Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benno Zierer FREIE WÄHLER vom 25.06.2015 Interkommunale Innenentwicklungskonzepte In der Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (Drucksache 17/335 vom 29.01.2014) verweist die Staatsregierung auf die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) als wichtiges Instrument, um den Flächenverbrauch in Bayern einzudämmen. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele Projekte der Integrierten Ländlichen Entwicklung gibt es derzeit in Bayern und wie viele Gemeinden sind daran beteiligt? 2. a) Im Rahmen welcher Projekte wurde oder wird ein interkommunales Innenentwicklungskonzept erarbeitet und umgesetzt? b) Welche konkreten Maßnahmen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs sind in diesen Innenentwicklungskonzepten enthalten? c) Welche Erfolge konnten dadurch hinsichtlich der Reduzierung des Flächenverbrauchs bislang erzielt werden ? 3. Welche Fördermöglichkeiten stehen zur Verfügung, um Maßnahmen zum Flächensparen im Rahmen der ILE-Projekte umsetzen zu können? 4. Welche Anstrengungen werden unternommen, um Kommunen dafür zu gewinnen, interkommunale Innenentwicklungskonzepte zu erstellen? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 05.08.2015 Vorbemerkung: Die größte Herausforderung für die ländlichen Räume in Bayern in den kommenden Jahrzehnten liegt im demografischen Wandel und dem damit einhergehenden Rückgang und der Überalterung der Bevölkerung. Viele der damit verbundenen Herausforderungen sind für die einzelne Kommune kaum mehr zu bewältigen. Die interkommunale Zusammenarbeit gewinnt deshalb immer größere Bedeutung zur Sicherung der Handlungsfähigkeit und Organisation eines nachhaltigen Entwicklungsprozesses auf kommunaler und kleinregionaler Ebene. Genau hier setzt die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) an. Im Mittelpunkt steht die Initiierung und Begleitung der Interkommunalen Zusammenarbeit ländlicher Gemeinden. Wie aus der Karte der ILE (siehe Anlage) ersichtlich, liegt der Schwerpunkt der ILE insbesondere in Räumen mit besonderen Herausforderungen der demografischen Entwicklung. Sie ist dabei ein auf vielfältige Weise bewährtes und erfolgreiches Instrument , um die notwendigen strukturellen Veränderungs- und Entwicklungsprozesse in die Wege zu leiten. Dabei stehen die Handlungsfelder Daseinsvorsorge/Nahversorgung, regionale Infrastruktur, Innen- bzw. Siedlungsentwicklung sowie regionale Wirtschaftsentwicklung im Fokus der Betrachtung . Die interkommunale Zusammenarbeit schafft dafür die nötigen Strukturen und ermöglicht nachhaltige Lösungen. Aufgrund dieser Ausrichtung ist die ILE ein wichtiges Instrument , um den Flächenverbrauch in Bayern einzudämmen, kann aber nur dort wirksam sein, wo eine interkommunale Zusammenarbeit von den Gemeinden auch erwünscht ist und freiwillig angestrebt wird. 1. Wie viele Projekte der Integrierten Ländlichen Entwicklung gibt es derzeit in Bayern und wie viele Gemeinden sind daran beteiligt? Mit Stand 31.12.2014 gibt es in Bayern 74 Projekte der Integrierten Entwicklung (ILE) mit 602 beteiligten Gemeinden (siehe Anlage). Statistisch erfasst sind Projekte, für die ein Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept zumindest in Auftrag gegeben ist. In 70 der o. a. ILEs wird der thematische Schwerpunkt „Dorf, Siedlungen“ bearbeitet. Die Themen Innenentwicklung, Belebung der Altorte und Flächensparen sind wichtige Teile dieses Handlungsfeldes. Im Jahr 2015 werden ca. 10 weitere interkommunale Zusammenschlüsse ein Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept in Auftrag geben. Die Anzahl der beteiligten Gemeinden und die zu bearbeitenden thematischen Schwerpunkte stehen noch nicht endgültig fest. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.09.2015 17/7867 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7867 2. a) Im Rahmen welcher Projekte wurde oder wird ein interkommunales Innenentwicklungskonzept erarbeitet und umgesetzt? Aufgrund des einleitend in der Schriftlichen Anfrage hergestellten Flächensparkontextes wird davon ausgegangen, dass sich die Fragestellung nur auf die bauliche und nicht auf die soziokulturelle Innenentwicklung bezieht. Die kommunale Planungshoheit umfasst das Recht der Gebietskörperschaften, die jeweilige städtebauliche Entwicklung im Rahmen der Bauleitplanung eigenverantwortlich zu gestalten. Es wird daher nachfolgend außerdem davon ausgegangen, dass sich die Fragestellung auf interkommunal abgestimmte Innenentwicklungskonzepte oder Rahmenplanungen innerhalb der ILE bezieht, die dann Eingang in die Bauleitplanung der jeweiligen ILE-Gemeinde finden. Interkommunal abgestimmte Innenentwicklungskonzepte oder entsprechende Rahmenplanungen (wie z. B. gemeinsame Flächenmanagementkonzepte) liegen bereits in nachfolgenden Integrierten Ländlichen Entwicklungen vor oder sind derzeit in Arbeit: Name der ILE Anzahl der Gemeinden Landkreis(e) Ilzer Land 12 Freyung-Grafenau, Passau Achental 9 Traunstein Frankenpfalz im Fichtelgebirge 5 Bayreuth Initiative Rodachtal 6 Coburg, Haßberge Arbeitsgemeinschaft Obere Vils Ehenbach – AOVE 9 Amberg-Sulzbach Steinwald-Allianz 16 Tirschenreuth Brückenauer Rhönallianz 8 Bad Kissingen Fränkischer Grabfeldgau 10 Rhön-Grabfeld Fränkisches Saaletal 9 Bad Kissingen Fränkischer Süden 14 Würzburg Hofheimer Land 7 Haßberge Allianz Kahlgrund – Spessart 10 Aschaffenburg Kissinger Bogen 4 Bad Kissingen Kreuzbergallianz 5 Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen MainWeinGarten 8 Main-Spessart, Würzburg Oberes Werntal 10 Schweinfurt Bad Kissingen Odenwaldallianz 7 Miltenberg Schweinfurter Oberland 6 Schweinfurt Bad Kissingen Streutalallianz 11 Rhön-Grabfeld SpessartKraft 9 Aschaffenburg, Miltenberg In folgenden Integrierten Ländlichen Entwicklungen wurden und werden in allen oder auch nur einzelnen Gemeinden orts- und teils maßnahmenbezogen konzeptionelle Arbeiten zu den Themen Innenentwicklung, Belebung der Altorte und Flächensparen erstellt und teils bereits umgesetzt. Name der ILE Anzahl der Gemeinden Landkreis(e) Fränkisches Seenland – Hahnenkamm 11/5 WeißenburgGunzenhausen Donau-Ries Name der ILE Anzahl der Gemeinden Landkreis(e) Altmühltal 8/4 WeißenburgGunzenhausen Rezattal – Jura 9/2 WeißenburgGunzenhausen A7 – Franken-West 13/2 Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim Gäuboden 7/7 Straubing-Bogen Nationalpark-Gemeinden 6/6 Regen Freyung-Grafenau Bayerisches Vogtland 4/1 Hof Wirtschaftsband A9 – Fränkische Schweiz 18/1 Bayreuth, Forchheim Erdinger Holzland 4/1 Erding Limesgemeinden Altmühljura 6/1 Eichstätt Bayerisches Illertal 5/2 Unterallgäu Nordries 5/5 Donau-Ries Mittleres Ries 3/3 Donau-Ries Holzwinkel-Altenmünster 6/6 Augsburg Auch außerhalb der ILE-Gebiete steht das Thema Innenentwicklung im Mittelpunkt einer Vielzahl von Dorferneuerungsvorhaben . Dies gilt auch für grenzüberschreitende Entwicklungsprozesse. So sind fünf Gemeinden aus der