Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 02.10.2015 Überwachte Nutzung internetfähiger PCs zum E-Mail- Schriftverkehr und zum kostengünstigen Telefonieren für die Strafgefangenen in den Justizvollzugsanstalten Bayerns Die JVA Landsberg gewährt den Strafgefangenen zu keinem Zeitpunkt Zugang zur Nutzung eines PCs mit Internetverbindung . Die Kommunikation via E-Mail und das Verwenden eines Telefondienstes via Internet z. B. Skype ist daher nicht möglich. Dies hat unter anderem zur Folge, dass die Arbeitssuche und die anschließende Möglichkeit der Bewerbung für Gefangene aufgrund der heute üblichen Online- Bewerbung stark erschwert sind. Für Strafgefangene, deren Familien im Ausland leben, ist es zudem aufgrund der höheren Telefongebühren oft nicht möglich, regelmäßigen, intensiven Kontakt zur eigenen Familie zu haben. Diese allein mit Sicherheitserwägungen begründeten Einschränkungen wirken sich negativ auf die Resozialisierung der Gefangenen aus und verhindern eine zügige Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach der Haft. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. In welchen Justizvollzugsanstalten Bayerns ist die Benutzung eines PCs mit Internetanschluss nicht untersagt ; ggf. woraus resultieren die unterschiedlichen Handhabungen in den Justizvollzugsanstalten Bayerns ? 2. Wie wird dies in anderen Bundesländern gehandhabt? 3. a) Ist die Staatsregierung mit mir der Meinung, dass der Begriff „Schreiben“ in Art. 31 Abs. 1 des BayStVollzG neben Briefen auch E-Mails erfasst? b) Wenn nein, warum nicht? c) Wird künftig das zuständige Ministerium der Justiz darauf hinwirken, dass unter Beachtung der nötigen Einschränkungen moderne Kommunikationsformen, die die Chance der Resozialisierung verbessern, erlaubt werden? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 04.11.2015 1. In welchen Justizvollzugsanstalten Bayerns ist die Benutzung eines PCs mit Internetanschluss nicht untersagt; ggf. woraus resultieren die unterschiedlichen Handhabungen in den Justizvollzugsanstalten Bayerns? Keinem Gefangenen in Bayern wird ein freier Internetzugang gestattet. Lediglich im Rahmen zweier Projekte haben Gefangene in sehr eingeschränktem Umfang Zugriff auf ausgesuchte und überwachte Online-Angebote: So gibt es bedarfsorientiert in 16 bayerischen Justizvollzugsanstalten im Rahmen des sogenannten Übergangsmanagements die Möglichkeit, auf Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit zuzugreifen und die dortigen Angebote zu nutzen. Der Zugriff ist den Gefangenen dabei nur auf jeweils freigeschaltete Seiten möglich, die in regelmäßigen Abständen überprüft und aktualisiert werden müssen. Daneben erfolgt eine Überwachung des Nutzungsverhaltens der Gefangenen. Möglich ist der Zugriff zum berufskundlichen Internetauftritt der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich in den Justizvollzugsanstalten Aichach, Amberg, St. Georgen- Bayreuth, Bernau, Ebrach, Hof, Kaisheim, Kempten, Landshut , München, Neuburg-Herrenwörth, Niederschönenfeld, Nürnberg, Passau, Schweinfurt und Würzburg. In der Justizvollzugsanstalt Würzburg haben geeignete Gefangene zudem die Möglichkeit, online ein Studium an der Fernuniversität Hagen zu absolvieren. Den Sicherheitsbedürfnissen wird dabei mittels umfangreicher technischer Schutz- und personalintensiver Überwachungsmaßnahmen Rechnung getragen. 