Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joachim Unterländer CSU vom 09.06.2015 Zukunft des Deutschen Herzzentrums München Der Landtag hat am 11.12.2007 mit großer Mehrheit beschlossen , dass das Deutsche Herzzentrum München in einer eigenständigen und unabhängigen Rechtsform aufrechterhalten bleibt. Ich frage in diesem Zusammenhang die Staatsregierung: 1. Wie und in welcher Form wird dieses Ziel in Zukunft umgesetzt ? 2. Wie wird der Kooperationsvertrag zwischen dem Klinikum rechts der Isar und dem Deutschen Herzzentrum München umgesetzt? 3. Muss das Deutsche Herzzentrum als einzige derartige Klinik erwirtschaftete Erträge aus dem Betriebsergebnis an den Staatshaushalt abführen? 4. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass der Stellenwert des Deutschen Herzzentrums München von internationaler Bedeutung für die „Spitzenklinik-Region Freistaat Bayern“ ist? 5. Wie können die strukturellen Arbeitsbedingungen zeitund fachgemäß so weiterentwickelt werden, dass dem Ziel einer optimalen Versorgung herzkranker Patienten im Zeichen einer eigenständigen und unabhängigen Rechtsform weiter entsprochen werden kann? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 14.07.2015 1. Wie und in welcher Form wird dieses Ziel in Zukunft umgesetzt? Das Deutsche Herzzentrum München (DHM) wurde 1974 als „Ein-Organ-Klinik“ durch das damalige Staatsministerium für Arbeit und Soziales gegründet. Seit 1995 gehört es zum Geschäftsbereich des heutigen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, dem es direkt unterstellt ist. Gutachten des Wissenschaftsrats und des Lenkungsausschusses Hochschulmedizin München hatten 2006 empfohlen, das DHM in das Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (MRI) zu integrieren und in einem ersten Schritt die Verwaltung des DHM auf das MRI zu übertragen. Demgegenüber hat der Bayerische Landtag mit Beschluss vom 11.12.2007 die Staatsregierung aufgefordert, sich im Zuge der geplanten strukturellen und organisatorischen Änderungen der Universitätskliniken in München für eine eigenständige und unabhängige Rechtsform des DHM auszusprechen. Der Ministerrat hat sich seit 2006 mehrfach mit der Thematik befasst und zuletzt am 07.03.2012 beschlossen, das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst solle den Prozess zur Umsetzung des Kooperationsvertrags zwischen DHM, MRI und Technischer Universität München TUM weiter begleiten (siehe dazu auch Antwort zu Frage 2). In seinem Jahresbericht 2015 hat sich der ORH unter Nr. 29 mit der Entwicklung des DHM befasst und Folgendes festgestellt: „Die wirtschaftliche Lage des DHM hat sich seit 2007 erheblich verschlechtert. Der ORH hält es für notwendig, die Struktur des DHM weiterzuentwickeln. Das Wissenschaftsministerium ist gefordert, die Kooperation des DHM und des MRI voranzutreiben.“ Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat in seinen Stellungnahmen an den ORH im Vorfeld des Jahresberichts 2015 darauf hingewiesen , dass am DHM aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung keine wirtschaftlich prekäre Situation einzutreten droht. Denn nach sinkenden Gewinnen in den Jahren ab 2007 erwirtschaftete das DHM in 2012 einmalig ein negatives Jahresergebnis von -0,8 Mio. €. Die sinkenden Gewinne stehen insbesondere im Zusammenhang mit der Konvergenzphase des DRG-Systems. Das einmalige negative Jahresergebnis stand im Zusammenhang mit der Umbruchsituation aufgrund der zeitgleichen Neubesetzung der Lehrstühle und Klinikdirektionen für Kardiologie und Kinderkardiologie (zwei von drei Kliniken am DHM) im Herbst 2012. Schon in 2013 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.09.2015 17/7751 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7751 wurde ein ausgeglichenes Jahresergebnis erzielt, das sich in 2014 nochmals deutlich verbessert hat. Insofern wird vonseiten des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung keine Strukturänderung für notwendig erachtet. Auch die in Jahrzehnten etablierte Marke der Einrichtung bleibt in jedem Fall erhalten. 