Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger, Martin Stümpfig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 23.07.2015 Temelin: Aufklärung über Störfall INES-Stufe 1 vom Juni 2015 Am 26. Juni 2015 wurde in Temelin im Kühlsystem eines Reaktors ein etwa 1 Zentimeter großes Loch entdeckt, durch das radioaktives Wasser in andere Teile des Kühlsystems ausgetreten ist. Entgegen zunächst anderslautender Erklärungen der Betreiberfirma CEZ ist mittlerweile bekannt geworden, dass radioaktive Stoffe über die Regenwasserkanalisation in die Umgebung gelangten. Mittlerweile wurde der Vorfall von der tschechischen Atomaufsichtsbehörde als Störung der INES-Stufe 1 eingestuft. Das Umweltministerium hat sich bisher nicht öffentlich dazu geäußert. Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Wann hat die Staatsregierung zum ersten Mal Kenntnis von dieser Störung im AKW Temelin erhalten? b) Wann ist die Staatsregierung von der tschechischen Regierung zum ersten Mal über das Ereignis informiert worden? c) Wann ist die Staatsregierung von der deutschen Bundesregierung zum ersten Mal über das Ereignis informiert worden? 2. a) Was ist die Ursache für das aufgetretene Leck im Kühlsystem? b) Ist die Leckage auf einen Materialfehler zurückzuführen ? c) Ist das Leck betriebsbedingt entstanden? 3. a) Wodurch wurde das Leck im Kühlsystem erkannt? b) Seit wann besteht dieses Leck? c) Warum wurde das Leck nicht während der Revision erkannt? 4. a) Wie war es möglich, dass vom Leck im Kühlsystem Radioaktivität in die Regenwasserkanalisation gelangt ist? b) Wie war es möglich, dass erhöhte Radioaktivität auf dem Dach von Reaktorgebäuden nachgewiesen wurde ? 5. Unterstützt die Staatsregierung die Forderung nach einer Überprüfung der Reaktoren in Temelin durch eine unabhängige, internationale Expertenkommission? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 17.08.2015 Verantwortlich für die Beaufsichtigung und Bewertung der Sicherheit des Kernkraftwerks Temelin ist das Tschechische Staatliche Amt für Reaktorsicherheit SUJB als atomrechtliche Aufsichtsbehörde in der Tschechischen Republik. In Deutschland ist für internationale Angelegenheiten der Reaktorsicherheit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) zuständig. Die nachfolgenden Antworten zu den Fragen 2 bis 4 ergehen insbesondere auf der Grundlage einer Stellungnahme des BMUB. 1. a) Wann hat die Staatsregierung zum ersten Mal Kenntnis von dieser Störung im AKW Temelin erhalten ? Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) hat zuerst insbesondere aus der Medienberichterstattung am 05./06.07.2015 von dem Ereignis Kenntnis erhalten. b) Wann ist die Staatsregierung von der tschechischen Regierung zum ersten Mal über das Ereignis informiert worden? Am 10.07.2015 hat die tschechische atomrechtliche Aufsichtsbehörde SUJB das StMUV darüber in Kenntnis gesetzt , dass sie über das Ereignis eine Internet-Information auf ihrer Homepage angeboten hat. c) Wann ist die Staatsregierung von der deutschen Bundesregierung zum ersten Mal über das Ereignis informiert worden? Am 07.07.2015 hat das BMUB das StMUV über o. g. Internet -Information der tschechischen Aufsichtsbehörde – vom 07.07.2015 – in Kenntnis gesetzt. Zur Verifizierung, dass durch das Ereignis keine Auswirkungen auf Bayern zu besorgen sind, hat das Landesamt für Umwelt (LfU) unmittelbar nach Bekanntwerden des Ereignisses die Messwerte des bayerischen Messnetzes für Radioaktivität (IfR) und des Messnetzes des Deutschen Wetterdienstes ausgewertet. Bei den Überprüfungen wurden keine erhöhten Messwerte festgestellt. 2. a) Was ist die Ursache für das aufgetretene Leck im Kühlsystem? b) Ist die Leckage auf einen Materialfehler zurückzuführen ? c) Ist das Leck betriebsbedingt entstanden? Die Ursache für die Leckage ist nach Kenntnis des BMUB ein Anbruch oder Abriss einer austenitischen Rohrleitung des primären Dampferzeuger(DE)-Entlüftungssystems von DE-4 der Anlage Temelin, Block 2. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.10.2015 17/7937 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7937 Zu der Ursache des Anbruchs oder Abrisses gibt es bisher laut BMUB keine Informationen. Die Anlage befand sich in der Aufwärmphase. Die Ursache kann in Zusammenhang mit dem Aufwärmen des Primär-Kühlkreislaufs stehen. 3. a) Wodurch wurde das Leck im Kühlsystem erkannt? b) Seit wann besteht dieses Leck? c) Warum wurde das Leck nicht während der Revision erkannt? Die Leckage wurde durch einen erhöhten Durchsatz des betrieblichen Zuspeisesystems, das durch automatische Regelung betriebsbedingte Primärleckagen kompensiert, festgestellt. Bislang sind die Parameter des Primär-Kühlkreislaufes, bei denen das Ereignis eintrat, nicht bekannt. Der Block befand sich nach einem ca. 4-wöchigen Stillstand im Prozess des Aufwärmens. Dies erfolgt über den Betrieb der Hauptkühlmittelpumpen . Der Druck ist zu diesem Zeitpunkt noch relativ gering (ca. 20 bis 30 bar). Erst wenn die für die Dichtheitsprüfung erforderliche Temperatur erreicht ist, kann die zur Erkennung etwaiger Leckagen durchgeführte Druckprobe erfolgen. 4. a) Wie war es möglich, dass vom Leck im Kühlsystem Radioaktivität in die Regenwasserkanalisation gelangt ist? Zur Frage, wie Radioaktivität in die Regenwasserkanalisation gelangt ist, liegen weder dem BMUB noch dem StMUV Informationen vor. b) Wie war es möglich, dass erhöhte Radioaktivität auf dem Dach von Reaktorgebäuden nachgewiesen wurde? Nach Erkennen der Leckage erfolgte entsprechend den Betriebsvorschriften ein schnelles Abkühlen des PrimärKühlkreislaufs über die Überdach-Dampfumleitstationen der drei nicht betroffenen Dampferzeuger. Laut Angaben auf der SUJB-Internetseite sind Spuren jedoch im Bereich der Überdach -Dampfumleitstationen des defekten Dampferzeugers zu finden. Hierzu liegen der deutschen/bayerischen Seite keine weiteren Informationen vor. 5. Unterstützt die Staatsregierung die Forderung nach einer Überprüfung der Reaktoren in Temelin durch eine unabhängige, internationale Expertenkommission ? Verantwortlich für die Beaufsichtigung und Bewertung der Sicherheit des Kernkraftwerkes Temelin ist das Tschechische Staatliche Amt für Reaktorsicherheit SUJB als atomrechtliche Aufsichtsbehörde in der Tschechischen Republik.