Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Woerlein SPD vom 22.06.2015 Leitfaden Biberschäden – Forstwirtschaftliche Schäden bewerten Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Nach welchen Kriterien wurden die Baumartenschlüssel festgelegt? b) Auf welcher Grundlage wurden die Entschädigungsleistungen bei Schäden an Einzelbäumen festgelegt? c) Auf welcher Grundlage wurden die Entschädigungsleistungen bei Fraßschäden in Kulturen sowie Naturverjüngungen festgesetzt? 2. a) Wer kann Schäden an Bäumen geltend machen? b) Was ist unter Waldeigenschaft zu verstehen, die Waldbesitzer bei Schäden an Waldgrundstücken nachweisen müssen? c) Wie sind Grundstücke zu bewerten, die vor Jahrzehnten aufgeforstet wurden, deren Nutzungsänderung jedoch wegen fehlender gesetzlicher Verpflichtung nicht im Grundbuch eingetragen wurde? 3. a) Welche Kosten entstehen den Bayerischen Staatsforsten bei Anlage einer Forstkultur pro Quadratmeter (bitte aufschlüsseln nach Baumart und Arbeitskosten)? b) Welche Kosten entstehen durch Pflegemaßnahmen in Forstkulturen bis zu einem Alter von 15 Jahren? c) Welche Preise werden für Brennholz bzw. Nutzholz bzw. Wertholz erzielt (bitte aufschlüsseln nach Baumart und Nutzung)? 4. a) Warum ist die Standortsgüte (Bodenqualität) ein Kriterium bei der Bewertung von forstwirtschaftlichen Biberschäden bzw. bei der Berechnung der Ausgleichszahlung ? b) Warum werden forstwirtschaftliche Biberschäden an Bäumen, die auf guten Böden gewachsen sind, höher entschädigt als solche, die auf Böden mit mittlerer oder schlechter Standortsgüte gewachsen sind? c) Müsste die Standortsgüte nicht gerade umgekehrt in die Bewertung einfließen, denn Bäume, die auf schlechten Böden wachsen, brauchen deutlich länger, um einen gewissen Stammdurchmesser zu erreichen, als solche, die auf guten Böden wachsen? 5. a) Nach welchen Grundsätzen werden Biberschäden in Feld und Flur gelegenen Christbaum- und Schmuckreisigkulturen , Kurzumtriebskulturen, Baumschulen sowie mit Waldbäumen bedeckten Flächen in Friedhöfen bewertet? b) Ist mit der Bewertung auch eine Schadensausgleichszahlung verbunden? c) Wenn ja, wie hoch sind die angesetzten Ausgleichszahlungen (bitte aufschlüsseln nach oben genannten Fällen)? 6. a) Werden Vernässungen und Überflutungen als Folge von Anstauungen, die ausdrücklich nicht im Leitfaden bewertet werden, an anderer Stelle bewertet? b) Wenn ja, um welche Stelle handelt es sich? c) Wie hoch sind die hierfür angesetzten Ausgleichszahlungen ? 7. Wann ist mit einer im Leitfaden angekündigten Aktualisierung des Leitfadens zu rechnen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 23.07.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. a) Nach welchen Kriterien wurden die Baumartenschlüssel festgelegt? Hinsichtlich der Nadelbäume folgt der Baumartenschlüssel der Klassifikation, die das Statistische Bundesamt für die Holzeinschlagsstatistik verwendet. Bei den Laubbäumen differieren die Holzerlöse für das Stammholz zwischen den Baumarten sehr stark. Die Gruppierung orientiert sich hier deshalb an den durchschnittlich erzielten Stammholz-erlösen . Baumarten mit hohen Erlösen wurden daher der Gruppe „Eiche“ zugeordnet, Baumarten mit niedrigen Erlö-sen der Gruppe „Pappel“. b) Auf welcher Grundlage wurden die Entschädigungsleistungen bei Schäden an Einzelbäumen festgelegt? Grundlage für die Entschädigungsleistungen bei Schäden an Einzelbäumen ist der finanzielle Verlust des Waldbesitzers , der diesem durch die Entwertung des Baumes entsteht . Dazu wird der Fehlbetrag zwischen einer Stammholznutzung , die nun nicht mehr möglich ist, und den weiterhin erzielbaren Erlösen bei Brennholznutzung berechnet. Sofern die Bäume noch nicht hiebsreif sind, wird zusätzlich ein Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.09.2015 17/7803 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7803 Hiebsunreifeverlust berücksichtigt. c) Auf welcher Grundlage wurden die Entschädigungsleistungen bei Fraßschäden in Kulturen sowie Naturverjüngungen festgesetzt? In Kulturen und Naturverjüngungen wird das Prinzip des Kostenwerts zugrunde gelegt. Dies bedeutet, dass dem Waldbesitzer die verzinsten Kosten für die Anlage der Kultur bzw. in Naturverjüngungen für deren sachgemäße Wiederherstellung entschädigt werden. Dazu wurden entsprechend gängiger Empfehlungen zur Kulturbegründung Kostenkalkulationen für die Baumartengruppen durchgeführt. 