Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benno Zierer FREIE WÄHLER vom 17.06.2015 Offene Schranken am Bahnübergang In Wasentegernbach (Lkrs. Erding) an der Bahnstrecke München – Mühldorf gibt es einen Bahnübergang, der sich bei der Durchfahrt eines Zuges nicht automatisch schließt, sondern von einem Bahnwärter geschlossen werden muss. Einem Zeitungsbericht aus dem Dorfener Anzeiger vom 16. Juni war zu entnehmen, dass sich die Fälle häufen, in denen Züge der Südostbayernbahn den Bahnübergang bei offener Schranke passieren. Für Autofahrer und Fußgänger kann das lebensgefährlich sein. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele Züge passieren täglich den Bahnübergang in Wasentegernbach? 2. Lassen sich die in dem Pressebericht wiedergegebenen Beobachtungen von Anwohnern bestätigen, wonach im Jahr 2015 sechsmal vergessen wurde, die Schranken vor der Durchfahrt eines Zuges zu schließen ? 3. Wie viele Fälle sind insgesamt bekannt, bei denen Züge den Übergang bei geöffneter Schranke passiert haben? 4. a) Entspricht es den Tatsachen, dass nach einem Vorfall am 15. März dieses Jahres ein Bahnwärter vom Dienst suspendiert wurde? b) Wurde nach diesem Vorfall die Vorgehensweise bei der Überwachung dieses Bahnübergangs geändert? c) Wie ist vor Durchfahrten durch den Ort Wasentegernbach die Kommunikation zwischen dem Bahnwärter vor Ort, dem Zugführer und der Fahrdienstleitung organisiert ? 5. Welche Maßnahmen werden geprüft, um diese Gefahrenstelle kurzfristig zu beseitigen? 6. a) In welcher Form soll der Bahnübergang in Wasentegernbach im Zuge des zweigleisigen Ausbaus der Bahnstrecke München – Mühldorf umgestaltet werden ? b) Wie lange wird es dauern, bis der Umbau des Bahnübergangs in Angriff genommen wird? c) Gibt es eine Möglichkeit, den Umbau aufgrund der Gefahrenlage an diesem Bahnübergang vorzuziehen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 21.07.2015 Vorbemerkung Gegenstand der Schriftlichen Anfrage ist die höhengleiche Eisenbahnkreuzung (Bahnübergang) der Kreisstraße ED 25 mit der Bahnstrecke München – Mühldorf in der Stadt Dorfen, Ortsteil Wasentegernbach. Die Strecke wird von der bundeseigenen DB Netz AG betrieben; zuständige Eisenbahnaufsichtsbehörde ist daher das Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Die Staatsregierung verfügt zu bahnbetrieblichen Vorgängen an dem Bahnübergang über keine eigenen Erkenntnisse und hat das EBA in der Angelegenheit um Auskünfte gebeten. 1. Wie viele Züge passieren täglich den Bahnübergang in Wasentegernbach? Auf der Strecke verkehren täglich bis zu 49 Züge des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG). Die Zahl der Züge sonstiger Verkehrsarten ist nicht bekannt. 2. Lassen sich die in dem Pressebericht wiedergegebenen Beobachtungen von Anwohnern bestätigen, wonach im Jahr 2015 sechsmal vergessen wurde, die Schranken vor der Durchfahrt eines Zuges zu schließen? 3. Wie viele Fälle sind insgesamt bekannt, bei denen Züge den Übergang bei geöffneter Schranke passiert haben? 4. a) Entspricht es den Tatsachen, dass nach einem Vorfall am 15. März dieses Jahres ein Bahnwärter vom Dienst suspendiert wurde? b) Wurde nach diesem Vorfall die Vorgehensweise bei der Überwachung dieses Bahnübergangs geändert ? Aufgrund ihres Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 bis 4 b gemeinsam beantwortet. Dem EBA sind zwei Fälle bekannt, in denen aufgrund individueller Fehlhandlungen zweier Mitarbeiter im Streckenbetriebsdienst Züge den Bahnübergang bei offener Schranke passiert haben, ohne dass anderweitige Sicherungsvorkehrungen getroffen waren. In einem Fall handelte der Schrankenwärter fehlerhaft, im anderen Fall der Fahrdienstleiter. Beide sind nach Auskunft des EBA nicht mehr im Betriebsdienst tätig, womit die DB Netz AG bereits adäquat reagiert hat. Vom EBA wurde darauf hingewiesen, dass es Fälle gibt, in denen Züge im Einklang mit geltendem Regelwerk einen Bahnübergang bei geöffneten Schranken passieren dürfen . Kann der Fahrdienstleiter keinen Kontakt mit einem Schrankenwärter herstellen, so weist er zum Zwecke der Aufrechterhaltung des Streckenbetriebs die Lokführer regelmäßig an, den Bahnübergang auf andere Art und Weise Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.09.2015 17/7776 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7776 zu sichern. Die Sicherung erfolgt dann durch Langsamfahrt bzw. Halt am Bahnübergang, Beobachtung des Straßenverkehrs und erforderlichenfalls Pfeifsignale. Die Anzahl solch regelwerkskonformer Zugfahrten bei offener Schranke ist dem EBA nicht bekannt. c) Wie ist vor Durchfahrten durch den Ort Wasentegernbach die Kommunikation zwischen dem Bahnwärter vor Ort, dem Zugführer und der Fahrdienstleitung organisiert? 