Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benno Zierer FREIE WÄHLER vom 22.07.2015 Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Beifuß-Ambrosie Seit 2007 gibt es in Bayern das Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Beifuß-Ambrosie, um die Ausbreitung des hoch allergenen Neophyten zu verhindern. Dazu frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Ambrosia-Vorkommen mit mehr als 100 Pflanzen sind aktuell in Bayern bekannt? b) Wie hat sich die Zahl der registrierten Vorkommen seit 2007 entwickelt? c) Wie viele neue Vorkommen mit mehr als 100 Pflanzen wurden 2014 und 2015 entdeckt (bitte mit angeben, in welchen Landkreisen die Vorkommen registriert wurden )? 2. a) Wie hat sich die Individuenzahl der bekannten Bestände entwickelt? b) Auf welcher Fläche sind aktuell Ambrosia-Bestände festzustellen? c) Wie hat sich diese Fläche seit 2007 entwickelt? 3. Wie viele Bestände sind als nachhaltig bekämpft anzusehen ? 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Bilanz des Aktionsprogramms angesichts dieser Zahlen? b) Wurde das Aktionsprogramm angepasst, um auf die zunehmende Ausbreitung von Ambrosia-Beständen entlang von Straßen zu reagieren? c) Sind zusätzliche Suchprogramme geplant, die typische Wuchsorte wie Straßenränder, Erdzwischenlager oder Baustellen umfassen? 5. Gab es seit der Untersuchung in den Jahren von 2009 bis 2012, bei der 184 Flächen in Bayern auf unerkannte Bestände abgesucht wurden, weitere Erkenntnisse darüber, wie sich die „Dunkelziffer“ unerkannter Ambrosia -Vorkommen entwickelt hat? 6. Hält die Staatsregierung eine Änderung der Strategie bei der Ambrosia-Bekämpfung dahingehend für notwendig , dass neben den Maßnahmen mit freiwilligem Charakter auch rechtsverbindliche Instrumente wie eine Melde- und Bekämpfungspflicht treten? 7. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, wie sich die Zahl der Patienten in Bayern mit einer Al lergie gegen Ambrosia-Pollen seit 2007 entwickelt hat? 8. a) In welcher Höhe beinhalten der Doppelhaushalt 2015/2016, der Nachtragshaushalt 2014 und der Doppelhaushalt 2013/2014 Mittel zur Umsetzung des Aktionsprogramms Ambrosia-Bekämpfung? b) Wurden die in den jeweiligen Haushaltsplänen eingestellten Mittel abgerufen? c) Wenn nicht, welche Mittel (bitte Titel angeben) in welcher Höhe wurden nicht abgerufen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 21.08.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Das Beifußblättrige Traubenkraut oder die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia arte-misiifolia) stammt ursprünglich aus Amerika und kam mit Getreideimporten vor etwa 150 Jahren nach Europa. Während die Pflanze sich hauptsächlich in SüdostEuropa etablierte, konnte sie sich auch bis nach Bayern ausbreiten. Da die Pflanze ein hohes allergenes Potenzial aufweist, sollten bereits Einzelpflanzen sicher erkannt und beseitigt werden. Bayern ist nach Brandenburg das Land mit den häufigsten bekannten Ambrosiavorkommen. Die Einschleppungswege erfolgen wesentlich durch Ladungsverluste von Agrartransporten mit Ambrosiasamen entlang der Autobahnen. Sonnenblumenvogelfutter , das mit Ambrosiasamen verunreinigt und als vermeintlich günstige Begrünung von Brachflächen genutzt wurde, hat vor allem anfangs zu einer unsystematischen Verbreitung beigetragen. Durch EU-rechtliche Vorgaben der Anforderungen an Futtermittel ist dieser Einschleppungsweg in den Hintergrund getreten. 1. a) Wie viele Ambrosia-Vorkommen mit mehr als 100 Pflanzen sind aktuell in Bayern bekannt? Seit Beginn des Aktionsprogramms wurden insgesamt 337 Bestände bei der Landesmeldestelle registriert. Die Anzahl Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.11.2015 17/7971 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7971 der Bestände außerhalb der Straßen hat abzüglich der nachhaltig bekämpften Bestände von 152 in 2013 auf 148 in 2014 abgenommen. Inklusive der Straßen hat die Anzahl der Bestände abzüglich der nachhaltig bekämpften Bestände leicht zugenommen (von 290 auf 292). b) Wie hat sich die Zahl der registrierten Vorkommen seit 2007 entwickelt? Jahr Anzahl der neu entdeckten Großbestände