Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 14.09.2015 Umsetzung des Projekts „Bayern barrierefrei“ In einem Informationsschreiben des Bayerischen Sozialministeriums vom 11. Dezember 2014 kündigte die Ministerin für den Doppelhaushalt an, über 200 Mio. € in die Barrierefreiheit zu investieren. Davon sollten 97,5 Mio. € für staatliche Gebäude, 60 Mio. € für den ÖPNV, 21 Mio. € für Bahnhöfe und 22 Mio. € für die Barrierefreiheit von Schulen und Kindertageseinrichtungen verwendet werden. Bisher gab es jedoch keine Übersicht, wie die zur Verfügung stehenden Mittel ausgegeben wurden, daher frage ich die Staatsregierung : 1. Wie viele Mittel wurden bereits abgerufen (aufgelistet nach Bereichen und Projekten)? 2. Gibt es bereits Zusagen für weitere Projekte, die aus diesen Mitteln finanziert werden sollen, und wenn ja, in welcher Höhe? 3. Werden im Nachtragshaushalt neue Finanzmittel angemeldet werden, um weitere Projekte finanzieren zu können und wenn ja, in welcher Höhe? 4. Geht die Staatsregierung davon aus, dass, bei dem derzeitigen Mitteleinsatz und der daraus resultierenden Umsetzungsgeschwindigkeit der einzelnen Bauprojekte, das ausgegebene Ziel, Bayern bis 2023 barrierefrei zu machen , erreicht werden kann? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 22.10.2015 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein wird in Abstimmung mit der Staatskanzlei und allen Ressorts wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Mittel wurden bereits abgerufen (aufgelistet nach Bereichen und Projekten)? Die Staatsregierung bringt im Rahmen des Programms „Bayern barrierefrei“ zunächst die Barrierefreiheit auf drei prioritären Handlungsfeldern voran: – Mobilität, – Bildung und – staatliche Gebäude, die öffentlich zugänglich sind. Das Programm „Bayern barrierefrei“ braucht eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Die prioritären Handlungsfelder werden daher durch flankierende Maßnahmen begleitet. 1.1. Handlungsfeld „Mobilität“ ÖPNV Im Bereich der Linienbusförderung liegen für 2015 so viele Förderanträge vor, dass die zur Verfügung stehenden 30 Millionen Euro vollständig verausgabt werden können. Damit konnten dann gut 400 Linienbusse gefördert werden. Die Förderbescheide sind ab April an die Fördernehmer gegangen . Aufgrund der sechsmonatigen Lieferzeit der Busse wurden von den Fördernehmern bisher kaum Fördergelder angefordert. Angaben zum derzeitigen Ausgabestand können daher nicht gemacht werden. Bahnhöfe Zum Stand 30.09.2015 wurden 12.774.389 € ausbezahlt und damit die Planungen bzw. Arbeiten für den barrierefreien Ausbau von 11 Bahnhöfen begonnen. Bis Ende 2015 erwarten wir einen Ausgabestand von rd. 17,7 Millionen Euro. Von diesen Mitteln werden dann 24 Bahnhöfe profitiert haben . 1.2. Handlungsfeld „Bildung“ Sachaufwandsträger für öffentliche Schulen und Kindertageseinrichtungen sind die Kommunen. Diese werden vom Freistaat bei der Durchführung von Baumaßnahmen mit gezielten Projektförderungen nach Art. 10 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) unterstützt. Notwendige Baumaßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit sind dabei bereits seit vielen Jahren im Rahmen der Kostenrichtwerte förderfähig. Die angemessene bauliche Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung oder Mobilitätseinschränkung , der Barrierefreiheit sowie der Inklusion wurde zudem im Zuge der Novellierung der Zuweisungs- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.12.2015 17/8852 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8852 richtlinie FAZR ab 2015 ausdrücklich als Förderkriterium benannt. Für die Barrierefreiheit bzw. Inklusion stehen im prioritären Handlungsfeld Bildung im Doppelhaushalt 2015/2016 jährlich 11 Mio. Euro für den Art. 10 FAG zur Verfügung. Statistische Auswertungen über Baufortschritt/Abschluss/ Abrechnung der jeweiligen Maßnahmen sind nicht erfolgt. Hinsichtlich der Förderung von privaten Schulbauten gibt es keine Übersicht der einzelnen Maßnahmen zur Barrierefreiheit , da solche Maßnahmen häufig Teil von größeren Baumaßnahmen sind. Eine exakte finanzielle Zuordnung ist insofern regelmäßig nicht möglich. 