Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm und Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.12.2013 Umsetzung der Inklusion in bayerischen Kindertagesstätten 1 Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie viele Kinder mit einer (drohenden) Behinderung besuchten in den letzten fünf Jahren eine Regelkindertageseinrichtung in Bayern (bitte aufschlüsseln nach Förderschwerpunkten und Bezirken)? a) Wie viele dieser Kinder mit einer (drohenden) Behinderung gemäß Art. 12 Abs. 1 BayKiBiG besuchten in den letzten fünf Jahren eine integrative Kindertagesstätte nach Art. 2 Abs. 3 BayKiBiG und wie viele dieser Kinder mit einer (drohenden) Behinderung wurden in Einzelintegration betreut (bitte aufschlüsseln nach Förderschwerpunkten und Bezirken)? b) Wie viele Kinder mit einer (drohenden) Behinderung besuchten in den letzten fünf Jahren sonderpädagogische Einrichtungen, wie Schulvorbereitende Einrichtungen oder Heilpädagogische Tagesstätten (bitte aufschlüsseln nach Förderschwerpunkten und Bezirken)? 2. Mit welchen quantitativen und qualitativen Änderungen der personellen Rahmenbedingungen geht die Umsetzung der Inklusion seit 2009 in bayerischen Kindertagesstätten einher? a) In wie vielen und welchen bayerischen Kindertagesstätten werden bereits Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger als Fachkräfte eingesetzt? b) In wie vielen bayerischen Kindertagesstätten wurden im Zuge der Umsetzung der Inklusion bereits multiprofessionelle Teams eingesetzt? 3. Mit welchen baulichen und technischen Änderungen geht die Umsetzung der Inklusion in bayerischen Kindertagestätten seit 2009 einher? a) In wie vielen bayerischen Kindertagestätten ist ein barrierefreier Zugang zu allen Räumlichkeiten, Sanitäranlagen , Spiel- und Außenflächen sichergestellt (bitte integrative Kindertagesstätten separat aufschlüsseln )? b) Werden notwendige Hilfsmittel zeitnah von den zuständigen Kostenträgern bereitgestellt oder gab es auch schon Fälle, wo eine Aufnahme nicht zum vereinbarten Zeitpunkt stattfinden konnte, weil entsprechende technische Hilfsmittel fehlten? 4. Wie wird der Inklusionsauftrag bayerischer Kindertagesstätten konkret in der örtlichen Bedarfsplanung der Gemeinden oder den kommunalen Aktionsplänen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention berücksichtigt ? a) Wie wird ein ausreichendes wohnortnahes Angebot an integrativen Plätzen bzw. integrativen Einrichtungen flächendeckend in Bayern sichergestellt? b) Wie wird der regionale Bedarf erhoben und mit dem Angebot abgeglichen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.02.2014 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm und Kerstin Celina wird im Einvernehmen mit der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Kinder mit einer (drohenden) Behinderung besuchten in den letzten fünf Jahren eine Regelkindertageseinrichtung in Bayern (bitte aufschlüsseln nach Förderschwerpunkten und Bezirken )? Die Zahl der in Bayern betreuten Kinder mit (drohender) Behinderung in einer Kindertageseinrichtung i. S. d. BayKiBiG hat sich seit 2009 mit 5.678 Kindern auf 8.443 Kinder in 2013 erhöht (aktuellere Daten liegen nicht vor). Tabelle 1: Kinder mit (drohender) Behinderung in Kindertageseinrichtungen i. S. d. BayKiBiG Regierungsbezirk 01.01.2009 01.01.2010 01.01.2011 01.01.2012 01.01.2013 Oberbayern 2.322 2.441 2.608 2.546 2.871 Niederbayern 381 424 503 546 649 Oberpfalz 289 371 473 539 616 Oberfranken 473 555 575 668 709 Mittelfranken 738 846 1.102 1.103 1.199 Unterfranken 484 520 615 696 740 Schwaben 991 1.127 1.421 1.524 1.659 Bayern 5.678 6.284 7.297 7.622 8.443 Quelle: StMAS-Statistik, Meldung nach § 47 SGB VIII Eine Darstellung nach Förderschwerpunkten ist nicht möglich , da die Förderschwerpunkte in dieser Statistik nicht erhoben werden. a) Wie viele dieser Kinder mit einer (drohenden) Behinderung gemäß Art. 12 Abs. 1 BayKiBiG besuchten