Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 29.07.2015 Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit Bei der Kabinettssitzung der Staatsregierung am 20.07.2015 wurde beschlossen, zwei möglichst grenznahe Aufnahmeeinrichtungen ausschließlich für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern sowie aus Albanien, Kosovo und Montenegro mit nur geringer Bleibewahrscheinlichkeit einzurichten . Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Welche Kapazitäten (Belegung, Personal, Größe & Nutzungsfläche) sollen diese Zentren jeweils haben? 1.2 Mit welchen Gesamtkosten kalkuliert die Staatsregierung bei der voraussichtlichen Errichtung dieser Aufnahmeeinrichtungen ? 1.3 Haben diese Zentren dieselben Aufgaben und Funktionen wie Asylerstaufnahmeeinrichtungen, wenn dies nicht der Fall ist, wodurch sollen sich diese Zentren dann von anderen Erstaufnahmeeinrichtungen unterscheiden ? 2.1 Wo und wann genau sollen diese Zentren voraussichtlich entstehen? 2.2 Sind schon entsprechende Grundstücke oder Immobilien gefunden worden oder stehen in Aussicht? 3.1 Sollen Menschen in diesen Zentren ihren Asylantrag stellen, oder sollen Geflüchtete dort Asyl beantragen können, und dort Aufenthalt erhalten, bis deren Asylantrag geprüft ist? 3.2 Wie lange sollen Asylsuchende sich dort hierzu aufhalten können? 4.1 Aus welchen Herkunftsländern sollen Asylsuchende, die in diesen Zentren untergebracht werden, stammen ? 4.2 Wie viel Personal soll dort jeweils für Betreuung, Verwaltung , Asylverfahren, Sicherheit und Sonstiges eingesetzt werden? 5.1 Ist die Einrichtung der Zentren mit der Bundesregierung und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgesprochen worden, und wenn dies der Fall ist, mit welchen Ergebnissen? 5.2 Wie genau ist die Aufnahme- und Registrierungsprozedur in diesen Zentren vorgesehen? 6.1 Werden die Räumlichkeiten dieser geplanten Aufnahmezentren vollständig als völkerrechtliches Gebiet Deutschlands angesehen werden? 6.2 Führt das Betreten von Räumlichkeiten der geplanten Aufnahmezentren durch einen Asylsuchenden in jedem Fall automatisch zu Schutz und Immunität vor Verfolgungen jenseits der Räumlichkeiten der Aufnahmezentren ? 6.3 Welche Sicherheitsmaßnahmen wird die Staatsregierung zur Sicherung dieser Zentren ergreifen? 7. Trifft die Aussage zu, dass die Staatsregierung bei den Landkreisen, die der Errichtung der Zentren zustimmen , die Gesamtkosten, die durch die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden entstehen, trägt, wenn dies der Fall ist, auf welcher gesetzlichen Grundlage geschieht dies dann für diese Sondereinrichtungen ? 8. Wann ist mit der Fertigstellung der jeweiligen bisher geplanten Erstaufnahmeeinrichtungen in den einzelnen Regierungsbezirken zu rechnen, besteht Gefahr, dass deren Fertigstellung sich aus haushaltsrechtlichen oder sonstigen Gründen wegen des geplanten Baus dieser Sondereinrichtungen verzögert? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 14.09.2015 1.1 Welche Kapazitäten (Belegung, Personal, Größe & Nutzungsfläche) sollen diese Zentren jeweils haben ? Als Standorte für die beiden Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit (im folgenden „Aufnahmeeinrichtungen“) wurden die Standorte Max-Immelmann-Kaserne in Ingolstadt sowie das Gelände der ehemaligen US-Kaserne in Bamberg bestimmt. Die Gesamtbelegung wird jeweils eine Größenordnung von rd. 1.500 Menschen erreichen. Für den Betrieb wird Verwaltungspersonal in jeweils dreistelliger Größenordnung vorhanden sein. Die Größe und die Nutzfläche der im Aufbau befindlichen Einrichtungen hängt von der jeweiligen örtlichen Gegebenheit ab und ist Gegenstand der Gespräche mit den Vermietern, sodass zum jetzigen Zeitpunkt keine abschließende Zahl genannt werden kann. 1.2 Mit welchen Gesamtkosten kalkuliert die Staatsregierung bei der voraussichtlichen Errichtung dieser Aufnahmeeinrichtungen? Zum jetzigen Zeitpunkt können keine Angaben über die GeDrucksachen , Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.11.2015 17/8049 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8049 samtkosten getroffen werden, da auf Teilen der jeweiligen Gelände noch weitere Erschließungs- und Umbauarbeiten durchgeführt werden müssen. Zudem haben die Gespräche mit dem Bund über neue kostenfreie Überlassung von Bundesimmobilien erst begonnen. 1.3 Haben diese Zentren dieselben Aufgaben und Funktionen wie Asylerstaufnahmeeinrichtungen, wenn dies nicht der Fall ist, wodurch sollen sich diese Zentren dann von anderen Erstaufnahmeeinrichtungen unterscheiden? Die Aufnahmeeinrichtungen sind reguläre Aufnahmeeinrichtungen im Sinn des § 44 des Asylverfahrensgesetzes. Dadurch, dass alle am Verfahren Beteiligten (inkl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – BAMF und Rechtsantragsstelle ) unter einem Dach versammelt sind, wird eine Beschleunigung der Verfahren erreicht. 