Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Jürgen Mistol BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.09.2015 Neue Erkenntnisse der Projektgruppe „Rüstungsaltlast Hainsacker“ In einer Pressemitteilung vom 28. September 2015 informiert das Landratsamt Regensburg über eine erhöhte Gefahreneinschätzung im Zusammenhang mit im Boden lagernden Kampfmitteln auf dem Gelände des ehemaligen Sprengplatzes bei Hainsacker (Markt Lappersdorf). Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie schätzt die Staatsregierung auf Grundlage der jüngsten Erkenntnisse durch die Projektgruppe „Rüstungsaltlast Hainsacker“ das Gefahrenpotenzial durch im Boden verbleibende Kampfmittel ein? a) Wie akut und konkret ist die Gefahr einer Explosion? b) Welchen räumlichen Umkreis betrifft die Gefahr einer Explosion? 2. Ist eine Kampfmittelräumung nach Ansicht der Staatsregierung notwendig? a) Wer wäre für eine Kampfmittelräumung zuständig? b) Wer trägt im Bedarfsfall die Kosten einer Kampfmittelräumung ? 3. Wie sieht die Staatsregierung auf Grundlage der neuen Erkenntnisse den Sanierungsbedarf des ehemaligen Sprenggeländes bei Hainsacker? a) Wie schätzt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Kosten einer möglichen Sanierung ein? b) Über welchen Bereich würde sich eine erforderliche Sanierung konkret erstrecken? 4. Welche sicherheitsrechtlichen Konsequenzen sieht die Staatsregierung über das bereits vom Landratsamt verfügte Aufstellen von Warnschildern hinaus als erforderlich an? 5. Wie positioniert sich die Staatsregierung hinsichtlich der Empfehlung des für Fragen der Kampfmittelräumung zuständigen Vertreters der Regierung der Oberpfalz , eine Fachfirma mit der Erstellung einer Gefährdungsabschätzung zu beauftragen? 6. Wann wäre frühestens mit den Ergebnissen eines dahin gehenden Gutachtens zu rechnen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.10.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: Die Anfrage bezieht sich auf eine Pressemitteilung des Landratsamtes Regensburg vom 28. September 2015 bezüglich des ehemaligen Sprengplatzes Hainsacker (Markt Lappersdorf), der als Verdachtsstandort im bayerischen Altlastenkataster bereits Gegenstand bodenschutzrechtlich veranlasster Untersuchungen ist. Über die jüngste Sitzung der vor Ort mit der Aufarbeitung dieser Altlast betrauten Projektgruppe wurde in der Pressemitteilung dahin gehend berichtet, dass der Vertreter eines mit Rüstungsaltlasten und Kampfmittelräumung befassten Ingenieurbüros zu bedenken gegeben habe, bei den noch im Boden befindlichen Kampfmitteln verstärke sich bedingt durch mittlerweile Jahrzehnte andauernde Zersetzungsprozesse zunehmend die Wahrscheinlichkeit, dass auch geringe äußere Einwirkungen Folgen haben könnten, nach seiner Einschätzung etwa dann, wenn Forstarbeiten durchgeführt würden oder es zu starken Erschütterungen komme. In der Pressemitteilung wird auch darüber informiert, das staatliche Forstamt habe für den von ihm verwalteten Teil der Waldflächen die Forstarbeiten vorerst ausgesetzt. Es habe auch eine gemeinsame Besprechung vom Landratsamt Regensburg und Markt Lappersdorf mit der Regierung der Oberpfalz stattgefunden, bei der es insbesondere um die Beauftragung einer Gefährdungsabschätzung ging, inwieweit und in welchem räumlichen Umgriff mit Gefahren für die öffentliche Sicherheit gerechnet werden müsse, die gegebenenfalls erforderliche sicherheitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gestützt auf Art. 26 des Bayer. Landesstraf- und Verordnungsgesetzes könnte vom Markt Lappersdorf etwa das Betreten des Gefährdungsbereichs untersagt werden. Dass