2. Wie wird der Kooperationsvertrag zwischen dem Klinikum rechts der Isar und dem Deutschen Herzzentrum München umgesetzt? Zwischen dem DHM und der TUM besteht seit 1995 eine enge Zusammenarbeit in Forschung und Lehre, die durch eine ministerielle Festlegung bestätigt ist. Auf dieser Grundlage aufbauend, wurde 2009, moderiert durch das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, ein neuer, dreiseitiger Kooperationsvertrag zwischen TUM, DHM und auch MRI geschlossen. Dieser vertieft die vertrauensvolle Zusammenarbeit und festigt das Netzwerk zwischen TUM, MRI und DHM für eine gemeinsame Stärkung im zunehmenden Wettbewerb. Aufgrund des Landtagsbeschlusses vom 11.12.2007 wurde im Kooperationsvertrag ausdrücklich festgeschrieben, dass die wirtschaftliche und finanzielle Eigenständigkeit der Kooperationspartner nicht berührt wird. Der Vertrag umfasst insbesondere die Zusammenarbeit in der Krankenversorgung (bspw. mit der grundsätzlichen Vorgabe, unter Beachtung der medizinischen Notwendigkeit und des freien Patientenwillens Patienten primär gegenseitig zu überweisen und zuzuweisen oder durch Abstimmung des Leistungsangebots), gemeinsame Weiterbildung und Personalaustausch (bspw. durch Assistentenrotationen), gemeinsame Forschung und Lehre (Zusammenarbeit besonders im Hinblick auf die akademische und strukturelle Integration des DHM in die Medizinische Fakultät bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Eigenständigkeit des DHM), gemeinsame strategische Berufungen bis hin zur gemeinsamen Außendarstellung. Der Kooperationsvertrag wird durch den Koordinierungsausschuss mit Leben erfüllt, in dem Hochschulleitung der TUM, Fakultätsleitung der Medizinischen Fakultät, die Klinikumsvorstände von MRI und DHM vertreten sind. Der Koordinierungsausschuss tagt mindestens einmal jährlich. Daneben findet bspw. auch ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Kaufmännischen Direktor des MRI und dem Verwaltungsdirektor des DHM statt. Aus Sicht des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat sich die Kooperation der drei Einrichtungen und die gegenseitige Abstimmung insbesondere bei der Wiederbesetzung der Lehrstühle für Kardiologie und für Kinderkardiologie an der TUM (denen in Personalunion die Leitung der Kliniken für Kardiologie bzw. für Kinderkardiologie am DHM assoziiert ist) im Jahr 2012 bewährt . Die strategischen Ausrichtungen der Lehrstühle wie auch die Personalentscheidungen erfolgten im Einvernehmen zwischen dem Präsidenten der TUM, dem Dekan der Medizinischen Fakultät, dem Klinikumsvorstand des MRI und dem Direktorium des DHM. So konnte eine dreiseitige Akzeptanz erreicht werden, die sich in der Wahrnehmung unseres Hauses bereits sehr positiv auf das Verhältnis der drei Partner DHM, MRI und TUM auswirkt. Auch die Beteiligung des Standorts München am Deutschen Zentrum für Herz-, Kreislaufforschung (DZHK) mit einem erheblichen Drittmittelvolumen wäre ohne diese enge und gute Kooperation nicht möglich gewesen. 3. Muss das Deutsche Herzzentrum als einzige derartige Klinik erwirtschaftete Erträge aus dem Betriebsergebnis an den Staatshaushalt abführen? Das DHM ist eine nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Es ist direkt dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst unterstellt und wird wie ein Staatsbetrieb gemäß Art. 26 BayHO geführt; somit ist es bay ernweit die einzige Klinik in dieser Rechtsform. Der Freistaat ist unmittelbarer wirtschaftlicher Träger der Klinik und Krankenhausträger nach dem Krankenhausfinanzierungsrecht . Das DHM ist mit 197 Betten im Krankenhausplan aufgenommen ; Investitionen werden nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz gefördert. Unter Kap. 1530 Tit. 121 11 des Haushaltsplans des Freistaats Bayern ist die Ablieferung von Betriebsüberschüssen des DHM bis zu einer Höhe von 2,471 Mio. € festgeschrieben . Diese Regelung ist vergleichbar derjenigen bei anderen Staatsbetrieben (bspw. Staatsbrauerei Weihenstephan) und insoweit nicht singulär. Festzuhalten bleibt, dass die abgelieferten Betriebsüberschüsse dem DHM wieder zugutekommen: Aufgrund der Ansparung der vom DHM abgelieferten Betriebsüberschüsse konnte der Forschungsneubau für das DHM in Angriff genommen werden, der derzeit für ein Finanzvolumen von rund 20 Mio. € errichtet wird und der die Zukunftsfähigkeit des DHM als Forschungseinrichtung sichert. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das DHM in 2015 vom Freistaat für laufende Zwecke in Forschung und Lehre einen Zuschuss von 2,95 Mio. €, einen Zuschuss für Bauinvestitionen von 0,625 Mio. € und einen Zuschuss für Geräteinvestitionen von 2,0 Mio. € erhält. 4. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass der Stellenwert des Deutschen Herzzentrums München von internationaler Bedeutung für die „SpitzenklinikRegion Freistaat Bayern“ ist? Das DHM hat nach Auffassung der Staatsregierung eine herausragende Stellung und Bedeutung in der Versorgung von Herz-Kreislauf-Patienten, die überregional, sogar weit über die Grenzen Bayerns hinaus und auch international anerkannt ist. Gleichermaßen ist aus Sicht der Staatsregierung auf die Forschungsstärke des DHM hinzuweisen, die so insbesondere durch die Personalunion der Klinikdirektoren am DHM, die zugleich Lehrstuhlinhaber an der Medizinischen Fakultät der TUM sind, sowie durch die wissenschaftliche Anbindung an die TUM und die enge Kooperation mit dem MRI ermöglicht wird. Diese Forschungsstärke ist seit der Integration des DHM in den Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst zum Markenzeichen des DHM neben der klinischen Leistung geworden und bedingt eine modernste Krankenversorgung, die stets die neuesten Forschungsergebnisse zum Wohle der Patienten berücksichtigt und somit die Attraktivität in der Patientenbehandlung sichert. Um den hohen Leistungsstandard des Hauses zu erhalten und die Behandlungsmöglichkeiten ständig zu verbessern, wird im DHM Forschung und Lehre betrieben. Zu diesem Zweck ist das DHM im Rahmen einer Kooperation mit der TUM in Forschung und Lehre eingebunden (siehe auch Ausführungen zu Frage 2). Drucksache 17/7751 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. Wie können die strukturellen Arbeitsbedingungen zeit- und fachgemäß so weiterentwickelt werden, dass dem Ziel einer optimalen Versorgung herzkranker Patienten im Zeichen einer eigenständigen und unabhängigen Rechtsform weiter entsprochen werden kann? Die strukturellen Arbeitsbedingungen für Ärzte, Pflegekräfte und Verwaltungsmitarbeiter des DHM werden insbesondere durch die Tarifvertragsparteien und durch Bundesgesetze (Arbeitsschutzgesetze etc.) bestimmt, die sich dem Einflussbereich des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst entziehen. Aus Sicht der Staatsregierung muss neben dem Ziel einer optimalen Versorgung herzkranker Patienten durch das DHM auch in Zukunft ein Fokus auf herausragender Forschung in Assoziation des DHM an die TUM gelegt werden. Denn nur so kann dauerhaft die Spitzenstellung des DHM in der Forschung wie auch daraus resultierend in der Krankenversorgung gesichert werden. Darüber hinaus wird die Frage der Kooperation (bei Beibehalt der eigenständigen Rechtsform des DHM und der Marke DHM) mit den beiden Münchner Universitätskliniken nach hiesiger Auffassung verstärkt in den Fokus rücken. Eine Anfang 2015 vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst in Sachen Kinderherzchirurgie und Kinderkardiologie eingesetzte Expertenkommission hat in Bezug auf das DHM und das Klinikum der Universität München (KUM) einerseits positiv die Spezialisierung des DHM als Ein-Organ-Klinik herausgestellt, andererseits haben die Experten betont, dass gerade bei herzkranken Kindern bzw. auch bei älteren Patienten mit multimorbiden Erscheinungsformen die unmittelbare Verfügbarkeit auch anderer Fächer für eine moderne und bestmögliche Patientenversorgung unabdingbar ist. Insoweit wird der Freistaat als Träger der beiden Münchner universitären Medizinen wie auch des DHM bspw. über den Steuerungsausschuss Hochschulmedizin München weiterhin und verstärkt auf die gute Zusammenarbeit und Kooperation seiner hochschulmedizinischen Einrichtungen am Standort München achten müssen, um diese auch in Zukunft konkurrenzfähig zu halten, und in diesem Sinne die Entwicklung des DHM patientengerecht und auch forschungsbetont konstruktiv begleiten.