2. a) Wer kann Schäden an Bäumen geltend machen? Nach den geltenden Richtlinien zum Bibermanagement sind die Ausgleichszahlungen für vom Biber verursachte Schäden auf den Ausgleich bestimmter land-, forst- und fischereiwirtschaftlicher Schäden beschränkt. Grund für diesen auf erwerbswirtschaftliche Tätigkeit konzentrierten Ansatz ist das durch das Bibermanagement insgesamt verfolgte Ziel der Akzeptanzförderung: Die Akzeptanz des Bibers soll gerade dort erhöht werden, wo der Biber einerseits erhebliche Schäden verursacht und andererseits auch die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen der Geschädigten betroffen sein können. Voraussetzung für die Geltendmachung von Schäden an Bäumen ist nach den Richtlinien daher, dass es sich dabei um einen forstwirtschaftlichen Schaden handelt. Dazu ist auch notwendig, dass der Schaden einer entsprechenden erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Betroffenen zuzuordnen ist. Ausreichend ist dabei grundsätzlich eine Tätigkeit im Nebenerwerb. b) Was ist unter Waldeigenschaft zu verstehen, die Waldbesitzer bei Schäden an Waldgrundstücken nachweisen müssen? Für den Begriff „Wald“ ist die Definition des Art. 2 des Waldgesetzes für Bayern maßgeblich. Ansonsten ist für die Ausgleichszahlungen nach den Richtlinien zum Bibermanagement entscheidend, dass es sich um einen forstwirtschaftlichen Schaden handelt (siehe Antwort zu Frage 2 a). c) Wie sind Grundstücke zu bewerten, die vor Jahrzehnten aufgeforstet wurden, deren Nutzungsänderung jedoch wegen fehlender gesetzlicher Verpflichtung nicht im Grundbuch eingetragen wurde? Die Ausgleichszahlungen nach den Richtlinien zum Bibermanagement setzen wie ausgeführt einen forstwirtschaftlichen Schaden voraus (siehe Antwort zu Frage 2.a.). Weitere Rahmenbedingungen wie die Grundbucheintragung einer bestimmten Nutzung können möglicherweise im Einzelfall zum Nachweis einzelner Anforderungen eine Rolle spielen, sind aber für sich genommen nach den Richtlinien nicht Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung. 3. a) Welche Kosten entstehen den Bayerischen Staatsforsten bei Anlage einer Forstkultur pro Quadratmeter (bitte aufschlüsseln nach Baumart und Arbeitskosten )? Auf der Grundlage der verbuchten Aufwendungen für Pflanzungen in den Geschäftsjahren 2011 bis 2014 entstehen durchschnittliche Kosten für Bestandsbegründung (Neukulturen inkl. Nachbesserung, Ausgrasen, Kulturvorbereitung, etc., jedoch ohne zusätzliche Waldschutzkosten für Zaunbau , Zaunkontrolle oder Einzelschutz) von 0,64 €/qm. Davon sind 0,38 €/qm Arbeitskosten. Eine Aufschlüsselung der Kosten nach Baumarten ist nicht möglich, weil bei der Nachweisung im Buchungssystem der Bayerischen Staatsforsten keine Unterscheidung nach Baumarten erfolgt. b) Welche Kosten entstehen durch Pflegemaßnahmen in Forstkulturen bis zu einem Alter von 15 Jahren? Auf der Grundlage der verbuchten Aufwendungen für Jungbestandspflege und Pflege unter Schirm in den Geschäftsjahren 2011 bis 2014 wurden durchschnittliche Kosten (ohne Verwaltung) pro Maßnahme von 540 €/ha nachgewiesen . Da die Jungbestände auf der großen Staatswaldfläche sehr unterschiedlich strukturiert sind, kann keine generelle Aussage zu Pflegemaßnahmen in Forstkulturen der Bayerischen Staatsforsten bis zu einem Alter von 15 Jahren getroffen werden. Zudem wird bei der Buchung von Pflegekosten kein Alter nachgewiesen. c) Welche Preise werden für Brennholz bzw. Nutzholz bzw. Wertholz erzielt (bitte aufschlüsseln nach Baumart und Nutzung)? Die erzielten Holzpreise sind von vielen Faktoren wie beispielsweise der aktuellen Marktsituation oder der regionalen Lage abhängig. Für Entschädigungen und zum Zwecke der Waldbewertung werden üblicherweise langfristige Holzpreise angewandt. In der nachfolgenden Tabelle sind die gemittelten Holzpreise der Bayerischen Staatsforsten der vergangenen 5 Jahre mit einer doppelten Gewichtung des letzten Jahres dargestellt. Baumart Brennholz Nutzholz Wertholz Fichte 40–50 50–90 100–150 Kiefer 40–50 40–80 120–170 Buche 50–60 50–90 100–150 Eiche 50–60 50–350 400–650 Esche 50–60 50–100 100–150 Schwarzerle 40–50 40–80 150–200 Birke 40–50 45–80 100–110 Bergahorn 50–60 50–100 150–350 Angegeben sind Preisspannen, da der erzielbare Erlös stark abhängig von der Stärkeklasse (Durchmesser) sowie der Güte (z. B. Geradschaftigkeit, Astigkeit) des jeweiligen Baumes ist (Angaben in €/fm ohne Erntekosten). 