Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.05.2015 Sammelabschiebungen in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele als Sammelabschiebungen bezeichnete Maßnahmen fanden in den letzten fünf Jahren jeweils aus Bayern aus welchen Orten, wohin, mit welchen Verkehrsmitteln und mit jeweils wie vielen Personen statt? 1.2 Gingen diese Abschiebungen dabei direkt in ein Herkunftsland , wenn nicht, über welche Flughäfen anderer Staaten fanden die Abschiebungen jeweils statt? 2.1 Wie viele der betroffenen Personen waren in den jeweiligen Jahren alleinstehende Männer, alleinstehende Frauen, Kinder, Jugendliche und Heranwachsende ? 2.2 Wie viele Kinder und Jugendliche waren ohne ihre Eltern betroffen, wie viele Familien waren mit allen Familienmitgliedern betroffen, und wie viele Familien waren unvollständig? 3.1 Wie viele der Personen waren jeweils schon ein Jahr oder länger in Deutschland? 3.2 Wie viele Personen waren jeweils Dublinfälle? 4.1 Bei welchen Sammelabschiebungen in den letzten fünf Jahren waren Personen betroffen, denen nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, eine freiwillige Ausreise vorzubereiten? 4.2 Wurde die Reisefähigkeit aller Personen, die von den Sammelabschiebungen betroffen waren, im Vorfeld der Sammelabschiebungen überprüft, und wenn ja, durch wen? 5.1 Welche dieser als Sammelabschiebungen bezeichneten Maßnahmen fanden per Flugzeug statt? 5.2 Bei wie vielen Flügen handelte es sich um Linienflüge, an denen auch andere Reisende teilnahmen? 5.3 Bei welchen Sammelabschiebungen arbeitete Bayern mit anderen Bundesländern zusammen? 6.1 Wie wird die besondere Verletzlichkeit von Frauen, Kindern, Alten oder kranken Personen bei der Entscheidung für oder gegen eine Abschiebung berücksichtigt ? 6.2 Wie werden die besonderen Bedürfnisse bei und nach der Abschiebung berücksichtigt? 7. Welche Sammelabschiebungen sind derzeit für das Jahr 2015 bereits geplant (bitte mit Datum, Zahl der abzuschiebenden Personen, Herkunftsstaaten, Zielstaaten und Flughafen auflisten)? 8. Welche Kosten sind dem Freistaat in den letzten fünf Jahren durch Abschiebungen jährlich entstanden, welche bei den einzelnen Maßnahmen in den Kosovo jeweils (bitte differenzieren nach einzelnen Flügen, den Kosten für Sicherheitsbegleitung und weiteren Posten )? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.07.2015 Vorbemerkung: Als Stichtag wurde für alle Fragen, welche sich auf den aktuellen Stand beziehen, der 31. Mai 2015 gewählt. Bei der Beantwortung der Fragen werden Kinder als Personen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres definiert. Jugendliche sind Personen, die 14 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Heranwachsende sind Personen, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben (vgl. § 1 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz – JGG). 1.1 Wie viele als Sammelabschiebungen bezeichnete Maßnahmen fanden in den letzten fünf Jahren jeweils aus Bayern aus welchen Orten, wohin, mit welchen Verkehrsmitteln und mit jeweils wie vielen Personen statt? In den Jahren 2010 bis 2014 wurden durch den Freistaat Bayern keine Sammelrückführungsmaßnahmen durchgeführt . Im Jahr 2015 wurden bisher acht Sammelrückführungsmaßnahmen für zusammen 684 rückzuführende Personen durchgeführt. Alle Flüge fanden vom Flughafen München aus statt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.09.2015 17/7752 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7752 Datum Zielland Anzahl der rückgeführten Personen Transportmittel 1 17.02.2015 Republik Kosovo 30 Flugzeug 2 17.03.2015 Republik Kosovo 48 Flugzeug 3 14.04.2015 Republik Serbien 147 Flugzeug 4 21.04.2015 Bosnien und Herzegowina 42 Flugzeug ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien 45 5 05.05.2015 Republik Kosovo 68 Flugzeug 6 19.05.2015 Republik Kosovo 