Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 28.04.2015 G7-Gipfel auf Schloss Elmau: Naturschutz I Umringt vom Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) Mittenwalder Buckelwiesen, dem Naturschutzgebiet und Europäischen Vogelschutzgebiet Schachen und Reintal sowie dem Landschaftsschutzgebiet Wettersteingebiet findet im Juni auf Schloss Elmau der G7-Gipfel statt. Dieses Großereignis ist zweifelsohne durch das große Verkehrsaufkommen, mehreren Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern, massiven sicherheitstechnischen und logistischen Aufwand mit drastischen Auswirkungen auf den Naturschutz verbunden . Die Vielzahl an Bauarbeiten, Bodenversiegelung, Lärm durch Hubschrauberflüge und der Verkehrslärm können den sensiblen Naturraum nachhaltig stören. Aus der Sicht des Naturschutzes fallen daher eine Vielzahl von Fragen an die Eignung des Gipfelstandorts Schloss Elmau an. Ich frage die Staatsregierung: 1. Nach welchen Kriterien wurde der Gipfelstandort ausgesucht ? 1.1 Welche ökologischen und naturschutzfachlichen Kriterien wurden dazu herangezogen? 1.2 Wird die Staatsregierung bei der Auswahl zukünftiger Gipfelstandorte auf die Bundesregierung einwirken, dass den ökologischen Auswirkungen vermehrt Rechnung getragen wird? 2. Mit welchen naturschutzrelevanten Auswirkungen (z. B. Verkehrslärm, Demonstrantinnen und Demonstranten auf Naturschutzflächen, etc.) rechnet die Staatsregierung während des Gipfels? 2.1 Welche Maßnahmen sind für die Vermeidung von naturschutzrelevanten Auswirkungen (z. B. Verkehrslärm , Demonstrantinnen und Demonstranten auf Naturschutzflächen, etc.) geplant? 2.2 Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, um die unter Schutz stehenden Gebiete rund um Schloss Elmau zu schützen und gleichzeitig das Demonstrationsrecht zu gewähren? 3. Welche Konsequenzen hatte die unrechtmäßige Errichtung eines Bauarbeiterparkplatzes durch den Hotelchef von Schloss Elmau, durch die eine artenreiche Blumenwiese zerstört wurde? 3.1 Welche Konsequenzen hatte die unrechtmäßige Errichtung eines Partyzeltes unmittelbar neben dem Tagungshotel Schloss Elmau auf den Landschaftsschutz ? 4. Welche Konsequenzen hat die Errichtung des Sicherheitszaunes auf den Landschaftsschutz und die unter Schutz stehenden Gebiete? 4.1 Welche Länge wird der Sicherheitszaun umfassen und wo verläuft er auf dem Gebiet welcher Schutzgebiete? 4.2 Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass der Zaun rückstandslos zurückgebaut wird? 5. Geht die Staatsregierung davon aus, dass der durch das zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen erzeugte Lärm negative Beeinträchtigungen auf die in den Schutzgebieten lebenden Wildtierarten haben wird? 5.1 Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen , um negative Auswirkungen zu verhindern? 6. Von welchen Auswirkungen auf die umliegende Natur durch den Hubschrauberlandeplatz auf dem Wanderparkplatz geht die Staatsregierung aus? 6.1 Wurden Gutachten über mögliche Auswirkungen eingeholt bzw. sind natur- bzw. artenschutzrelevante Prüfungen erfolgt? 6.2 In welcher Intensität wird der Hubschrauberlandeplatz seinen Planungen nach genutzt werden? 7. Welche Auswirkungen wird der Lärm der Hubschrauber auf die umliegende Natur haben, insbesondere auf die in der Region brütenden Steinadler? 7.1 Wurden die Auswirkungen der Hubschrauberflüge auf die Brutpaare des Steinadlers im Wettersteingebirge geprüft? 7.2 Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 21.07.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. Nach welchen Kriterien wurde der Gipfelstandort ausgesucht? Die Auswahl des Gipfelortes sowie die weiteren Absprachen wurden durch die Bundesregierung getroffen. 1.1 Welche ökologischen und naturschutzfachlichen Kriterien wurden dazu herangezogen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.09.2015 17/7753 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7753 1.2 Wird die Staatsregierung bei der Auswahl zukünftiger Gipfelstandorte auf die Bundesregierung einwirken, dass den ökologischen Auswirkungen vermehrt Rechnung getragen wird? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 2. Mit welchen naturschutzrelevanten Auswirkungen (z. B. Verkehrslärm, Demonstrantinnen und Demonstranten auf Naturschutzflächen, etc.) rechnet die Staatsregierung während des Gipfels? Seitens der bayerischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben wurden alle Maßnahmen unter Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange und in enger Abstimmung mit den Naturschutzbehörden vorgenommen. 