5. Welche Maßnahmen werden geprüft, um diese Gefahrenstelle kurzfristig zu beseitigen? Aufgrund ihres Sachzusammenhangs werden die Fragen 4 c und 5 gemeinsam beantwortet. Ursprünglich war nach Auskunft des EBA geregelt, dass der Schrankenwärter bei einer bevorstehenden Zugfahrt die Schranke schließt und dann eine Schließmeldung an den Fahrdienstleiter derjenigen Betriebsstelle abgibt, auf welcher der Zug ab- bzw. durchfährt. Erst danach darf der Fahrdienstleiter das Signal für den Zug auf „Fahrt“ stellen . Nach Angaben der DB Netz AG wurde kurzfristig ein 6-Augen-Prinzip eingeführt. Der Schrankenwärter muss nun eine weitere Schließmeldung auch an den Fahrdienstleiter der anderen benachbarten Betriebsstelle abgeben. Dieser Fahrdienstleiter erhält somit die Schrankenschließmeldung wie auch die Meldung über eine Zugfahrt vom anderen Fahrdienstleiter. Bemerkt er auf diesem Wege eine Zugfahrt ohne Vorliegen der Schließmeldung, kann er – und damit eine Person mehr als bislang – den Lokführer per Funk zum Anhalten veranlassen. Mittelfristig strebt die DB Netz AG nach eigenen Aussagen eine zusätzliche, technische Einzelfalllösung für den Bahnübergang an. Mittels einer elektrischen Schaltung und Zugbeeinflussungsanlagen sollen Züge vor dem Bahnübergang automatisch zum Halten gebracht werden können, falls die Schranken nicht geschlossen sind. Für diese technische Ergänzung muss jedoch ein Genehmigungsverfahren beim EBA durchlaufen werden. 6. a) In welcher Form soll der Bahnübergang in Wasentegernbach im Zuge des zweigleisigen Ausbaus der Bahnstrecke München – Mühldorf umgestaltet werden? Dazu gibt es noch keine Festlegung. Im Rahmen der aktuell laufenden Vorplanung sieht eine Planungsvariante einen Bahnübergang mit einer neuen technischen Sicherungsanlage vor. In einer anderen Variante würde der Bahnübergang beseitigt und durch eine östlich der Ortschaft liegende Straßenüberführung ersetzt, mit der Option einer Fußgängerunterführung anstelle des heutigen Bahnübergangs. Nach Auffassung der DB wäre eine nicht höhengleiche Kreuzung der Kreisstraße mit Blick auf die Leichtigkeit des Straßenverkehrs vorzugswürdig, weil ein Bahnübergang an zweigleisiger Strecke mit verlängerten Schrankenschließzeiten einhergehen kann. Andererseits kann eine Überführung am Ortsrand für lokale Verkehrsbeziehungen in Wasentegernbach längere Wege als heutzutage bedeuten. Letztlich muss hier zwischen der Deutschen Bahn, der Stadt Dorfen und dem Landkreis Erding Übereinkunft hinsichtlich einer Variante erzielt werden. b) Wie lange wird es dauern, bis der Umbau des Bahnübergangs in Angriff genommen wird? Für den zweigleisigen Ausbau gibt es noch keinen Realisierungstermin . c) Gibt es eine Möglichkeit, den Umbau aufgrund der Gefahrenlage an diesem Bahnübergang vorzuziehen ? Eine vorgezogene Kreuzungsmaßnahme ist bis auf Weiteres schon mangels Vereinbarung der Kreuzungsbeteiligten über eine von mehreren in Betracht kommenden Kreuzungsvarianten nicht möglich. Im Übrigen dürfte sich die heute übliche technische Verbindung (Abhängigkeit) zwischen Bahnübergangssicherungsanlage einerseits und dem Streckensicherungssystem (Stellwerke, Streckenblock ) andererseits aufgrund des Alters und der Bauart der benachbarten Stellwerke nicht herstellen lassen. Eine neue Bahnübergangssicherungsanlage wäre in ein neues Streckensicherungssystem mit neuen Stellwerken zu integrieren . Mit der Realisierung eines solch neuen Streckensicherungssystems ist jedoch erst anlässlich des Streckenausbaus zu rechnen.