Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.06.2015 Gleichstellung im Sport fördern Aus dem zwölften Sportbericht der Bundesregierung geht hervor, dass der Frauenanteil, etwa im Bereich der Füh rungsebene des Sports, deutlich unterrepräsentiert ist. 2009 lag der Anteil von Frauen in den Präsidien der Landessport bünde bei 17,8 %. 34 Verbände, das entspricht einem Anteil von 35 %, haben überhaupt keine Frauen in ihren Präsidien. Ähnlich ist es im Bereich Ehrenamt im Sport: Ehrenamtliche Funktionen werden vorrangig von Männern übernommen. Gemäß dem Sportentwicklungsbericht 2007/2008 sind nur ein Viertel aller ehrenamtlichen Positionen in den Sportver einen von Frauen besetzt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die Gleichstellung von Frauen und Männern im Sport? 1.1 Inwieweit fördert die Staatsregierung gezielt die Gleichstellung von Frauen und Männern im Sport? 1.2 Inwieweit setzt die Staatsregierung formale gleichstel lungspolitische Vorgaben (z. B. in Form von Landes programmen oder Verträgen), die den einzelnen Maß nahmen und Projekten einen übergeordneten Rahmen geben und eine verbindliche Steuerung unterstützen? 2. Wie viele Frauen waren seit dem Jahr 2008 im Prä sidium des Bayerischen Landessportbunds aktiv und welchem Anteil entspricht dies? 2.1 Wie viele Frauen waren seit dem Jahr 2008 in den Prä sidien der bayerischen Sportfachverbände aktiv und welchem Anteil entspricht dies? 2.2 Gibt es Verbände, die keine Frauen in ihren Präsidien haben oder hatten, wenn ja, wie viele? 3. Wie viele Frauen sind derzeit in den Vorständen baye rischer Sportvereine vertreten? 3.1 Wie viele bayerische Sportvereine haben eine Ver einsvorsitzende? 4. Wie viele ehrenamtliche Positionen in bayerischen Sportvereinen sind derzeit von Frauen besetzt (aufge gliedert nach Aufgabenbereichen und Sportarten)? 4.1 Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass laut des zwölften Sportberichts der Bundesregierung Frauen vor allem in weniger angesehenen Verantwor tungsbereichen, beispielsweise auf der Vorstands ebene als Schriftführerinnen, Schatzmeisterinnen oder Jugendleiterinnen, zu finden sind? 5. Wie viele Frauen waren seit 2008 bis jetzt als Trainerin im bayerischen Vereinssport tätig (aufgegliedert nach Sportart)? 5.1 Welchen Anteil haben Frauen unter den fest angestell ten Trainerinnen und Trainern? 5.2 Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass laut dem zwölften Sportbericht der Bundesregierung der Beruf Trainerin bzw. Trainer nahezu ausschließlich von Männern geprägt wird? 6. Wie setzt sich die Bezahlungsstruktur von Trainerin nen und Trainern in Bayern zusammen (aufgegliedert nach Geschlecht, Sportarten und Ligen), vor dem Hin tergrund, dass laut dem zwölften Sportbericht der Bun desregierung fest angestellte Trainerinnen in Deutsch land im Durchschnitt 1.000 Euro weniger verdienen? 7. Nachdem seit September 2009 der DOSB ein Füh rungstalenteCamp für Frauen, die eine Führungspo sition anstreben oder kürzlich übernommen haben, anbietet, wurde eine solche Workshopreihe bereits in Bayern angeboten bzw. ist dies geplant? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 04.08.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integ ration wie folgt beantwortet: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die Gleichstellung von Frauen und Männern im Sport? 