in den letzten fünf Jahren eine integrative Kindertagesstätte nach Art. 2 Abs. 3 BayKiBiG und Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 21.03.2014 17/878 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/878 wie viele dieser Kinder mit (drohender) Behinderung wurden in Einzelintegration betreut (bitte aufschlüsseln nach Förderschwerpunkten und Bezirken ). In Bayern gibt es 935 integrative Kindertageseinrichtungen i. S. d. Art. 2 Abs. 3 BayKiBiG, in denen mindestens drei Kinder mit (drohender) Behinderung betreut werden. Eine Darstellung der Zahl der Kinder nach integrativer Kindertageseinrichtung und Einzelintegration ist mangels Daten nicht möglich. b) Wie viele Kinder mit einer (drohenden) Behinderung besuchten in den letzten fünf Jahren sonderpädagogische Einrichtungen. wie Schulvorbereitenden Einrichtungen oder Heilpädagogische Tagesstätten (bitte aufschlüsseln nach Förderschwerpunkten und Bezirken)? Die Zahl der Kinder in den Schulvorbereitenden Einrichtungen (SVE) stellt sich wie folgt dar. Eine Aufschlüsselung nach Förderschwerpunkten ist mangels Daten nicht möglich . Tabelle 2 Kinder mit (drohender) Behinderung in Schulvorbereitenden Einrichtungen Regierungsbezirk 01.10.2008 01.10.2009 01.10.2010 01.10.2011 01.10.2012 Oberbayern 1.722 1.736 1.719 1.699 1.692 Niederbayern 660 667 662 637 620 Oberpfalz 718 719 692 698 675 Oberfranken 1.032 1.029 991 957 898 Mittelfranken 1.391 1.368 1.370 1.319 1.301 Unterfranken 1.376 1.343 1.318 1.338 1.296 Schwaben 1.397 1.371 1.313 1.239 1.240 Bayern 8.296 8.233 8.065 7.887 7.722 Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung Eine Statistik über die Zahl der Kinder mit Behinderung in heilpädagogischen Einrichtungen in den letzten fünf Jahren liegt nicht vor. Verfügbar ist aber die Zahl der Plätze für Kinder mit Behinderung in Heilpädagogischen Tagesstätten für 2010 und 2012 sortiert nach Regierungsbezirken. Eine Aufschlüsselung nach Förderschwerpunkten ist mangels Erhebung nicht möglich. Tabelle 3: Zahl der Plätze in Heilpädagogischen Tagesstätten für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Bayern Regierungs- bezirk 01.01.2010 01.01.2012 Zahl der Plätze lt. Betriebserlaubnis belegte Plätze Zahl der Plätze lt. Betriebserlaubnis belegte Plätze Schüler Vor- schulbereich Schüler Vorschul - bereich Oberbayern 3.824 3.166 741 3.366 3.097 801 Niederbayern 1.250 1.138 99 1.250 1.138 99 Oberpfalz 1.459 993 363 1.511 1.130 300 Mittelfranken 2.809 2.056 705 2.994 1.902 758 Oberfranken 1.737 1.200 435 1.770 1.157 409 Unterfranken 3.130 2.221 753 3.299 2.335 917 Schwaben 1.581 1.626 235 1.831 1.609 220 Bayern 15.790 12.400 3.331 16.021 12.368 3.504 Quelle: StMAS-Statistik auf Grundlage von § 47 SGB VIII 2. Mit welchen quantitativen und qualitativen Ände- rungen der personellen Rahmenbedingungen geht die Umsetzung der Inklusion seit 2009 in bayerischen Kindertagesstätten einher? Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und als dauerhafter Prozess zu verstehen. Das Bayerische Kinderbildungs - und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) und der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan folgen bereits seit 2005 einem inklusiven Bildungsansatz, indem es die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit Behinderung bzw. mit drohender Behinderung in Kindertageseinrichtungen gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung mit dem Gewichtungsfaktor von 4,5 besonders fördert. Es setzt damit den Gedanken der gleichberechtigten Teilhabe von Kindern mit Behinderung am allgemeinen Bildungssystem um, wie er in Art. 24 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung verankert ist. Nach Art. 21 Abs. 5 BayKiBiG gewähren die Gemeinden den Trägern von Kindertageseinrichtungen bei Aufnahme eines behinderten oder von wesentlicher Behinderung bedrohten Kindes mit Eingliederungshilfeanspruch über den Gewichtungsfaktor 4,5 