2.1 Wo und wann genau sollen diese Zentren voraussichtlich entstehen? Die 1. Aufnahmeeinrichtung entsteht in Ingolstadt und hat am 01.09.2015 den Betrieb aufgenommen. Die 2. Aufnahmeeinrichtung entsteht in Bamberg und hat am 15.09.2015 den Betrieb aufgenommen. 2.2 Sind schon entsprechende Grundstücke oder Immobilien gefunden worden oder stehen in Aussicht ? Siehe Antwort zu Frage 2.1. 3.1 Sollen Menschen in diesen Zentren ihren Asylantrag stellen, oder sollen Geflüchtete dort Asyl beantragen können, und dort Aufenthalt erhalten, bis deren Asylantrag geprüft ist? Es ist geplant, dass gesamte Asylverfahren in den Aufnahmeeinrichtungen durchzuführen. Dazu gehört auch die Stellung des formellen Asylantrages beim BAMF. 3.2 Wie lange sollen Asylsuchende sich dort hierzu aufhalten können? Das bundesgesetzliche Asylverfahrensgesetz sieht eine Höchstdauer des Verbleibens von 3 Monaten vor. Durch die effiziente Bündelung des Verfahrens kann diese Dauer deutlich unterschritten werden. 4.1 Aus welchen Herkunftsländern sollen Asylsuchende , die in diesen Zentren untergebracht werden, stammen? In den Einrichtungen werden Asylbewerber aus Herkunftsländern mit geringer Bleibeperspektive, insbesondere aus sicheren Herkunftsländern, untergebracht werden. 4.2 Wie viel Personal soll dort jeweils für Betreuung, Verwaltung, Asylverfahren, Sicherheit und Sonstiges eingesetzt werden? Siehe Antwort zu Frage 1.1. Eine genaue Aufschlüsselung auf die einzelnen Bereiche liegt noch nicht vor. 5.1 Ist die Einrichtung der Zentren mit der Bundesregierung und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgesprochen worden und wenn dies der Fall ist, mit welchen Ergebnissen? Mit gemeinsamem Beschluss aller Länder und des Bundes auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 13. Juni 2015 wurde ein Aktionsplan zu schnelleren Verfahrensdurchführungen und Aufenthaltsbeendigung von Asylbewerbern mit geringer Bleibeperspektive festgelegt. Dies setzt Bayern mit den Einrichtungen um. 5.2 Wie genau ist die Aufnahme- und Registrierungsprozedur in diesen Zentren vorgesehen? Die Aufnahme und Registrierung erfolgt nach den allgemeinen Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), wie sie für alle Aufnahmeeinrichtungen gelten. 6.1 Werden die Räumlichkeiten dieser geplanten Aufnahmezentren vollständig als völkerrechtliches Gebiet Deutschlands angesehen werden? Die Frage richtet sich an den Bund. 6.2 Führt das Betreten von Räumlichkeiten der geplanten Aufnahmezentren durch einen Asylsuchenden in jedem Fall automatisch zu Schutz und Immunität vor Verfolgungen jenseits der Räumlichkeiten der Aufnahmezentren? Unklar ist, was mit Schutz und Immunität vor „Verfolgungen jenseits der Räumlichkeiten der Aufnahmezentren“ gemeint ist. Außerhalb der durch Verfassungs- oder Bundesrecht vorgesehenen Immunität, z. B. für Abgeordnete, gibt es in den Gesetzen der Bundesrepublik keinen Schutz oder Immunität vor gerechtfertigter Strafverfolgung. In den Einrichtungen gelten die allgemeinen Rechte und Pflichten wie in allen Aufnahmeeinrichtungen nach dem AsylVfG. 6.3 Welche Sicherheitsmaßnahmen wird die Staatsregierung zur Sicherung dieser Zentren ergreifen? Für die Aufnahmeeinrichtungen gelten die gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie in allen Aufnahmeeinrichtungen. Diese werden von Sicherheitspersonal und Polizei vorgenommen . 7. Trifft die Aussage zu, dass die Staatsregierung bei den Landkreisen, die der Errichtung der Zent ren zustimmen, die Gesamtkosten, die durch die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden entstehen, trägt, wenn dies der Fall ist, auf welcher gesetzlichen Grundlage geschieht dies dann für diese Sondereinrichtungen? Der Freistaat Bayern ist gem. § 11 der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) Kostenträger für alle Kosten der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Dies gilt für alle Aufnahmeeinrichtungen und Unterkünfte im Freistaat gleichermaßen . 8. Wann ist mit der Fertigstellung der jeweiligen bisher geplanten Erstaufnahmeeinrichtungen in den einzelnen Regierungsbezirken zu rechnen, besteht Gefahr, dass deren Fertigstellung sich aus haushaltsrechtlichen oder sonstigen Gründen wegen des geplanten Baus dieser Sondereinrichtungen verzögert? Die Gefahr der Verzögerung der Fertigstellung besteht nicht. In allen bayerischen Regierungsbezirken bestehen Erstaufnahmeeinrichtungen . Dort, wo noch keine Außenstelle des BAMF vorhanden ist, als Übergangserstaufnahmeeinrichtungen . Der Freistaat Bayern hat des BAMF gebeten, die Drucksache 17/8049 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 noch ausstehenden Außenstellen das BAMF u. a. in Schwaben , der Oberpfalz sowie Oberfranken schnellstmöglich einzurichten , sodass dort die Asylverfahren auch in den Regionen abgewickelt werden können. Durch die Einrichtung der beiden Erstaufnahmeeinrichtungen entstehen hieraus keine Verzögerungen, wie die Errichtung der neuen Erstaufnahmeeinrichtung Donauwörth neben der Errichtung der Einrichtungen in Ingolstadt und Bamberg zeigt.