Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 29.05.2015 Wintergetreide statt Plastik – Alternativen zur BiogasSiloabdeckung Bisher werden Biogas-Siloanlagen in der Regel mit Plastikfolien abgedeckt. Doch die Erfahrung zeigt, dass das Plastik Schädlinge (Nager) anzieht, die die Plane zernagen, und die Plastikfetzen kommen sowohl in die Biogasanlage, als auch in der Umwelt ein. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die alternative, natürliche und umweltbewusste Abdeckung des Silomaises (Fahrsilo 30 x 50 m) durch eine Lage Grassilage (10–30 cm) mit Strohauflage (gehäckselt, 10–20 cm) und Ansaat mit Wintergetreide? 2. Kann der beschriebene Aufbau Geruchsemissionen und unkontrolliert auftretende Sickerwasserströme ausreichend verhindern? 3. Trifft es zu, dass es bei diesem Abdeckverfahren zu geringeren Verlusten durch verschimmelten Futterstock (ansonsten bei kleinsten Undichtheiten z. B. durch Krähen, die Löcher in die Folie picken, hervorgerufen ) kommt? 4. Wie viel Tonnen Plastikfolien ließen sich in Bayern durch den Einsatz dieser alternativen Abdeckungsmethode einsparen? 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Freisetzung von Mikroplastik bei der herkömmlichen Abdeckmethode durch Schädlinge wie z. B. Krähen, Ratten und Mäusen und Umwelteinflüsse wie Wind und Sonne in die Natur? 6. Wie ist die Aufnahme – und verzögerte Abgabe – von Niederschlagswasser (bis zum Starkregen) durch die Begrünung im Vergleich zur Folienabdeckung zu bewerten ? 7. a) Kann die natürliche Abdeckung verschiedenen Tieren und Vögeln als Lebensraum dienen? b) Sind darunter auch Arten, die zur Bekämpfung von Schädlingen sehr nützlich sind? 8. a) Ist die alternative und umweltfreundliche Naturabdeckung durch gehäckseltes Gras und Stroh mit Begrünung aus Wintergetreide eine anerkannte Alternative und in der Praxis einsetzbar? b) Wenn ja, wird die Biogasrichtlinie entsprechend ergänzt ? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 08.07.2015 Im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wird die Schriftliche Anfrage wie folgt beantwortet: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die alternative, natürliche und umweltbewusste Abdeckung des Silomaises (Fahrsilo 30 x 50 m) durch eine Lage Grassilage (10–30 cm) mit Strohauflage (gehäckselt , 10–20 cm) und Ansaat mit Wintergetreide? Nach der derzeit in Bayern gültigen Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung – VAwS) ist durch geeignete Bauweisen und ausreichende Abdeckung des Siliergutes sicherzustellen, dass Niederschlagswasser nicht in den Silagestock eindringt. In der dazugehörigen Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VVAwS) wird das Biogashandbuch Bayern mit dem Kapitel 2.2.4 Wasserwirtschaft als technische Regel für Biogasanlagen eingeführt. Auch hier wird darauf hingewiesen , dass die nachwachsenden festen Rohstoffe auf flüssigkeitsdichten und beständigen Bodenflächen grundsätzlich vor Niederschlagswasser geschützt zu lagern sind. Die Silierung basiert auf den Konservierungsfaktoren Sauerstoffabschluss und pH-Wert-Absenkung. Letztere ist wiederum vom Sauerstoffabschluss abhängig (Milchsäuregärung ). Das Auftragen von Grassilage, Stroh und Ansaat von Wintergetreide unterbindet nicht das Eindringen von Niederschlagswasser und Sauerstoff in den Substrat- oder Futterstapel und erfüllt daher nicht die Anforderungen an eine gute Silierpraxis. Niederschlagswasser tritt zumindest teilweise als gewässergefährdender Sickersaft aus und muss aufgefangen werden. Außerdem wird durch das Niederschlagswasser der konservierende Effekt gestört. Fehlgärungen mit starker Geruchsentwicklung sind möglich. Die „Abdeckung“ mit den genannten organischen Materialien stellt aufgrund der nicht hinreichenden Barrierefunktion gegenüber Gasen und Flüssigkeiten keine Abdeckung im eigentlichen Sinn dar. Es ist somit grundsätzlich mit erheblich höheren Verlusten zu rechnen, was einer effizienten Ressourcennutzung widerspricht. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.08.2015 17/7570 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7570 2. Kann der beschriebene Aufbau Geruchsemissionen und unkontrolliert auftretende Sickerwasserströme ausreichend verhindern? Nein. Die Geruchsemissionen können aus oben genannten Gründen sogar zunehmen. Sickerwasserströme (bestehend aus Gärsaft oder Sickersaft) werden durch diese Art der Bedeckung eher gefördert. 