1.3. Handlungsfeld „staatliche Liegenschaften, die öffentlich zugänglich sind“ Im Handlungsfeld „Staatliche Gebäude, die öffentlich zugänglich sind“ stehen den Ressorts im Programm „Bayern barrierefrei“ im Doppelhaushalt 2015/16 für Investitionen in die Barrierefreiheit von Neubauten und großen Sanierungsmaßnahmen 40 Mio. € zur Verfügung. Für zusätzliche Investitionen in die Barrierefreiheit im Bestand (z. B. Gerichte, Museen, Hochschulen, Polizei) belaufen sich die zur Verfügung stehenden Mittel im Doppelhaushalt 2015/16 auf insgesamt 57,5 Mio. € (davon 29 Mio. € als Verpflichtungsermächtigungen). Die Priorisierung dieser Maßnahmen obliegt dabei den Ressorts. Zum Stand Mitte 2015 wurden von den Ressorts bereits über 480 bauliche Maßnahmen im Liegenschaftsbestand zur Umsetzung durch die Bauverwaltung initiiert. Diese Maßnahmen (barrierefreie Zugänglichkeit und barrierefreier Sanitärraum) sind in 15 öffentlich zugänglichen staatlichen Gebäuden bereits abgeschlossen. Im Jahr 2015 sollen insgesamt ca. 320 Maßnahmen baulich fertiggestellt werden, im Jahr 2016 ca. 140 Maßnahmen. 1.4. Flankierende Maßnahmen Ausbau und Ergänzung des bestehenden Beratungsangebots der Beratungsstellen „Barrierefreies Bauen“ der Bayerischen Architektenkammer Als starke Partnerin des Programms „Bayern barrierefrei“ wird die Bayerische Architektenkammer die Anzahl der Beratungsstellen mindestens verdoppeln (von acht auf mindestens 16) und ihr Leistungsspektrum stufenweise in ganz Bayern weiter ausbauen. Ein entsprechendes Konzept wurde in Abstimmung mit dem Sozialministerium und unter Einbindung der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung erstellt. Die Beratungsstellen werden als zentrale Anlaufstellen über den Baubereich hinaus eine umfassende Beratung anbieten : von der Beratungsstelle „Barrierefreies Bauen“ hin zur Beratungsstelle „Barrierefreiheit“. Hierfür hat die Bayerische Architektenkammer für das Jahr 2015 einen Förderbescheid in Höhe von 361.473 € erhalten . Bei einzelnen Handlungsfeldern bedarf es ergänzender Beratungsleistungen durch Kooperationspartner oder externe Experten. So konnte z. B. für die Bereiche Digitale Medien und Leichte Sprache als Kooperationspartnerin die Stiftung Pfennigparade mit ihrer Tochtergesellschaft VuB (Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft für Behindertenwerkstätten mbH) gewonnen werden. Die Stiftung Pfennigparade hat hierfür für das Jahr 2015 einen Förderbescheid in Höhe von 60.240 € erhalten. Aufbau einer breit angelegten Öffentlichkeitskampagne sowie Aufbau eines Informationsportals zur Barrierefreiheit im Internet Das Sozialministerium bereitet in Kooperation mit einer Kommunikationsagentur eine breit angelegte Öffentlichkeitskampagne zur Bewusstseinsbildung vor. Erste Maßnahmen werden auf der ConSozial in Nürnberg am 21./22. Oktober 2015 präsentiert. Wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitskampagne ist der Aufbau eines zentralen Informationsportals im Internet. Dieses wird vom Sozialministerium in Zusammenarbeit mit allen Ressorts und einer beauftragten Kommunikationsagentur unter Einbindung der Behindertenbeauftragten und des Landesbehindertenbeirats sowie der kommunalen Behindertenbeauftragten erstellt. Zielrichtung des Portals wird im Wesentlichen die Bewusstseinsbildung sowie die Aktivierung aller gesellschaftlichen Akteure sein. Für diese Maßnahmen wurden bislang 72.824,32 € verausgabt . Einführung des bundesweiten Kennzeichnungssystems „Reisen für Alle” in Bayern Für das Tourismusprojekt „Reisen für Alle in Bayern“ ist eine Anschubfinanzierung im Doppelhaushalt 2015/2016 bei Kap. 07 04 Tit. 686 78 in Höhe von 250.000 € vorgesehen. Bei dem Projekt handelt es sich um ein bundesweit einheitliches Kennzeichnungssystem, das barrierefreie Angebote und Dienstleistungen entlang der gesamten touristischen Servicekette kennzeichnet. Mittels der Anschubfinanzierung seitens des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie ist beabsichtigt, Schulungskosten für die ersten vier Erheber zu übernehmen, touristische Leistungsträger für die Zertifizierung zu sensibilisieren sowie Anreize für eine sukzessive Anschließung der Tourismusbetriebe zu setzen. Der Start des Kennzeichnungsprojektes „Reisen für Alle“ erfolgte am 15. Juli 2015. Die Ausschreibungen und Schulungen sind angelaufen, ein nennenswerter Mittelabruf ist erst in den nächsten Monaten zu erwarten. 2. Gibt es bereits Zusagen für weitere Projekte, die aus diesen Mitteln finanziert werden sollen, und wenn ja, in welcher Höhe? Zusagen für weitere Projekte wurden nicht erteilt, es befinden sich jedoch zahlreiche Projekte in der Vorbereitungsbzw . Planungsphase. 3. Werden im Nachtragshaushalt neue Finanzmittel angemeldet werden, um weitere Projekte finanzieren zu können, und wenn ja, in welcher Höhe? Der Regierungsentwurf des Nachtragshaushalts 2016 sieht keine weitere Aufstockung der Haushaltsansätze für „Bayern barrierefrei“ vor. 4. Geht die Staatsregierung davon aus, dass, bei dem derzeitigen Mitteleinsatz und der daraus resultierenden Umsetzungsgeschwindigkeit der einzelnen Bauprojekte , das ausgegebene Ziel, Bayern bis 2023 barrierefrei zu machen, erreicht werden kann? Ja.