2. Wie wird dies in anderen Bundesländern gehandhabt ? Ein Überblick im Sinne der Fragestellung liegt nicht vor. 3. a) Ist die Staatsregierung mit mir der Meinung, dass der Begriff „Schreiben“ in Art. 31 Abs. 1 des BayStVollzG neben Briefen auch E-Mails erfasst? Nein. b) Wenn nein, warum nicht? Art. 31 Abs. 1 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) billigt den Gefangenen schon nach dem Wortlaut lediglich das Recht zu, „unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen“. Die Norm gibt hingegen keinen Anspruch darauf, eine konkrete (moderne) Kommunikationsform zu nutzen. Nach der allgemeinen Auffassung ist daher lediglich der Schriftwechsel mittels Briefen und Postkarten Gegenstand der Regelung und es besteht kein Anspruch auf eine Ausstattung mit bestimmten technischen Hilfsmitteln wie z. B. einem PC, einem Faxgerät Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 11.12.2015 17/8909 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/8909 oder dem Zugang zu einer E-Mail-Verbindung. Art. 31 Abs. 1 BayStVollzG entspricht im Übrigen wortgleich dem früher geltenden § 28 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes des Bundes. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes im Jahr 2007 neue Kommunikationswege eröffnen wollte, vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, Landtagsdrucksache 15/8101, S. 57. In den Verwaltungsvorschriften (VV) zum BayStVollzG wird deshalb klargestellt, dass die Benutzung anstaltseigener Faxgeräte und E-Mail-Verbindungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, vgl. VV Nr. 1 zu Art. 31 BayStVollzG. c) Wird künftig das zuständige Ministerium der Justiz darauf hinwirken, dass unter Beachtung der nötigen Einschränkungen moderne Kommunikationsformen , die die Chance der Resozialisierung verbessern , erlaubt werden? Eine Ausweitung der Zugangsmöglichkeiten für Gefangene zum Internet beziehungsweise zu hierüber betriebenen Kommunikationsformen ist derzeit nicht geplant und aus den folgenden Erwägungen heraus auch nicht sinnvoll: Zum einen dienen die bestehenden Einschränkungen dem Schutz der Allgemeinheit. Dieser ist der Resozialisierungsaufgabe nicht nach-, sondern gleichgeordnet. Hierzu zählt gerade auch der Opferschutz. Weder wäre es Opfern von Straftaten vermittelbar, wenn Gefangene aus der Justizvollzugsanstalt heraus mit ihnen in Kontakt treten und sie beispielsweise verhöhnen würden, noch wäre es der Bevölkerung zu erklären, dass Gefangene aus der Anstalt mithilfe elektronischer Kommunikation neue Straftaten begehen oder Fluchtvorbereitungen treffen können. Bei Untersuchungsgefangenen kommt noch die Gefahr von Verdunklungsmaßnahmen hinzu. Eine dauerhafte Überwachung zur Vermeidung von Missbrauchshandlungen , die durch Vollzugsbedienstete zu erfolgen hätte, ist weder organisatorisch noch personell leistbar. Zum anderen ist der im Strafvollzug geltende Behandlungsauftrag zu beachten. Gefangene werden nicht im Sinne eines Verwahrvollzugs weggesperrt, sondern es wird mit ihnen intensiv gearbeitet. Soweit den Gefangenen neben entsprechenden Maßnahmen und ihrer Arbeit Freizeit verbleibt, existiert eine breite Angebotspalette, um diese sinnvoll zu gestalten. Die Überlassung von Computern als Unterhaltungsmedium passt nicht in dieses Konzept. Aus behandlerischen Gründen muss die Anstalt wissen, wann und mit welchen Personen die Gefangenen Kontakt haben. Diese Erwägungen gelten nicht nur für die Internetnutzung im Allgemeinen beziehungsweise für die Kommunikation mittels E-Mail-Verbindungen, sondern auch für Telefongespräche , die über eine Internetverbindung geführt werden könnten. Hier sind zudem die aus Art. 35 BayStVollzG folgenden gesetzlichen Einschränkungen zu beachten, die schon per se einer Ausweitung entgegenstehen. Soweit Gefangene in den bayerischen Justizvollzugsanstalten Zugang zu Computern haben, z. B. auf richterliche Anordnung im Rahmen der Untersuchungshaft, in Arbeitsbetrieben sowie im Rahmen zahlreicher Aus- und Fortbildungsmaßnahmen , lässt sich der jeweilige Zweck auch ohne freien Zugang zum Internet erreichen.