4. a) Warum ist die Standortsgüte (Bodenqualität) ein Kriterium bei der Bewertung von forstwirtschaftlichen Biberschäden bzw. bei der Berechnung der Ausgleichszahlung? Die Standortsgüte ist nur bei Schäden an Einzelbäumen ein Kriterium. Auch dort differieren die Entschädigungssätze nach der Standortsgüte nur, wenn die Bäume noch nicht erntereif (hiebsreif) sind. In diesem Fall geht nicht nur der durch den Biberschaden eintretende Wertverlust an der Holzmasse des betroffenen Baumes in die Kalkulation ein, sondern auch die Ertragserwartung des betroffenen Baumes in Form des sogenannten Hiebsunreifeverlusts. Die Ertragserwartung ist abhängig von der Standortsgüte . Auf gut wasser- und nährstoffversorgten Böden wachsen Drucksache 17/7803 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 die Bäume schneller und erreichen die Hiebsreife in kürzerer Zeit. Dementsprechend ist auch der Hiebsunreifeverlust auf guten Böden größer als auf schlechten Böden und damit auch die zu zahlende Entschädigung. b) Warum werden forstwirtschaftliche Biberschäden an Bäumen, die auf guten Böden gewachsen sind, höher entschädigt als solche, die auf Böden mit mittlerer oder schlechter Standortsgüte gewachsen sind? Siehe Antwort zu Frage 4 a. c) Müsste die Standortsgüte nicht gerade umgekehrt in die Bewertung einfließen, denn Bäume, die auf schlechten Böden wachsen, brauchen deutlich länger, um einen gewissen Stammdurchmesser zu erreichen, als solche, die auf guten Böden wachsen ? Siehe Antwort zu Frage 4 a. 5. a) Nach welchen Grundsätzen werden Biberschäden in Feld und Flur gelegenen Christbaum- und Schmuckreisigkulturen, Kurzumtriebskulturen, Baumschulen sowie mit Waldbäumen bedeckten Flächen in Friedhöfen bewertet? Soweit es sich bei entstandenen Biberschäden um einen land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Schaden im Sinne der Richtlinien zum Bibermanagement handelt und eine Bewertung wie in den genannten Fällen nicht auf der Grundlage des Leitfadens Biberschäden erfolgen kann, richtet sich die Bewertung des Schadens nach den Richtlinien zum Bibermanagement. In besonders schwierigen Fällen kann die Bewertung unter Beteiligung einer „Regulierungskommission “ erfolgen, in der neben der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde und dem Biberberater auch Vertreter und Fachleute der jeweiligen Verbände einbezogen sind. Soweit keine Einigung zustande kommt, veranlasst die Kreisverwaltungsbehörde eine Schadensschätzung durch entsprechende Experten (vgl. Anlage 5 zu den Richtlinien zum Bibermanagement ). b) Ist mit der Bewertung auch eine Schadensausgleichszahlung verbunden? Durch das in Frage 5 a dargestellte Verfahren wird eine Feststellung der Schadenshöhe getroffen. Die tatsächliche Zahlung erfolgt als weiterer Schritt der Abwicklung der Ausgleichszahlung , d. h. nach Sammlung aller Schäden in Bayern und ggf. der Festlegung einer Ausgleichsquote. c) Wenn ja, wie hoch sind die angesetzten Ausgleichszahlungen (bitte aufschlüsseln nach oben genannten Fällen)? Da es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, kann keine allgemeine Aussage zu angesetzten Ausgleichszahlungen getroffen werden. 6. a) Werden Vernässungen und Überflutungen als Folge von Anstauungen, die ausdrücklich nicht im Leitfaden bewertet werden, an anderer Stelle bewertet ? Die Bewertung von Vernässungen und Überflutungen ergibt sich aus den Richtlinien zum Bibermanagement (zum Vorgehen siehe Antwort zu Frage 5 a. b) Wenn ja, um welche Stelle handelt es sich? Siehe Antwort zu Frage 6 a. c) Wie hoch sind die hierfür angesetzten Ausgleichszahlungen ? Siehe Antwort zu Frage 6 a. 7. Wann ist mit einer im Leitfaden angekündigten Aktualisierung des Leitfadens zu rechnen? Die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft überprüft zurzeit in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz in Stichproben die Anwendung des Leitfadens. Auf Basis der Ergebnisse dieser Überprüfung wird entschieden, ob und welche Änderungen an dem Leitfaden vorgenommen werden sollen.