112 Flugzeug 7 21.05.2015 Republik Kosovo 83 Flugzeug 8 27.05.2015 Republik Kosovo 109 Flugzeug 1.2 Gingen diese Abschiebungen dabei direkt in ein Herkunftsland, wenn nicht, über welche Flughäfen anderer Staaten fanden die Abschiebungen jeweils statt? Alle Flüge wurden als Direktflüge vom Flughafen München aus durchgeführt. Beim Flug am 21.04.2015 handelte es sich um einen sogenannten Gabelflug, bei dem zuerst für die Rücküberstellung der mazedonischen Staatsangehörigen der Flughafen der Hauptstadt Skopje/Mazedonien angeflogen wurde und dann der Weiterflug zum Flughafen der Hauptstadt Sarajevo/Bosnien und Herzegowina zur Überstellung der bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen erfolgte. 2.1 Wie viele der betroffenen Personen waren in den jeweiligen Jahren alleinstehende Männer, alleinstehende Frauen, Kinder, Jugendliche und Heranwachsende ? Unter den im Rahmen von Sammelabschiebungen zurückgeführten Personen befanden sich: – 129 alleinstehende volljährige Männer (ohne Heranwachsende ) – 9 alleinstehende volljährige Frauen (ohne Heranwachsende ) – 228 Kinder – 31 Jugendliche – 64 Heranwachsende 2.2 Wie viele Kinder und Jugendliche waren ohne ihre Eltern betroffen, wie viele Familien waren mit allen Familienmitgliedern betroffen, und wie viele Familien waren unvollständig? Es wurden 111 Familien im Familienverbund rückgeführt. Als Familienverbund gelten Ehepaare ohne Kinder, Ehepaare mit Kindern sowie Kinder mit nur einem aufhältigen Elternteil oder Erziehungsberechtigten. Zwei Familien wurden ohne den ebenfalls zur Abschiebung gemeldeten Ehemann bzw. Vater zurückgeführt, da dieser sich der Abschiebung durch „Untertauchen“ entzogen hatte. Alle Kinder und Jugendlichen waren in Begleitung ihrer Eltern oder eines personensorgeberechtigten Elternteils. 3.1 Wie viele der Personen waren jeweils schon ein Jahr oder länger in Deutschland? Statistische Daten sind hierzu nicht vorhanden. Eine nachträgliche Erhebung bei den Ausländerbehörden würde die Sichtung aller Akten erfordern und wäre nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand zu leisten. 3.2 Wie viele Personen waren jeweils Dublinfälle? Keine. 4.1 Bei welchen Sammelabschiebungen in den letzten fünf Jahren waren Personen betroffen, denen nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, eine freiwillige Ausreise vorzubereiten? Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat von keinen Fällen Kenntnis, in denen nicht die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise eingeräumt wurde. 4.2 Wurde die Reisefähigkeit aller Personen, die von den Sammelabschiebungen betroffen waren, im Vorfeld der Sammelabschiebungen überprüft, und wenn ja, durch wen? Die Reisefähigkeit wurde in jedem Einzelfall im Vorfeld der Rückführungsmaßnahme festgestellt, in dem Anhaltspunkte auf eine Reiseunfähigkeit hindeuteten. Derartige Anhaltspunkte können sich beispielsweise aus der Vorgeschichte des Betroffenen, aus seinen Einlassungen gegenüber der Ausländerbehörde und/oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder aus einem Attest eines niedergelassenen Arztes ergeben. Ggf. wurde das örtliche Gesundheitsamt im Rahmen der behördeninternen Amtshilfe beteiligt. Im Rahmen der Sammelrückführungsmaßnahmen waren sowohl am Flughafen als auch während des Fluges Ärzte und Sanitäter anwesend, die neben einer medizinischen Betreuung der Rückführungsmaßnahmen ggf. auch noch eine überraschend auftretende Reiseunfähigkeit feststellen können. 5.1 Welche dieser als Sammelabschiebungen bezeichneten Maßnahmen fanden per Flugzeug statt? Auf die Antwort zu Frage 1.1 wird verwiesen. 5.2 Bei wie vielen Flügen handelte es sich um Linienflüge , an denen auch andere Reisende teilnahmen ? Bei keinen. Ggf. freie Rückführungsplätze wurden seitens der Bundespolizei anderen Bundesländern angeboten. 