Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.07.2015 Bergungskostenübernahme Im Juni 2014 wurde ein Höhlenforscher aus Baden-Württemberg bei der Erforschung einer bayerischen Höhle schwer verletzt. Die Bergungskosten in Höhe von ca. Euro 523.700 sollen nun zum größten Teil vom Freistaat Bayern übernommen werden. Ich frage in diesem Zusammenhang die Staatsregierung: 1. Macht es für die Staatsregierung einen Unterschied, ob zu Rettende beruflich, also im Auftrag, unterwegs sind oder in ihrer Freizeit? 2. Ist der Staatsregierung im konkreten Fall bekannt, ob der Gerettete beruflich oder privat in der Höhle unterwegs war? 3. Falls der Gerettete beruflich oder für einen Verein unterwegs war, muss dann nicht die Berufsgenossenschaft, bzw. Haftpflicht, leisten, sprich die Kosten der Rettung tragen? 4. Wenn die unter 3 genannten Versicherer im konkreten und in vergleichbaren Fällen nicht zahlen, tritt dann der Freistaat an ihrer Stelle in Leistung, falls ja, in welcher Höhe in den vergangenen 5 Jahren (bitte je Fall aufschlüsseln )? 5. Bedarf es, um bayerische Höhlen zu erforschen, einer staatlichen Genehmigung, und falls ja, ist die Erteilung einer solchen abhängig vom Nachweis einer entsprechenden Versicherung, die eventuell entstehende Rettungskosten abdeckt? 6. Kann sich jede/-r bayerische Extremsportler/-in darauf verlassen, dass im Rettungsfall die Staatsregierung einspringt und die Kosten übernimmt? 7. Nach welchen Kriterien beurteilt die Staatsregierung, ob Rettungskosten im Einzelfall übernommen werden? 8. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, zukünftig zu verhindern, dass solche, derzeit unkalkulierbaren Kosten von ihr übernommen werden müssen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 01.09.2015 Vorbemerkung: Berg- und Höhlenrettung ist gemäß Art. 2 Abs. 10 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) die Rettung verletzter, erkrankter oder hilfloser Personen aus Gefahrenlagen im Gebirge, im unwegsamen Gelände und in Höhlen, die Beförderung dieser Personen bis zu einer Stelle, die zu deren Übergabe an den Land- oder Luftrettungsdienst geeignet ist, im Ausnahmefall auch bis in eine für die weitere Versorgung geeignete Behandlungseinrichtung, sowie die medizinische Versorgung dieser Personen am Einsatzort und während der Beförderung. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung als Aufgabenträger des öffentlichen Rettungsdienstes (u. a. Berg- und Höhlenrettung) überträgt die Durchführung der Berg- und Höhlenrettung der Bergwacht Bayern im Bayerischen Roten Kreuz oder im Rahmen eines Auswahlverfahrens geeigneten privaten Berg- und Höhlenrettungsunternehmen (Art. 17 BayRDG). Grundsätzlich erheben die Durchführenden des Rettungsdienstes Benutzungsentgelte für ihre Einsätze. Die Bergwacht vereinbart ihre Benutzungsentgelte, die nur sozialversicherungsrechtlich relevante Leistungen umfassen, mit den Sozialversicherungsträgern als Kostenträger des Rettungsdienstes in Bayern (Art. 36 BayRDG). Abgerechnet werden diese über die Zentrale Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst in Bayern mit der Krankenkasse, bei der der Verletzte versichert ist. Gemäß Art. 36 Abs. 3 BayRDG richten sich die Erhebung und die Höhe des Benutzungsentgelts für nicht sozialversicherungsrechtlich relevante Leistungen nach den Vorschriften des Zivilrechts (vor allem Geschäftsführung ohne Auftrag , aber auch eine mögliche Deliktshaftung). Schuldner ist in diesem Fall der Verunglückte. 1. Macht es für die Staatsregierung einen Unterschied , ob zu Rettende beruflich, also im Auftrag, unterwegs sind oder in ihrer Freizeit? Bei der Rettung verletzter, erkrankter oder hilfloser Personen wird kein Unterschied gemacht, ob diese beruflich, also im Auftrag, unterwegs sind oder in ihrer Freizeit. 2. Ist der Staatsregierung im konkreten Fall bekannt, ob der Gerettete beruflich oder privat in der Höhle unterwegs war? Ja, der Staatsregierung ist bekannt, dass der Gerettete privat unterwegs war. 3. Falls der Gerettete beruflich oder für einen Verein unterwegs war, muss dann nicht die Berufsgenossenschaft , bzw. Haftpflicht, leisten, sprich die Kosten der Rettung tragen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.11.2015 17/8005 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8005 Die bei einer Berg- und Höhlenrettung entstehenden Kosten werden nach dem in der Vorbemerkung geschilderten Verfahren abgerechnet. 