3. Trifft es zu, dass es bei diesem Abdeckverfahren zu geringeren Verlusten durch verschimmelten Futterstock (ansonsten bei kleinsten Undichtheiten z. B. durch Krähen, die Löcher in die Folie picken , hervorgerufen) kommt? Nein. Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Nördlingen zeigen eindeutig, dass Bedeckungen mit organischem Material und pflanzlichem Bewuchs die Verluste an organischer Substanz im Substrat - oder Futterlager keinesfalls verringern (LfL-Information 2011, Untersuchungen zu den Trockenmasseverlusten in Siloanlagen mit unterschiedlicher Abdeckung). Nach der vorliegenden Feldstudie sind die Verluste in den nicht abgedeckten Silos zum Teil doppelt so hoch wie beim Silo mit Folienabdeckung. Eine vergleichbare Aussage kann auch aus den Arbeiten am Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft abgeleitet werden. Diese haben das Verlustgeschehen mittels Anreicherung von Stoffen, welche im Rottehorizont verbleiben, näher untersucht und eine Berechnungsmöglichkeit der Verluste entwickelt. Diese waren bei Verzicht auf Folienabdeckung weit größer. Grundlage der Berechnungen waren Proben aus Praxissilos. 4. Wie viel Tonnen Plastikfolien ließen sich in Bayern durch den Einsatz dieser alternativen Abdeckungsmethode einsparen? Herstellung und Vertrieb von Silofolien erfolgen global. Es existieren keine konkreten Zahlen zur Verwendung von Silofolien . Der Verbrauch könnte nur geschätzt werden. Da die beschriebene Bedeckung keine alternative Abdeckung darstellt , sehen wir derzeit kein Einsparpotenzial. 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Freisetzung von Mikroplastik bei der herkömmlichen Abdeckmethode durch Schädlinge wie z.B. Krähen, Ratten und Mäusen und Umwelteinflüsse wie Wind und Sonne in die Natur? Da Mikroplastik vorwiegend nach Versprödung von Plastikartikeln entsteht, wird die freigesetzte Menge aus bzw. von Siloabdeckungen als gering eingeschätzt. Bei Versprödung verlieren die Folien ihre Dichtheit und daher ihren Einsatzzweck . Farbige Silofolien weisen eine mehrmonatige UVBeständigkeit auf und sind nach dieser Zeit in der Regel nicht mehr in Verwendung. Bei sorgsamem Umgang mit den Abdeckungsresten (Recyclingsysteme wie ERDE) sollten auch diese keine hervorzuhebende Quelle von Mikroplastik darstellen. 6. Wie ist die Aufnahme – und verzögerte Abgabe – von Niederschlagswasser (bis zum Starkregen) durch die Begrünung im Vergleich zur Folienabdeckung zu bewerten? Im Vergleich zur Folienabdeckung als negativ, da es sich beim anfallenden Sickerwasser (bei Durchdringung des Substrat- oder Futterlagers) um einen gewässergefährdenden Stoff handelt, während von Folien ablaufendes Niederschlagswasser ohne Kontakt zu Substrat oder Futter als nicht gewässergefährdend angesehen werden kann (siehe auch LfL-Information 2014, Silagesickersaft und Gewässerschutz ). 7. a) Kann die natürliche Abdeckung verschiedenen Tieren und Vögeln als Lebensraum dienen? Hinsichtlich möglicher Umweltgefährdungen und der anzustrebenden Ressourceneffizienz ist eine Folienabdeckung Stand der Technik und somit der „natürlichen Abdeckung“ vorzuziehen. Dem StMELF liegen zur Fragestellung Lebensraum von Tieren und Vögeln jedoch keine eigenen Untersuchungen vor. Generell ist zu beachten, dass es sich bei Substratlagern nicht um Biotope handelt. b) Sind darunter auch Arten, die zur Bekämpfung von Schädlingen sehr nützlich sind? Zu dieser Frage liegen dem StMELF keine Untersuchungsergebnisse bzw. Daten vor. 8. a) Ist die alternative und umweltfreundliche Naturabdeckung durch gehäckseltes Gras und Stroh mit Begrünung aus Wintergetreide eine anerkannte Alternative und in der Praxis einsetzbar? In Erwägung der voranstehenden Gründe sprechen folgende fachliche Gründe dagegen: • Verschlechterung der Gärbedingungen, • Verschlechterung der Substrat- oder Futterhygiene, • Erhöhung der Verluste, Verminderung der Effizienz und • Erhöhung der Emissionen möglich/wahrscheinlich. b) Wenn ja, wird die Biogasrichtlinie entsprechend ergänzt? Da die Frage 8 a negativ beantwortet wurde, ist eine Ergänzung der Anlagenverordnung bzw. des Biogashandbuchs Bayern nicht notwendig.