eine erhöhte Förderung zur Finanzierung des zusätzlichen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsaufwands . Dieser Gewichtungsfaktor gilt sowohl bei Einzelintegration (für ein oder zwei behinderte Kinder in der Einrichtung) als auch für integrative Kindertageseinrichtungen (ab drei behinderten Kindern). Die Zahl der betreuten Kinder mit (drohender) Behinderung in Kindertageseinrichtungen hat sich von 2009 mit 5.678 Kindern auf 8.443 Kinder in 2013 erhöht. In integrativen Kindertageseinrichtungen kann der Gewichtungsfaktor 4,5 im Einvernehmen mit den mitfinanzierenden Gemeinden noch erhöht werden (4,5 + 7), um ein günstigeres Personal-Kind-Verhältnis herzustellen. Der Träger entscheidet über die Verwendung der Fördermittel unter Berücksichtigung der Bildungs- und Erziehungsziele nach Maßgabe des BayKiBiG. Unberührt davon richtet sich der Eingliederungshilfeanspruch eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindes gegen den zuständigen Bezirk als überörtlichen Sozialhilfeträger. Die Bezirke erbringen zur Deckung des individuellen Hilfebedarfs des Kindes Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sozialhilferecht (§§ 53 ff. SGB XII). Hinsichtlich der durch die Bezirke zu erbringenden Eingliederungshilfeleistungen haben sich die Sozialhilfe- und Einrichtungsträger auf die Bayerische Rahmenleistungsvereinbarung für den Leistungstyp „Teilstationäre Angebote zur Tagesbetreuung für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder im Sinne des § 53 SGB XII in Kindertageseinrichtungen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayKiBiG“ verständigt . Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration fördert seit 2012 Weiterbildungsangebote für Heilerziehungspfleger/-innen sowie für Grundschullehrkräfte als Fachkraft in Kindertageseinrichtungen, um die Träger bei der Zusammenstellung multiprofessioneller Teams in den Einrichtungen zu unterstützen. Tabelle 4: Berufsausbildungsabschluss Quelle: KJUH vom 01.03.2013, Landesamt für Statistik Zahl der Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen 01.03.2009 01.03.2013 Dipl.-Sozialpädagogen/-innen (FH) 1.087 1.835 Dipl.-Pädagogen/-innen, Dipl.-Sozialpädagogen /- innen und vergleichbare Abschlüsse (Uni) 597 851 Diplom-Heilpädagogen/-innen (Uni) 78 208 Kindheitspädagogen/-innen - 196 Drucksache 17/878 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Erzieher/-innen 28.981 35.978 Heilerziehungspfleger/-innen, Heilpädagogen/-innen (Fachschule) 336 1.031 Kinderpfleger/-innen 20.748 26.658 Familienpfleger, Assistenten/-innen im Sozialwesen 24 114 Sonstige mit sozialer/sozialpädagogischer Ausbildung 91 77 Gesundheitsdienstberufe 222 383 Sonstige Berufe (Verwaltung, Hilfskräfte u.a.) 4.475 6.133 Insgesamt 56.639 73.464 Im Schwerpunkt werden zwar nach wie vor Erzieher/-innen und Kinderpfleger/-innen beschäftigt, aber auch rund 11.000 Personen mit anderen Professionen werden in den Kindertageseinrichtungen eingesetzt. Beim Vergleich der Jahre 2009 und 2013 ist besonders auffällig, dass die Zahl der DiplomHeilpädagogen /-innen, der Heilpädagogen/-innen und der Heilerziehungspfleger/-innen erheblich gestiegen ist. Im Zuge der Novellierung des BayKiBiG zum 1. Januar 2013 wurden die Bildungs- und Erziehungsziele im Sinne des UN-Teilhabegedankens weiterentwickelt. Die bereits bestehende Pflicht zur Bedarfsplanung von Plätzen für Kinder mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen und Tagespflege wurde nunmehr im Gesetzestext zentral verankert und besonders hervorgehoben. Hierbei wurde auch die Unterscheidung der individuellen Leistung zur Eingliederung und der Förderung von Kindertageseinrichtungen noch deutlicher zum Ausdruck gebracht. Durch eine Modifizierung der Voraussetzungen für die Gewährung des erhöhten Gewichtungsfaktors von 4,5 wurde klargestellt, dass die kindbezogene Förderung nach dem BayKiBiG eine Eingliederungshilfeleistung