5.3 Bei welchen Sammelabschiebungen arbeitete Bayern mit anderen Bundesländern zusammen? Bei keinen. 6.1 Wie wird die besondere Verletzlichkeit von Frauen , Kindern, alten oder kranken Personen bei der Entscheidung für oder gegen eine Abschiebung berücksichtigt? Sachverhalte, die ein gesetzliches Verbot der Abschiebung zur Folge haben (§ 60 AufenthG) oder Abschiebungshindernisse darstellen und damit Duldungsgründe nach § 60 a AufenthG zur Folge haben, werden in der Regel im Vorfeld einer Maßnahme von den Betroffenen gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und/oder der jeweils zuständigen Ausländerbehörde vorgetragen. Sofern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in seinem Bescheid festgestellt hat, dass kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 AufenthG vorliegt, ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gebunden. Die Ausländerbehörde prüft von Amts wegen, ob inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und damit Duldungsgründe vorliegen. Sofern beispielsweise eine krankheitsbedingte vorübergehende Reiseunfähigkeit besteht, ist die Abschie- Drucksache 17/7752 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 bung auszusetzen und der Aufenthalt der erkrankten Person vorübergehend zu dulden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4.2 verwiesen. 6.2 Wie werden die besonderen Bedürfnisse bei und nach der Abschiebung berücksichtigt? Die an den Rückführungsmaßnahmen beteiligten Vollzugskräfte sowie die deutschen Auslandsvertretungen wurden möglichst frühzeitig über die für die Rückführung vorgesehenen Personen und, soweit bekannt, über deren derzeitige Aufenthalts- und Lebenssituation in Kenntnis gesetzt. Die deutschen Auslandsvertretungen informierten die für die Einreise zuständigen staatlichen Stellen der Zielstaaten über die zu erwartenden Rückzuführenden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4.2 verwiesen. 7. Welche Sammelabschiebungen sind derzeit für das Jahr 2015 bereits geplant (bitte mit Datum, Zahl der abzuschiebenden Personen, Herkunftsstaaten , Zielstaaten und Flughafen auflisten)? 16.06. ca. 75 Personen, Kosovo, Pristina 23.06. ca. 120 Personen, Kosovo, Pristina 30.06. ca. 75 Personen, Serbien/Mazedonien, Belgrad/Skopje Weitere Planungen sind noch nicht genügend konkretisiert. 8. Welche Kosten sind dem Freistaat in den letzten fünf Jahren durch Abschiebungen jährlich entstanden , welche bei den einzelnen Maßnahmen in den Kosovo jeweils (bitte differenzieren nach einzelnen Flügen, den Kosten für Sicherheitsbegleitung und weiteren Posten)? Die Kosten können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Datum Zielland Kostenbezeichnung in € 1 17.02.2015 Republik Kosovo Flugzeug 45.358,00 Dolmetscherkosten 348,77 Flugzeugenteisung 4.874,24 2 17.03.2015 Republik Kosovo Flugzeug 33.732,50 Dolmetscherkosten 708,15 Datum Zielland Kostenbezeichnung in € 3 14.04.2015 Republik Serbien Flugzeug (Angebotspreis) 65.500,00 Dolmetscherkosten 402,20 Privatarzt zur Flugbegleitung 569,00 4 21.04.2015 Bosnien und Herzegowina/ ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien Flugzeug 50.027,61 Dolmetscherkosten 432,20 5 05.05.2015 Republik Kosovo Flugzeug 37.361,96 Dolmetscherkosten 705,30 6 19.05.2015 Republik Kosovo Flugzeug 43.037,15 Dolmetscherkosten 388,34 7 21.05.2015 Republik Kosovo Flugzeug 42.087,80 Dolmetscherkosten 512,77 8 27.05.2015 Republik Kosovo Flugzeug noch nicht bekannt Dolmetscherkosten 523,50 Die Kosten der Ausländerbehörden und der Polizeiinspektion Schubwesen im Rahmen der Vorbereitung der Abschiebung sowie die Kosten der für die Zuführung eingesetzten Kräfte der Landespolizei lassen sich nicht mit zumutbarem Verwaltungsaufwand gesondert ermitteln. Die Kosten der Bundespolizei unter anderem für die Sicherheitsbegleitung auf den Flügen wurden von der Bundespolizei getragen.