Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 09.06.2015 Bohrschlammgruben Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Bohrschlammgruben sind der Staatsregierung bekannt, wo befinden sich diese und wer ist Eigentümer der jeweiligen Grundstücke (bitte Landkreis, Gemeinde und Flurnummer angeben)? 2. Ist die Liste der Standorte von Bohrschlammgruben vollständig, wird darüber ein Kataster geführt und wer ist dafür zuständig? 3. a) Wie werden mögliche weitere Standorte von Bohrschlammgruben in Bayern ausfindig gemacht? b) Wer ist für das Aufsuchen von Bohrschlammgruben zuständig? 4. Werden die bekannten und mögliche zusätzlich lokalisierte Bohrschlammgruben bezüglich möglicher Bodenverunreinigungen kontrolliert bzw. untersucht, und wenn ja, welche Belastungen wurden gemessen (bitte um Angabe der Messergebnisse für die einzelnen Standorte)? 5. a) Wurden die Standorte auf erhöhte Radioaktivität und dabei insbesondere auf Ra-226, Ra-228, Pb-210 und Th-228 untersucht (bitte um Angabe der Messerergebnisse für die einzelnen Standorte)? b) Wurden Untersuchungen auf Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), Aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX) und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) durchgeführt? c) Welche Ergebnisse brachten die Untersuchungen? 6. Sind die einzelnen Standorte im Altlastenkataster enthalten, liegt für die einzelnen Standorte ein Sanierungsplan vor und wie ist jeweils der aktuelle Stand? 7. a) An welchen Standorten können Grundwassergefährdungen nicht vollständig ausgeschlossen werden und mit welchen Sofortmaßnahmen hat die Staatsregierung jeweils reagiert? b) Welche Auflagen werden von den zuständigen Bergämtern für die Entsorgung von Bohrschlämmen in den letzten drei Jahren erteilt? 8. Welche Nachnutzung erfolgte an den Standorten der Bohrschlammgruben seit deren Entstehung und wurden ggf. geerntete Früchte beprobt, und wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 10.08.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Bohrschlammgruben sind der Staatsregierung bekannt, wo befinden sich diese und wer ist Eigentümer der jeweiligen Grundstücke (bitte Landkreis, Gemeinde und Flurnummer angeben)? Dem StMWi sind die folgenden im Aufsichtsbezirk des Bergamts Südbayern betriebenen Bohrschlammgruben bekannt: Nr. Name Gemarkung / Gemeinde Landkreis 1-1 Waldhausen Waldhausen / Schnaitsee Traunstein 1-2 Maind Waltenhofen Oberallgäu 1-3 Mittelstetten Mittelstetten / Stadt Schwabmünchen Augsburg 1-4 Isen k.A. Ebersberg 1-5 Prutting Prutting Rosenheim 1-6 Hofoldinger Forst Helfersdorf / Aying München 1-7 Arlesried Dietershofen / Oberschönegg Unterallgäu Tab. 1: Dem Bergamt Südbayern bekannte Bohrschlammgruben Die Grube „Waldhausen“ (1-1) ist die einzige Bohrschlammgrube , bei der die Bergaufsicht noch besteht und somit die Zuständigkeit des Bergamts Südbayern gegeben ist. Nr. 1-5 und Nr. 1-6 entsprechen den Standorten 2-19 bzw. 2-38 (s. u.). Die Grube „Arlesried“ (1-7) wurde vollständig zurückgebaut und das Material entsorgt. Ergänzend hierzu hat das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) von der RWE Dea AG eine Liste mit Bohrspülgruben (errichtet und betrieben zwischen 1955 und 1980) erhalten, die sich auf 9 Landkreise verteilen: Nr. Name Gemarkung / Gemeinde Landkreis Eigentümer Nutzung / Zustand / Maßnahmen 2-1 Breitbrunn , Bachham Eggstädt Rosenheim privat rekultiviert, landschaftspflegerische