1.1 Inwieweit fördert die Staatsregierung gezielt die Gleichstellung von Frauen und Männern im Sport? Die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern ist in Deutschland und in Bayern seit Langem Realität (Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz, Art. 118 Abs. 2 Bayerische Verfassung). Ziel der Staatsregierung ist es, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im öffentlichen Leben zu stärken und zu erhö hen. Frauen und Männer sollen die Möglichkeit haben, ihr Leben selbstbestimmt und unabhängig von vorhandenen Rollenbildern und Erwartungen der Gesellschaft entspre chend ihren individuellen Begabungen und Wünschen zu gestalten. Die Staatsregierung setzt sich dafür ein, dass Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.09.2015 17/7864 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7864 Mädchen und Jungen, Frauen und Männer ihre Talente frei entfalten sowie Entscheidungen frei von Prägungen, Erwar tungen und Rollenstereotypen treffen können, u. a. durch Auflösung von Rollenbildern insbesondere in Schule, Me dien, Gesundheit und Freizeitgestaltung, z. B. durch Girls’ Day, Boys’ Day, Jugendwettbewerb Rollenbrecher, Gender preis beim Prix Jeunesse International. Hinsichtlich der staatlichen Zuständigkeit für den Sport ist zu beachten, dass die sportliche Betätigung des Indivi duums durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Per sönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) geschützt ist. Da rüber hinaus können sich Sportvereine und Sportverbände, wie auch die Sportlerinnen und Sportler selbst, auf die in Art. 9 Grundgesetz verbürgte Vereinigungsfreiheit berufen.1 Aus diesem Grund beschränkt sich die staatliche Zustän digkeit für den außerschulischen Sport im Wesentlichen auf eine reine Förderzuständigkeit, bei der insbesondere der Grundsatz der Autonomie des Sports zu beachten ist. Hier nach muss jede sportpolitische Maßnahme in Anerkennung der Unabhängigkeit und des Selbstverwaltungsrechts des Sports erfolgen, der sich selbst organisiert und seine Ange legenheiten in eigener Verantwortung regelt. Die Unabhän gigkeit und Autonomie des Sports wurde im Übrigen auch auf internationaler Ebene am 3. November 2014 durch eine Resolution der Vereinten Nationen ausdrücklich anerkannt. Vor diesem Hintergrund begrüßt und unterstützt die Staatsregierung Aktivitäten und Maßnahmen im Sport, die auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen und Frau en ausgerichtet sind. So wurden beispielsweise im Rahmen der Projektförderung der Sportfachverbände in den Jahren 20132015 folgende Projekte, die explizit eine Steigerung der weiblichen Mitgliederzahlen zum Ziel hatten, staatlich bezuschusst: „Förderung Frauenboxen“ (2013); „Ippon Girls“ (Judo) (2013); „Girls go Golf“ (2013 und 2014); „Girls go Handball“ (2015).2 Die Sportförderung des Freistaats Bayern unterscheidet im Grundsatz jedoch nicht zwischen Männern und Frauen. Sie zielt vielmehr darauf ab, die Sportvereine und verbände in die Lage zu versetzen, Jung und Alt, Breiten und Leis tungssportlern, Frauen und Männern, Menschen mit und ohne Behinderung sowie Menschen mit und ohne Migrati onshintergrund ein differenziertes und qualifiziertes Sportan gebot zu unterbreiten, das auf die besonderen Bedürfnisse der jeweiligen Bevölkerungsgruppe abgestimmt ist. Die inhaltliche Ausgestaltung des Übungs und Wettkampfbe triebs obliegt dabei jedoch dem organisierten Sport selbst, der in seiner Autonomie darüber entscheidet, wie bzw. mit welcher priorisierten Zielsetzung die staatlichen Fördermit tel zweckgemäß und entsprechend der Bedürfnisse seiner Mitglieder eingesetzt werden.3 1.2 Inwieweit setzt die Staatsregierung formale gleichstellungspolitische Vorgaben (z. B. in Form von Landesprogrammen oder Verträgen), die den einzelnen Maßnahmen und Projekten einen übergeordneten Rahmen geben und eine verbindliche Steuerung unterstützen? Derartige Vorgaben gibt es nicht. 2. Wie viele Frauen waren seit dem Jahr 2008 im Präsidium des Bayerischen Landessportbunds aktiv und welchem Anteil entspricht dies? Im Präsidium des Bayerischen Landessportverbandes e. V. (BLSV) ist im genannten Zeitraum eine Frau vertreten. Dies entspricht einem Anteil von 1/9. 