des Bezirks voraussetzt und diese nicht ersetzt. Mit Erlass des Bayerischen Bildungsfinanzierungsgesetzes wurde nunmehr beschlossen, die Förderung von Kindern mit (drohender) Behinderung in der Kindertagespflege mit den Kindertageseinrichtungen gleichzustellen. Der Gewichtungsfaktor 4,5 für Kinder mit (drohender) Behinderung wird daher künftig auch für eine Betreuung in der Kindertagespflege geleistet. a) In wie vielen und welchen bayerischen Kindertagesstätten werden bereits Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger als Fachkräfte eingesetzt? Die Zahl der Kindertageseinrichtungen, die eine(n) Heilerziehungspfleger/-in beschäftigen, wird nicht erhoben . Laut der Kinder- und Jugendhilfestatistik vom 1. März 2013 waren 1.031 Heilerziehungspfleger/-innen und Heilpädagogen/-innen in den bayerischen Kindertageseinrichtungen beschäftigt (Quelle: Kinder- und Jugendhilfestatistik – KJUH vom 01.03.2013, Landesamt für Statistik, siehe auch Tabelle 4). Eine konkretere Aufschlüsselung nach dem Beruf „Heilerziehungspfleger/-in“ ist nicht vorhanden. b) In wie vielen bayerischen Kindertagesstätten wurden im Zuge der Umsetzung der Inklusion bereits multiprofessionelle Teams eingesetzt? Die Zahl der Kindertageseinrichtungen, die multiprofessionelle Teams einsetzen, wird nicht erhoben (zu den einzelnen Professionen siehe oben Tabelle 3). 3. Mit welchen baulichen und technischen Änderungen geht die Umsetzung der Inklusion in bayerischen Kindertagesstätten einher? Bauvorhaben für Kindertageseinrichtungen sind bereits seit 1982 von den bauordnungsrechtlichen Vorschriften zum barrierefreien Bauen erfasst (Art. 51 Abs. 2 Nr. 3 BayBO i. d. F. der Bek. vom 2. Juli 1982). Aktuell ist das barrierefreie Bauen von Tageseinrichtungen für Kinder in Art. 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBO geregelt. Die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen müssen für die Kinder, die die Einrichtungen besuchen bzw. benutzen, in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sein. Die barrierefreie Gestaltung wird im Detail konkretisiert durch die seit 1. Juli 2013 als Technische Baubestimmung zu beachtende DIN 18040-1 für öffentlich zugängliche Gebäude. Für ältere Bestandsbauten gibt es keine generelle Verpflichtung zur Änderung und Herstellung der Barrierefreiheit im Nachhinein. Allerdings besteht bei Beeinträchtigung der Belange der Behindertengleichstellung von erheblichem Gewicht eine bauaufsichtliche Eingriffsbefugnis im Einzelfall – unter Durchbrechung des Bestandsschutzes – eine entsprechende Anordnung zu erlassen (Art. 48 Abs. 4 Satz 2 BayBO). Im Übrigen ist die (freiwillige) Nachrüstung der Barrierefreiheit durch den Eigentümer in der Regel verfahrensfrei möglich; den Bauaufsichtsbehörden liegen deshalb keine Zahlen darüber vor, wie sich der Baubestand im Hinblick auf die Barrierefreiheit verändert hat. a) In wie vielen bayerischen Kindertagesstätten ist ein barrierefreier Zugang zu allen Räumlichkeiten. Sanitäranlagen. Spiel- und Außenflächen sichergestellt (bitte integrative Kindertagesstätten separat aufschlüsseln)? Es liegen keine Daten über die Zahl der Kindertageseinrichtungen mit barrierefreiem Zugang vor. b) Werden notwendige Hilfsmittel zeitnah von den zuständigen Kostenträgern bereitgestellt oder gab es auch schon Fälle, wo eine Aufnahme nicht zum vereinbarten Zeitpunkt stattfinden konnte, weil entsprechende Hilfsmittel fehlten? Es sind keine Fälle bekannt, bei denen sich die Aufnahme eines Kindes in einer Kindertageseinrichtung wegen fehlender Hilfsmittel verzögert hätte. 