Gesamtzahl einschließlich der 2006 18 entdeckten Bestände 2007 49 67 2008 32 99 2009 51 150 2010 39 189 2011 45 234 2012 45 279 2013 43 322 2014 15 337 Die rasche Zunahme in den ersten Jahren ist primär erfassungstechnisch bedingt. c) Wie viele neue Vorkommen mit mehr als 100 Pflanzen wurden 2014 und 2015 entdeckt (bitte mit angeben , in welchen Landkreisen die Vorkommen registriert wurden)? Im Jahr 2014 wurden 15 neue Vorkommen entdeckt. Davon stammen sechs von Straßenrändern. Sie stammen aus den Landkreisen Aichach-Friedberg (1), Bayreuth LKR (1), Berchtesgadener Land (1), Erding (1), Forchheim (2), Freising (1), Kelheim (1), Pfaffenhofen an der Ilm (2), Rosenheim Stadt (1), Roth (3), Schwabach Stadt (1). Im Jahr 2015 ist die Meldesaison noch nicht abgeschlossen . Die Suchprogramme laufen bis Mitte Oktober. 2. a) Wie hat sich die Individuenzahl der bekannten Bestände entwickelt? Zur Beantwortung werden auch die Angaben des Jahres 2006 verwendet, um ein genaueres Bild der Entwicklung seit der Ambrosia-Bestandsaufnahme in Bayern zu geben. Individuenzahlen der großen Ambrosia-Bestände 2006 bis 2014 in Größenklassen. Jahr ≥100 Pflanzen 1 bis 99 Pflanzen 0 Pfl., nicht nachh. bek. nachhaltig bekämpft 2006 18 0 0 0 2007 65 1 1 0 2008 86 8 5 0 2009 118 23 7 0 2010 137 39 5 5 2011 147 50 24 9 2012 190 38 24 21 2013 212 54 22 32 2014 181 78 26 45 b) Auf welcher Fläche sind aktuell Ambrosia-Bestände festzustellen? Die im Jahr 2014 von Ambrosia besiedelte festgestellte Fläche betrug 121,09 ha. Der Anteil an der bayerischen Gesamtfläche beträgt 0,00172 %. c) Wie hat sich diese Fläche seit 2007 entwickelt? Die von Ambrosia besiedelten bayerischen Landesflächen haben seit 2007 zugenommen. Die deutliche Zunahme von 2008 zu 2009 hängt jedoch eher mit der Fortentwicklung der Methodik bei der Ambrosia-Bestandserfassung zusammen (s. a. Antwort zu Frage 1 b). Jahr Angaben in ha 2007 32,97 2008 38,34 2009 84,65 2010 92,81 2011 97,83 2012 110,25 2013 118,39 2014 121,09 3. Wie viele Bestände sind als nachhaltig bekämpft anzusehen? Im Jahr 2014 wurden 45 Bestände als nachhaltig bekämpft eingestuft. 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Bilanz des Aktionsprogramms angesichts dieser Zahlen? In keinem anderen Bundesland wurden bislang so umfangreiche Aktivitäten gegen Ambrosia unternommen wie in Bayern. Die Aktivitäten im Rahmen des Aktionsprogramms haben bei der Bevölkerung und den Behörden zu einem Problembewusstsein und einer erhöhten Aufmerksamkeit in Bezug auf Ambrosia geführt. Manche der Ambrosiaausbreitung förderliche Praktiken, wie beispielsweise die Aussaat von Vogelfutter durch Schnittblumenfeldbetreiber, sind stark zurückgegangen. Pflanzenschutzmaßnahmen in betroffenen landwirtschaftlichen Kulturen wurden ausgeweitet. Wenn auch bislang nicht in allen Fällen eine vollständige Bekämpfung erreicht wurde, so haben die Maßnahmen doch die weitere Ausbreitung ausgehend von den bestehenden Beständen stark eingeschränkt. Die Maßnahmen konnten eine kaum mehr kontrollierbare Ausbreitung, wie beispielsweise in der Niederlausitz im Bundesland Brandenburg, verhindern. In den letzten Jahren ist eine stetige Zunahme der nachhaltig bekämpften Bestände zu verzeichnen. b) Wurde das Aktionsprogramm angepasst, um auf die zunehmende Ausbreitung von Ambrosia-Beständen entlang von Straßen zu reagieren? Für die Pflege der Straßenbegleitflächen sind, je nach Straßenklasse, unterschiedliche Behörden zuständig. Im Rahmen des vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) geförderten Projekts werden auch die AmbrosiaVorkommen an Straßen registriert. Inzwischen umfasst ein erheblicher Teil der Aktivitäten der Bestandskontrollen und Suchprogramme die Straßenvorkommen als Freiflächen . Für die Pflege der Straßenbegleitflächen im Zuge von Autobahnen , Bundes- und Staatsstraßen sowie der im Auftrag der Landkreise verwalteten Kreisstraßen sind die Oberste Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (OBB) und deren nachgeordneten Straßenbaubehörden zuständig und erfassen in diesem Rahmen größere Ambrosia-Vorkommen. Die OBB ist auch Mitglied der Interministeriellen Arbeitsgruppe zur