Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Markus Ganserer, Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.05.2015 Gewalt gegen Gegendemonstrantinnen und -demonstranten im Kontext der rassistischen Demonstrationen des Nürnberger Pegida-Ablegers Laut verschiedenen Pressemeldungen häuft sich die Kritik von Gegendemonstrantinnen und -demonstranten an den Polizeieinsätzen im Kontext der rassistischen Demonstrationen des Nürnberger Pegida-Ablegers. So berichteten beispielsweise die Nürnberger Nachrichten am 21.05.15 von einem Vorfall, bei dem eine 18-jährige Gegendemonstrantin am 26.03.2015 in der Nähe des U-Bahn-Ab gangs „Wöhrder Wie se“ nahe dem Prinz regentenufer verletzt worden sei, als die Polizei den Weg für Pegida-Demonstranten freiräumen wollte. Dass die beteiligten Pegida-Demonstranten auch selbst gewalttätig wurden, geht – laut Nürnberger Nachrichten – aus einem Facebook-Eintrag des Demo-Teilnehmers Mathias R. hervor: „Die Leu te, sind nach der Demo voll in die Schlägerei hinter der U-Bahn-Station und Polizeiabsperrung gekommen. Hab eine abbekommen, aber kräftig ausgeteilt, bis die Polizei uns raushau te.“ Mathias R. ist laut Informationen der Main Post selbst Polizist und stellvertretender Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Bamberg mit Sympathien für die NPD (http://www. mainpost.de/regional/bayern/Rechter-Rand-in-Bayern-AfDsorgt -fuer-Unruhe;art16683,8716559). Trotz der Schilderungen der verletzten Gegendemonstrantin und von Mathias R. heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken, die Veranstaltungen seien „ohne nennenswerte Störungen“ verlaufen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Staatsregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die im Artikel der Nürnberger Nachrichten vom 21.05.15 geschilderten Vorfälle im Kontext der Nürnberger Pegida-Demonstration/-Gegendemonstration vom 26.03.15? 2. Weshalb finden sich die im Artikel der Nürnberger Nachrichten geschilderten Vorfälle nicht in der Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken? 3.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Teilnahme von Mathias R. an der Nürnberger PegidaDemonstration vom 26.03.15? 3.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Straftaten, die Mathias R. im Kontext der Nürnberger Pegida-Demonstration vom 26.03.15 begangen hat? 3.3 Wie bewertet die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Äußerung von Mathias R., er habe während der Demonstration „kräftig ausgeteilt“? 4. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen von Mathias R. in die rechtsextreme Szene? 5. Wie oft kam es in den letzten fünf Jahren vor, dass Polizeibeamten und -beamtinnen Verbindungen in die rechte Szene nachgewiesen werden konnten? 6. Mit welchen Konsequenzen haben Polizeibeamte und -beamtinnen grundsätzlich zu rechnen, wenn Verbindungen in die rechtsextreme Szene bekannt werden? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.07.2015 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die im Artikel der Nürnberger Nachrichten vom 21.05.15 geschilderten Vorfälle im Kontext der Nürnberger Pegida-Demonstration/-Gegendemonstration vom 26.03.15? Dem Polizeipräsidium (PP) Mittelfranken wurde am 21.05.15 durch einen Bericht in der Tageszeitung „Nürnberger Nachrichten “ bekannt, dass bei der PEGIDA-Demonstration am 26.03.15 durch das Einschreiten von Polizeibeamten eine junge Demonstrationsteilnehmerin verletzt worden sein soll. Weder der Einsatzleiter noch die Einsatzkräfte haben diesbezüglich Beobachtungen gemacht oder wurden darüber in Kenntnis gesetzt. Noch am 21.05.2015 wurde daher auf Initiative des PP Mittelfranken seitens des Bayerischen Landeskriminalamtes Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth aufgenommen und am 27.05.15 ein Ermittlungsvorgang dorthin abgegeben. Das Ergebnis der Prüfung steht noch aus. Weiteres kann den Antworten zu den Ziffern 2, 3.1, 3.2 und 3.3 entnommen werden. 2. Weshalb finden sich die im Artikel der Nürnberger Nachrichten geschilderten Vorfälle nicht in der Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Mittelfranken ? Zum Zeitpunkt der Erstellung und Veröffentlichung der Pressemeldung am 26.03.15, 22:05 Uhr, waren die in der Anfrage geschilderten Sachverhalte der Pressestelle des PP Mittelfranken nicht bekannt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.10.2015 17/7777 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7777 3.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Teilnahme von Mathias R. an der Nürnberger Pegida-Demonstration vom 26.03.15? Mathias R. war Teilnehmer an der PEGIDA-Demonstration vom 26.03.15. Er war als Polizeiangehöriger nicht zu erkennen und gab sich auch nicht als solcher aus. Er nahm außerhalb seiner Dienstzeit und in ziviler Kleidung am Demonstrationsgeschehen teil. Herr R. zeigte an, im Anschluss an die Demonstration von einer unbekannten Person angegriffen und geschlagen worden zu sein. Hierzu hat das PP Mittelfranken Ermittlungen aufgenommen. 3.