2.1 Wie viele Frauen waren seit dem Jahr 2008 in den Präsidien der bayerischen Sportfachverbände aktiv und welchem Anteil entspricht dies? Von den 54 im BLSV vertretenen Sportfachverbänden besit zen derzeit neun Sportfachverbände eine Präsidentin. Dies entspricht einem Anteil von 1/6. Über die Geschlechterver teilung der übrigen Funktionen in den Präsidien und über die historische Entwicklung seit 2008 liegen der Staatsregie rung keine Daten vor. 2.2 Gibt es Verbände, die keine Frauen in ihren Präsidien haben oder hatten, wenn ja, wie viele? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Daten vor. 3. Wie viele Frauen sind derzeit in den Vorständen bayerischer Sportvereine vertreten? 3.1 Wie viele bayerische Sportvereine haben eine Vereinsvorsitzende ? Von den 12.027 Mitgliedsvereinen des BLSV (Stand 31.12.2014) haben 1.360 Sportvereine eine weibliche 1. Vorsitzende. 10.667 Sportvereine haben einen männli chen 1. Vorsitzenden. Zu der Besetzung der weiteren Vor standspositionen liegen der Staatsregierung keine Daten vor. 4. Wie viele ehrenamtliche Positionen in bayerischen Sportvereinen sind derzeit von Frauen besetzt (aufgegliedert nach Aufgabenbereichen und Sportarten)? Der Begriff der ehrenamtlichen Position in einem bayeri schen Sportverein ist nicht definiert und umfasst eine sehr große Personengruppe. Nahezu jedes freiwillige und ge meinnützige Engagement in einem Sportverein ist als eh renamtliche Position zu verstehen, z. B. neben den „klas sischen“ Funktionen wie Schatzmeister, Schriftführer oder Jugendleiter auch Fahrdienste für die Kinder/Sportler, Ver pflegung/Unterbringung der Sportler, Wäschereinigung, Zeitnahme, Schiedsrichter, Trainer/CoTrainer, Platzwart, Gerätewart, Eintrittskartenverkauf, Fotografie, Webseiten Redaktion und Mitgliedsverwaltung. Statistiken über das hiermit verbundene ehrenamtliche Engagement bzw. die ehrenamtlichen Positionen in bayerischen Sportvereinen liegen der Staatsregierung nicht vor. 4.1 Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass laut des zwölften Sportberichts der Bundesregierung Frauen vor allem in weniger angesehenen Verantwortungsbereichen, beispielsweise auf der Vorstandsebene als Schriftführerinnen, Schatzmeisterinnen oder Jugendleiterinnen, zu finden sind? Zum Anteil der Frauen in den angesprochenen Verantwor tungsbereichen in bayerischen Sportvereinen liegen der Staatsregierung keine Daten vor. Im Übrigen wird die An sicht, dass es sich hierbei um weniger angesehene Verant wortungsbereiche handeln soll, nicht geteilt. Insbesondere die angesprochenen Positionen einer Schatzmeisterin oder 1 Siehe Deutscher Bundestag: 12. Sportbericht der Bundesregierung, BTDrs. 17/2880, S. 15. 2 Siehe LTDrs. 17/6180 vom 13.05.2015, S. 3. 3 Siehe LTDrs. 17/6180 vom 13.05.2015, S. 3. Drucksache 17/7864 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Jugendleiterin sind für die jeweiligen Vereine und deren zu künftige Entwicklung von besonderer Bedeutung. 5. Wie viele Frauen waren seit 2008 bis jetzt als Trainerin im bayerischen Vereinssport tätig (aufgegliedert nach Sportart)? 5.1 Welchen Anteil haben Frauen unter den fest angestellten Trainerinnen und Trainern? Statistische Daten über den Einsatz von Trainerinnen und Trainern oder deren Beschäftigungsverhältnisse im baye rischen Vereinssport liegen der Staatsregierung nicht vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine große Zahl von eh renamtlichen Trainerinnen und Trainern wohl keine formelle Übungsleiterlizenz besitzt und auch keine finanzielle Ent schädigung erhält. Bei diesen rein ehrenamtlichen Traine rinnen und Trainern ohne Übungsleiterlizenz dürfte es sich beispielsweise im Fußball um die überwiegende Mehrzahl aller Trainerinnen und Trainer handeln. Bezüglich der Trainerinnen und