Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 11.12.2013 Perspektiven, Schutz und Gefährdung der bayerischen Alpen Die (bayerischen) Alpen sind eine der letzten großen Landschaften in Europa mit unberührter Natur und traditioneller Bewirtschaftung. Zugleich sind sie ein beliebtes touristisches Ziel. Ihr hoher Freizeit und Erholungswert spielt eine wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Wertschöpfung im bayerischen Alpenraum. Die Alpen als Ökosystem sind aber stark gefährdet durch die globale Erwärmung, den immer weiter zunehmenden Personen- und Güterverkehr im Alpenraum und auf den Transitstrecken, durch eine touristische Übernutzung, Flächenverbrauch und Flächenversiegelung und einen Schwund an Artenvielfalt. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viel Hektar landwirtschaftliche Flächen, Wald und nicht wirtschaftlich genutzte Naturflächen wurden in den letzten zehn Jahren in den bayerischen Alpen in Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen überführt? b) Wie viel Hektar Landschaftsschutzgebiete wurden in den letzten Jahren aus dem Schutzstatus (Landschaftsschutz ) herausgenommen? c) Wie viel neue Landschaftsschutzgebiete in Hektar wurden geschaffen? 2. a) Wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung Ausdehnung und derzeitigen Zustand des bayerischen Bergwaldes ? b) Wie viel Hektar wurden in den letzten zehn Jahren gerodet und wie viel Hektar neu gepflanzt? 3. a) Welche konkreten Ziele und Zeitpläne hat die Bayerische Staatsregierung, um den Artenschutz und die Biodiversität in den bayerischen Alpen zu fördern? b) Wie hat sich der Zustand geschützter Tier- und Pflanzenarten in den letzten zehn Jahren im bayerischen Alpenraum an konkreten Beispielen entwickelt? c) Wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung die Entwicklung bzgl. Biotopvernetzung, Biodiversität und Artenschutz in den bayerischen Alpen in den letzten zehn Jahren? 4. a) In welchen FFH-Schutzgebieten oder Naturschutzgebieten wurde der Schutzcharakter ganz oder teilweise aufgehoben? b) In welchen wurden Ausnahmegenehmigungen erteilt und der Zustand verändert? c) Wo wurden Flächen versiegelt und Baugenehmigungen erteilt, auch zum Straßenbau oder zur Erweiterung von Sportstätten und Skipisten? 5. a) Was tut die Bayerische Staatsregierung, um den Tourismus in den bayerischen Alpen, besonders den Wintertourismus , auf den Klimawandel und seine Folgen vorzubereiten? b) Wie fördert die Bayerische Staatsregierung klima- und umweltfreundlichen Tourismus in den bayerischen Alpen ? c) In welchen konkreten Gebieten hält sie den Einsatz von Schneekanonen in Hinblick auf die Jahre 2020, 2030, 2040 und 2050 für sinnvoll? 6. a) Wie hat sich der Verkehr in den letzten zehn Jahren innerhalb des bayerischen Alpenraumes und auf den Transitstrecken durch die bayerischen Alpen entwickelt ? b) Wie viele Almen sind seit 2000 jährlich mit Straßen erschlossen worden, um mit einem Kfz angefahren werden zu können? c) Welche Auswirkungen haben diese quantitativen Veränderungen des Verkehrs auf das Ökosystem Bayerische Alpen? 7. a) Wie fördert die Staatsregierung umweltfreundlichen Verkehr (Schiene und öffentlichen Busverkehr) in und durch den bayerischen Alpenraum? b) Wie hat sich konkret das Schienennetz in den bay- erischen Alpen verändert (Stilllegungen, Einschränkungen wie z. B. keine Elektrifizierung, Langsamfahrstrecken , Eingleisigkeit...)? c) Wie hoch sind die Finanzmittel, die im bayerischen Alpenraum in den Erhalt und Ausbau von Straßen und im Vergleich in den Erhalt und Ausbau von Schienenwegen investiert wurden? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 20.02.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten , des Innern, für Bau und Verkehr sowie für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt beantwortet: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 21.03.2014 17/880 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/880 1. a) Wie viel Hektar landwirtschaftliche Flächen, Wald und nicht wirtschaftlich genutzte Naturflächen wurden in den letzten zehn Jahren in den bayerischen Alpen in Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen überführt? Zum Umfang der Umwandlung von landwirtschaftlichen Flächen und nicht wirtschaftlich genutzter Flächen liegen keine eigenen Zahlen vor. Auf den Flächenverbrauchsbericht (Stand 31.12.2012) wird insoweit verwiesen http:// www.stmuv.bayern.de/umwelt/boden/flaechensparen/verbrauchsbericht .htm. Zur Umwandlung von Wald in Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen liegen im Rahmen der jährlichen Waldflächenbilanz erst seit 2006 auswertbare Daten für die 10 Landkreise mit Alpenanteil vor. Danach wurden von 2006 bis 2012 insgesamt rd. 73,2 ha für Infrastrukturvorhaben und rd. 42,5 ha für Bau und Industrieprojekte gerodet. Da die Erhebung keine Abgrenzung zwischen Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Alpenbereichs vornimmt, stellen diese Werte eine konservative Abschätzung dar. Rodungen in den Jahren 2006–2012 für Waldzugänge Infrastruktur (Verkehr, Lei- tungsbau ) Bau, Indus- trie Landwirt - schaft Bergbau Freizeit, Erholung , Sport Sonstiges Summe Ro- dung Summe Auffors- tung ha ha ha ha ha ha ha ha 73,2 42,5 189,9 15,4 54,9 59,3 435,2 436,5 (Werte für die Landkreise Bad Tölz, Berchtesgadener Land, GarmischPartenkirchen , Lindau, Miesbach, Oberallgäu, Ostallgäu, Rosenheim, Traunstein, Weilheim gerundet) Damit ist die Waldfläche in den bayerischen Alpen keinesfalls weniger geworden. b) Wie viel Hektar Landschaftsschutzgebiete wurden in den letzten Jahren aus dem Schutzstatus (Landschaftsschutz ) herausgenommen? Angaben für die letzten 10 Jahre: Landkreis Oberallgäu: rd. 24 ha Landkreis Miesbach: rd. 67 ha Landkreis Rosenheim: rd. 684 ha Bezirk Oberbayern als Verordnungsgeber landkreisübergreifend in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein: rd. 122 ha c) Wie viel neue Landschaftsschutzgebiete in Hektar wurden geschaffen? In den letzten 10 Jahren: Landkreis Rosenheim: rd. 600 ha 2. a) Wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung Aus- dehnung und derzeitigen Zustand des bayerischen Bergwaldes? Die Waldfläche in den bayerischen Alpen beträgt rund 250.000 ha. Nach der zweiten Bundeswaldinventur (2002) besteht der Wald im bayerischen Hochgebirge zu 70,4 % aus Nadel- und zu 29,6 % aus Laubholz. Die Hauptbaumarten sind Fichte (60,4 %), Buche (17,4 %), Edellaubholz (8,8 %) und Tanne (6,9 %). Der Anteil von Nadel-LaubMischwäldern liegt in den Alpen mit 54 % deutlich über dem Anteil dieses Bestockungstyps außerhalb des Hochgebirges (38 %). Das Durchschnittsalter der Bergwälder liegt nach der Bundeswaldinventur mit 102 Jahren deutlich über dem bayerischen Durchschnitt (79 Jahre). Rund 57 % der Bergwälder sind als Schutzwälder ausgewiesen . Davon erfüllen rund 13.500 Hektar (rund 9 %) aktuell oder in absehbarer Zeit nicht mehr die gewünschten Schutzfunktionen. Gründe hierfür sind häufig Überalterung in Verbindung mit starken Verlichtungen und fehlender Verjüngung aufgrund nicht angepasster Schalenwildbestände, aber