Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr SPD vom 07.07.2015 Situation von asylsuchenden Frauen Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Menschen mit einem Asyl-/Flüchtlingshintergrund (abgeschlossene und nicht abgeschlossene Verfahren) leben derzeit in Bayern? b) Wie viele Frauen befinden sich in der vorbezeichneten Gruppe? c) Wie viele der Frauen sind alleinerziehende Mütter? 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse über Gewalt gegen Frauen in Asylunterkünften vor? 3. Wie ist die gesundheitliche Lage unter den Frauen (insbesondere im Hinblick auf Tbc und HIV/AIDS)? 4. Welche speziellen Beratungsangebote gibt es für asylsuchende Frauen? 5. Wie viele Frauen haben auf der Flucht Gewalt erfahren ? 6. Wie viele Frauen befinden sich in psychotherapeutischer oder ähnlicher Beratung oder Behandlung? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 29.09.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet : 1. a) Wie viele Menschen mit einem Asyl-/Flüchtlingshintergrund (abgeschlossene und nicht abgeschlossene Verfahren) leben derzeit in Bayern? Insgesamt befanden sich zum Stand 31.07.2015 81.245 Menschen in Unterkünften, die sich wie folgt aufteilen: – 11634 in Erstaufnahmeeinrichtungen (AE), Regierungsaufnahmestellen (RASt) – 15845 in Gemeinschaftsunterkünften (GU) – 14380 in WOHNUNG (dezentral und privat) – 39386 in Kreisverwaltungsbehörden (KVB) b) Wie viele Frauen befinden sich in der vorbezeichneten Gruppe? Die Anzahl der Frauen unter den zuvor genannten beträgt insgesamt 26004 Personen. – 2.988 in AE, RASt – 5.605 in GU – 5.664 in WOHNUNG (dez. + priv.) – 11.747 in KVB (Stand 31.07.2015) c) Wie viele der Frauen sind alleinerziehende Mütter? Von den genannten Frauen sind 3.223 alleinerziehende Mütter. – 229 in AE, RASt – 768 in GU – 959 in WOHNUNG (dez. + priv.) – 1.267 in KVB (Stand 31.07.2015) 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse über Gewalt gegen Frauen in Asylunterkünften vor? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 1 a der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Pfaffmann und der Abgeordneten Dr. Strohmayr vom 16.04.2015 (Drs. 17/6752) verwiesen. 3. Wie ist die gesundheitliche Lage unter den Frauen (insbesondere im Hinblick auf Tbc und HIV/AIDS)? Untersuchung zum Ausschluss einer Tuberkulose (Tbc) Die Tbc gehört weltweit mit jährlich etwa 9 Mio. Neuerkrankungen und 1,5 Mio. Todesfällen zu den häufigsten meldepflichtigen Infektionserkrankungen bzw. Todesursachen (Therapieerfolg bei ca. 86 %). Nach WHO-Angaben sind ca. 85 % der Tbc-Neuerkrankungen in Asien (56 %) und Afrika (29 %) zu verzeichnen. Einige Hauptherkunftsländer (HHL) der Asylbewerber im Jahr 2015 in Bayern gehören zu diesen Kontinenten (Afghanistan, Nigeria, Somalia). Auf Europa entfallen 4 % aller Tbc-Neuerkrankungen, wobei hier insbesondere osteuropäische Staaten (HHL 2015: Ukraine) betroffen sind. In Bayern wie im übrigen Deutschland lag 2014 die Inzidenz bei 5,51 bzw. 5,56 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Im 1. Halbjahr 2015 wurden für Bayern bisher nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) insgesamt 451 Tbc-Fälle von den Gesundheitsämtern an die IfSGMeldestelle des LGL übermittelt (Datenstand 30.06.2015, SurvNet), davon 123 Fälle von Asylbewerbern (1. Halbjahr 2014: Gesamtzahl 331, davon Asylbewerber 66). 103 der asylbezogenen Tbc-Fälle betrafen Männer und 20 Tbc-Fälle Frauen. Wenn eine Tbc festgestellt wird, wird die Asylbewerberin oder der Asylbewerber darüber vom Gesundheitsamt aufgeklärt und eine Behandlung eingeleitet. Bei einer ansteckungsfähigen offenen Tbc erfolgt diese i. d. R. stationär. Serologische Untersuchung von Asylbewerbern zum Ausschluss einer Infektion mit HIV und Hepatitis-B-Virus (HBV) Die Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten . Weltweit lassen sich drei Regionen mit unterschiedliDrucksachen , Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.11.2015 17/8162 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8162 cher