Nutzung / Ug 2-2 Breitbrunn C1 Gstadt Rosenheim privat rekultiviert / Ug 2-3 Chieming C1 Chieming Traunstein privat rekultiviert / Ug 2-4 Darching 1 Valley Miesbach Gemeinde rekultiviert 2-5 Eberfing 1 Eberfing Weilheim privat Wiese / HE 2-6 Endorf 1 Endorf Rosenheim k.A. k.A. 2-7 Feilnbach 1 Wiechs Rosenheim k.A. Ug 2-8 Geiselbach 1 Malzbach Erding k.A. k.A. 2-9 Harthausen 1 Oberpframmern Ebersberg k.A. Schilfbewuchs / HE, Ug Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.10.2015 17/7892 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7892 Nr. Name Gemarkung / Gemeinde Landkreis Eigentümer Nutzung / Zustand / Maßnahmen 2-10 Holzkirchen 1, 2 Staudacher Feld Schaftlach Miesbach privat Wiese / OU 2-11 Höhenrain 6 Baiern Ebersberg privat Wiese / kwH 2-12 Inzenham 7 Marienberg Rosenheim privat Ug 2-13 Königsdorf 1 Unterfischbach Bad Tölz k.A. nv 2-14 Königsdorf 101 Unterfischbach Bad Tölz k.A. kwH 2-15 Königsdorf 2 Schönrain Bad Tölz k.A. nv 2-16 Oberdill 1 Ausmärk. Forstbezirk München k.A. HE, Ug 2-17 Pliening Gelting Ebersberg privat OU, kwH 2-18 Pliening 103 Gelting Ebersberg privat OU, kwH 2-19 Prutting, Inzenhamm 1, 2, 3 Prutting Rosenheim privat kwH 2-20 Rettenbach 1, Erlstätt Rettenbach Traunstein k.A. Wiese / Ug 2-21 Schongau Peiting Peiting Weilheim privat Schilfbewuchs / HE 2-22 Siegsdorf 1 (I) Holzhausen Traunstein privat, Lkr. OU, ÜW 2-23 Siegsdorf 1 (II) Traunstein Traunstein privat k.A. 2-24 St. Leonhard Tettelham / Waging am See Traunstein privat Biotop / Acker / HE 2-25 Unterbrunn 1, 2 Unterbrunn Starnberg Gemeinde Unterbrunn nv 2-26 Vaterstetten 2 Haar München k.A. Kleingarten / HE, Ug 2-27 Wolfersberg Höhenkirchener Forst München Freistaat Bayern Biotop / HE, Ug 2-28 Wolfersberg 2 Höhenkirchener Forst München Freistaat Bayern rekultiviert / HE, Ug 2-29 Wolfersberg 4-9/I Höhenkirchener Forst München Freistaat Bayern Schilfbewuchs / HE, Ug 2-30 Wolfersberg 4-9/II Höhenkirchener Forst München Freistaat Bayern k.A. / HE, Ug 2-31 Wolfersberg 4-9/ III Egmating Ebersberg Freistaat Bayern rekultiviert / HE, kwH 2-32 Wolfersberg 4-9/ IV Egmating Ebersberg Freistaat Bayern Schilfbewuchs / HE, kwH 2-33 Wolfersberg 1, 3 Oberpframmern Ebersberg privat Acker / HE, kwH Tab. 2: Von der RWE Dea AG dem LfU gemeldete Bohrschlammgruben k.A. = keine Angaben, HE = Historische Erkundung, OU = Orientierende Untersuchung, DU = Detailuntersuchung, kwH = kein weiterer Handlungsbedarf, ÜW = Überwachung, nv = nicht verifiziert, Ug = Untersuchungen geplant Die Erhebung der Grundstückseigentümer und der Nutzung erfolgte überwiegend durch die RWE Dea AG zur Zeit des Betriebs oder nach Stilllegung. Die Liste der Standorte wurde vom LfU im März 2012 an die zuständigen Bodenschutzbehörden (Landratsämter) zur weiteren Bearbeitung in eigener Zuständigkeit weitergeleitet . Im Rahmen eines Datenabgleichs mit dem Altlastenkataster des LfU konnten ergänzend folgende Bohrschlammgruben identifiziert werden: Nr. Name Gemarkung / Gemeinde Landkreis Eigentümer Nutzung / Zustand / Maßnahme 2-34 --- Sollacher Forst Erding k.A. kwH 2-35 --- Sollacher Forst Erding k.A. DU, ÜW 2-36 --- Rattenkirchen Mühldorf privat saniert 2-37 --- Ampfing Mühldorf privat HE 2-38 --- Aying München Freistaat Bayern DU Tab. 3: Zusätzliche Bohrschlammgruben aus dem Altlastenkataster 2. Ist die Liste der Standorte von Bohrschlammgruben vollständig, wird darüber ein Kataster geführt und wer ist dafür zuständig? Da seit 1888 in Bayern Kohlenwasserstoffbohrungen erfolgt sind und es bis etwa 1980 üblich war, für jede Bohrung eine Bohrschlammgrube zu errichten, ist diese Liste wohl nicht vollständig. Ein spezielles Kataster wurde dazu nicht geführt . 