2.1 Welche Maßnahmen sind für die Vermeidung von naturschutzrelevanten Auswirkungen (z. B. Verkehrslärm , Demonstrantinnen und Demonstranten auf Naturschutzflächen, etc.) geplant? Hierzu darf im Detail auf die Antworten zu den nachfolgenden Fragen verwiesen werden. 2.2 Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, um die unter Schutz stehenden Gebiete rund um Schloss Elmau zu schützen und gleichzeitig das Demonstrationsrecht zu gewähren? In den Kooperationsgesprächen wurden die Versammlungsanzeiger auf die Belange des Naturschutzes hingewiesen. Sofern Versammlungen in Naturschutzbereichen angezeigt wurden, wurden diese durch die zuständigen Behörden naturschutzrechtlich geprüft. 3. Welche Konsequenzen hatte die unrechtmäßige Errichtung eines Bauarbeiterparkplatzes durch den Hotelchef von Schloss Elmau, durch die eine artenreiche Blumenwiese zerstört wurde? Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen hat wegen der Errichtung des Baustellenparkplatzes im FFH-Gebiet mit Bußgeldbescheid vom 10.10.2014 gegen den Grundstückseigentümer ein Bußgeld verhängt. Zudem wurde der Grundstückseigentümer in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung verpflichtet, die Fläche zu renaturieren. Erste Renaturierungsmaßnahmen wurden bereits letztes Jahr ausgeführt . Die restlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Fläche erfolgen in mehreren Schritten. Die erste Abdeckung der mit dem ursprünglichen Humus erstellten Feinplanie mit entsprechendem Mahdgut zur Wiederherstellung der früheren Vegetation muss bis spätestens Mitte September 2015 abgeschlossen sein. 3.1 Welche Konsequenzen hatte die unrechtmäßige Errichtung eines Partyzeltes unmittelbar neben dem Tagungshotel Schloss Elmau auf den Landschaftsschutz ? Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen wird weiterhin streng darauf achten, dass die naturschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Bezüglich des Partyzeltes prüft das Landratsamt derzeit noch, ob nach pflichtgemäßem Ermessen ein Bußgeldverfahren einzuleiten ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die nach der Landschaftsschutzgebietsverordnung verbotene Veranstaltung aufgrund der Baueinstellung des Landratsamtes gar nicht durchgeführt wurde und diesbezüglich ein Versuch nicht bußgeldbewehrt ist. 4. Welche Konsequenzen hat die Errichtung des Sicherheitszaunes auf den Landschaftsschutz und die unter Schutz stehenden Gebiete? Die Fragen zu Sicherheitseinrichtungen werden auf den Sicherheitsbereich S 2, für den die Bayerische Polizei zuständig ist, bezogen. Die Errichtung der Sicherheitseinrichtungen stellt keinen Eingriff in Natur und Landschaft entsprechend § 14 ff. BNatSchG dar und ist aufgrund der gewählten Ausführung , der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen und der nur kurzzeitigen Wirkungsdauer nicht geeignet, das Natura 2000-Gebiet, auch im Zusammenwirken mit anderen Projekten und Plänen, erheblich zu beeinträchtigen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Schutzbestimmungen für geschützte Biotope sowie bezogen auf die Arbeiten zum Errichten des Zaunes auch für besonders und streng geschützte Arten (zum Betrieb der Schutzeinrichtungen siehe Antwort zu Frage 5.). Die Sicherungsreinrichtungen in Teilen des Landschaftsschutzgebietes „Wettersteingebiet, einschließlich Latschengürtel bis Mittenwald“ haben für die Sicherheit des G7-Gipfels hohe Bedeutung und sind gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatschG aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig. Das Landratsamt GarmischPartenkirchen hat deshalb unter Abwägung aller für und gegen das Vorhaben sprechenden Gründe mit Bescheid vom 23.04.2014 eine wasserrechtliche Anlagengenehmigung erteilt, welche die ansonsten nach dem Naturschutzrecht erforderliche Befreiung von der Landschaftsschutzgebietsverordnung mitumfasst. 4.1 Welche Länge wird der Sicherheitszaun umfassen und wo verläuft er auf dem Gebiet welcher Schutzgebiete ? Der Sicherheitsbereich S 2 hatte einen Umfang von ca. 16 km. Der Sicherheitszaun hatte eine Länge von ca. 7,7 km. Er verlief in folgenden Schutzgebieten: • Landschaftsschutzgebiet LSG-00281.01: „Wettersteingebiet einschließlich Latschengürtel Mittenwald“ zwischen der Querung des Ferchenbaches südlich von Elmau und der Querung des Ferchenbaches westlich des Hubschrauberlandeplatzes . • FFH-Gebiet DE 8533-301 „Mittenwalder Buckelwiesen“ nordwestlich Schloss Kranzbach entlang des untersten Abschnittes des sog. Knüppeldammweges sowie unterhalb der Elmauer Alm. 4.2 Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass der Zaun rückstandslos zurückgebaut wird? Die Befestigung des Zauns erfolgte entweder an Bäumen, die durch Baumschutzmanschetten geschützt werden, oder an Bohrankern (Durchmesser 6 bis 8 cm), die nicht verpresst werden. Beide Befestigungssysteme werden rückstandsfrei und ohne Beschädigung der Bäume bzw. der Vegetation bis spätestens 10.07.2015 wieder entfernt. Eine entsprechende Rückbauverpflichtung wurde im Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom 23.04.2015 festgelegt. 