Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 10.01.2014 Doppik-Haushaltssystem für Kommunen und Landkreise Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Kommunen und Landkreise haben inzwischen die Doppik eingeführt? 2. Welche Erfahrungen wurden mit der Umstellung gemacht ? (Kosten der Umstellung, Handhabbarkeit für Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte, rechtzeitige Erstellung der geprüften Eröffnungsbilanz und der Jahresrechnung, Bewertung der Genehmigungsbehörden und des Kommunalen Prüfungsverbands in der bisherigen Praxis) 3. Hält die Bayerische Staatsregierung an der Freiwilligkeit der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik fest und warum? 4. Gibt es auch auf Landesebene – wie in einigen anderen Bundesländern schon geschehen – Bestrebungen, die Doppik einzuführen, und wenn nicht, warum nicht? 5. Führt die bayerische Regelung, es den kommunalen Ebenen freizustellen, welches Buchungssystem verwendet wird, dazu, dass keine stimmigen Kenn- und Vergleichszahlen für den interkommunalen Vergleich mehr vorliegen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.02.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Staatsministerium des Innern hat dem Landtag auf seinen Beschluss vom 05.03.2013 hin (Drs. 16/15908) mit Schreiben vom 03.07.2013 (Az. IB4-1512-334) über Ergebnisse von Evaluationen zur Einführung der Doppik berichtet. In den seither vergangenen sieben Monaten haben keine weiteren Evaluationen stattgefunden, weswegen die Fragen auf Basis des vorgenannten Berichts beantwortet werden: 1. Wie viele Kommunen und Landkreise haben inzwischen die Doppik eingeführt? Zum Stand 03.07.2013 haben 24 von 71 Landkreisen, 71 von 2.056 Gemeinden, 6 von 312 Verwaltungsgemeinschaften und 29 von rd. 1.500 Zweckverbänden die doppelte kommunale Buchführung eingeführt. Auf Ziffer 1 letzter Absatz des Schreibens an den Landtag vom 03.07.2013 (Az. IB4-1512-334 zu Drs. 16/15908) wird verwiesen. 2. Welche Erfahrungen wurden mit der Umstellung gemacht ? (Kosten der Umstellung, Handhabbarkeit für Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte, rechtzeitige Erstellung der geprüften Eröffnungsbilanz und der Jahresrechnung , Bewertung der Genehmigungsbehörden und des Kommunalen Prüfungsverbands in der bisherigen Praxis) Nach Erkenntnis des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr, die auf einer Untersuchung des Deutschen Städtetags, Feststellungen des Bayerischen Städtetags sowie auf Erfahrungen der Rechtsaufsichtsbehörden und des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands basiert, • gelten die mit der Einführung der Doppik verbundenen Kosten als eines der Hauptprobleme, • werden die politisch Verantwortlichen und die Verwal- tungsspitze mit der Ziel- und Kennzahlensteuerung überbeansprucht. Die Reform des kommunalen Haushaltsrechts zielt auf ein neues Steuerungsmodell, dem kommunale Dienstleistungen (Output) statt wie bisher die Bereitstellung von Ausgabeermächtigungen (Input) zugrunde liegen. Eine solche Steuerung auf der Leistungsseite hat im bisherigen kommunalen Haushaltswesen nur eine untergeordnete Rolle gespielt und die nun neue Zuordnung von Zielen und Produkten ist nicht immer einfach , beispielsweise wenn Leistungen aus verschiedenen Produktbereichen zur Erreichung eines Ziels erforderlich sein können, • resultieren Verzögerungen bei der Erstellung der geprüften Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse aus nachträglichem Korrekturbedarf, der seine Ursache in dem Umstand hat, dass manche Kommunen z. B. für die Bewertung von Vermögensgegenständen eigene örtliche Bewertungskonzepte zugrunde legten, noch bevor entsprechende gesetzliche Vorgaben existierten, • muss die Doppik auch nach Einschätzung der Rechtsaufsichtsbehörden und des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands „erst noch ankommen“, d. h. handwerkliche Arbeiten an Produkthaushalt und Eröffnungsbilanz sind noch nicht abgeschlossen, gesteuert wird noch nach hergebrachten Mechanismen. Im Einzelnen wird auf Ziffer 2 des Schreibens an den Landtag vom 03.07.2013 (Az. IB4-1512-334 zu Drs. 16/15908) und die zugehörige Anlage verwiesen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.04.2014 17/771 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/771 3. Hält die Bayerische Staatsregierung an der Freiwilligkeit der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik fest und warum? Die Staatsregierung hält derzeit an der Freiwilligkeit der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik fest. Vor allem mit Blick auf den Kosten-Nutzen-Aspekt, den jede Kommune für sich prüfen muss, wurde in Bayern die Doppik nicht verpflichtend vorgeschrieben. Auf Ziffer 1 des Schreibens an den Landtag vom 03.07.2013 (Az. IB4-1512-334 zu Drs. 16/15908) wird verwiesen . 4. Gibt es auch auf Landesebene – wie in einigen anderen Bundesländern schon geschehen – Bestrebungen , die Doppik einzuführen, und wenn nicht, warum nicht? Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat strebt derzeit keine Einführung der Doppik auf Landesebene an. Die Bayerische Staatsregierung hat sich am 17.10.2006 ausführlich mit dieser Frage beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Umstellung des staatlichen Rechnungswesens auf eine doppikbasierte Verbundrechnung abzulehnen ist. Ausschlaggebend war insbesondere die fehlende Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme. Eine Umstellung auf die Doppik erfolgte bisher nur im Land Hessen sowie in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg . Nach Ansicht des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat macht eine flächendeckende Umstellung des staatlichen Rechnungswesens nur Sinn, wenn sie mehr bringt als nur die Umstellung auf ein anderes Buchungssystem. Aufwand und Nut- zen einer solchen Maßnahme müssen in einem adäquaten Verhältnis stehen. Umstellung und laufender Betrieb würden enorme personelle und finanzielle Ressourcen erfordern, denen kein entsprechender Mehrwert gegenübersteht. Im Übrigen wird auf die Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 19.07.2010 (GZ: LB/15-H 1012-006-10698/10 zu Drs. 16/3523 und 16/3959) sowie vom 22.07.2013 (GZ: LB/15- H 1012-006-25179/13 zu Drs. 16/15908) verwiesen. 5. Führt die bayerische Regelung, es den kommunalen Ebenen freizustellen, welches Buchungssystem verwendet wird, dazu, dass keine stimmigen Kenn- und Vergleichszahlen für den interkommunalen Vergleich mehr vorliegen? Interkommunale Vergleichbarkeit steht in Bayern unter der Prämisse, insbesondere bei aufsichtlichen Genehmigungen und bei Förderentscheidungen Bevorzugungen oder Benachteiligungen aufgrund des Buchungsstils zu vermeiden. Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat den Rechtsaufsichtsbehörden und Kommunen deshalb Hinweise zur Beurteilung der dauernden Leistungsfähigkeit doppisch buchender Kommunen gegeben. Ziel ist, eine einheitliche Betrachtung kommunaler Haushalte unabhängig vom Buchungsstil zu ermöglichen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Bestimmungen zum Haushaltsausgleich (§ 22 KommHV-Kameralistik, § 24 KommHV-Doppik) zu Ergebnissen führen, die wegen systemimmanenter Unterschiede nicht vergleichbar sind. Im Einzelnen wird auf Ziffer 2 des Schreibens an den Landtag vom 03.07.2013 (Az. IB4-1512-334 zu Drs. 16/15908) verwiesen.