3. a) Wie werden mögliche weitere Standorte von Bohrschlammgruben in Bayern ausfindig gemacht? b) Wer ist für das Aufsuchen von Bohrschlammgruben zuständig? Informationen über Bohrschlammgruben vor 1950 sind kaum mehr vorhanden, da bei der Bombardierung des Bergamts München 1945 nahezu sämtliche Akten vernichtet wurden. Nach Aussage des StMWi könnten die Standorte der Bohrschlammgruben teilweise aus den Bohrakten ermittelt werden. Eine Zuständigkeit für das Aufsuchen von Bohrschlammgruben ist weder aus dem Bergrecht noch dem Bodenschutzrecht ableitbar. Sobald allerdings die Bodenschutzbehörde Informationen über das Vorliegen einer Bohrschlammgrube hat, entscheidet sie über das Einleiten der ggf. nach dem Bodenschutzrecht erforderlichen Schritte. Die Altlastenbearbeitung in Bayern erfolgt grundsätzlich nicht nach Branchen orientiert, sondern richtet sich ausschließlich nach den fachlichen Prioritäten, die die Bodenschutzbehörde eigenverantwortlich festlegt. I. d. R. zählen Bohrschlammgruben nicht zu den Altlastverdachtsflächen mit der höchsten Bearbeitungspriorität. So wird hinsichtlich der Wirkungspfade Boden-Mensch und Boden-Gewässer nach derzeitigem Kenntnisstand nur von einem mittleren Emissionspotenzial und aufgrund der Abdichtung der Gruben durch die Tonspülung – dies ist die originäre Aufgabe der Bohrspülung im unverrohrten Bohrloch – sowie der i. d. R. vorhandenen Abdeckung von einem entsprechend geringen bis mittleren Transmissionspotenzial ausgegangen. 4. Werden die bekannten und mögliche zusätzlich lokalisierte Bohrschlammgruben bezüglich mögli- Drucksache 17/7892 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 cher Bodenverunreinigungen kontrolliert bzw. untersucht und wenn ja, welche Belastungen wurden gemessen (bitte um Angabe der Messergebnisse für die einzelnen Standorte)? Zu den in Frage 1 aufgeführten Standorten liegen beim Bergamt Südbayern Material- und Grundwasseranalysen aus den bis zu 5 Jahren dauernden Monitoringprogrammen der Bohrschlammgruben vor. Die Messergebnisse finden sich in einer Vielzahl von umfangreichen Gutachten und Untersuchungsberichten zu den Abschlussbetriebsplänen. Eine mit erheblichem Aufwand zu erstellende Zusammenstellung übersteigt den Rahmen der Schriftlichen Anfrage. Die Akten können beim Bergamt jederzeit eingesehen werden . Aus der Liste der RWE Dea AG bzw. aus den im Altlastenkataster erfassten Standorten befinden sich derzeit 21 Standorte in verschiedenen Stadien der Untersuchung bzw. Sanierung. Bei 8 Standorten wurde der Altlastverdacht im Zuge der Untersuchungen nicht bestätigt bzw. eine Sanierung abgeschlossen (Frage 1, Tabellen 2 und 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Identifizierung der Standorte aus der Liste der RWE Dea AG bisher noch nicht vollständig abgeschlossen werden konnte (siehe Antwort zu Frage 6). Die Untersuchungsergebnisse liegen dezentral bei den zuständigen Landratsämtern vor. Eine mit erheblichem Aufwand zu erstellende Zusammenstellung übersteigt den Rahmen der Schriftlichen Anfrage. Die Akten, Gutachten, Analysen können bei den Bodenschutzbehörden jederzeit eingesehen werden. Als Beispiel sind in der Anlage die Feststoff-, Eluat- und Bodenluft-Analysenergebnisse der Schlammgrube „Holzkirchen 2 – Staudacher Feld“ (Nr. 2-10) beigefügt. 