das Landratsamt in der Pressemitteilung schon „über eine erhöhte Gefahreneinschätzung im Zusammenhang mit im Boden lagernden Kampfmitteln“ informiert habe, wie dies eingangs der Schriftlichen Anfrage formuliert wurde, ist nicht zutreffend. Für eine Gefahreneinschätzung des ehemaligen Sprengplatzes Hainsacker auch als substanzielle Grundlage für sicherheitsrechtliche Entscheidungen sind die in der Projektgruppe geäußerten Bedenken über den Zustand von Kampfmitteln alleine nicht hinreichend, vielmehr sind hierzu noch entsprechende kampfmittelbezogene Untersuchungen und Bewertungen erforderlich. Einschlägige Aussagen zum Umgang mit Kampfmitteln und den daraus resultierenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit enthält die Bekanntmachung „Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel“ des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 15. April 2010, AllMBl Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.12.2015 17/8890 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8890 S. 136. Entsprechende Ausführungen sind in die Antworten auf die jeweiligen einzelnen Fragen einbezogen. 1. Wie schätzt die Staatsregierung auf Grundlage der jüngsten Erkenntnisse durch die Projektgruppe „Rüstungsaltlast Hainsacker“ das Gefahrenpotenzial durch im Boden verbleibende Kampfmittel ein? Kampfmittel sind zur Kriegsführung bestimmte Gegenstände , die entsprechend dieser Zweckbestimmung ein erhebliches Gefährdungspotenzial aufweisen können. Jeder unsachgemäße Umgang mit solchen Gegenständen birgt ein erhebliches Risiko. Aufgefundene Kampfmittel sind daher stets als konkrete und unmittelbar zu beseitigende Gefahr anzusehen. Bei möglicherweise kampfmittelbelasteten Grundstücken, bei denen sich noch Kampfmittel im Boden befinden können, sind insbesondere im Hinblick auf Bodeneingriffe und die damit verbundenen Risiken entsprechende vorsorgliche Maßnahmen zu treffen. a) Wie akut und konkret ist die Gefahr einer Explosion ? Die Gefahr einer Explosion resultiert meist aus einem unerlaubten Umgang mit diesen Munitionsgegenständen, verbunden mit einem unsachgemäßen Hantieren. Insbesondere durch mechanische Einwirkungen auf Kampfmittel, wie sie durch Bodeneingriffe auch unbeabsichtigt erfolgen können, kann ggf. die Detonation eines explosionsfähigen Kampfmittels herbeigeführt werden. b) Welchen räumlichen Umkreis betrifft die Gefahr einer Explosion? Der räumliche Umgriff der Wirkkräfte einer Detonation bestimmt sich vor allem aus den diesbezüglichen Parametern der jeweiligen Kampfmittel, der Lage im Erdreich und der flächenmäßigen Verteilung. Erkenntnisse darüber können im Rahmen der Gefährdungsabschätzung gewonnen werden. 2. Ist eine Kampfmittelräumung nach Ansicht der Staatsregierung notwendig? Der Antwort zu Frage 1 a entsprechend geht es bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit vor allem darum, Handlungen, die mit entsprechenden Risiken verbunden sind, zu unterbinden. In diesem Zusammenhang ist auch das bereits vor Ort thematisierte Betretungsverbot zu sehen. Zur Notwendigkeit einer Kampfmittelräumung ist anzumerken , dass sie bei entsprechenden Gegebenheiten vor allem im Rahmen vorsorglicher Maßnahmen veranlasst wird, um Bodeneingriffe zu ermöglichen, wie sie insbesondere bei Bauvorhaben erforderlich sind, aber auch mit Erdbewegungen und entsprechender Bodennutzung einhergehen. a) Wer wäre für eine Kampfmittelräumung zuständig? Eine Kampfmittelräumung als vorsorgliche Maßnahme etwa im Hinblick auf Bodeneingriffe mit der dafür erforderlichen Beauftragung entsprechender Fachfirmen ist grundsätzlich von denjenigen zu veranlassen, die auch