auch Waldweide, Windwürfe und Borkenkäferschäden. Auf diesen Flächen führt der Freistaat Bayern Schutzwaldsanierungsmaßnahmen durch. Mit der Bergwaldoffensive setzt der Freistaat Bayern seit 2008 im Privat- und Körperschaftswald neue Akzente zur verstärkten Anpassung der Bergwälder an den Klimawandel. b) Wie viel Hektar wurden in den letzten zehn Jahren gerodet und wie viel Hektar neu gepflanzt? Auf die Antwort zu Frage 1a wird Bezug genommen. Insgesamt wurden in den 10 Alpenlandkreisen von 2006 bis 2012 rd. 435,2 ha Wald – innerhalb und außerhalb des Bergwalds – gerodet. Die Erstaufforstungen betrugen rd. 436,5 ha. Da die Erhebung nicht zwischen Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Alpenbereichs unterscheidet, stellen diese Werte eine konservative Abschätzung dar. Rodungen für landwirtschaftliche Zwecke erfolgen im Bergwald erfahrungsgemäß im Zuge der landeskulturell erwünschten Trennung von Wald und Weide in enger Abstimmung zwischen Landwirtschafts- und Forstverwaltung. 3. a) Welche konkreten Ziele und Zeitpläne hat die Bayerische Staatsregierung, um den Artenschutz und die Biodiversität in den bayerischen Alpen zu fördern ? Die Bayerische Staatsregierung hat sich mit der Bayerischen Biodiversitätsstrategie u. a. folgende Ziele gesetzt, die auch für den Artenschutz und die biologische Vielfalt in den bayerischen Alpen gelten: – Der Rückgang der Vielfalt wild lebender Arten soll bis 2020 gestoppt und der Anteil der vom Aussterben bedrohten und stark gefährdeten Arten deutlich verringert werden. – Bis 2020 sollen in Bayern vorkommende und in ihrem Bestand gefährdete Arten, für deren Erhaltung Bayern eine besondere Verantwortung trägt, überlebensfähige Populationen erreichen und – für mehr als 50 % der Rote-Liste-Arten soll sich die Gefährdungssituation um wenigstens eine Stufe verbessert haben. – Bis 2019 sollen für die Natura-2000-Gebiete im Alpenraum mit der Managementplanung die fachlichen Grundlagen für den Erhalt der Lebensraumtypen und Arten geschaffen werden. Im Rahmen des 2012 gestarteten „Aktionsprogramms bayerische Artenvielfalt“ sind im Alpenraum sechs Projekte begonnen worden, um den Erhalt gefährdeter Arten zu verbessern (Vögel, Tagfalter und Blütenpflanzen auf Almen, endemische Arten sowie Kleine Hufeisennase). Außerdem werden Kernflächen der Artenvielfalt im Alpenraum erfasst. b) Wie hat sich der Zustand geschützter Tier- und Pflanzenarten in den letzten zehn Jahren im bayerischen Alpenraum an konkreten Beispielen entwickelt ? Drucksache 17/880 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 – Die Entwicklung des Gesamtzustands der geschützten Tier- und Pflanzenarten im Alpenraum während der letzten 10 Jahre kann derzeit nicht bilanziert werden. – Für die unter die FFH-Richtlinie fallenden Arten ist nach derzeitigem Kenntnisstand in der alpinen biogeographischen Region und auf die auf Bayern entfallende Fläche während der letzten sechs Jahre eine Verbesserung des Erhaltungszustands in einigen Fällen feststellbar. – Konkrete Beispiele für die Bestandsentwicklung geschützter Tier- und Pflanzenarten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: Art Bestand 2003 bzw. im Berichtszeitraum 2001–2006 Bestand 2013 bzw. im Berichtszeitraum 2007–2012 Kleine Hufeisennase Ca. 120 adulte Weibchen 90–160 adulte Weib- chen Steinadler 45 Revierpaare 42–47 Revierpaare Alpenschneehuhn 300–600 Brutpaare 150–240 Brutpaare Alpensalamander 50.000–100.000 Individuen 50.000–100.000 Individuen Gelbringfalter 21 Vorkommen 50 Vorkommen mit insgesamt 10.000– 50.000 Individuen Sommer-Schraubenstendel (Orchidee) 8 Vorkommen 5–7 Vorkommen mit insgesamt 60–180 Individuen c) Wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung die Entwicklung bzgl. Biotopvernetzung, Biodiversität und Artenschutz in den bayerischen Alpen in den letzten zehn Jahren? Eine umfassende Bewertung ist derzeit nicht möglich (auf die Antworten zu den Fragen 3 a und 3 b wird verwiesen). 