ILE Steinwald und weitere Gemeinden aus der Partnerregion Konstantinsbad in Tschechien mit dem Handlungsfeld Innenentwicklung am Interreg-Projekt „Demografische Modelle im ländlichen Raum“ beteiligt. b) Welche konkreten Maßnahmen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs sind in diesen Innenentwicklungskonzepten enthalten? In den verschiedenen konzeptionellen Arbeiten zum Thema Innenentwicklung sind eine Vielzahl von konkreten Maßnahmen und Vorschlägen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs enthalten. Sie lassen sich wie folgt gruppieren: 1. Bewusstseinsbildung, Information und Motivation z. B. durch: – Teilnahme an Fachseminaren an den drei Schulen der Dorf- und Landentwicklung bzw. Flurentwicklung – Erstellung von Umbaufibeln und Beratung für Bauherren – Installation von Innenentwicklungspaten oder Innenbereichsmanagern als Ansprechpartner für Eigentümer – Errichtung und Nutzung einer Bauhütte als Beratungszentrum – Anwendung des Infrastrukturfolgekostenrechners (Oberste Baubehörde und Landesamt für Umwelt) 2. Bestandserhebungen mit Bewertungen und Ableitung des Handlungsbedarfs, z. B. durch Anwendung und Auswertung – der Flächenmanagementdatenbank (FMD) des Landesamtes für Umwelt oder – des Vitalitätschecks 2.0 der Verwaltung für Ländliche Entwicklung (datenbankgestütztes Analyseinstrument zur Erfassung der baulichen, funktionalen und sozialen Situation mit Integration der FMD) Drucksache 17/7867 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 3. Vertiefende Untersuchungen / Modellvorhaben, z. B.: – Objektplanungen zu möglichen Umnutzungen, Sanierungen und Neubauten in den Ortskernen – Klärung von Wohnperspektiven in älteren Siedlungsgebieten – Ressortübergreifendes Modellprojekt zur Revitalisierung von Einfamilienhausgebieten 4. Unterstützungs-, Bau- und Gestaltungsmaßnahmen zur Belebung der Ortskerne, z. B.: – Realisierung eines kommunalen Leerstandsmanagements – Aufbau von internetgestützten interkommunalen Gebäude - und Immobilienbörsen – Umnutzung bestehender Bausubstanz statt Neubau – Vermarktung von Schlüsselprojekten mit regionalen Banken – Schaffung neuer Grundstückszuschnitte durch Bodenordnung – Aufwertung des Wohnumfeldes durch Maßnahmen der Dorferneuerung – Abgestimmte Förderung der Innenentwicklungsmaßnahmen über Dorferneuerung und Städtebauförderung sowie kommunale Förderprogramme (siehe auch Antwort zu Frage 3) 5. Bauleitplanung – Städtebauliche Rahmenplanungen – Zurücknahme von Baulandausweisungen und Nachverdichtungen in der Ortsmitte – Revitalisierung von Flächen in Zusammenhang mit Konversion – Gemeinsame Gewerbegebiete mehrerer Kommunen – Aufbau und Vermarktung eines Gewerbeflächenpools c) Welche Erfolge konnten dadurch hinsichtlich der Reduzierung des Flächenverbrauchs bislang erzielt werden? Die vorgenannten Umsetzungsmaßnahmen und -vorschläge dienen vorwiegend dazu, durch Umnutzungen im Bestand und Nachverdichtungen im bebauten Bereich die Flächeninanspruchnahme zu reduzieren. Jede einzelne planerische oder bauliche Entscheidung wird von einer Vielzahl von Rahmenbedingungen beeinflusst; eine unmittelbare Korrelation mit einzelnen Einflussfaktoren ist daher kaum herzustellen. Eine Statistik zu dem infolge von Innenentwicklungskonzepten in Zukunft vermiedenen Flächenverbrauch wäre mit einem erheblichen Aufwand und großen fachlichen Unsicherheiten verbunden und wird daher nicht geführt. Eine Statistik zur Rücknahme ausgewiesener oder zum Verzicht auf