Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 27.07.2015 Unfälle in Biogasanlagen und ihre Auswirkungen auf Gewässer Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Unfälle in Biogasanlagen gab es seit einschließlich 2010 bis heute in Bayern, die Auswirkungen auf Gewässer hatten? b) In wie vielen der o. g. Fälle waren Oberflächengewässer betroffen? c) In wie vielen der o. g. Fälle war Grundwasser, insbesondere auch Trinkwasser betroffen (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen, geschätzter Schadenssumme und Auswirkungen auf Trinkwasserversorgung aufführen)? 2. a) Welche ökologischen Auswirkungen hatten die o. g. Unfälle mit Betroffenheit von Oberflächengewässern? b) In welchen Fällen brauchten oder brauchen die Gewässer mehr als ein Jahr, um sich von den Schäden zu erholen und den vorherigen ökologischen Zustand wieder zu erreichen? c) In welchen Fällen brauchten oder brauchen die Gewässer zwei Jahre und länger, um sich von den Schäden zu erholen und den vorherigen ökologischen Zustand wieder zu erreichen (bitte getrennt nach der tatsächlichen oder geschätzten Erholungsdauer auflisten )? 3. a) Welche konkreten ökologischen Folgen sind unter den in 2 c genannten Fällen aufgetreten? b) Wie hoch werden die Schäden in Euro geschätzt, die die unter 2 b und 2 c genannten Fälle nach sich gezogen haben (bitte getrennt aufführen, ggf. auch grobe Schätzung, wenn keine genauen Zahlen vorliegen)? c) Welche Fälle seit 2010 werden von der Staatsregierung als besonders schwerwiegend eingestuft (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen und geschätzter Schadenssumme aufführen)? 4. a) In welchen der o. g. Fälle war die gleiche Biogasanlage für mehrere Unfälle mit Auswirkungen auf Gewässer verantwortlich? b) In welchen der o. g. Fälle war der gleiche Betreiber einer Biogasanlage für mehrere Unfälle mit Auswirkungen auf Gewässer verantwortlich? c) Um welche konkreten Fälle (4 a und b) handelte es sich dabei (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen und geschätzter Schadenssumme aufführen)? 5. a) In welchen der o. g. Fälle wurden staatliche Behörden im Vorfeld vor einem möglichen Unfall gewarnt? b) Was wurde in diesen Fällen, in denen es eine Warnung gab, unternommen (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen und geschätzter Schadenssumme aufführen)? 6. Was will die Staatsregierung unternehmen, um Unfälle in Biogasanlagen mit Auswirkungen auf Gewässer in Zukunft zu minimieren oder zu vermeiden? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25.08.2015 und 14.09.2015 Vorbemerkung: Die wasserwirtschaftlichen Behörden vor Ort (Wasserwirtschaftsämter , fachkundige Stellen an den Kreisverwaltungsbehörden ) haben eine Vielzahl von Überwachungsaufgaben , die Überwachung von Biogasanlagen durch die fachkundige Stelle ist eine davon. Eine vollständige zentrale Erhebung aller Überwachungsdaten der Behörden ist nicht möglich und auch nicht erforderlich. Nach dem Prinzip der Subsidiarität handeln die Behörden vor Ort in hohem Maß eigenverantwortlich. In begründeten Fällen sowie anlassbezogen werden zentrale Abfragen zu einzelnen Überwachungsergebnissen erhoben und zentral dokumentiert. Basis der Beantwortung der Anfrage des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl vom 25.11.2014 auf Drs. 17/5116 und auch dieser Anfrage war eine Abfrage bei den Kreisverwaltungsbehörden , die erstmals im Jahre 2012 durch das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) durchgeführt wurde. Diese Abfrage wurde anlassbezogen wiederholt. Der Schwerpunkt der Abfrage lag dabei auf den betroffenen Anlagenteilen und der Ursache der Gewässerverunreinigung . Eine Differenzierung zwischen Grundwasser- und Oberflächengewässerschäden fand nicht statt. Die gemäß Umweltstatistikgesetz verpflichtende Meldung der Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen an das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung erfolgt auf der Grundlage eines vorgegebenen Formulars. Auch hier werden detaillierte Angaben, wie z. B. konkrete ökologische Folgen oder Schadenssummen, nicht erfasst. Entsprechend liegen dem StMUV diese Daten nicht vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.11.2015 17/7970 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7970 1. a) Wie viele Unfälle in Biogasanlagen gab es seit einschließlich 2010 bis heute in Bayern, die Auswirkungen auf Gewässer hatten? Seit 2010 bis zum 31.12.2014 sind nach derzeitigem Erhebungsstand 378 Fälle von Gewässerverunreinigungen durch Biogasanlagen bekannt geworden. b) In wie vielen der o. g. Fälle waren Oberflächengewässer betroffen? In den meisten Fällen waren Oberflächengewässer betroffen , genaue Zahlen dazu sind jedoch nicht bekannt. c) In wie vielen der o. g. Fälle war Grundwasser, insbesondere auch Trinkwasser betroffen (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen, geschätzter Schadenssumme und Auswirkungen auf Trinkwasserversorgung aufführen)? Gemäß Biogashandbuch Bayern ist die Errichtung von Biogasanlagen im Fassungsbereich und der engeren Schutzzone von Wasserschutzgebieten verboten. Auswirkungen auf Trinkwasser durch Unfälle bei Biogasanlagen sind daher in der Regel nicht zu erwarten. Bisher ist in Bayern kein Fall bekannt, bei dem Trinkwasser betroffen war. Erkenntnisse über konkret feststellbare Grundwasserverunreinigungen durch Unfälle in Biogasanlagen liegen derzeit ebenfalls nicht vor. 2. a) Welche ökologischen Auswirkungen hatten die o. g. Unfälle mit Betroffenheit von Oberflächengewässern ? In vielen Fällen sind die ökologischen Folgen von Unfällen für ein Gewässer nicht gravierend und die Gewässer können sich nach der Ursachenbehebung rasch wieder erholen. In einigen Fällen sind die Folgen jedoch schwerwiegender und die Schadensbehebung langwierig. Hierbei sind häufig sowohl die Fische als auch die übrigen Wasserorganismen betroffen. Die Schadwirkung ist abhängig von der jeweiligen toxischen Wirkung der eingetragenen Stoffe sowie von einer evtl. folgenden Verschlammung der Gewässersohle durch den Eintrag von Gärsubstrat. Die Schadstoffwelle selbst fließt dabei relativ rasch ab. Die Auswirkungen können von ohne erkennbare Schäden bis hin zum abschnittsweisen Totalverlust der Gewässerbiologie (insbes. wirbellose Wassertiere und Fische) reichen. Zum Teil treten infolge eines Unfalles auch Eutrophierungserscheinungen auf. Die zuständigen Behörden prüfen Maßnahmen zur Restaurierung der betroffenen Gewässer, wie z. B. die punktuelle Entschlammung. Die teilweise Entschlammung eines Fließgewässers nach einem Biogasunfall wurde beispielsweise in einem Zufluss zur Kollbach im Bereich des Marktes Arnstorf durchgeführt. b) In welchen Fällen brauchten oder brauchen die Gewässer mehr als ein Jahr, um sich von den Schäden zu erholen und den vorherigen ökologischen Zustand wieder zu erreichen? Die Erholung des Gewässers hängt von der Schwere des Schadens, den durchgeführten Maßnahmen, aber auch von natürlichen Gegebenheiten ab. Eine pauschale Angabe dazu lässt sich nicht ableiten. c) In welchen Fällen brauchten oder brauchen die Gewässer zwei Jahre und länger, um sich von den Schäden zu erholen und den vorherigen ökologischen Zustand wieder zu erreichen (bitte getrennt nach der tatsächlichen oder geschätzten Erholungsdauer auflisten)? Die gewässerökologische Regeneration nach Biogasunfällen ist abhängig von einer Vielzahl individueller und variabler Faktoren. Die Regeneration wird von der jeweiligen Gewässerdynamik sowie vom biologischen Wiederbesiedelungspotenzial beeinflusst. Im Falle einer Verschlammung infolge eines Schadereignisses sind witterungsabhängige höhere Abflüsse mit Sohlumlagerung für die Regeneration vonnöten . Waren die Folgen gravierend (Fischsterben, starke Verschlammung), zeigen die Erfahrungen der Behörden vor Ort, dass eine Regeneration mehrere Jahre in An- spruch nehmen kann. Daten über die Regenerationszeiten der einzelnen Ereignisse liegen nicht vor. Abzuwarten bleibt, wie sich infolge des Biogasunfalles bei Arnstorf im Juni 2015 der Zeller Bach und die Kollbach regenerieren werden. 