4. a) In welchen FFH-Schutzgebieten oder Naturschutzgebieten wurde der Schutzcharakter ganz oder teilweise aufgehoben? Weder FFH- noch Naturschutzgebiete wurden ganz oder teilweise aufgehoben. b) In welchen wurden Ausnahmegenehmigungen erteilt und der Zustand verändert? In Einzelfällen wurden auf der Grundlage der naturschutzrechtlichen Regelungen Ausnahmen oder Befreiungen für Eingriffe in Schutzgebiete erteilt. Eine Übersicht über Anzahl und Details liegt nicht vor. Von der Ermittlung konkreter Zahlen und Daten wurde abgesehen, da der Rechercheaufwand im Rahmen der Beantwortungsfrist nicht zu bewältigen war. c) Wo wurden Flächen versiegelt und Baugenehmigungen erteilt, auch zum Straßenbau oder zur Erweiterung von Sportstätten und Skipisten? Auf die Antworten zu den Fragen 1 a und 4 b wird verwiesen. 5. a) Was tut die Bayerische Staatsregierung, um den Tourismus in den bayerischen Alpen, besonders den Wintertourismus, auf den Klimawandel und seine Folgen vorzubereiten? Der nachhaltige, klimaschonende Tourismus genießt einen hohen Stellenwert im Freistaat Bayern. Die Bayerische Staatsregierung wirkt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten mit vielfältigen Initiativen auf eine klimaschonende und die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigende Tourismusentwicklung in den bayerischen Alpen hin. Beispielhaft seien genannt: – die Bayerische Klima-Anpassungsstrategie (BayKLAS), in deren Rahmen branchenübergreifend und auch speziell für den Tourismussektor Anpassungsmaßnahmen entwickelt wurden, – die Bayerische Nachhaltigkeitsstrategie, die in einem Dialogverfahren mit Bürgern, Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Grundlagen für konkrete Handlungsempfehlungen der Staatsregierung auch für den Tourismussektor geschaffen hat, – das Tourismuspolitische Konzept der Bayerischen Staatsregierung, das Schwerpunkte für eine nachhaltige Tourismusentwicklung in Bayern setzt, sowie – die Alpenkonvention. Der 2013 veröffentlichte IV. Alpenzustandsbericht der Alpenkonvention befasste sich erstmals mit dem nachhaltigen Tourismus in den Alpen. Zur Multiplikation der darin aufgezeigten Lösungsansätze richteten die Wirtschafts- und Umweltministerien des Bundes und des Freistaates Bayern im Juli 2013 den Fachkongress „Nachhaltiger Tourismus – von den Erfahrungen der Alpen profitieren“ aus, der alpenweit ein breites Echo in der Fachöffentlichkeit fand. Mit den genannten Initiativen konnten wichtige Impulse für eine klimaschonende und die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigende Weiterentwicklung des Tourismus in den Alpen gesetzt werden. Als grundsätzliche Prognose bleibt festzuhalten, dass Risiken für den Wintertourismus gleichzeitig Chancen für den Sommertourismus gegenüberstehen (z. B. durch sommerliche Saisonverlängerung sowie Nordverschiebung der Touristenströme, wegen der wegen des Klimawandels zunehmend höheren Sommertemperaturen in den Mittelmeerländern). b) Wie fördert die Bayerische Staatsregierung klima- und umweltfreundlichen Tourismus in den bayerischen Alpen? Die vom Bayerischen Wirtschaftsministerium geförderte Landesmarketingorganisation BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH vermarktet den nachhaltigen Tourismus mit starken Leitangeboten in den Bereichen Natur und Kulinarik (z. B. „Lust auf Natur“, „Genießerland Bayern“). Auch die aktuellen Sommer- und Winterkampagnen rücken die regionalen Stärken und authentischen Bayernerlebnisse in den Fokus und tragen damit zu einem im Vergleich zu Fernreisen klimaschonenden Urlaub im eigenen Land bei. Im Wintermarketing stehen das diversifizierte Angebotsspektrum und die Vielseitigkeit des bayerischen Winters von Skisport über Winterwellness bis hin zu Städtereisen im Winter im Mittelpunkt. Auch die Wirtschaftsförderung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums orientiert sich an Nachhaltigkeitsgesichtspunkten . So können ökologisch nachhaltige Vorhaben im Rahmen der Bayerischen Regionalförderung, die an Innovation und Qualitätsverbesserung ausgerichtet ist, prioritär gefördert werden. Darüber hinaus unterstützt die Bay- erische Staatsregierung den Ausbau der sanften Mobilität im Alpenraum, der auch dem touristischen Reiseverkehr zugute kommt. Beispielhaft genannt sei das Projekt „AlpInfoNet“, in dessen Rahmen ein überregionales Informationssystem für den öffentlichen Nahverkehr im Alpenraum entwickelt wird. Auch im Rahmen der bayerischen Modellregionen für Elektromobilität (z. B. in Garmisch-Partenkirchen) werden touristische sowie Klimaaspekte im Rahmen einzelner Förderprojekte untersucht. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/880 Ein weiteres wirkungsvolles Instrument zur Stärkung des nachhaltigen Tourismus stellen Schutzgebiete dar, insbesondere die vorhandenen Großschutzgebiete wie Nationalparke , Biosphärenreservate und Naturparke. Die Initiative „Naturatlas Bayern Arche“ des Bayerischen Umweltministeriums vernetzt und vermarktet über 50 Schutzgebiete in Bayern, darunter mehrere im Alpenraum. 2013 wurde das Nationalpark - und Umweltbildungszentrum „Haus der Berge“ in Berchtesgaden eröffnet (Investition 19 Mio. €), das sich jetzt schon auch als touristischer Magnet für die Region erweist. Bereits seit 1997 vergibt die Bayerische Staatsregierung im Rahmen des Umweltpaktes Bayern das „Bayerische Umweltsiegel für die Gastgewerbe“ an Hotels und Gaststätten, die besonders umweltfreundlich wirtschaften. Das Umweltsiegel setzt Anreize, das Engagement der Unternehmen im Bereich Umweltschutz zu stärken und weiter auszubauen. Grundlage für die Vergabe des Umweltsiegels ist ein anspruchsvoller Prüfbogen mit Kriterien aus allen umweltrelevanten Bereichen (z. B. Energie und Klima, Abfall, Wasser, Transport und Verkehr). c) In welchen konkreten Gebieten hält sie den Einsatz von Schneekanonen in Hinblick auf die Jahre 2020, 2030, 2040 und 2050 für sinnvoll? Die Möglichkeit einer ausreichenden künstlichen Beschneiung kann für die bayerischen Wintersportgebiete vor dem Hintergrund, dass tiefer liegende Skigebiete in Bayern sich aufgrund des voraussichtlichen Klimawandels langfristig nicht auf ausreichenden Schneeniederschlag verlassen können, mittelfristig und für eine Übergangszeit wichtig sein. Der Einsatz von Schneekanonen kann somit ein Instrument sein, um (klimatische) Anpassungsprozesse im Wintersporttourismus volkswirtschaftlich verträglich zu gestalten. In den Genehmigungsverfahren für Beschneiungsanlagen werden die Belange des Umwelt-, Wasser-, Natur- und Landschaftsschutzes berücksichtigt und geprüft. 