Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 30.07.2015 Führungskräfte des Freistaats und Lobbyismus Ich frage die Staatsregierung: 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung seit 2000 nach ihrer Tätigkeit in der Exekutive in die freie Wirtschaft wechselten bzw. Beratertätigkeiten aufnahmen, die mindestens eine Nähe zu Lobbyismustätigkeiten erkennen ließen, aufgeschlüsselt nach: a) den einzelnen Mitgliedern der Staatsregierung, b) der Art der jeweiligen Tätigkeit und c) der Höhe der dafür bezahlten Vergütung? 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Führungskräfte (ab Besoldungsgruppe A 16 bzw. über Entgeltgruppe EG 15) seit 2000 vor Eintritt der Regelaltersrente ihre Tätigkeit bzw. ihren Dienst beim Freistaat beendeten, aufgeschlüsselt nach: a) der Anzahl entsprechender Führungskräfte in den einzelnen Jahren, den einzelnen Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen und b) dem jeweiligen Grund für das frühzeitige Beenden des Dienstes (gesundheitliche Gründe, Entlassung/Kündigung usw.)? 3. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele dieser unter Nr. 2 genannten ehemaligen Führungskräfte nach Beendigung ihrer Tätigkeit beim Freistaat eine Tätigkeit in der freien Wirtschaft, als Berater bzw. als Vertreter von Lobbyorganisationen aufgenommen haben, aufgeschlüsselt nach: a) den einzelnen Führungskräften und b) der Art der sich anschließenden Tätigkeit? 4. In wie vielen Fällen nutzten in den Legislaturperioden seit 2003 ehemalige Mitglieder des Landtags bzw. ehemalige Mitglieder der Staatsregierung ihre früheren Kontakte, um eigene Anliegen gegenüber Vertreterinnen bzw. Vertretern der einzelnen Ministerien vorzubringen , aufgeschlüsselt nach: a) den einzelnen ehemaligen Mitgliedern des Landtags bzw. der Staatsregierung, b) den Behörden- bzw. Ministeriumsvertretern, mit denen Kontakt gesucht wurde, und c) den Themen dieser jeweiligen Kontaktaufnahmen? 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung für Staaten als Berater o. Ä. tätig wurden oder tätig sind, die keine demokratischen Staaten sind? 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung für Unternehmen tätig waren oder tätig sind, die zur Zeit des jeweiligen Engagements gegen geltende ComplianceRegeln verstoßen haben? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 07.09.2015 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Florian Streibl vom 30. Juli 2015 betreffend Führungskräfte des Freistaats und Lobbyismus wird im Einvernehmen mit den übrigen Staatsministerien und der Staatskanzlei wie folgt beantwortet: 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung seit 2000 nach ihrer Tätigkeit in der Exekutive in die freie Wirtschaft wechselten bzw. Beratertätigkeiten aufnahmen, die mindestens eine Nähe zu Lobbyismustätigkeiten erkennen ließen, aufgeschlüsselt nach: a) den einzelnen Mitgliedern der Staatsregierung, b) der Art der jeweiligen Tätigkeit und c) der Höhe der dafür bezahlten Vergütung? Soweit ehemalige Mitglieder der Staatsregierung Versorgungsbezüge erhalten, müssen diese die Höhe eines Erwerbseinkommens wegen der Möglichkeit der Anrechnung auf die Versorgungsbezüge mitteilen. Aus diesen Informationen lassen sich jedoch nicht die vom Fragesteller erbetenen konkreten Auskünfte erschließen. Abgesehen davon ist eine Klassifizierung von Tätigkeiten als „Beratertätigkeiten“, wie in der Anfrage konkret erbeten , nicht möglich; ebenfalls kann weder bei Tätigkeiten in der freien Wirtschaft noch bei Beratertätigkeiten danach unterschieden werden, ob diese „mindestens eine Nähe zu Lobbyismustätigkeiten“ aufweisen. Es gibt keine Legaldefinition für diese Begriffe, und selbst im allgemeinen Sprachgebrauch werden sie mit unterschiedlichem Sinngehalt verwendet . 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Führungskräfte (ab Besoldungsgruppe A 16 bzw. über Entgeltgruppe EG 15) seit 2000 vor Eintritt der Regelaltersrente ihre Tätigkeit bzw. ihren Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.11.2015 17/8012 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8012 Dienst beim Freistaat beendeten, aufgeschlüsselt nach: a) der Anzahl entsprechender Führungskräfte in den einzelnen Jahren, den einzelnen Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen und b) dem jeweiligen Grund für das frühzeitige Beenden des Dienstes (gesundheitliche Gründe, Entlassung /Kündigung usw.)? Die Zahl der Ruhestandseintritte von Führungskräften seit dem Jahr 2000 ergibt sich aus nachfolgender Übersicht. Ein vorzeitiger Ruhestandseintritt, also vor Erreichen der Regelaltersgrenze , erfolgt entweder auf Antrag (wegen Erreichen der allgemeinen oder besonderen Altersgrenze oder wegen Schwerbehinderung) oder aufgrund Dienstunfähigkeit. Eine Ausweisung der einzelnen Gründe bei den einzelnen Besoldungsgruppen ist aus personalakten- und datenschutzrechtlichen Gründen (kleinteilige Auflistung und damit Rückverfolgbarkeit zu einzelnen Personen) nicht möglich. Aus diesen Gründen wurden auch die einzelnen Besoldungsgruppen nach der entsprechenden Besoldungsordnung zusammengefasst. Die Besoldungsordnungen HS und W können aufgrund sehr kleiner Einzelwerte und der damit verbundenen Rückverfolgbarkeit nicht ausgegeben werden. A16 B2 bis B9 C2 bis C4 R2 bis R8 2000 davon