inanspruchnahme eines Informanten, der nach Nrn. 1.1 bis 1.3 bereits einmal in Erscheinung getreten ist, ab? 3.2 Wenn ja, aufgrund welcher Straftaten? Der Umstand, dass ein Informant bzw. eine V-Person bereits selbst strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, stellt nach den in der Antwort auf die Fragen 1.1 bis 1.3 genannten Richtlinien keinen generellen Ausschlussgrund dar. Ein solcher Ausschluss erschiene aufgrund der oftmaligen Nähe der genannten Personen zu kriminellen Strukturen auch nicht sachgerecht. Beispielsweise im Bereich der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität sind die Mehrzahl der eingesetzten V-Personen bzw. Informanten zuvor selbst bereits einschlägig in Erscheinung getreten. Gänzlich unbelastete und damit einhergehend im Umgang mit Betäubungsmitteln unerfahrene Personen hätten zu der weitgehend abgeschotteten Szene kaum Zugang. Ein genereller Ausschluss vorbelasteter Personen würde die Möglichkeit der Bekämpfung dieses und vergleichbarer Deliktsfelder empfindlich beeinträchtigen. Vielmehr ist im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden , ob Gründe vorliegen, die eine Inanspruchnahme ausschließen. In der Gesamtabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob eine bestehende Vorstrafe aufgrund ihrer Deliktsnatur, der Tatbegehung, der Schwere der Tat und der Sanktionshöhe sowie dem zeitlichen Abstand zum beabsichtigten Einsatz und in Relation zum Gegenstand des Ermittlungsverfahrens der Inanspruchnahme bzw. dem Einsatz entgegensteht. Generalisierende Aussagen zum Ergebnis einer solchen Abwägung sind nicht möglich. 4.1 Wenn der Informant der Strafverfolgungsbehörde mitteilt, dass die Information von einem Mitteiler stammt, findet eine Überprüfung nach Nrn. 1.1 bis 1.3 auch des Mitteilers statt, wenn der Strafverfolgungsbehörde die Person des Mitteilers bekannt wird? Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr teilt für den Bereich der Polizei mit, dass bei der Einschätzung vertraulich erlangter Informationen die Herkunft der Information im Kontext der Fallkonstellation entsprechend bewertet wird. Bei einer solchen Information vom „Hörensagen“ wird, soweit möglich, auch die Quelle der Information überprüft. Für den Bereich der Staatsanwaltschaft ist auszuführen, dass es Kernaufgabe eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ist, Beschuldigte und Zeugen sowie deren Aussagen auf ihre Eignung als Beweismittel für einen Tatnachweis zu prüfen und zu bewerten. Die damit verbundenen Ermittlungsmaßnahmen – auch mögliche Überprüfungen eines Mitteilers – erfolgen einzelfallbezogen. 4.2 Hat der Informant gegenüber der Strafverfolgungsbehörde die Pflicht, die Person des Mitteilers der Information offenzulegen? 4.3 Im Fall des Bejahens von Nr. 4.2, ab welchem Zeitpunkt besteht diese Pflicht? Informanten sind im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens Zeugen und unterfallen über § 161a Abs. 1 Satz 2 StPO und § 163 Abs. 3 Satz 1 StPO den wesentlichen Rechten und Pflichten der §§ 48 ff. StPO. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 5.2 und 5.3 Bezug genommen. 5.1 Welchen Status nimmt grundsätzlich der Mitteiler eines Informanten bei der Inanspruchnahme von Informanten im Rahmen der Strafverfolgung nach Anlage D RiStBV ein? Das Institut des Mitteilers, der einen mit einer Vertraulichkeitszusage ausgestatteten Informanten mit Wissen versorgt , ist in der Anlage D zu den RiStBV nicht definiert und spielt in der Praxis auch eine untergeordnete Rolle. Der Mitteiler hat den Status eines Zeugen im Sinne der StPO. 5.2 Welche Möglichkeiten hat die Strafverfolgungsbehörde zu prüfen, dass der Mitteiler die Information nicht wissentlich oder nicht leichtfertig falsch an den Informanten gegeben hat? 5.3 Findet eine Einvernahme des Mitteilers im Rahmen einer Prüfung nach Nr. 5.2 bei der Strafverfolgungsbehörde statt? Im Zusammenhang mit Ermittlungen werden zur Informationsgewinnung fall-, lage- und bedarfsorientiert nach der StPO zulässige Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen. Die dabei durch Angaben von Zeugen oder Beschuldigten erlangten Informationen werden auch in Kontext zu operativ erlangten Erkenntnissen gestellt, die der Überprüfung des Wahrheitsgehalts solcher Angaben dienen. Im Regelfall erlangt ein Informant sein Wissen über Personen , denen nicht bekannt ist, dass der Informant sein Wissen der Polizei offenbart. Sollte der Mitteiler des Informanten ausnahmsweise darüber Kenntnis haben, würde grundsätzlich versucht, die Information unmittelbar beim Mitteiler abzuschöpfen. Die Entscheidung, ob ein namentlich bekannt gewordener Mitteiler als Zeuge vernommen wird, erfolgt einzelfallbezogen . Sollte ein Mitteiler eigene Beobachtungen gemacht haben, kommt er selbst als möglicher Zeuge in Betracht und wird, sofern seine Identität bekannt ist, einvernommen. In diesem Rahmen werden seine Angaben wie bei jedem anderen Zeugen auch anhand der zur Verfügung stehenden anderen Zeugen und weiteren Beweismittel kritisch auf ihre Glaubhaftigkeit zu überprüfen sein. Allerdings ist eine Abwägung zwischen dem durch eine Vernehmung des Mitteilers zu erwartenden Erkenntnisgewinn und der dadurch möglichen Gefahr einer Offenlegung der Identität des Informanten erforderlich. Die Zusage der Vertraulichkeit/Geheimhaltung gegenüber dem Informanten bzw. der V-Person nach Ziffer I. 5.5 der Anlage D zu den RiStBV umfasst auch alle Umstände, aus denen Rückschlüsse auf die Eigenschaft als Informant respektive V-Person gezogen werden können. Es kann daher im Einzelfall geboten sein, zur Vermeidung einer Enttarnung des Informanten bzw. der V-Person nicht an den Mitteiler heranzutreten. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7543 Informant und Mitteiler sind im Rahmen von Vernehmungen gemäß § 57 Satz 1 StPO zur Wahrheit zu ermahnen und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren. Zudem sieht Ziffer I. 4 der Anlage D zu den RiStBV vor einer Zusicherung der Vertraulichkeit einen Hinweis vor, dass die Zusicherung entfällt , wenn die Information wissentlich oder leichtfertig falsch gegeben wird oder sich eine strafbare Tatbeteiligung des Informanten herausstellt. Schließlich wird auf die allgemeinen Grundsätze zur Überprüfung von Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit zurückgegriffen . Hierzu zählen – soweit entsprechende Erkenntnisse vorliegen – Aspekte wie die Aussagetüchtigkeit, die Verlässlichkeit etwaiger früherer Aussagen, die Widerspruchsfreiheit einer Aussage, deren quantitatives Detailreichtum, fehlender Belastungseifer, das Einräumen eigener Erinnerungslücken und Fehler oder auch das Aussageverhalten. Letztendlich beruht die Einschätzung der Glaubhaftigkeit von Angaben eines Informanten oder eines Mitteilers immer auf einer Gesamtschau aller zur Verfügung stehenden Informationen . 6.1 Wird von dem Mitteiler im Rahmen einer Prüfung nach Nr. 5.2 verlangt, eine Erklärung gegenüber der Strafverfolgungsbehörde abzugeben, dass er die Information nicht wissentlich oder nicht leichtfertig falsch an den Informanten weitergegeben hat? 6.2 Welche rechtliche Qualität hat eine Erklärung nach Nr. 6.1? Wie bereits in der Antwort zu Frage 5.1 dargelegt, hat der Mitteiler, soweit er überhaupt bekannt ist, Zeugenstatus und ist vor einer Vernehmung auch dementsprechend zu belehren . Dies schließt die Ermahnung zur Wahrheit und die Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage ein (§ 57 Satz 1 StPO). Eine Rechtsgrundlage für die Einholung einer darüber hinausgehenden Erklärung im Sinne der Fragestellung ist nicht ersichtlich . Zudem wäre deren Mehrwert fraglich. Sollte gleichwohl eine solche Erklärung abgegeben werden, ist diese an den zeugenschaftlichen Pflichten zu messen. Eine darüber hinausgehende rechtliche Qualität kommt der Erklärung nicht zu. Entsprechend liegen auch keine Erkenntnisse dazu vor, dass seitens der Strafverfolgungsbehörden eine dahingehende Übung bestünde, entsprechende Erklärungen gleichwohl einzufordern. 6.3 Findet eine Gegenüberstellung des Mitteilers und des Informanten bei der Strafverfolgungsbehörde bei einer Prüfung nach Nr. 5.2 statt? Sowohl Mitteiler als auch Informant sind Zeugen im Sinne der StPO. Die Voraussetzungen für eine Gegenüberstellung im Rahmen einer Vernehmung regeln §§ 163 Abs. 3 Satz 1, 161a Abs. 1 Satz 2, 58 Abs. 2 StPO. Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, ob von dieser Ermittlungsmöglichkeit zur Erkenntnisgewinnung Gebrauch gemacht wird. Auch insoweit ist im Falle einer Zusage der Vertraulichkeit/Geheimhaltung die einschränkende Regelung in Ziffer I. 5.5 der Anlage D zu den RiStBV zu berücksichtigen . 7. Im Fall, dass die Information wissentlich oder leichtfertig falsch gegeben wird, wegen welcher strafrechtlich relevanten Handlungen nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen 7.1 gegen den Informanten und 7.2 gegen den Mitteiler auf? Soweit vorsätzlich falsche Angaben durch den Informanten oder einen Mitteiler des Informanten gegenüber Polizei und/ oder Staatsanwaltschaft gemacht werden, kann ein Anfangsverdacht insbesondere für folgende Straftaten bestehen : Vortäuschen einer Straftat (§ 145 d StGB), falsche Verdächtigung (§ 164 StGB), Begünstigung (§ 257 StGB) und Beleidigungsdelikte (§§ 185 bis 189 StGB). Gegebenenfalls kommt auch der Straftatbestand der Strafvereitelung (§ 258 StGB) und im Falle der Inhaftierung eines belasteten Dritten auch der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) in mittelbarer Täterschaft in Betracht. Für fahrlässige bzw. grob fahrlässige Begehungsweisen sieht das Gesetz in den genannten Fällen keine Strafbarkeit vor. Im Falle vorsätzlich falscher Angaben gegenüber dem Gericht kommen zusätzlich die Tatbestände der falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB) und des Meineids (§ 154 StGB) in Betracht. Fahrlässig falsche Angaben in gerichtlichen Verfahren können – bei Vereidigung – überdies Ermittlungen wegen fahrlässigen Falscheides (§ 161 StGB) nach sich ziehen. Die Staatsanwaltschaft ist aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet, bei Vorliegen eines entsprechenden Anfangsverdachts Ermittlungen einzuleiten (§ 152 StPO). Informanten und deren Mitteiler haben in diesem Zusammenhang nach dem Gesetz keine Sonderstellung. 7.3 Aus welchen Gründen werden von der Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen Informanten und Mitteiler eingestellt? Die Sachbehandlung der Staatsanwaltschaft richtet sich – auch hier – nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen . Sofern die Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten, erfolgt eine Anklageerhebung (§ 170 Abs. 1 StPO). Anderenfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein (§ 170 Abs. 2 Satz 1 StPO). Daneben besteht – wie sonst auch – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Möglichkeit einer Opportunitätseinstellung (§§ 153 ff. StPO), wobei von dieser Sachbehandlung in den in der Antwort zu den Fragen 7.1 und 7.2 genannten Deliktsfeldern nur selten Gebrauch gemacht wird. 8.1 Werden von den Strafverfolgungsbehörden in Bayern Informanten und Mitteiler, gegen die Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der gegebenen Information geführt wurden, weiterhin als Informanten oder Mitteiler in Anspruch genommen ? Sofern Strafverfolgungsbehörden davon Kenntnis erlangen, dass entsprechende Ermittlungsverfahren geführt wurden, aus denen sich konkrete Hinweise auf die Unzuverlässigkeit des Informanten bzw. Mitteilers ergeben haben, kommt eine weitere Inanspruchnahme in der Regel nicht mehr in Betracht . Ausnahmen können sich jedoch auch hier aufgrund von besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben. Drucksache 17/7543 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 8.2 Wenn nein, erfolgen Hinweise seitens bayerischer Strafverfolgungsbehörden an die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und die der anderen Länder? Wenn eine VP-führende Dienststelle der Bayerischen Polizei einen entsprechenden Hinweis erhält, erfolgt ein Warnhinweis an andere VP-führende Dienststellen in Bayern. Der Warnhinweis wird auch den VP-führenden Dienststellen anderer Bundesländer und Bundesbehörden zugänglich gemacht . Bei den Staatsanwaltschaften findet eine zentrale Erfassung von Informanten und Mitteilern mangels Rechtsgrundlage nicht statt. Über das BZR und das ZStV können jedoch auch erfasste auswärtige Verfahrensdaten zu betroffenen Personen abgefragt werden (vgl. Antworten zu den Fragen 1.1 bis 1.3).