6. a) Wie hat sich der Verkehr in den letzten zehn Jahren innerhalb des bayerischen Alpenraumes und auf den Transitstrecken durch die bayerischen Alpen entwickelt? Für die Verkehrsentwicklung auf den Straßen innerhalb des bayerischen Alpenraumes und auf den Transitstrecken durch die bayerischen Alpen wird auf die Ergebnisse der bundesweiten Straßenverkehrszählung (SVZ) und die Daten der Dauerzählstellen verwiesen. Zur Beobachtung der Verkehrsentwicklung und zur Ermittlung der Verkehrsstärken auf dem qualifizierten Straßennetz finden regelmäßig bundesweite Straßenverkehrszählungen (SVZ) – üblicherweise im Fünfjahres-Turnus – statt. Die Zählungen erstrecken sich neben den Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen ) in Bayern auch auf die Staatsstraßen sowie den Großteil der Kreisstraßen. Die letzten drei Zählungen fanden in den Jahren 2000, 2005 und 2010 statt. Bei der Zählung 2010 wurde in Bayern an zirka 9.300 Querschnitten – unter anderem auch im Bereich des bayerischen Alpengebiets – der Verkehr gezählt. Kontinuierlich wird zusätzlich der Verkehr an rund 300 Dauerzählstellen – einige davon liegen im Bereich des bayerischen Alpengebiets – erfasst. Die Ergebnisse der bundesweiten Straßenverkehrszählung (SVZ) und der Dauerzählstellen stehen über das Bayerische Straßeninformationssystem (BAYSIS) – der zentralen Informationsplattform der Bayerischen Straßenbauverwaltung – im Internet zur Verfügung: SVZ: http://www.baysis.bayern.de/content/verkehrsdaten/SVZ bzw. http://www.baysis.bayern.de/content/kartenfenster (BAYSIS-Kartenfenster) Dauerzählstellen: http://www.baysis.bayern.de/content/verkehrsdaten/ dauerzaehlstellen.aspx bzw. http://www.baysis.bayern.de/content/kartenfenster (BAYSIS-Kartenfenster) b) Wie viele Almen sind seit 2000 jährlich mit Straßen erschlossen worden, um mit einem Kfz angefahren werden zu können? Eine nachhaltige und umweltverträgliche Erschließung der Almen und Alpen ist für die Aufrechterhaltung von deren Bewirtschaftung unverzichtbar. Im Zuständigkeitsbereich des Amts für Ländliche Entwicklung (ALE) Oberbayern sind seit 2000 sechs Almen und im Zuständigkeitsbereich des ALE Schwaben elf Alpen erschlossen worden, um die Anfahrt mit einem geeigneten Kraftfahrzeug zu ermöglichen. Der Almund Alpwegebau verfolgt das Ziel, die Erreichbarkeit der Almen und Alpen zur Bewirtschaftung der dortigen Flächen aufrechtzuerhalten und zu erleichtern. Dabei entsprechen Fahrbahnbreite, Trassierung und Ausbaustandard der bedarfsgerechten landwirtschaftlichen Erschließung und nicht den Kriterien einer Straße. Der Wegebau im Alpengebiet ist in Art. 6 Bayerisches Naturschutzgesetz geregelt. c) Welche Auswirkungen haben diese quantitativen Veränderungen des Verkehrs auf das Ökosystem Bayerische Alpen? Über die Auswirkungen liegen der Staatsregierung keine sys- tematisch auswertbaren Aussagen vor. 7. a) Wie fördert die Staatsregierung umweltfreundli- chen Verkehr (Schiene und öffentlichen Busverkehr ) in und durch den bayerischen Alpenraum? Die Förderung des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs (Busverkehr) im Alpenraum entspricht der Praxis in den anderen Räumen des Freistaats. Zur Unterstützung der Landkreise und kreisfreie Städte als Aufgabenträger für den allgemeinen ÖPNV gewährt der Freistaat Bayern diesen Zuweisungen für Zwecke des öffentlichen Personennahverkehrs in Höhe von rund 50 Mio. € im Jahr. Außerdem fördert der Freistaat eine moderne und zunehmend barrierefreie Busflotte im Rahmen der Busförderung bei der Neuanschaffung von Omnibussen im Linienverkehr des ÖPNV mit rd. 30 Mio. € pro Jahr. Übersicht 2012 LKR/ kreisf. Stadt ÖPNV-Zuweisungen an den Landkreis