Ambrosiabekämpfung. Betroffene Ministerien stehen hier im fachlichen Austausch. Derzeit lässt die OBB verschiedene Bekämpfungsmaßnahmen , die auch von anderen Ländern mit Ambrosiabeständen untersucht werden, an ausgesuchten Straßenabschnitten testen. Neben den Bekämpfungsmethoden Mähen und/ Drucksache 17/7971 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 oder Ausreißen ist bisher die probeweise Bekämpfung mit Heißschaum erfolgreich verlaufen. c) Sind zusätzliche Suchprogramme geplant, die typische Wuchsorte wie Straßenränder, Erdzwischenlager oder Baustellen umfassen? Die Suchprogramme des StMGP und die Bestandserfassungen der Bayerischen Straßenbauverwaltung an Straßen finden in einem Umfang statt, dass davon auszugehen ist, dass alle größeren Ambrosia-Vorkommen an Bayerischen Landesstraßen erfasst werden. Erdzwischenlager, Baustellen und sonstige Flächen können mit vertretbarem Aufwand allerdings nur stichprobenartig oder anlassbezogen nach Hinweis abgesucht werden. 5. Gab es seit der Untersuchung in den Jahren von 2009 bis 2012, bei der 184 Flächen in Bayern auf unerkannte Bestände abgesucht wurden, weitere Erkenntnisse darüber, wie sich die „Dunkelziffer“ unerkannter Ambrosia-Vorkommen entwickelt hat? Die Rate der bei der Dunkelzifferuntersuchung gefundenen neuen Bestände ist bei einer Wiederholungsuntersuchung 2013 etwa gleich geblieben. Es ist daher davon auszugehen , dass nach wie vor unentdeckte Bestände vorhanden sind. Es ist daher weiterhin die Aufmerksamkeit der Bürger wichtig, um bisher unentdeckte Vorkommen zu finden. 6. Hält die Staatsregierung eine Änderung der Strategie bei der Ambrosia-Bekämpfung dahingehend für notwendig, dass neben den Maßnahmen mit freiwilligem Charakter auch rechtsverbindliche Instrumente wie eine Melde- und Bekämpfungspflicht treten? In Anbetracht der noch überschaubaren Anzahl der Funde und dem relativ hohen Anteil im Bereich der Verkehrswege , die ohnehin i. d. R. in staatlicher oder kommunaler Zuständigkeit liegen, werden derzeit weitergehende regulative Maßnahmen nicht für erforderlich angesehen. Gleichwohl wird die Entwicklung laufend überwacht, um ggf. rechtzeitig Anpassungen der Bekämpfungsmaßnahmen vornehmen zu können. 7. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, wie sich die Zahl der Patienten in Bayern mit einer Allergie gegen Ambrosia-Pollen seit 2007 entwickelt hat? Eine Allergie gegen Ambrosiapollen ist nicht meldepflichtig. Daten einer diesbezüglichen Entwicklung liegen der Staatsregierung nicht vor. 8. a) In welcher Höhe beinhalten der Doppelhaushalt 2015/2016, der Nachtragshaushalt 2014 und der Doppelhaushalt 2013/2014 Mittel zur Umsetzung des Aktionsprogramms Ambrosiabekämpfung? Das Aktionsprogramm Ambrosiabekämpfung ist eine Aufgabe der Staatsregierung. Dabei sind die Bereiche Gesundheit , Landwirtschaft, Umwelt und Inneres mit Bau und Verkehr mit ihren nachgeordneten Behörden befasst. Die Mitarbeiter der verschiedenen Organisationsebenen führen die Tätigkeiten zum Aktionsprogramm im Rahmen ihrer Dienstaufgaben durch. Die Bekämpfungsmaßnahmen an Straßen im Zuständigkeitsbereich der Bayerischen Straßenbauverwaltung werden im Rahmen des Straßenbetriebsdienstes und der hierfür zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die jeweilige Straßenklasse durchgeführt . Eine gesonderte Erfassung der für Ambrosia verwendeten Haushaltsmittel findet nicht statt. Maßnahmen, die durch Externe durchgeführt werden bzw. wurden, haben primär Forschungscharakter, z. B. mit dem Ziel, Bekämpfungsmaßnahmen zu optimieren. Auch ein Monitoring der Pflanzenbestände, eine Evaluierung der Bekämpfungserfolge und das Aufspüren von neuen Einschleppungswegen sind wichtige Bausteine des Aktionsprogramms Ambrosia-Bekämpfung in Bayern. Für das Aktionsprogramm Ambrosia-Bekämpfung wurden in den letzten Jahren jährlich ca. 100.000 € im Rahmen der umweltmedizinischen Forschung eingesetzt. b) Wurden die in den jeweiligen Haushaltsplänen eingestellten Mittel abgerufen? Entfällt, da kein spezieller Haushaltstitel vorhanden. c) Wenn nicht, welche Mittel (bitte Titel angeben) in welcher Höhe wurden nicht abgerufen? Entfällt, s. Antwort auf Frage 8 b.