konkret geplante Baugebiete wird ebenfalls nicht geführt. Nachstehende Beispiele zeigen die Dimension der Flächenreduzierung, die allein in einer einzigen ILEGemeinde möglich ist: – Gemeinde Boos, ILE Bayerisches Illertal: Auf die Ausweisung eines weiteren Baugebietes mit ca. 1 ha am Ortsrand wird verzichtet. – Stadt Bischofsheim, ILE Kreuzbergallianz: Änderung des Flächennutzungsplans mit Rücknahme von fünf Baugebieten mit ca. 13,4 ha Wohnbaufläche. – Gemeinde Gaukönigshofen, ILE Fränkischer Süden zwischen Main und Tauber: Änderung des Flächennutzungsplans mit Rücknahme eines Baugebietes mit ca. 4,2 ha Wohnbaufläche. 3. Welche Fördermöglichkeiten stehen zur Verfügung , um Maßnahmen zum Flächensparen im Rahmen der ILE-Projekte umsetzen zu können? Mit den Programmen zur Förderung von Integrierter Ländlicher Entwicklung, Flurneuordnung und Dorferneuerung können u. a. gefördert werden: – Integrierte Ländliche Entwicklungskonzepte mit thematischem Schwerpunkt „Dorf, Siedlung“ – Bestandserhebungen (FMD und VC 2.0, siehe Antwort zu Frage 2 b Nr. 2) – Innenentwicklungskonzepte und weitere konzeptionelle Arbeiten, wie z. B. Objektplanungen – Bewusstseinsbildung durch Seminare, Arbeitskreise in einer ILE oder in Gemeinde- und Dorfentwicklungsprozessen mit externer Begleitung – Aufbau von internetgestützten Gebäude- und Immobilienbörsen – Bauliche Innenentwicklungsmaßnahmen: Umnutzung und Revitalisierung von Flächen und Gebäuden im öffentlichen und privaten Bereich – Bodenordnung in Dorferneuerungen bei Umnutzungs-, Revitalisierungs- und Nachverdichtungsprojekten 4. Welche Anstrengungen werden unternommen, um Kommunen dafür zu gewinnen, interkommunale Innenentwicklungskonzepte zu erstellen? Wenn sich eine ILE für die Bearbeitung des thematischen Schwerpunkts „Dorf, Siedlung“ entscheidet, wird den einbezogenen Kommunen angeboten, den in der Verwaltung für Ländliche Entwicklung konzipierten Vitalitätscheck VC 2.0 zu erstellen und bei Bedarf darauf aufbauend weitergehende Untersuchungen, also Innenentwicklungskonzepte auf örtlicher, gemeindlicher oder interkommunaler Ebene nach Bedarf zu fördern. Von entscheidender Bedeutung ist es, diese konzeptionellen Überlegungen durch Bewusstseinsbildung , Information und Motivation der politischen Mandatsträger und Bürgerinnen und Bürger zu begleiten. Hinzu kommen Förderanreize, wie die Gewährung eines Förderbonus und/oder die Priorisierung von interkommunal abgestimmten Dorferneuerungsmaßnahmen. Im Gegenzug wird bei Gemeinden, die trotz warnender Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange weiter am klassischen Weg neuer Baugebietsausweisungen am Ortsrand festhalten, obwohl im Ort nachgewiesenermaßen viele Baulücken und Leerstände vorhanden sind, die Einleitung beantragter Vorhaben der Ländlichen Entwicklung hintangestellt. "30 "31 "50 "6 "26 "11 "39 "7 "44 "67 "23 "28 "5 "1 "66 "41 "16 "17 "71 " 55 "58 "35 "3 "76 "40 "77 "32 "53 "4 "74 "22 "51"37 "63 "18 "69 "20 "25 "33 "8 "29 "64 "57 "62 "19 "2 "13 "61 "73"60 "75 "27 "49 "10 "59 "48 "38 "72 "47 "54 "24 "12 "70 "9 "45 "46 "65 "56 "36 "52 "15 "68 "42 "34 !22 !21 !19 !3 !8 !9 !23 !12 !4!2 !24 !10 !16 !5 !17 !14 Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 0 25 50 75 100 km Stand: 01 / 2015 Laufende Kommunale Kooperationen 2014 in der Ländlichen Entwicklung Integrierte Ländliche Entwicklungen gegründet im Jahr 2014 Integrierte Ländliche Entwicklungen gegründet ab 2005 Kommunale Allianzen gegründet vor 2005