4. Wie wird der Inklusionsauftrag bayerischer Kindertagesstätten konkret in der örtlichen Bedarfsplanung der Gemeinden oder den kommunalen Aktionsplänen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention berücksichtigt? Die Kommunen sind für die rechtzeitige Bereitstellung und den Betrieb von Plätzen in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege zuständig (Art. 5 BayKiBiG, Sicherstellungsgebot ). Sie tragen die Planungsverantwortung für die erforderlichen Betreuungsangebote und sind nach Art. 7 BayKiBiG verpflichtet, regelmäßig eine örtliche Bedarfsplanung durchzuführen. Dabei müssen sie auch die Betreuung von Kindern mit (drohender) Behinderung berücksichtigen. Die Bedarfsplanung erfolgt in drei Schritten: 1. die Bestandsfeststellung: Welche Plätze sind in der Ge- meinde gelegen? 2. die Bedürfniserhebung: Was wünschen die Eltern von Kindern mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Gemeinde? 3. die Bedarfsfeststellung: Welche Plätze braucht man, um den Bedürfnissen der Eltern und ihrer Kinder gerecht zu werden? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/878 Die Gemeinden haben bei der Bedarfsplanung auch den Subsidiaritätsgrundsatz (§ 4 SGB VIII, Art. 4 Abs. 3 BayKiBiG ) zu beachten: soweit Kindertageseinrichtungen in gleichermaßen geeigneter Weise wie von einem kommunalen Träger auch von freigemeinnützigen Trägern betrieben werden können, sollen die Gemeinden von eigenen Maßnahmen absehen. Ebenso ist das sogenannte Wunsch- und Wahlrecht der Eltern zu berücksichtigen, wonach Leistungsberechtigte das Recht haben, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen (§ 5 SGB VIII, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayKiBiG). a) Wie wird ein ausreichendes wohnortnahes Angebot an integrativen Plätzen bzw. integrativen Einrichtungen flächendeckend in Bayern sichergestellt ? Im Rahmen der örtlichen Bedarfsplanung müssen die Kommunen sicherstellen, dass ein ausreichendes, wohnortnahes Angebot an integrativen Plätzen bzw. an integrativen Einrichtungen vorhanden ist (siehe Ausführungen oben). Die planerische Gesamtverantwortung tragen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreis, kreisfreie Städte). b) Wie wird der regionale Bedarf erhoben und mit dem Angebot abgeglichen? Das Angebot an Kindertageseinrichtungen und an Tagespflege soll sich letztlich daran ausrichten, was die Eltern und ihre Kinder brauchen. Hierzu muss man die Bedürfnisse der Eltern und ihrer Kinder kennen. Es gibt verschiedene, unterschiedlich geeignete Möglichkeiten , die Bedürfnisse zu ermitteln. Zum einen kommen die Auswertung der Belegung der bestehenden Kindertageseinrichtungen , der Wartelisten oder der erfolglosen Tagespflegevermittlungen in Betracht, zum anderen die Elternbe- fragungen. Ferner können die Daten der Frühförderstellen herangezogen werden. Sinnvoll ist ein Methodenmix, um den Verwaltungsaufwand in Grenzen zu halten und gleichwohl verlässliche Daten zu erhalten. Aus Datenschutzgründen erfolgt die Elternbefragung anonymisiert , gleichwohl müssen konkrete Bedarfe abgefragt werden , um passgenaue Angebote schaffen zu können. Hierzu gehört beispielsweise eine Differenzierung nach: • Altersgruppen (Kinder unter drei Jahren, Kinder ab Voll- endung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung, Schulkinder) • Kindertageseinrichtung oder Tagespflege – andere Betreuungsangebote • Länge der Betreuungszeit (vormittags, nachmittags, etc.) • Art der Trägerschaft (kommunal, konfessionell, AWO, Pa- ritätischer Wohlfahrtsverband, Rotes Kreuz, sonstige) • besondere pädagogische Ausrichtungen (Montessori, Waldorf, Waldkindergärten etc.) • besondere Bedürfnisse der Kinder Auch ist zu beachten, dass andere bestehende Betreuungsformen (wie z. B. SVE, Mittags- und Ganztagsbetreuungsangebote an Schulen, Kinderbetreuung an Mütterzentren, etc.) einen Teil der Bedürfnisse abdecken können. Im Rahmen der Bestandsfeststellung (Schritt 3, siehe oben) muss die Kommune das Angebot mit den Ergebnissen der Elternbefragung vergleichen und prüfen, ob das vorhandene Angebot die Nachfrage deckt oder ob das bestehende Angebot erweitert bzw. ausgebaut werden muss. Die Entscheidung über die Erweiterung des Angebots trifft der Gemeinderat.