vorzeitig 116 61 123 88 59 29 52 55 2001 davon vorzeitig 73 56 128 69 39 17 45 31 2002 davon vorzeitig 100 38 147 68 41 15 39 26 2003 davon vorzeitig 106 40 125 70 30 6 21 17 2004 davon vorzeitig 123 64 148 82 30 12 25 17 2005 davon vorzeitig 125 61 192 76 9 6 20 14 2006 davon vorzeitig 124 58 187 73 13 8 8 9 2007 davon vorzeitig 112 58 191 65 17 5 15 <5 2008 davon vorzeitig 111 74 204 101 15 8 14 8 2009 davon vorzeitig 114 41 191 78 17 <5 12 9 2010 davon vorzeitig 89 51 156 69 9 9 10 8 2011 davon vorzeitig 109 44 140 60 16 <5 10 6 2012 davon vorzeitig 83 49 124 52 19 7 15 8 2013 davon vorzeitig 90 43 125 65 21 10 13 14 2014 davon vorzeitig 81 42 134 62 21 12 13 5 Weitere Beendigungsgründe für die Dienstverhältnisse sind maschinell nicht auswertbar. In der Bezügedatenbank sind zwar erstmals für das Jahr 2004 die Austritte aus einem aktiven Beschäftigungsverhältnis zum Freistaat Bayern hinterlegt . Allerdings werden hiervon auch Fälle erfasst (u.a. mehrere Zeitverträge, Versetzungen und Übernahme eines Arbeitnehmers in das Beamtenverhältnis), die keine Beendigungen im Sinne der Anfrage sind. Eine belastbare Datenbasis kann daher maschinell nicht gewonnen werden. 3. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele dieser unter Nr. 2 genannten ehemaligen Führungskräfte nach Beendigung ihrer Tätigkeit beim Freistaat eine Tätigkeit in der freien Wirtschaft, als Berater bzw. als Vertreter von Lobbyorganisationen aufgenommen haben, aufgeschlüsselt nach: a) den einzelnen Führungskräften und b) der Art der sich anschließenden Tätigkeit? Die aus dem Dienst zum Freistaat Bayern ausgeschiedenen Beamten müssen ihren früheren Dienstherrn grundsätzlich nicht über die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit informieren . Lediglich in den Fällen, in denen Ruhestandsbeamte mit Versorgungsbezügen eine Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes ausüben, muss die Beschäftigung einschließlich der Art der Tätigkeit angezeigt werden, wenn sie mit der dienstlichen Tätigkeit der letzten fünf Jahre vor Beendigung des Beamtenverhältnisses in Zusammenhang steht und dadurch dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Diese Anzeigepflicht besteht im Regelfall für die Dauer von drei Jahren. In Ausnahmefällen gilt eine Anzeigepflicht für die Dauer von bis zu fünf Jahren. Für darüber hinausgehende Zeiten können den ehemaligen Beamten aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Anzeigepflichten mehr auferlegt werden. Aus den vorgenannten Gründen müssen Ruhestandsbeamte somit in der weit überwiegenden Zahl der Fälle die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht anzeigen. Bei Versorgungsempfängern erhalten die für die Festsetzung der Versorgungsbezüge zuständigen Stellen Informationen über die Ausübung einer Erwerbstätigkeit, soweit dies für die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgung von Bedeutung ist. Diese Auskünfte beziehen sich – wie bei den ehemaligen Mitgliedern der Staatsregierung – auf die Höhe des Erwerbseinkommens und nicht auf die Art der Tätigkeit. Für Beschäftigte, die aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden sind, besteht insoweit generell keine Anzeigepflicht . Gleiches gilt auch für ehemalige Arbeitnehmer. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlöschen grundsätzlich alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Vor diesem Hintergrund kann die Art der Tätigkeiten, die von Beschäftigten nach Beendigung des Beamten- bzw. Arbeitsverhältnisses aufgenommen worden sind, nicht genannt werden. Die Namen der einzelnen Führungskräfte dürfen zudem schon aus personalaktenrechtlichen Gründen nicht bekannt gegeben werden. 4. In wie vielen Fällen nutzten in den Legislaturperioden seit 2003 ehemalige Mitglieder des Landtags bzw. ehemalige Mitglieder der Staatsregierung ihre früheren Kontakte, um eigene Anliegen gegenüber Vertreterinnen bzw. Vertretern der einzelnen Ministerien vorzubringen, aufgeschlüsselt nach: a) den einzelnen ehemaligen Mitgliedern des Landtags bzw. der Staatsregierung, b) den Behörden- bzw. Ministeriumsvertretern, mit denen Kontakt gesucht wurde, und c) den Themen dieser jeweiligen Kontaktaufnahmen? In den Ministerien werden keine gesonderten Aufzeichnungen geführt über ehemalige Mitglieder des Landtags bzw. der Staatsregierung, die dort Anliegen vortragen; derartige „Register“ zu führen wäre ohnehin rechtlich höchst proble- Drucksache 17/8012 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 matisch. Zwar könnten sich aus Einzelvorgängen evtl. derartige Informationen ergeben; eine solche Aktensichtung über den geforderten Zeitraum von 12 Jahren ist personell aber nicht darstellbar. 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung für Staaten als Berater o. Ä. tätig wurden oder tätig sind, die keine demokratischen Staaten sind? Der Staatsregierung liegen insoweit keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen . 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, welche ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung für Unternehmen tätig waren oder tätig sind, die zur Zeit des jeweiligen Engagements gegen geltende Compliance-Regeln verstoßen haben? Auch insoweit liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 1 wird ebenfalls hingewiesen .