Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 05.10.2015 Geothermieprojekt Schnaitsee Gattenham Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens? Welche Nebenbestimmungen des Hauptbetriebsplans vom 04.09.15 sind bereits erfüllt und nachgewiesen und welche stehen noch aus? 2. Wie groß sind maximal die hydraulischen Auswirkungen der Bohrung und wie könnten sich diese äußern? Was unterscheidet die Vorgehensweise im Projekt Schnaitsee von „Fracking“? 3. Sind durch dieses Projekt Trinkwasserbrunnen gefährdet, und wenn ja, wodurch konkret, und wie werden diese geschützt ? 4. Inwieweit ist in diesem Bereich das Grundwasser gefährdet und wie wird dieses geschützt? 5. Ist die Abwasserentsorgung über die Kläranlage Schnaitsee möglich, und wenn nein, was ist die Alternative? 6. Welche Arten sind nach der artenschutzrechtlichen Prüfung vorzufinden, welche davon sind auf der Roten Liste und wie wird sichergestellt, dass es durch das Projekt zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen kommt? 7. In welchem Radius um die Bohrstelle ist mit Beeinträchtigungen durch Lärm zu rechnen und wie wird die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte sichergestellt? 8. Wie viele Aufsuchungsgenehmigungen wurden in Bayern von Kommunen, kommunalen Unternehmen oder privaten Investoren in den letzten 10 Jahren beantragt und wie viele Genehmigungen nach dem BayBergrecht wurden erteilt? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 29.10.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. Wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens? Welche Nebenbestimmungen des Hauptbetriebsplans vom 04.09.15 sind bereits erfüllt und nachgewiesen und welche stehen noch aus? Der Hauptbetriebsplan „Triplette Gattenham“ für die Herrichtung des Bohrplatzes und das Abteufen der Explorationsbohrungen GT1, GT2 und GT3 wurde von der Regierung von Oberbayern, Bergamt Südbayern mit Bescheid vom 04.09.2015 zugelassen. Die Zulassung des Hauptbetriebsplanes kann derzeit auf der Internetseite des Bergamtes Südbayern unter „abgeschlossene Verfahren“ eingesehen werden. Mit den Arbeiten gemäß Hauptbetriebsplan zur Herrichtung des Bohrplatzes wurde bisher noch nicht begonnen , die Erfüllung von Nebenbestimmungen des Hauptbetriebsplanes war daher bisher noch nicht notwendig. Vorbereitende Arbeiten zur Geländeanpassung (Geländeplanie ) für den Kraftwerks- und Bohrplatzbau wurden in einem separaten Verfahren durch das Landratsamt Traunstein mittels Abgrabungsgenehmigung zugelassen. 2. Wie groß sind maximal die hydraulischen Auswirkungen der Bohrung und wie könnten sich diese äußern? Was unterscheidet die Vorgehensweise im Projekt Schnaitsee von „Fracking“? Aus der Erkundungsbohrung ergeben sich keine hydraulischen Auswirkungen. Diese entstehen erst infolge der Testarbeiten bei Förderung bzw. Reinjektion des Thermalwassers und – soweit fündig – in der Betriebsphase. Nach den vorliegenden Erfahrungen kommt es hierbei jedoch nicht zu Beeinträchtigungen des Betriebes von Nachbarprojekten . Auswirkungen auf darüberliegende Grundwasserstockwerke im Tertiär oder Quartär ergeben sich nicht. Die Vorgehensweise im Projekt Schnaitsee und in anderen hydrothermalen Geothermieprojekten Bayerns unterscheidet sich grundlegend von „Fracking“. Beim „Fracking“ werden in schlecht bis gar nicht durchlässigen Gesteinsschichten mit hohem Flüssigkeitsdruck künstliche Risse erzeugt und mit Stützmitteln offen gehalten, um Wegsamkeiten für Fluide, Öl oder Gas zu schaffen. Das bayerische Molassebecken verfügt über eine gut durchlässige Kalksteinschicht (Malmkarbonate) als Thermalwasserreservoir, in der ausgeprägte natürliche Wegsamkeiten für die Förderung und Reinjektion von Thermalwasser vorhanden sind. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.12.2015 17/8856 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8856 3. Sind durch dieses Projekt Trinkwasserbrunnen gefährdet , und wenn ja, wodurch konkret, und wie werden diese geschützt? Trinkwassergewinnungsanlagen werden durch die Bohrung nicht gefährdet. Die nächste Trinkwassergewinnungsanlage „Sandgrub Brunnen 3“ liegt ca. 2 km und die Brunnen „Harpfing 1 und 2“ liegen ca. 3 km vom Bohrplatz entfernt. Mittels Nebenbestimmungen zur Einbindung des Standrohres in den Tonmergel der oberen Süßwassermolasse und die durchgehende Zementation der Verrohrung bis ins Purbeck können Wegigkeiten entlang der Bohrung, die verschiedene Grundwasserhorizonte verbinden könnten, ausgeschlossen werden. Eine Beeinträchtigung der zur Trinkwasserversorgung genutzten Grundwasserhorizonte wird so wirksam verhindert. 