Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Magerl und Ulrike Gote BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.09.2015 Aufhebung des Schutzgebietes „Ebracher Forst“ Die Regierung von Oberfranken hat die vom Landratsamt Bamberg durchgeführte Ausweisung des Schutzgebiets „Ebracher Forst“ aufgehoben. 52 Stellungnahmen waren dazu eingegangen, 80 % waren nach Auskunft der Regierung von Oberfranken gegen die Aufhebung. Der Naturschutzbeirat hatte mit 6:3 Stimmen gegen diese Aufhebung votiert. Will eine Naturschutzbehörde abweichend von einem Beschluss des bei ihr gebildeten Naturschutzbeirats entscheiden, so hat sie gemäß § 48 Abs. 2 BayNatSchG die Zustimmung der nächsthöheren Naturschutzbehörde einzuholen , in diesem Fall des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz. In diesem Zusammenhang fragen wir die Staatsregierung: 1. Wann hat die Regierung von Oberfranken das Verfahren zur Aufhebung des Schutzgebiets eingeleitet? 2. Wann hat die Sitzung des Naturschutzbeirats stattgefunden , bei der die Aufhebung abgelehnt wurde? 3. a) Von wann bis wann wurden die 52 Stellungnahmen von der Regierung von Oberfranken geprüft? b) Wie umfangreich waren die einzelnen Stellungnahmen ? c) Wie groß war jeweils der Anteil, der von der Regierung von Oberfranken tatsächlich geprüft wurde? 4. Zu welchem Ergebnis ist die Regierung von Oberfranken gekommen und wie lautete die Begründung? 5. a) Wann hat die Regierung von Oberfranken die nächsthöhere Naturschutzbehörde um Zustimmung nachgesucht ? b) Wann hat die Regierung von Oberfranken dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 52 Stellungnahmen übermittelt? 6. a) Von wann bis wann wurden vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 52 Stellungnahmen geprüft? b) Hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Stellungnahmen insgesamt geprüft oder nur einzelne Teile, wenn Letzteres zutrifft, welche Teile? c) Zu welchem Ergebnis ist das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gekommen und wie lautete die Begründung? 7. a) War der Naturschutzbeirat beim Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit der Angelegenheit befasst, wenn nein, weshalb nicht, wenn ja, welche Stellungnahme hat er abgegeben? b) Wann hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Zustimmung zur Aufhebung erteilt ? 8. a) War der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz Ulrike Scharf dieses Verfahren bekannt, wenn ja, seit wann, und hat sie die Zustimmung ihrer Behörde zur Aufhebung abgesegnet? b) Wie viele Arbeitsstunden wurden bei der Regierung von Oberfranken und beim Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz jeweils für dieses Verfahren aufgewendet, wie viele Stunden entfielen dabei jeweils auf die Prüfung der 52 Stellungnahmen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 02.11.2015 1. Wann hat die Regierung von Oberfranken das Verfahren zur Aufhebung des Schutzgebiets eingeleitet ? Die Regierung von Oberfranken hat das Verfahren zur Aufhebung des Schutzgebiets mit Schreiben vom 20.05.2015, versandt am 22.05.2015, eingeleitet. 2. Wann hat die Sitzung des Naturschutzbeirats stattgefunden , bei der die Aufhebung abgelehnt wurde ? Die Sitzung des Naturschutzbeirats hat am 30.07.2015 stattgefunden . 3. a) Von wann bis wann wurden die 52 Stellungnahmen von der Regierung von Oberfranken geprüft? Die Prüfung der Verfahrensstellungnahmen fand vom 28.05.2015 (Eingang der ersten Stellungnahme) bis zum 06.08.2015 statt. b) Wie umfangreich waren die einzelnen Stellungnahmen ? Der Umfang der Stellungnahmen reicht von wenigen Zeilen bis zu 94 Seiten (hiervon 74 Seiten Anlagen). 23 Einwendungen waren weitestgehend gleichlautend und basierten offensichtlich auf einer Mustervorlage. c) Wie groß war jeweils der Anteil, der von der Regierung von Oberfranken tatsächlich geprüft wurde? Die Regierung hat sämtliche Stellungnahmen gesichtet und die für die Aufhebung relevanten Ausführungen zur Rechts- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 10.12.2015 17/8898 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8898 lage geprüft. Die vorgebrachten Aspekte zur Rechtslage waren größtenteils nicht neu und wurden von der Regierung bereits intensiv im Vorfeld der Verordnungsaufhebung bewertet . 