Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 10.06.2015 Griechische Rechtshilfeersuche In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 01.06.2015 spricht der griechische Außenminister Nikos Kotzias davon, dass mehrere griechische Rechtshilfeersuche an deutsche Staatsanwaltschaften „verschwunden“ seien, weshalb ich die Staatsregierung frage: 1. Wurden Rechtshilfeersuche aus Griechenland an die bayerischen Staatsanwaltschaften gestellt? 2. Wie vielen dieser Ersuchen wurde stattgegeben? 3. Welche konkreten Amtshilfen haben die bayerischen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte geleistet? 4. Gibt es seitens der Staatsregierung Anhaltspunkte, die auf die Richtigkeit bzw. die Gründe der Aussage des griechischen Außenministers schließen lassen? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 15.07.2015 Zu 1.: Rechtshilfeersuchen aus Griechenland werden wie alle anderen ausländischen Rechtshilfeersuchen behandelt und erledigt. Innerhalb der Europäischen Union können Rechtshilfeersuchen auf dem unmittelbaren Geschäftsweg gestellt werden, d. h. direkt zwischen einer Justizbehörde im Inland und einer Justizbehörde im Ausland (bzw. umgekehrt) ohne die Einbindung weiterer Dienststellen wie etwa dem Staatsministerium der Justiz, dem Bundesamt für Justiz oder dem Auswärtigen Amt. Dies gilt auch im Verhältnis zu Griechenland . Aus diesem Grund liegen dem Staatsministerium der Justiz keine umfassenden Erkenntnisse über Rechtshilfeersuchen vor, die aus Griechenland an bayerische Staatsanwaltschaften gerichtet wurden. Bei den bayerischen Staatsanwaltschaften sind im Zeitraum seit 1. Januar 2013 mehrere Rechtshilfeersuchen aus Griechenland eingegangen. Auch die staatsanwaltschaftliche Praxis verfügt aber nicht über umfassende Zahlen zu Rechtshilfeersuchen aus Griechenland, die auf dem direkten Geschäftsweg bei den Staatsanwaltschaften eingegangen sind. Denn eine statistische Erfassung eingehender Rechtshilfeersuchen nach Herkunftsstaaten erfolgt dort regelmäßig nicht. Exemplarisch kann mitgeteilt werden, dass bei der Staatsanwaltschaft München II, die anders als die meisten anderen Staatsanwaltschaften eine entsprechende Erfassung vornimmt, im Zeitraum zwischen 1. Januar 2013 und 7. Juli 2015 24 griechische Rechtshilfeersuchen eingegangen sind. 17 dieser 24 Ersuchen betrafen Zustellungen, die übrigen waren auf die Durchführung von Vernehmungen bzw. Durchsuchungen sowie auf Auskunftserteilung gerichtet. Eine Unterrichtung des Staatsministeriums der Justiz hat hingegen bei Ersuchen der griechischen Behörden um Auslieferung aufgrund europäischer Haftbefehle zu erfolgen. Für den Zeitraum seit 1. Januar 2013 konnten in dem hier vorhandenen EDV-System dazu folgende Zahlen festgestellt werden: 2013: 2 2014: 1 2015: 2 In zwei dieser Fälle wurde die begehrte Auslieferung nach Griechenland zumindest teilweise abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlagen (z. B. fehlendes Einverständnis des Verurteilten mit deutscher Staatsangehörigkeit bei beantragter Auslieferung zur Strafvollstreckung , § 80 Abs. 3 IRG; fehlende beiderseitige Strafbarkeit, § 81 Nr. 4 IRG). Zu 2.: Die Erledigung von Rechtshilfeersuchen aus Griechenland wird statistisch nicht gesondert erfasst. Nähere Informationen ließen sich nur bei Durchsicht und Überprüfung jeder einzelnen der jeweiligen Akten gewinnen. Davon wurde im Hinblick auf den damit verbundenen unverhältnismäßigen Aufwand abgesehen. Hinzu kommt, dass nicht ohne Weiteres alle einschlägigen Akten festgestellt werden können, weil eine Erfassung nach Herkunftsstaaten regelmäßig nicht erfolgt. Auf die Antwort zu Frage 1 wird insoweit Bezug genommen . Nach Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) sind die Staatsanwaltschaften verpflichtet, bei der Ablehnung eingehender Rechtshilfeersuchen dem Staatsministerium der Justiz zu berichten. Entsprechende Berichte sind hier nicht eingegangen. Vor diesem Hintergrund darf davon ausgegangen werden, dass Rechtshilfeersuchen aus Griechenland in aller Regel erledigt wurden. Zu 3.: Informationen zu in Erledigung griechischer Rechtshilfeersuchen getroffenen Maßnahmen ließen sich nur bei Auswertung der jeweiligen Akten gewinnen. Davon wurde wegen des damit verbundenen unverhältnismäßigen Aufwands abgesehen. Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 wird insoweit Bezug genommen. Zu 4.: Anhaltspunkte dafür, dass an bayerische Staatsanwaltschaften gerichtete griechische Rechtshilfeersuchen „verschwunden “ sind, liegen dem Staatsministerium der Justiz Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.09.2015 17/7664 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7664 sowie den bayerischen Generalstaatsanwälten nicht vor. Auch entsprechende Beschwerden von griechischer Seite sind – von dem der Anfrage zugrunde liegenden Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 1. Juni 2015 abgesehen – nicht bekannt. Bei der aus Anlass der vorliegenden Schriftlichen Anfrage vorgenommenen Überprüfung wurde bei der Staatsanwaltschaft München II festgestellt, dass in einem Fall die Erledigungsstücke aufgrund eines Versehens nicht an die ersuchende griechische Behörde expediert worden waren. Das Zustellungsersuchen, das im Jahr 2013 eingegangen war, wurde erledigt, d. h. die erbetenen Zustellungen wurden vorgenommen. Versehentlich wurde der Zustellungsnachweis nicht an die griechischen Behörden übersandt. Dies wurde Ende Juni 2015 nachgeholt. Auch insoweit liegt kein „verschwundenes“ Ersuchen vor, weil dieses eingegangen ist und ausgeführt wurde. Eine Nachfrage von griechischer Seite zum Bearbeitungsstand (wie sie im Rechtshilfeverkehr durchaus üblich ist) ist weder auf direktem Weg bei der Staatsanwaltschaft München II noch über das Europäische Justizielle Netz für Strafsachen oder Eurojust erfolgt. Die Praxis berichtet darüber, dass die Rücksendung von Erledigungsstücken zu eingehenden griechischen Rechtshilfeersuchen nicht selten Schwierigkeiten bereitet. Immer wieder sei die ersuchende griechische Behörde anhand des jeweiligen Ersuchens nicht eindeutig identifizierbar, etwa weil die Postanschrift nicht genannt oder nur eine deutsche Behördenbezeichnung angegeben sei, die von der griechischen Post bei der Übersendung der Erledigungsstücke nach Griechenland nicht akzeptiert werde. Dies könnte in Einzelfällen dazu geführt haben, dass der ersuchenden griechischen Behörde keine Mitteilung über die Erledigung ihres Ersuchens zugegangen ist. Auch in diesem Fall wäre allerdings nicht von einem „Verschwinden“ der Ersuchen auszugehen.