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Straftaten, die Mathias R. im Kontext der Nürnberger Pegida-Demonstration vom 26.03.15 begangen hat? Beim PP Mittelfranken sind keine Erkenntnisse über Straftaten vorhanden, die Herr R. im Zusammenhang mit der PEGIDA-Demonstration am 26.03.15 begangen haben soll. 3.3 Wie bewertet die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Äußerung von Mathias R., er habe während der Demonstration „kräftig ausgeteilt “? Die Aussage lässt einen gewissen Interpretationsspielraum zu. Wie bereits unter 3.2 dargelegt, ist beim PP Mittelfranken kein Strafverfahren gegen Herrn R. anhängig. Darüber hinaus haben keine Personen wegen Körperverletzungsdelikten im Zusammenhang mit der PEGIDA-Demonstration Anzeige erstattet. In seinem Facebook-Posting thematisiert er Ereignisse, die offensichtlich nach Demonstrationsende stattgefunden haben. Die Geschehnisse, auf die er sich beziehen könnte, waren von Beamten einer Einsatzeinheit beobachtet worden . Es konnte seitens derer kein strafbares Verhalten von Herrn R. festgestellt werden. Vielmehr gingen die verbalen Aggressionen, welche schließlich in eine Rangelei mündeten , von der Gruppe der Gegendemonstranten aus. Insofern ergeben sich für das PP Mittelfranken keine Anhaltspunkte für eine Neubewertung der Vorgänge. 4. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen von Mathias R. in die rechtsextreme Szene? Aufgrund der gegenständlichen Presseberichterstattungen wurde bekannt, dass Herr R. an Veranstaltungen der PEGIDA -Bewegung teilnahm. Er war nach seinen Angaben für mehrere Monate Mitglied der Partei AfD und dort kurzzeitig stellvertretender Vorsitzender eines Kreisverbandes. Weitere Erkenntnisse liegen nicht vor. 5. Wie oft kam es in den letzten fünf Jahren vor, dass Polizeibeamten und -beamtinnen Verbindungen in die rechte Szene nachgewiesen werden konnten? Wir verweisen hierzu auf die Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr auf Frage 6 der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Katharina Schulze und Verena Osgyan vom 21.05.14 (Drs. 17/2588), vom 22.08.14, in der die seit 2010 bekannt gewordenen Fälle dargestellt sind. Seit dieser Anfrage wurden folgende Fälle bekannt, die möglicherweise rechtsextremen Bezug aufweisen. • Im Toilettenbereich der Polizeiinspektion Straubing wurden im Herbst 2014 Hakenkreuzschmierereien vorgefunden , woraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt eingeleitet wurde, das noch anhängig ist. Eine Tatbeteiligung durch Arbeiter von Fremdfirmen, die im fraglichen Zeitraum ebenfalls Zugang zu der Toilette hatten , kann nicht ausgeschlossen werden. • Ein Beamter des Polizeipräsidiums Niederbayern veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite im Zeitraum von August 2014 bis April 2015 Fotos und Äußerungen, die den Verdacht der Volksverhetzung begründen. Straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungsverfahren sind anhängig, dem Beamten ist die Führung der Dienstgeschäfte verboten . • Ein Beamter des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite im November 2014 ausländerfeindliche Kommentare. Nach staatsanwaltschaftlicher Einstellung des Strafverfahrens wurde gegen den Beamten eine Disziplinarmaßnahme verhängt. • Im Dezember 2014 veröffentlichten zwei Beamte in Ausbildung der Bayer. Bereitschaftspolizei in einer WhatsApp -Gruppe rassistische Darstellungen. Straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungsverfahren sind anhängig, den Beamten ist die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Ferner wird das Entlassungsverfahren durchgeführt. • Im Mai 2015 wurde bekannt, dass ein Beamter der Bayer. Bereitschaftspolizei zwei Blogs im Internet zu aktuellen politischen Themen und zur Flüchtlingspolitik betreibt. Nach staatsanwaltschaftlicher Prüfung hat sich der Verdacht der Volksverhetzung durch die Äußerungen nicht bestätigt. Die dienstaufsichtliche Prüfung hinsichtlich einer Verletzung von Dienstpflichten dauert an, der Beamte wird seither nicht mehr im Einsatzgeschehen verwendet. • Auf der Facebook-Seite einer Beamtin des Polizeipräsidiums Oberfranken wurden im Juni 2015 möglicherweise ausländerfeindliche/rassistische Äußerungen festgestellt. Eine strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft ist veranlasst, eine dienstaufsichtliche Würdigung erfolgt im Anschluss. 6. Mit welchen Konsequenzen haben Polizeibeamte und -beamtinnen grundsätzlich zu rechnen, wenn Verbindungen in die rechtsextreme Szene bekannt werden? Polizeibeamtinnen und -beamte haben uneingeschränkt für die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO) einzutreten und bei politischer Betätigung aus Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes Mäßigung zu wahren (§ 33 BeamtStG ). Dieser Anspruch prägt die Bewerberauswahl sowie die Aus- und Fortbildung der Polizei. Liegt im Einzelfall eine Verletzung dieser Dienstpflichten vor, erfolgt eine Ahndung nach den Bestimmungen des Disziplinarrechts , welches je nach Schwere eine Spanne zwischen Verweis und Entfernung aus dem Dienst vorsieht, sofern eine Missbilligung durch den Dienstvorgesetzten nicht mehr ausreichend erscheint. Unabhängig davon steht die staatsanwaltschaftliche Verfolgung bei strafrechtlicher Relevanz .