diese Eingriffe verantworten . Für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch Kampfmittel im Umgriff des ehemaligen Sprengplatzes Hainsacker ist der Markt Lappersdorf als örtliche Sicherheitsbehörde zuständig. Inwieweit eine Kampfmittelräumung im Hinblick auf die aufgezeigten Gegebenheiten als Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit einzubeziehen wäre, wäre von der örtlichen Sicherheitsbehörde dann unter Einbeziehung der Gefährdungsabschätzung ggf. noch zu prüfen. b) Wer trägt im Bedarfsfall die Kosten einer Kampfmittelräumung ? Wer im Bedarfsfall die Kosten einer Kampfmittelräumung trägt, bestimmt sich im Einzelfall aus den jeweils konkreten Gegebenheiten und Verantwortlichkeiten, wie sie insbesondere in den Antworten zu 2 und 2 a aufgezeigt sind. In jedem Fall gilt, dass die von den Fachfirmen geborgenen Kampfmittel durch den vom Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vorgehaltenen Kampfmittelbeseitigungsdienst kostenfrei entsorgt werden. 3. Wie sieht die Staatsregierung auf Grundlage der neuen Erkenntnisse den Sanierungsbedarf des ehemaligen Sprenggeländes bei Hainsacker? Die neuen Erkenntnisse wirken sich nicht auf den im Rahmen einer umfassenden Detailuntersuchung aus dem Jahr 2009 festgestellten Sanierungsbedarf nach dem Bodenschutzrecht aus. a) Wie schätzt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Kosten einer möglichen Sanierung ein? Die Kosten für die Maßnahme lassen sich noch nicht belastbar abschätzen, da die Sanierungsmethode derzeit noch diskutiert wird. b) Über welchen Bereich würde sich eine erforderliche Sanierung konkret erstrecken? Die o. g. Detailuntersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die ehemaligen Sprengflächen „Hauptsprengfeld“, „Sprengfeld Süd“ sowie „Alter StEG-Sprengplatz“ saniert werden müssen . Betroffen sind hierbei Teilbereiche der Flurnummern 291, 295, 297, 323, 324 und 324/3 Markt Lappersdorf. 4. Welche sicherheitsrechtlichen Konsequenzen sieht die Staatsregierung über das bereits vom Landratsamt verfügte Aufstellen von Warnschildern hinaus als erforderlich an? Bezüglich der in der Frage angesprochenen sicherheitsrechtlichen Konsequenzen wird auf die Verantwortung der vor Ort zuständigen Sicherheitsbehörden und auf die noch zu erstellende Gefährdungsabschätzung verwiesen. 5. Wie positioniert sich die Staatsregierung hinsichtlich der Empfehlung des für Fragen der Kampfmittelräumung zuständigen Vertreters der Regierung der Oberpfalz, eine Fachfirma mit der Erstellung einer Gefährdungsabschätzung zu beauftragen? Bzgl. der Empfehlung des Vertreters der Regierung der Oberpfalz, eine Fachfirma mit der Erstellung einer Gefährdungsabschätzung zu beauftragen, ist darauf hinzuweisen, dass bei möglicherweise kampfmittelbelasteten Flächen eine Gefährdungsabschätzung regelmäßig im Zusammenhang mit ggf. erforderlichen vorsorglichen Maßnahmen steht, für die eine Beauftragung entsprechender Fachfirmen durch die Verantwortlichen vorgesehen ist. Die staatlicherseits durchgeführte Kampfmittelbeseitigung ist auf die Drucksache 17/8890 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 unmittelbare Gefahrenabwehr bei aufgefundenen Kampfmitteln und auf deren Beseitigung durch den dafür vorgehaltenen Kampfmittelbeseitigungsdienst ausgerichtet. 6. Wann wäre frühestens mit den Ergebnissen eines dahin gehenden Gutachtens zu rechnen? Dem Markt Lappersdorf, der als örtliche Sicherheitsbehörde aktuell mit der Beauftragung einer Gefahrenabschätzung befasst ist, liegen bereits zwei Angebote vor. Für die Erstellung einer Gefahrenabschätzung wurde ein Zeitraum von ca. sechs Wochen genannt.