3. a) Welche konkreten ökologischen Folgen sind unter den in 2 c genannten Fällen aufgetreten? Siehe Antwort zu Frage 2 c. b) Wie hoch werden die Schäden in Euro geschätzt, die die unter 2 b und 2 c genannten Fälle nach sich gezogen haben (bitte getrennt aufführen, ggf. auch grobe Schätzung, wenn keine genauen Zahlen vorliegen )? Der Verursacher hat die Kosten für die Sanierung des verunreinigten Gewässers zu tragen. Außerdem haftet er für die darüber hinaus entstandenen Schäden, z. B. am Fischbestand . Eine systematische Erhebung von Kosten, die dem Verursacher entstanden sind, erfolgt nicht. c) Welche Fälle seit 2010 werden von der Staatsregierung als besonders schwerwiegend eingestuft (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen und geschätzter Schadenssumme aufführen)? Zu den besonders schwerwiegenden Fällen zählen z. B. der oben genannte Biogasunfall an der Kollbach bei Arnstorf, ein Unfall an der Großen Vils bei Dorfen, ein Unfall an der Steinach bei Ohrenbach sowie die Summe mehrerer Unfälle an der Bina, bei der seit 2010 mehrere Biogasunfälle in unterschiedlichen Anlagen auftraten. Bei all diesen Beispielen trat über einen längeren Abschnitt ein Fischsterben auf. Angaben zu Schadenssummen liegen nicht vor. 4. a) In welchen der o. g. Fälle war die gleiche Biogasanlage für mehrere Unfälle mit Auswirkungen auf Gewässer verantwortlich? b) In welchen der o. g. Fälle war der gleiche Betreiber einer Biogasanlage für mehrere Unfälle mit Auswirkungen auf Gewässer verantwortlich? c) Um welche konkreten Fälle (4 a und b) handelte es sich dabei (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen und geschätzter Schadenssumme aufführen)? Die Fragen 4 a bis 4 c werden gemeinsam beantwortet. Es sind mehrere Fälle bekannt, in denen derselbe Betreiber für mehrere Unfälle verantwortlich war. Eine systematische Erhebung dieser Fälle ist nicht erfolgt. Von den oben genann- Drucksache 17/7970 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 ten Fällen trat der Fall, dass eine Biogasanlage mehrfach betroffen war, an der Bina auf. 5. a) In welchen der o. g. Fälle wurden staatliche Behörden im Vorfeld vor einem möglichen Unfall gewarnt ? b) Was wurde in diesen Fällen, in denen es eine Warnung gab, unternommen (bitte mit Jahr, Ort, Umweltauswirkungen und geschätzter Schadenssumme aufführen)? Es sind keine Fälle bekannt, in denen vorab vor einem möglichen Unfall gewarnt wurde. Die Behörden vor Ort sind verpflichtet , sofort nach Bekanntwerden von Hinweisen die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Verunreinigungen zu vermeiden oder zu beseitigen. 6. Was will die Staatsregierung unternehmen, um Unfälle in Biogasanlagen mit Auswirkungen auf Gewässer in Zukunft zu minimieren oder zu vermeiden ? Hierzu wird auf die Antwort der Staatsregierung zu Frage 6 der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Scheuenstuhl betreffend „Mögliche Gefahren von Gewässerverunreinigung durch Biogasanlagen in Bayern“ auf LT-Drs. 17/5116 verwiesen. Weiterhin wurde im Landtag am 08.07.2015 beschlossen, dass die Staatsregierung im Herbst 2015 einen umfassenden Bericht „Sicherer Betrieb von Biogasanlagen“ abgibt, und darlegt, welche Rechtsvorschriften , Rege- lungen und Aktivitäten im Sinne materieller Anforderungen und des überwachenden Vollzugs bereits derzeit greifen bzw. demnächst vorgesehen sind (LT-Drs. 17/7436). Der Bericht wurde dem Landtag zwischenzeitlich vorgelegt.