Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein, Volkmar Halbleib, Günther Knoblauch, Harald Güller, Reinhold Strobl SPD vom 22.07.2015 Verwendung von Haushaltsausgaberesten Die Ausgabereste des bayerischen Staatshaushaltes steigen laut Bayerischem Obersten Rechnungshof seit 2005 kontinuierlich an. Die von 2013 auf 2014 übertragenen Ausgabereste haben dabei bereits 10 % des Gesamthaushaltsvolumens ausgemacht. Der ORH bemerkte dazu, dass er diese Entwicklung als ein Indiz dafür ansieht, dass dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung nicht immer ausreichend Rechnung getragen wird. Daher fragen wir die Staatsregierung: 1. a) Was sind aus Sicht der Staatsregierung die wesentlichen Gründe für die Steigerungen der Ausgabereste im Bereich Schienenpersonennahverkehr (Kap. 03 67 ehem. Kap. 07 07)? b) Leistungen nach dem BayÖPNVG (Kap. 13 10 TG 81)? c) Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger (Kap. 15 06 TG 86)? 2. a) Was sind aus Sicht der Staatsregierung die wesentlichen Gründe für die Steigerungen der Ausgabereste im Bereich Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren (Kap. 10 07 Tit. 883 01)? b) Förderung der Einrichtung von Krankenhäusern, der Wiederbeschaffung mittelfristiger Anlagegüter und des Ergänzungsbedarfs (Kap. 13 10 TG 71)? c) Kompensationsmittel des Bundes zur Wohnraumförderung (Kap. 03 64 Tit. 863 01)? 3. a) Gibt es Ausgabereste, bei denen kein konkreter Zweck oder keine konkrete Maßnahme hinterlegt ist? b) In welcher Höhe (aufgelistet nach Kapitel und Titel bzw. Titelgruppen) sind diese vorhanden? c) Mit welcher Begründung werden diese in den nächsten Haushalt übertragen? 4. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen, um die seit 10 Jahren steigenden Ausgabereste zu begrenzen und um damit dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung gerecht zu werden? 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Aussage des ORH, dass der bedarfsgerechten Veranschlagung nicht immer Rechnung getragen wird, und wie will sie in Zukunft eine bedarfsgerechte Veranschlagung sicherstellen? 6. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen, um auf die vom ORH 2014 festgestellte Intransparenz der Ausgabereste im Bereich ÖPNV und Schienenverkehrsmittel zu reagieren, und wie will sie damit mehr Transparenz schaffen? 7. Wie bewertet die Staatsregierung die Tatsache, dass die Summe der Ausgabereste, die vom Jahr 2013 in das Jahr 2014 übertragen wurden, bereits ca. 10 % des Gesamthaushaltes ausgemacht haben, und welche Probleme sieht sie in der Höhe der Ausgabereste? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 21.08.2015 1. a) Was sind aus Sicht der Staatsregierung die wesentlichen Gründe für die Steigerungen der Ausgabereste im Bereich Schienenpersonennahverkehr (Kap. 03 67 ehem. Kap. 07 07)? Auf die hohen Ausgabereste im Kapitel 03 67 (ehemals Kap. 07 07) ist im Jahresbericht 2014 des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (TNr. 1.2.1, Seite 14) ausführlich eingegangen worden. Sie sind begründet durch eine Reihe von großen Investitionsmaßnahmen, die in den nächsten Jahren abfinanziert werden müssen. Für diese Projekte muss vor allem aus dem Grund Vorsorge getroffen werden, da die künftige Entwicklung bei den Regionalisierungsmitteln des Bundes nicht gesichert ist. Der ungenügenden Erhöhung der Bundesmittel steht ein kontinuierliches Anwachsen der Ausgleichsleistungen des Freistaates Bayern an Schienenpersonennahverkehrsunternehmen (Bestellentgelte) gegenüber . b) Leistungen nach dem BayÖPNVG (Kap. 13 10 TG 81)? Die Ausgabereste im Bereich des Kapitels 13 10 TG 81 sind auf von den Vorhabenträgern nicht abgerufene Fördermittel nach dem Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) i. V. m. Art. 13c Abs. 2 Finanzausgleichsgesetz für ÖPNV-Bauinvestitionen zurückzuführen , deren Baubeginn oder Baufortschritt sich verzögert hat. c) Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger (Kap. 15 06 TG 86)? Ausgabereste im Rahmen des Programms zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger (Kapitel 15 06 TG 86) stammen zum einen wesentlich aus den Mehreinnahmen aus Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2015 17/7958 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7958 Hochschulpaktmitteln des Bundes im Jahr 2013 und dienen bis 2016 der Finanzierung der zum 01.07.2014 geschaffenen 400 Stellen. Im Übrigen sind die Ausgabereste im Wesentlichen in den Jahren 2008–2010 insbesondere wegen verzögerter Stellenbesetzungen entstanden. Inzwischen kam es zu einem deutlichen Abbau dieser Ausgabereste. 