Trainer mit Übungsleiter/ TrainerCLizenz liegen der Staatsregierung folgende sta tistische Daten aus den Lizenzdatenbanken des BLSV, des Bayerischen Fußballverbandes e. V., des Deutschen Alpen vereins e. V. (bayerische Lizenzen) und des Bayerischen Sportschützenbundes e. V. (BSSB) vor (Stand 31.12.2014, BSSB Stand 25.03.2015): Sportfachverband/ Sportart Weiblich Männlich Gesamt Anteil Weiblich Nicht sportart spezifisch 16.817 12.521 29.338 57 % Turnen 7.191 1.272 8.463 85 % Skisport 2.527 5.023 7.550 33 % Reiten 1.520 245 1.765 86 % Behindertensport 844 473 1.317 64 % Schwimmen 814 599 1.413 58 % Leichtathletik 803 870 1.673 48 % Tennis 711 2.093 2.804 25 % Handball 614 1.400 2.014 30 % Volleyball 550 1.023 1.573 35 % Tanzsport 525 301 826 64 % Karate 319 1.006 1.325 24 % Sport und Wett kampfklettern 316 635 951 33 % Tischtennis 276 1.403 1.679 16 % Schützensport 272 1.220 1.492 18 % Fußball 245 8.976 9.221 3 % Basketball 220 738 958 23 % Gewichtheben u. Kraftsport 193 547 740 26 % Eissport 185 1.149 1.334 14 % Judo 180 492 672 27 % Taekwondo 174 448 622 28 % Badminton 148 440 588 25 % Rudern 138 263 401 34 % Radsport 105 317 422 25 % Kanusport 102 312 414 25 % JuJutsu 100 541 641 16 % Kegeln 94 294 388 24 % Hockey 91 176 267 34 % Rollsport 88 128 216 41 % Turnspiele 80 159 239 33 % Triathlon 75 173 248 30 % Segeln 74 187 261 28 % Aikido 64 183 247 26 % Sportfachverband/ Sportart Weiblich Männlich Gesamt Anteil Weiblich Tauchen 46 249 295 16 % American Football 46 114 160 29 % Fechten 42 127 169 25 % Golf 38 84 122 31 % Sportakrobatik 32 6 38 84 % Base und Softball 31 99 130 24 % Boxen 25 394 419 6 % Schach 25 252 277 9 % Bob und Rodel 18 40 58 31 % Ringen 18 283 301 6 % Squash 13 50 63 21 % Luftsport 9 509 518 2 % Minigolfsport 8 38 46 17 % Moderner Fünfkampf 8 9 17 47 % Motorsport 4 122 126 3 % Billard 3 72 75 4 % Rasenkraftsport 1 3 4 25 % Skibob 0 5 5 0 % MotorWassersport 0 0 0 Schlittenhundesport 0 0 0 Dart 0 0 0 Summe 36.822 48.063 84.885 43 % 5.2 Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass laut dem zwölften Sportbericht der Bundesregierung der Beruf Trainerin bzw. Trainer nahezu ausschließlich von Männern geprägt wird? Bis auf den Bereich des Fußballs, der aufgrund der absolu ten Trainerzahlen von gewisser Bedeutung ist, kann diese Tatsache seitens der Staatsregierung für Bayern nicht bestä tigt werden. Mit einem Anteil von 43 Prozent aller Übungslei ter/TrainerCLizenzen übersteigt der Anteil weiblicher Trai ner/Übungsleiter über alle Sportarten betrachtet den Anteil weiblicher Sportler von derzeit 37 Prozent (vergleiche auch LTDrs. 17/6180 vom 13.05.2015, S. 5). Hinsichtlich der Bewertung des Anteils weiblicher Übungs leiter bzw. Trainer ist nach Auffassung der Staatsregierung auch der jeweilige Anteil der weiblichen Sportler in dieser Sportart mit zu berücksichtigen. Pauschalisierende Bewer tungen des Frauen und Männeranteils der Trainerinnen und Trainer werden den spezifischen Besonderheiten der jewei ligen Sportarten nicht gerecht. 6. Wie setzt sich die Bezahlungsstruktur von Trainerinnen und Trainern in Bayern zusammen (aufgegliedert nach Geschlecht, Sportarten und Ligen), vor dem Hintergrund, dass laut dem zwölften Sportbericht der Bundesregierung fest angestellte Trainerinnen in Deutschland im Durchschnitt 1.000 Euro weniger verdienen? Statistische Daten über die Bezahlungsstruktur von Traine rinnen und Trainern in Bayern liegen der Staatsregierung nicht vor. 7. Nachdem seit September 2009 der DOSB ein Führungstalente -Camp für Frauen, die eine Führungsposition anstreben oder kürzlich übernommen haben , anbietet, wurde eine solche Workshopreihe bereits in Bayern angeboten bzw. ist dies geplant? Eine solche Workshopreihe wurde vom BLSV in den Jahren 2010 bis 2013 erfolgreich durchgeführt.