4. Zu welchem Ergebnis ist die Regierung von Oberfranken gekommen und wie lautete die Begründung ? Nach Auffassung der Regierung von Oberfranken trägt § 29 Bundesnaturschutzgesetz die Verordnung aus folgenden Gründen nicht: Landschaftsbestandteile im Sinn von § 29 Bundesnaturschutzgesetz sind Einzelobjekte, Objektgruppen oder kleingliedrige Teile der Landschaft, die sich aus der Landschaft abheben und abgrenzen lassen. Bei großflächigeren Bereichen, die selbst schon eine „Landschaft“ bilden, ist der geschützte Landschaftsbestandteil nicht die richtige Schutzkategorie. Die für die aufgehobene Verordnung des Landratsamts Bamberg maßgebliche Fläche ist wegen ihrer Einbettung in die umgebende Waldfläche und ihrer Strukturvielfalt nicht als von der Umgebung abgrenzbares herausgehobenes Objekt erkennbar. Zudem hat sie auch wegen ihrer Größe und Strukturvielfalt Gebietscharakter. Daher kommt § 29 Bundesnaturschutzgesetz als Rechtsgrundlage für die aufgehobene Verordnung nicht in Betracht. Die Verordnung war rechtswidrig und musste aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zügig aufgehoben werden. Fachliche Fragen zur Wertigkeit des betroffenen Bereichs waren nicht entscheidungserheblich und wurden von der Regierung daher nicht in ihre Prüfung einbezogen. 5. a) Wann hat die Regierung von Oberfranken die nächsthöhere Naturschutzbehörde um Zustimmung nachgesucht? Die Regierung von Oberfranken hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit Schreiben vom 31.07.2015 gebeten, der Verordnungsaufhebung zuzustimmen . b) Wann hat die Regierung von Oberfranken dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 52 Stellungnahmen übermittelt? Die Regierung von Oberfranken hat dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz am 05.08.2015 die Verfahrensstellungnahmen übersandt. 6. a) Von wann bis wann wurden vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 52 Stellungnahmen geprüft? Die Stellungnahmen wurden vom 05. bis 10.08.2015 vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geprüft. b) Hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Stellungnahmen insgesamt geprüft oder nur einzelne Teile, wenn Letzteres zutrifft , welche Teile? Im Rahmen der Erteilung der Zustimmung zur Verordnungsaufhebung hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Stellungnahmen hinsichtlich der vorgebrachten rechtlichen Argumente überprüft. Auch das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat sich schon seit Herbst 2013 intensiv mit der Rechtslage auseinandergesetzt. Daher war die zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit ausreichend. c) Zu welchem Ergebnis ist das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gekommen und wie lautete die Begründung? Das Staatsministerium teilt die Rechtsauffassung der Regierung von Oberfranken (siehe hierzu Antwort zu Frage 4). 7. a) War der Naturschutzbeirat beim Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit der Angelegenheit befasst, wenn nein, weshalb nicht, wenn ja, welche Stellungnahme hat er abgegeben? Der Naturschutzbeirat des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz wurde nicht beteiligt. Dies ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Zustimmung der übergeordneten Behörde zu einer Entscheidung der nachgeordneten Behörde, die im dortigen Naturschutzbeirat abgelehnt wurde , begründet kein Mitwirkungsrecht nach § 6 der Verordnung über die Naturschutzbeiräte. b) Wann hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Zustimmung zur Aufhebung erteilt? Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat am 10.08.2015 seine Zustimmung zur Aufhebungsverordnung erteilt. 8. a) War der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz Ulrike Scharf dieses Verfahren bekannt , wenn ja, seit wann, und hat sie die Zustimmung ihrer Behörde zur Aufhebung abgesegnet? Frau Staatsministerin Ulrike Scharf war über die Entscheidung und die sie tragenden Gründe informiert. b) Wie viele Arbeitsstunden wurden bei der Regierung von Oberfranken und beim Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz jeweils für dieses Verfahren aufgewendet, wie viele Stunden entfielen dabei jeweils auf die Prüfung der 52 Stellungnahmen ? Eine belastbare Aussage hierzu ist nicht möglich, da bei der Regierung von Oberfranken und dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz keine vorgangsbezogene Stundenerfassung erfolgt. Von einer bis zu fünf Monate zurückreichenden Schätzung wird abgesehen, da diese kein belastbares Ergebnis bringen könnte.