2. a) Was sind aus Sicht der Staatsregierung die wesentlichen Gründe für die Steigerungen der Ausgabereste im Bereich Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren (Kap. 10 07 Tit. 883 01)? Die Ausgabereste stehen in Verbindung mit den Auszahlungsanträgen der bayerischen Kommunen im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms U3. Eine Auszahlung der Mittel ist nicht bereits mit Baubeginn, sondern nur gemäß dem Baufortschritt möglich. Da viele Kommunen erst im Laufe des Jahres 2014 mit der Bautätigkeit begonnen haben, verschiebt sich die Auszahlung zwangsläufig nach hinten. Zudem beantragt eine Vielzahl von Kommunen erst mit dem Verwendungsnachweis die wesentlichen Auszahlungen. b) Förderung der Einrichtung von Krankenhäusern, der Wiederbeschaffung mittelfristiger Anlagegüter und des Ergänzungsbedarfs (Kap. 13 10 TG 71)? Die Ausgabereste im Bereich der Krankenhausinvestitionsförderung sind auf noch nicht abgerufene Mittel für in das Jahreskrankenhausbauprogramm aufgenommene Bauprojekte zurückzuführen, deren Projektfortschritt sich verzögert hat. c) Kompensationsmittel des Bundes zur Wohnraumförderung (Kap. 03 64 Tit. 863 01)? Die Kompensationsmittel des Bundes nach dem Entflechtungsgesetz werden in Bayern vollständig für Neubewilligungen im Rahmen des Bayerischen Wohnungsbauprogramms eingesetzt. Die Mittel sind bis einschließlich 2014 in voller Höhe durch Bewilligungsbescheide gebunden. Entsprechend den Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr werden die bewilligten Mittel nach Baufortschritt ausgezahlt. In Bayern werden mit den Kompensationsmitteln überwiegend Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern gefördert. Der Bau von Mietwohnanlagen dauert naturgemäß länger als der Bau von Familienheimen . Da die Kompensationsmittel jährlich in voller Höhe als Ausgabemittel vom Bund bereitgestellt werden, lassen sich bei einer haushaltsrechtlich gebotenen Auszahlung der Fördermittel nach Baufortschritt Ausgabereste nicht vermeiden. 3. a) Gibt es Ausgabereste, bei denen kein konkreter Zweck oder keine konkrete Maßnahme hinterlegt ist? Nein. b) In welcher Höhe (aufgelistet nach Kapitel und Titel bzw. Titelgruppen) sind diese vorhanden? Siehe Antwort zu Frage 3 a. c) Mit welcher Begründung werden diese in den nächsten Haushalt übertragen? Siehe Antwort zu Frage 3 a. 4. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen , um die seit 10 Jahren steigenden Ausgabereste zu begrenzen und um damit dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung gerecht zu werden ? Im Rahmen des Haushaltsabschlusses erstellen die zuständigen Ressorts jeweils für ihren Einzelplan einen Plan über die Verwendung der aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr zu übertragenden Ausgabereste und übersenden diesen an das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat. Dabei werden jedes Jahr im Einvernehmen zwischen dem jeweiligen Fachressort und dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat nicht mehr benötigte Ausgabereste in Abgang gestellt. In den letzten zehn Jahren wurden auf diese Weise Ausgabeermächtigungen in Höhe von insgesamt über 2,3 Mrd. € eingezogen. Die Ressorts wurden in den Haushaltsaufstellungsschreiben des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat regelmäßig auf die strikte Beachtung des Fälligkeitsprinzips (Art. 11 Absatz 2 Bayerische Haushaltsordnung ) hingewiesen. Im Zuge künftiger Haushaltsaufstellungen wird noch