Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 23.06.2015 Einbindung der Kommunen bei den Abkommen TTIP, CETA und TiSA Immer mehr Kommunen haben in ihren Gremien eine Resolution zu TTIP, CETA und TiSA verabschiedet. Darin wird auch die fehlende Kommunikation und Einbindung der Kommunen beklagt. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie sieht die Staatsregierung die Einbindung der kommunalen Ebene in die Abkommen TTIP, CETA und TiSA? 2. Wie ist die Kommunikation mit der kommunalen Ebene in den Verhandlungen zu den genannten Abkommen geregelt ? 3. Inwiefern wurde bzw. wird auf die in den Resolutionen aufgestellten Forderungen eingegangen? 4. Wie agiert die Staatsregierung im Hinblick auf die Forderungen der Kommunen gegenüber der EU-Kommission und den anderen Parteien in den Verhandlungen? Antwort des Staatsministeriums für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen in der Bayerischen Staatskanzlei vom 28.07.2015 Die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze zur Einbindung der Kommunen bei geplanten Freihandelsabkommen TTIP (USA), CETA (Kanada) und dem multilateralen Dienstleistungsabkommen TiSA wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie dem Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet. 1. Wie sieht die Staatsregierung die Einbindung der kommunalen Ebene in die Abkommen TTIP, CETA und TiSA? 2. Wie ist die Kommunikation mit der kommunalen Ebene in den Verhandlungen zu den genannten Abkommen geregelt? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Weder die Staatsregierung noch die Bundesregierung sitzen am Verhandlungstisch zu den genannten Abkommen. Die Bundesregierung informiert die Bundesländer über den Bundesrat mit regelmäßigen Berichten aus dem Handelspolitischen Ausschuss (Dienstleistungen und Investitionen), in welchem die EU-Kommission über den Fortschritt der Verhandlungen informiert. Die Kommunen haben gegenüber der EU-Kommission wie auch innerhalb Deutschlands keinen formalen Informationsanspruch zu den genannten Abkommen. Seit Herbst 2013 steht die Staatsregierung gleichwohl zu den entsprechenden Anliegen der bayerischen Kommunen in regelmäßigem Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden Bayerns. Um dem berechtigten Informationsinteresse der kommunalen Spitzenverbände, insbesondere auch bei TTIP, entgegenzukommen, hat die Staatsregierung be- reits Anfang 2014 die Forderung nach mehr Transparenz und Mitsprache für die kommunale Ebene mehrfach gegenüber Bund und EU-Kommission geäußert. Aufgrund des gewachsenen Interesses der Kommunen an den Verhandlungen wurden, auch auf Druck der Staatsregierung, seitens der EU-Kommission wie auch der Bundesregierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, den Dialog mit den Kommunen zu fördern, u. a.: • Der Teilnehmerkreis bei Stakeholder-Debriefings der EU-Kommission nach den Verhandlungsrunden zu TTIP wurde im Frühjahr 2014 um Vertreter der Kommunen erweitert . • Die EU-Kommission hat den Kommunen signalisiert, für Anliegen der Kommunen bezüglich der Abkommen auch direkt zur Verfügung zu stehen. So finden immer wieder bilaterale Gespräche der EU-Kommission mit Kommunalvertretern , darunter auch den bayerischen kommunalen Spitzenverbänden statt. • Auf der Internetseite der EU-Kommission (http:// ec.europa.eu/trade/policy) wie auch des Bundeswirtschaftsministeriums (http://www.bmwi.de/DE/The men/aussenwirtschaft.html) wurden die Informationsmöglichkeiten zu den Abkommen, auch für die Kommunen , deutlich verbessert. • Am 21. Mai 2014 hat sich der von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel einberufene TTIP-Beirat konstituiert . Dem Beirat gehören 22 Vertreter von Gewerkschaften , Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie des Kulturbereichs an. Für die Interessen der Kommunen ist der Deutsche Städtetag Mitglied des Beirats (bis Juni 2015 vertreten durch Präsident Dr. Ulrich Maly, seither vertreten durch die neue Präsidentin Dr. Eva Lohse ). Das Gremium berät über die fortlaufenden Verhandlungen zur geplanten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft und trägt zur deutschen Positionierung beim TTIP-Abkommen bei. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.09.2015 17/7818 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7818 3. Inwiefern wurde bzw. wird auf die in den Resolutionen aufgestellten Forderungen eingegangen? 4. Wie agiert die Staatsregierung im Hinblick auf die Forderungen der Kommunen gegenüber der EUKommission und den anderen Parteien in den Verhandlungen ? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eines der Kernanliegen des Freistaats ist, dass durch Handelsabkommen die kommunale Entscheidungsfreiheit über die Organisation der Daseinsvorsorge nicht eingeschränkt wird. Die Anliegen der kommunalen Ebene nimmt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang sehr ernst und bringt diese zu TTIP, CETA und TiSA kontinuierlich ein. Die Staatsregierung ist an vielen Stellen bereits über den Bund und auch direkt über ihre Kontakte in Brüssel bei der EU-Kommission aktiv geworden und hat die strikte Beachtung der Grenzen des Verhandlungsmandats zur Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge gefordert. Die Initiativen waren erfolgreich. Bereits Anfang 2014 hat die EU-Kommission der Staatsregierung mitgeteilt, dass eine Ausnahme – in der rechtlichen Form sogenannter Vorbehalte – für den gesamten Bereich der Daseinsvorsorge, also auch der Trinkwasserversorgung, für TTIP vorgesehen wird. Am 20. März 2015 haben EU-Handelskommissarin Malmström und US-Handelsbeauftragter Froman nochmals in einer gemeinsamen Erklärung bestätigt, dass die öffentliche Daseinsvorsorge, wie auch bei CETA, durch TTIP und TiSA nicht angetastet wird. Im bereits vorliegenden Text zum CETA-Abkommen sind neue Marktöffnungsverpflichtungen für den Bereich der Daseinsvorsorge ausgeschlossen. CETA enthält den in anderen Freihandelsabkommen sowie im WTO-Dienstleistungsübereinkommen GATS (General Agreement on Trade in Services) üblichen allgemeinen Vorbehalt für die sog. public utilities (Daseinsvorsorge). Diese, seit 20 Jahren bewährte, Ausnahmeregel deckt alle Bereiche ab, die in Deutschland unter „Daseinsvorsorge“ verstanden werden. Zusätzlich zu dieser allgemeinen, umfassenden Ausnahmeregel wurden weitere ausdrückliche Vorbehalte z. B. zum Bereich Trinkwasserversorgung , Abwasser oder auch den öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen getroffen. Im Bereich der Daseinsvorsorge ist bei CETA auch der Politikspielraum für die Zukunft sichergestellt, indem dort auch Rekommunalisierungen möglich sind. Für TTIP und TiSA plant die EU-Kommission entsprechende Regelungen. Auch das Thema „öffentliches Beschaffungswesen“ ist ein wichtiges Anliegen der EU, weil in der EU und in Deutschland Anbieter aus Drittstaaten schon jetzt an öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen können. Umgekehrt hingegen haben es europäische Unternehmen bisher sehr schwer, sich um öffentliche Aufträge in den USA oder Kanada zu bewerben. Mit TTIP, CETA und TiSA soll nun ein gleichberechtigter Zugang zu öffentlichen Aufträgen auf allen staatlichen Ebenen ermöglicht werden. Für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Deutschland und in den Ländern ändert sich durch TTIP, CETA oder TiSA in der Praxis nichts. Die öffentlichen Auftraggeber können auch nach Abschluss der Abkommen wie bisher nach Maßgabe des geltenden Rechts in Deutschland und in der EU die Ausschreibungsbedingungen festlegen. Insbesondere können Vergabestellen soziale und ökologische Vergabekriterien festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Die Staatsregierung unterstützt zudem das gemeinsame Positionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums, der kommunalen Spitzenverbänden Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund sowie dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zu TTIP vom 11. Juni 2015, in welchem sich auch die Kernanliegen der bayerischen Kommunen wiederfinden. Auch künftig wird sich die Staatsregierung auf allen Ebenen für den Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge im Rahmen von den genannten Abkommen einsetzen.