4. Wenn die unter 3 genannten Versicherer im konkreten und in vergleichbaren Fällen nicht zahlen, tritt dann der Freistaat an ihrer Stelle in Leistung, falls ja, in welcher Höhe in den vergangenen 5 Jahren (bitte je Fall aufschlüsseln)? Nein, der Freistaat tritt nicht an die Stelle von Berufsgenossenschaften oder einer Haftpflichtversicherung. 5. Bedarf es, um bayerische Höhlen zu erforschen, einer staatlichen Genehmigung, und falls ja, ist die Erteilung einer solchen abhängig vom Nachweis einer entsprechenden Versicherung, die eventuell entstehende Rettungskosten abdeckt? Zur Erforschung bayerischer Höhlen bedarf es gemäß Art. 141 Abs. 3 der Verfassung des Freistaates Bayern grundsätzlich keiner Genehmigung. Gemeinden und Landkreise können jedoch gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) zur Verhütung erheblicher Gefahren für Leben oder Gesundheit durch Verordnung das Betreten und Befahren bewohnter oder unbewohnter Grundstücke oder bestimmter Gebiete auf die voraussichtliche Dauer der Gefahr verbieten. Die Gemeinde Bischofswiesen hat am 02.07.2014 eine Verordnung über das Betreten und Befahren der „Riesending -Schachthöhle“ am Untersberg in der Gemeinde Bischofswiesen erlassen. Danach ist das Betreten und Befahren eines festgelegten Gebietes, insbesondere der Einstieg in die Riesending-Schachthöhle und der Aufenthalt in der Riesending-Schachthöhle verboten. Die Gemeinde Bischofswiesen kann, sofern Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht entgegenstehen, auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot zulassen. Ein berechtigtes Interesse (z. B. ein Forschungsauftrag einer Hochschule oder eine entsprechende Bestätigung des fachlichen Interesses durch den Verband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V.) ist nachzuweisen. Bei der Antragstellung sind zwingend ein Nachweis über eine ausreichende Bergungsversicherung sowie eine Eigenauskunft, aus der sich die persönliche und fachliche Eignung und Befähigung des Antragstellers ergibt, vorzulegen. 6. Kann sich jede/-r bayerische Extremsportler/-in darauf verlassen, dass im Rettungsfall die Staatsregierung einspringt und die Kosten übernimmt? Grundsätzlich übernimmt der Freistaat Bayern keine Rettungskosten . Die bei einer Berg- und Höhlenrettung entstehenden Kosten werden nach dem in der Vorbemerkung geschilderten Verfahren abgerechnet. 7. Nach welchen Kriterien beurteilt die Staatsregierung , ob Rettungskosten im Einzelfall übernommen werden? Ob der Freistaat Bayern im Ausnahmefall Rettungskosten als Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (Bayerische Haushaltsordnung – BayHO) übernimmt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. An der Rettungsaktion von Herrn Johann Westhauser aus der Riesending-Schachthöhle am Untersberg waren neben der Bergwacht Bayern und anderen inländischen Einsatzkräften auch Spezialisten aus der Schweiz, Österreich, Italien und Kroatien beteiligt. Die Rettungsaktion hat eine erhebliche öffentliche Resonanz ausgelöst. Die jeweiligen Kostengläubiger hätten mindestens teilweise ihre Forderungen nicht realisieren können. Der Bayerische Landtag hat daher im Einzelplan 03A – Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr für das Haushaltsjahr 2015 einen Haushaltstitel bei Kap. 03 24 Tit. 671 02 mit der Zweckbestimmung „Erstattung von Einsatzkosten für die Höhlenrettung aus der Riesending-Schachthöhle am Untersberg“ in Höhe von 523.700 Euro zur Verfügung gestellt. 8. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, zukünftig zu verhindern, dass solche, derzeit unkalkulierbaren Kosten von ihr übernommen werden müssen? Die Übernahme von Rettungskosten wird allenfalls als Billigkeitsleistung gewährt. Dafür müssen gemäß Art. 53 BayHO besondere Ausgabemittel vom Haushaltsgesetzgeber bewilligt werden. Diese Ausgaben dürfen gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayHO nur zu dem im Haushaltsplan bezeichneten Zweck, soweit und solange er fortdauert, und nur bis zum Ende des Haushaltsjahres geleistet oder in Anspruch genommen werden. Abgesehen von dem unter 7. genannten Haushaltstitel gibt es keine Haushaltstitel, um Rettungskosten übernehmen zu können.