stärker darauf geachtet, dass bei der Veranschlagung der jeweiligen Ausgabeansätze im Haushaltsplan die verfügbaren Ausgabereste mit berücksichtigt werden. Zudem hat das Staatsministerium der Finanzen , für Landesentwicklung und Heimat die Ressorts in den letzten Jahren wiederholt aufgefordert, durch zügige Realisierung von geplanten Projekten und Maßnahmen für einen zeitnahen Mittelabfluss zu sorgen. Flankierend wurde im Doppelhaushalt 2015/2016 im Jahr 2015 bei Kapitel 13 03 Titel 972 04 eine globale Minderausgabe in Höhe von 200 Mio. € veranschlagt, um bei der Veranschlagung verstärktes Augenmerk auf die Beachtung des Fälligkeitsprinzips zu richten. Dadurch soll ein geschätzter „Sockelbetrag“ an voraussichtlich erst später abfließenden Ausgabemitteln abgeschöpft und einem weiteren Anstieg der Ausgabereste entgegengewirkt werden. Im Regierungsentwurf des Nachtragshaushalts 2016 wird vorgesehen, die globale Minderausgabe 2015 auch im Jahr 2016 mit einem Volumen von 240 Mio. € fortzuführen. Die globalen Minderausgaben sind von den Ressorts im Haushaltsvollzug durch Einsparungen bei den übertragbaren Ausgabeansätzen zu erwirtschaften. 5. Wie bewertet die Staatsregierung die Aussage des ORH, dass der bedarfsgerechten Veranschlagung nicht immer Rechnung getragen wird, und wie will sie in Zukunft eine bedarfsgerechte Veranschlagung sicherstellen? Bei der Aufstellung des Haushaltsplans werden die voraussichtlich zu leistenden Ausgaben möglichst genau ermittelt oder geschätzt. Gleichwohl können Prognose- bzw. Schätzabweichungen sowie unerwartete Verzögerungen bei der Planumsetzung nie vollständig ausgeschlossen werden. Die Staatsregierung strebt an, künftig bei der Aufstellung des Haushaltsplans noch mehr auf das Fälligkeitsprinzip (Artikel 11 Absatz 2 Bayerische Haushaltsordnung) zu achten, also dass die zu veranschlagenden Ausgaben aller Voraussicht nach auch im betreffenden Haushaltsjahr kassenwirksam abfließen. Drucksache 17/7958 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen , um auf die vom ORH 2014 festgestellte Intransparenz der Ausgabereste im Bereich ÖPNV und Schienenverkehrsmittel zu reagieren, und wie will sie damit mehr Transparenz schaffen? Aus dem Jahresbericht 2014 des Bayerischen Obersten Rechnungshofs kann nicht abgeleitet werden, dass es bei den Ausgaberesten im Bereich ÖPNV und Schienenverkehrsmittel an Transparenz fehle. In der Textziffer 1.2.1 ist bei diesen Investitionsbereichen eine ganze Reihe von Maßnahmen aufgeführt, für die eine Bindung der Ausgabereste besteht. Im letzten Absatz dieser Textziffer bestätigt der ORH ausdrücklich, dass sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, dass die Voraussetzungen für eine Übertragung gefehlt haben. Zur Verbesserung der Transparenz bei den Ausgaberesten regt der ORH lediglich eine Veränderung der Praxis bei den Verstärkungsmitteln an. Verstärkungsansätze sind jedoch bei den genannten Investitionsbereichen nicht vorgesehen, sodass die Anregung insoweit ins Leere geht. 7. Wie bewertet die Staatsregierung die Tatsache, dass die Summe der Ausgabereste, die vom Jahr 2013 in das Jahr 2014 übertragen wurden, bereits ca. 10 % des Gesamthaushaltes ausgemacht haben , und welche Probleme sieht sie in der Höhe der Ausgabereste? Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat die Haushaltsrechnung 2013 geprüft und unter anderem festgestellt, dass die Übertragung der Einnahme- und Ausgabereste vom Jahr 2013 in das Jahr 2014 insgesamt nicht zu beanstanden ist. Beim Gesamtbetrag der übertragenen Ausgabereste 2013 ist außerdem zu berücksichtigen, dass ein Großteil der Ausgabereste auf Ausgaben entfällt, die aus zweckgebundenen Einnahmen von Dritten finanziert werden (z. B. Bundes-, EU- und sonstige Drittmittel) und daher zwingend zweckentsprechend verwendet werden müssen. Die Haushaltsrechnung 2013 zeigt ferner, dass die vom Jahr 2013 in das Jahr 2014 übertragenen Ausgabereste vollständig durch Einnahmereste bzw. haushaltsmäßig noch nicht abgewickelte Kassenergebnisse gedeckt sind.