Prävalenz chronischer Hepatitis-B-Infektionen unterscheiden : Gebiete mit hoher (> 8 %), mittlerer (2–8 %) und niedriger (< 2 %) Prävalenz. Deutschland gehört mit einer HBsAg-Prävalenz von weniger als 1 % in der Allgemeinbevölkerung zu den Niedrig-Prävalenzregionen (HBs-Antigen ist ein Oberflächenantigen des HBV). Die HHL 2015 von Asylbewerbern in Bayern zählen zu Regionen mittlerer (Syrien, Afghanistan, Ukraine, Serbien, Irak, Bosnien-Herzegowina ) und hoher Prävalenz (Eritrea, Nigeria, Somalia, Senegal). Im 1. Halbjahr 2015 wurde im Rahmen der serologischen Untersuchung von Asylbewerbern, die das 15. LJ vollendet haben, in 4 % der getesteten Proben HBsAg nachgewiesen . Dieser prozentuale Anteil liegt über die Jahre hinweg konstant in einem Bereich von 3–5 % (2013: 4,99 %, 2014: 3,72 %). Nach Schätzungen der WHO lebten Ende 2012 etwa 35,3 Mio. Menschen weltweit mit einer HIV-Infektion oder AIDS. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen wurde im Jahr 2012 auf 2,3 Mio. Menschen geschätzt. Mehr als 95 % aller HIV-Infizierten leben in Entwicklungsländern, 69 % in Sub-Sahara Afrika . Die HIV-Prävalenz in der bayerischen bzw. deutschen Bevölkerung liegt in den letzten Jahren relativ konstant bei etwa 0,1 %. 0,76 % der im Rahmen von § 62 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) untersuchten Suchteste auf HIV von Asylbewerbern , die das 15. LJ vollendet haben, waren im 1. Halbjahr 2015 reaktiv, bei 0,6 % der Asylbewerber konnte eine HIV-Infektion neu diagnostiziert werden. Der prozentuale Anteil reaktiver HIV-Suchteste zeigt sich über die Jahre hinweg unverändert im Bereich von 0,75–1 % (2013: 0,84 %, 2014: 0,76 %). Der Befund eines HBsAg-Trägerstatus und das Ergebnis der serologischen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion werden dem Asylbewerber durch das Gesundheitsamt zusammen mit einer Aufklärung über Übertragungswege und Behandlungsoptionen mitgeteilt. Häufig bleiben HBV- und HIV-Infektionen wegen inadäquater Gesundheitsversorgungsstrukturen in den Herkunftsländern unerkannt und unbehandelt. Eine Aufgliederung nach männlich und weiblich bei serologischen Untersuchungen liegt der Staatsregierung nicht vor. 4. Welche speziellen Beratungsangebote gibt es für asylsuchende Frauen? In allen Unterkünften wird Asylsozialberatung durch ausgebildetes Fachpersonal angeboten. In der Erstaufnahmeeinrichtung gilt hierfür mittlerweile ein Schlüssel von 1:100. An die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Asylsozialberatung können sich Frauen mit allen Anliegen wenden. In der AE München sind außerdem zwei auf Opferschutz von Frauen spezialisierte Organisationen vor Ort in der Aufnahmeeinrichtung präsent, sodass Frauen hier noch weitere Ansprechpartner neben der Asylsozialberatung haben. Im Rahmen der kurativen ärztlichen Versorgung steht außerdem ein niedrigschwelliges psychologisches Angebot zur Verfügung. Zudem ist in allen Aufnahmeeinrichtungen auch weibliches Wachpersonal vor Ort, um den Schutz der Asylbewerberinnen zu gewährleisten. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 2 b der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Pfaffmann und der Abgeordneten Dr. Strohmayr vom 16.04.2015 (Drs. 17/6752) verwiesen. 5. Wie viele Frauen haben auf der Flucht Gewalt erfahren ? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. 6. Wie viele Frauen befinden sich in psychotherapeutischer oder ähnlicher Beratung oder Behandlung ? Nach Mitteilung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) liegen über die Asylbewerberleistungsstatistik beim Landesamt für Statistik Daten über die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Aufenthaltsstatus und Herkunftsland differenziert vor. 2014 wurden beispielsweise in Bayern für Leistungen nach AsylbLG bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt insgesamt ca. 76 Mio. Euro verausgabt. Darüber hinaus werden die erhobenen Daten jedoch nicht weiter aufgeschlüsselt , sodass keine konkreten Angaben zu Leistungen der Psychotherapie möglich sind.