5. Geht die Staatsregierung davon aus, dass der durch das zu erwartende, hohe Verkehrsaufkommen erzeugte Lärm negative Beeinträchtigungen auf die in den Schutzgebieten lebenden Wildtierarten haben wird? Drucksache 17/7753 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Durch das mit dem Betrieb des Sicherheitsbereichs S 2 verbundene Verkehrsaufkommen und das Bestreifen insbesondere mit Hunden konnten negative Auswirkungen für das Auerhuhn, dessen Habitate sich teilweise im Landschaftsschutzgebiet befinden, nicht ausgeschlossen werden. Hinsichtlich der Auswirkungen der Hubschrauberflüge wird auf die Beantwortung der Frage 7 verwiesen. 5.1 Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen , um negative Auswirkungen zu verhindern ? • Für alle Arbeiten wurde eine Umweltbaubegleitung eingerichtet . • Für unvermeidbare Hubschraubereinsätze beim Auf- und Rückbau des Sicherheitszauns wurde ein unempfindlicher Flugkorridor vorgegeben. • Die Errichtung des Sicherheitszauns im Nahbereich zu Auerhuhn-Habitaten erfolgte aufgrund der Balzaktivitätsphase des Auerhuhns bis Mitte Mai erst ab 11:00 Uhr. • Sicherheitszäune im Bereich der Auerhuhn-Habitate, die in möglichen Flugwegen aufgestellt werden, wurden zur Vermeidung von Fallenwirkung/Kollisionsgefährdung für die Art erkennbar markiert. • Zum Ausgleich möglicher Beeinträchtigungen für das Auerhuhn werden habitatverbessernde Kompensationsmaßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes des Auerhuhns im räumlichen Umfeld von Elmau durchgeführt . • Die Beleuchtung der Grenzlinie des Sicherheitsbereichs erfolgte aus Gründen des Schutzes von Insekten (z. B. Motten) und Fledermäusen durch Energiesparlampen mit einer Lichtfarbe von 3.000 Kelvin. Der Lichtaustrittswinkel wurde nach unten begrenzt. • Durch den Einsatz von Shuttle-Fahrzeugen sowie die Reduktion der mitgeführten Fahrzeuge geschlossener Einheiten wurden die Fahrbewegungen und damit die verkehrsbedingten Störungen begrenzt. 6. Von welchen Auswirkungen auf die umliegende Natur durch den Hubschrauberlandeplatz auf dem Wanderparkplatz geht die Staatsregierung aus? Begründete Anhaltspunkte, die für erhebliche Auswirkungen auf die umliegende Natur sprechen, liegen nicht vor. 6.1 Wurden Gutachten über mögliche Auswirkungen eingeholt bzw. sind natur- bzw. artenschutzrelevante Prüfungen erfolgt? Für den Umbau des Wanderparkplatzes zu einem temporären Hubschrauberlandeplatz wurde ein landschaftspflegerischer Begleitplan erstellt, in dem die Auswirkungen auf die auf dem Wanderparkplatz vorhandenen Biotopstrukturen dargestellt und quantifiziert wurden. Daraus wurden Vermeidungsmaßnahmen abgeleitet und für die nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen nach der Bayerischen Kompensationsverordnung der erforderliche Ausgleich festgesetzt. Außerdem wurde eine artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführt , aus der sich vorgezogene Kompensationsmaßnahmen für die auf dem Wanderparkplatz vorkommende Zauneidechsenpopulation ergeben haben. 6.2 In welcher Intensität wird der Hubschrauberlandeplatz seinen Planungen nach genutzt werden? Der Hubschrauberlandeplatz (Wanderparkplatz) wurde seitens der Bundesbehörden grundsätzlich für den An- und Abflug der Staatsgäste genutzt. Eine weitere Nutzung wäre nur ausnahmsweise für Rettungs- oder Evakuierungsmaßnahmen denkbar gewesen. 7. Welche Auswirkungen wird der Lärm der Hubschrauber auf die umliegende Natur haben, insbesondere auf die in der Region brütenden Steinadler ? Von den Hubschrauberstaffeln der Bundes- und Landespolizei wurden die planbaren Flüge so durchgeführt, dass im Hinblick auf den Vogelschutz sensible Bereiche umflogen oder in einer im Hinblick auf erhebliche Störungen unkritischen Höhe von 2000 ft über Grund überflogen wurden. Dies betraf die Europäischen Vogelschutzgebiete sowie die Vorkommen sensibler Vogelarten – einschließlich artspezifischer Schutzzonen –, die ihre (Teil-)Lebensräume außerhalb dieser Schutzgebiete in den An- und Abflugbereichen der geplanten Landestellen Elmau und Pömetsried haben. 7.1 Wurden die Auswirkungen der Hubschrauberflüge auf die Brutpaare des Steinadlers im Wettersteingebirge geprüft? Aufgrund der in der Antwort zu Frage 7 dargestellten Vermeidung von Überflügen durch planbare Hubschrauberflüge war eine weitergehende Prüfung nicht erforderlich. 7.2 Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Es wird auf die Antwort zu Frage 7.1 verwiesen.