5. a) Wurden die Standorte auf erhöhte Radioaktivität und dabei insbesondere auf Ra-226, Ra-228, Pb- 210 und Th-228 untersucht (bitte um Angabe der Messerergebnisse für die einzelnen Standorte)? Untersuchungen auf erhöhte Radioaktivität sind nicht bekannt . b) Wurden Untersuchungen auf Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), Aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX) und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) durchgeführt? Auf MKW, BTEX und PAK wird/wurde i. d. R. untersucht. c) Welche Ergebnisse brachten die Untersuchungen ? Vgl. Antwort zu Frage 4. 6. Sind die einzelnen Standorte im Altlastenkataster enthalten, liegt für die einzelnen Standorte ein Sanierungsplan vor und wie ist jeweils der aktuelle Stand? Zu den Standorten in Frage 1, Tabelle 1 sind bisher 2 Flächen im Altlastenkataster erfasst, die weiteren sind noch zu verifizieren und ggf. zu übertragen. Von der Liste der RWE Dea AG (Frage 1, Tabelle 2) wurden insgesamt 13 Standorte im Altlastenkataster erfasst, 3 Standorte konnten nicht verifiziert werden, für die restlichen sind die Recherchen und der Abgleich noch nicht abgeschlossen . Da der Branchenbegriff „Bohrschlammgrube“ im bayerischen Altlastenkataster nicht explizit etabliert ist, kann eine entsprechende Auswertung nicht erfolgen. Es können daher durchaus mehr Bohrschlammgruben im Kataster erfasst sein, die aber nicht als solche identifizierbar sind. Zum Bearbeitungsstand siehe Antwort zu Frage 1, Tabellen 2 und 3. 7. a) An welchen Standorten können Grundwassergefährdungen nicht vollständig ausgeschlossen werden und mit welchen Sofortmaßnahmen hat die Staatsregierung jeweils reagiert? Zu den Standorten aus Frage 1, Tabelle 1 liegen hierzu keine Informationen vor, daher wird auf die Beantwortung zu Frage 3 und 4 verwiesen. Bei den Standorten der RWE Dea AG-Liste sind die Untersuchungen noch nicht durchgeführt worden bzw. noch nicht abgeschlossen. Es kann daher eine Grundwassergefährdung weder angenommen noch vollständig ausgeschlossen werden. Allgemein weist jedoch das Bergamt Südbayern darauf hin, dass bei allen in den letzten Jahren rekultivierten Spülungsgruben keine Beeinträchtigung des Grundwassers feststellbar war. Bei einzelnen Gruben wurde als Sofortmaßnahme eine Abdeckung aufgebracht. b) Welche Auflagen werden von den zuständigen Bergämtern für die Entsorgung von Bohrschlämmen in den letzten drei Jahren erteilt? Das bei neuen Bohrungen anfallende Bohrklein (Cuttings) wird gesammelt und fachgerecht entsorgt. Der Unternehmer hat über die Entsorgung Nachweise zu führen. Die Spülungen werden so weit wie möglich aufbereitet, wiederverwendet und ggf. entsorgt. Es werden heute keine Bohrschlammgruben mehr verwendet. 8. Welche Nachnutzung erfolgte an den Standorten der Bohrschlammgruben seit deren Entstehung und wurden ggf. geerntete Früchte beprobt und wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Zu den in Frage 1, Tabelle 1 dargestellten Standorten liegen hierzu keine Informationen vor, zur Standortliste der RWE Dea AG siehe Tabelle 2. Untersuchungen von Feldfrüchten sind nicht bekannt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7892 Drucksache 17/7892 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7892 Drucksache 17/7892 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7