Busförderung an dort ansässige Verkehrs- unternehmen BGL 53.000 135.500 TS 165.000 434.500 RO 190.500 72.500 St Ro. 150.000 223.000 MB 95.000 - TÖL 435.000 - GAP 155.000 - WM 93.500 65.000 OA 558.146 524.662 OAL 225.813 - Drucksache 17/880 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Im Schienenpersonennahverkehr hat die Staatsregierung gerade durch die jüngsten Ausschreibungen erhebliche zusätzliche Verkehrsleistungen in und durch den bayerischen Alpenraum beauftragt. Dies betrifft insbesondere die folgenden Wettbewerbsprojekte: – Elektrisches Netz Rosenheim (München – Rosenheim – Salzburg, München – Rosenheim – Kufstein, München – Holzkirchen – Rosenheim): Erhöhung des Bestellvolumens von vorher ca. 4 Mio. Zugkilometer/Jahr auf ca. 5,2 Mio. Zugkilometer/Jahr – Werdenfelsnetz (München – Garmisch-Partenkirchen – Mittenwald (Seefeld – Innsbruck), Murnau – Oberammergau , München – Kochel): Erhöhung des Angebotes an Zugfahrten um 30 % auf ca. 3,8 Mio. Zugkilometer/Jahr – Oberlandnetz (München – Holzkirchen – Lenggries/Bayrischzell /Tegernsee): Erhöhung des Angebotes um 0,5 Mio. Zugkilometer/Jahr auf ca. 2,3 Mio. Zugkilometer/ Jahr Betriebsaufnahme war jeweils im Dezember 2013, die Zugkilometerzahlen umfassen jeweils das Bestellvolumen in der letzten Betriebsstufe, d. h. nach Fertigstellung geplanter Infrastrukturausbaumaßnahmen . Der Freistaat fördert den Schienenverkehr im bayerischen Alpenraum zusätzlich, indem er Bundesmittel für den Schienenpersonennahverkehr , über deren Verwendung die Deutsche Bahn AG und der Freistaat gemeinsam entscheiden, in die Strecken im Alpenraum lenkt. Wichtigste Maßnahmen in den letzten zehn Jahren waren die Neigetechnik-Ertüchtigung der Bahnlinie Buchloe – Kempten – Lindau sowie der gesamthafte Ausbau der Bahnlinie München – GarmischPartenkirchen – Mittenwald. b) Wie hat sich konkret das Schienennetz in den bayerischen Alpen verändert (Stilllegungen, Einschränkungen wie z. B. keine Elektrifizierung, Langsamfahrstrecken, Eingleisigkeit...)? In den letzten zehn Jahren gab es im Streckennetz in den Bayerischen Alpen keine Stilllegungen, Rückbauten auf ein Streckengleis, Abbauten der Elektrifizierung oder Verringerungen der Streckenhöchstgeschwindigkeit. In diesem Zeitraum konnten aber, teilweise unter Mitfinanzierung des Freistaates, zahlreiche Verbesserungen bei der Eisenbahninfrastruktur im bayerischen Alpenraum erzielt werden: – Anhebung der Streckengeschwindigkeit zwischen Tutzing und Garmisch-Partenkirchen. – Anhebung der Streckengeschwindigkeit und Neigetechnik -Ertüchtigung zwischen Buchloe und Lindau. – Bau einer neuen Illerbrücke bei Fischen im Zuge der Bahnlinie Immenstadt – Oberstdorf, zur Reduzierung des Verklausungsrisikos bei Hochwasser. – Inbetriebnahme der neuen Haltepunkte Heimenkirch (Strecke Kempten – Lindau), Farchant (Strecke München – Garmisch-Partenkirchen), Bad Aibling Kurpark (Strecke Holzkirchen – Rosenheim) und Bibelöd (Strecke Traunstein – Ruhpolding). – Barrierefreier Ausbau der Bahnhöfe Bad Endorf, Bad Kohlgrub, Bad Reichenhall, Bad Reichenhall-Kirchberg, Benediktbeuern, Bichl, Eschenlohe, Fischen, Füssen, Garmisch-Partenkirchen, Kochel, Mittenwald, Murnau, Oberammergau, Oberau, Prien am Chiemsee, Rosenheim , Röthenbach, Ruhpolding, Seeg, Siegsdorf und Unterammergau . c) Wie hoch sind die Finanzmittel, die im bayerischen Alpenraum in den Erhalt und Ausbau von Straßen und im Vergleich in den Erhalt und Ausbau von Schienenwegen investiert wurden? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Vergleichszahlen vor.