4. Inwieweit ist in diesem Bereich das Grundwasser gefährdet und wie wird dieses geschützt? Eine Grundwassergefährdung ist durch den Ausbau der Bohrung und das gewählte Bohrverfahren ausgeschlossen. Wie unter Frage 3 dargestellt, werden die Standrohre der Bohrungen bis in die grundwasserstauenden Schichten eingebunden. Durch die Borlochkonstruktion bei Tiefbohrungen (Barrieren aus Stahlrohr und Zementmantel) wird eine Abdichtung der Bohrung zu anderen Formationen und Grundwasserhorizonten gewährleistet. 5. Ist die Abwasserentsorgung über die Kläranlage Schnaitsee möglich, und wenn nein, was ist die Alternative ? Mit dem von der Regierung von Oberbayern, Bergamt Südbayern zugelassenen Hauptbetriebsplan sind bezüglich der Entsorgung der verschiedenen, am Bohrplatz Gattenham zu erwartenden Abwässer keine abschließenden Ableitwege festgelegt. Hierfür sind jeweils vor Baubeginn bzw. vor den Pumpversuchen die erforderlichen wasserrechtlichen Anträge zu stellen bzw. entsprechende Nachweise für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung vorzulegen. In diesem noch anstehenden Verfahren ist zu prüfen und zu entscheiden , welche Ableitwege (Kläranalage, gemeindlicher Kanal, alternativer Entsorgungsweg) für die unterschiedlichen Abwässer (Niederschlagswasser aus dem inneren bzw. äußeren Bohrplatzbereich, Sanitärabwasser, Thermalabwasser aus den Pumpversuchen) möglich und umsetzbar sind. Für die Entsorgung in die Kläranlage ist die Zustimmung des Kläranlagenbetreibers, für die Entsorgung in den Kanal die Zustimmung der Gemeinde erforderlich. 6. Welche Arten sind nach der artenschutzrechtlichen Prüfung vorzufinden, welche davon sind auf der Roten Liste und wie wird sichergestellt, dass es durch das Projekt zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen kommt? Die artenschutzrechtliche Prüfung hat im Projektgebiet folgende Arten festgestellt, für die Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden können: Laubfrosch, Knäckente und Krickente. Der Status dieser Arten auf der Roten Liste (RL) der gefährdeten Tiere und Gefäßpflanzen Bayerns von 2005 ist: – Laubfrosch RL Kategorie 2 (stark gefährdet) – Knäckente RL Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) – Krickente RL Kategorie 2 Durch die umfassenden Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minimierung wird sichergestellt, dass es durch das Projekt zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen der genannten Arten kommt. 7. In welchem Radius um die Bohrstelle ist mit Beeinträchtigungen durch Lärm zu rechnen und wie wird die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte sichergestellt ? Nach dem mit dem Antrag auf Zulassung des Hauptbetriebsplanes vorgelegten Schallschutzgutachten sind keine Beeinträchtigungen der ca. 400 m entfernten Wohnbebauung zu erwarten. Durch die Regierung von Oberbayern, Bergamt Südbayern wurde festgelegt, dass innerhalb von maximal 14 Tagen nach Bohrbeginn durch einen unabhängigen Sachverständigen eine Schallmessung am maßgeblichen Immissionsort im Einwirkbereich der Anlage zu veranlassen ist. Der Beurteilungspegel der von allen betrieblichen Anlagen ausgehenden Geräusche darf an jeweiligen nächstgelegenen Immissionsorten weder allein noch in der Summenwirkung den nach der TA Lärm festgelegten maximalen Schallpegel überschreiten. 8. Wie viele Aufsuchungsgenehmigungen wurden in Bayern von Kommunen, kommunalen Unternehmen oder privaten Investoren in den letzten 10 Jahren beantragt und wie viele Genehmigungen nach dem Bay- Bergrecht wurden erteilt? Genehmigungen im Bergrecht werden nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes erteilt. Die bergamtliche Statistik erfasst zum einen den Stand der in den letzten 10 Jahren seit Oktober 2005 beantragten, erteilten und bisher nicht erloschenen Erlaubnisfelder für die Aufsuchung von Erdwärme und zum anderen die Bohranträge . Insgesamt handelt es sich hierbei um 23 Erlaubnisfelder, von denen 2 an Kommunen, 7 an kommunale Unternehmen und 14 an private Investoren erteilt wurden. Zusammen mit den vor Oktober 2005 erteilten Erlaubnisfeldern wurden in den letzten 10 Jahren in 28 Feldern Aufsuchungsbohrungen beantragt. In 26 Erlaubnisfeldern wurden die beantragten Aufsuchungsbohrungen zugelassen, in 2 Feldern befinden sich die Bohranträge noch im Genehmigungsverfahren. Projektträger für Bohrungen waren in 13 Feldern kommunale Unternehmen, in 15 Feldern private Investoren. Bisher sind in den letzten 10 Jahren 41 Tiefbohrungen für Geothermie niedergebracht worden.