Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein SPD vom 22.01.2014 Verletzung der Grundrechte von Pflegebedürftigen Die Juristin Susanne Moritz aus Regensburg hat in ihrer Dissertation angeklagt, dass die Grundrechte der Pflegebedürftigen grob verletzt seien. Der Sozialverband VdK prüft derzeit eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen offenkundige Missstände. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Pflegeheimbewohner sind in Bayern auf Sozialhilfe angewiesen, weil die Heimkosten die Rente übersteigen (absolut und in Prozentangabe auf alle Pflegeheimbewohner )? 2. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahre 2000 entwickelt ? 3. Wie hoch ist dabei der Anteil der Frauen? 4. Wie ist die regionale Verteilung (aufgelistet nach Regierungsbezirken , kreisfreien Städten und Landkreisen, absolut und in Prozentangabe)? 5. Hätte man diesem Anstieg durch bessere Information in übergeordneten Beratungszentren entgegenwirken können ? 6. Warum wurde durch eine „kaum nachvollziehbare Blockadepolitik der früheren Sozialministerin Christine Haderthauer “ (so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher) die Gründung von Pflegestützpunkten torpediert? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 25.02.2014 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein wird in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet : 1. Wie viele Pflegeheimbewohner sind in Bayern auf Sozialhilfe angewiesen, weil die Heimkosten die Rente übersteigen (absolut und in Prozentangabe auf alle Pflegeheimbewohner)? 2. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahre 2000 entwickelt ? 3. Wie hoch ist dabei der Anteil der Frauen? Die Statistiken des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung bezüglich der Anzahl der Bewohner in Altenpflegeheimen werden nur alle 2 Jahre herausgegeben . Die Entwicklung seit dem Jahr 2000 zeigt sowohl bei der Anzahl der Altenpflegeheimbewohnerinnen/-bewohner, als auch bei den Empfängerinnen/-empfängern von Hilfe zur Pflege in Einrichtungen im Rahmen der Sozialhilfe einen kontinuierlichen Anstieg. Der prozentuale Anteil sowohl der Empfänger von Sozialhilfeleistungen an den Altenpflegeheimbewohnern als auch der Frauenanteil an den Empfängern von Hilfe zur Pflege in Einrichtungen ist dagegen konstant. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.04.2014 17/901 Bayerischer Landtag Jahr Bewohner/-innen in Altenpflegeheimen Anzahl Empfänger von Hilfe zur Pflege in Einrich- tungen im Rahmen des SGB XII Anzahl Anteil der Empfänger von Hilfe zur Pflege in Einrichtungen im Rahmen des SGB XII in % Anteil der Frauen der Empfänger von Hilfe zur Pflege Anzahl Anteil der Frauen der Empfänger von Hilfe zur Pflege in % 2000 74.954 23.708 31,63 16.456 69,41 2002 81.816 23.961 29,29 16.902 70,54 2004 85.037 26.312 30,94 18.697 71,06 2006 99.760 28.095 28,16 19.947 71,00 2008 104.635 29.962 28,63 20.991 70,06 2010 110.956 30.869 27,82 21.320 69,07 2012 109.806 32.337 29,45 22.056 68,21 Quellen: Statistische Berichte des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung – Einrichtungen für ältere Menschen und ambulant betreute Wohngemeinschaften in Bayern – Sozialhilfe in Bayern; Teil 2: Empfänger Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/901 4. Wie ist die regionale Verteilung (aufgelistet nach Regierungsbezirken , kreisfreien Städten und Landkreisen , absolut und in Prozentangabe)? Eine regionale Untergliederung (Regierungsbezirke, kreisfreie Städte und Landkreise) erfolgt in den Statistiken des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung weder im Bereich der Bewohner in Altenpflegeheimen noch im Bereich der Empfänger von Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen im Rahmen der Sozialhilfe. 5. Hätte man diesem Anstieg durch bessere Information in übergeordneten Beratungszentren entgegenwirken können? Aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung gibt es keine belegbaren Anhaltspunkte dafür, dass man dem Anstieg (der absoluten Zahlen) der Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner, die Sozialhilfe empfangen, durch eine bessere Information in übergeordneten Beratungszentren hätte entgegenwirken können. Um einen weiteren Anstieg der pflegebedürftigen Heimbewohner, die ergänzend Sozialhilfe benötigen, zu vermeiden, hält es die Bayerische Staatsregierung vielmehr für erforderlich, die Leistungen der Pflegeversicherung regelmäßig zu dynamisieren und demenziell erkrankte Personen durch die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs besser in das Leistungssystem der Pflegeversicherung einzubeziehen. Wie bereits bei Frage 1–3 angemerkt, ist der prozentuale Anteil der Sozialhilfeempfänger an den Pflegeheimbewohnern seit dem Jahr 2000 konstant. 6. Warum wurde durch eine „kaum nachvollziehbare Blockadepolitik der früheren Sozialministerin Christi- ne Haderthauer“ (so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher) die Gründung von Pflegestützpunkten torpediert? Es ist nicht zutreffend, dass die frühere Sozialministerin Christine Haderthauer die Gründung von Pflegestützpunkten blockiert hat. Im Gegenteil, das ehemalige Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen hat mit Allgemeinverfügung vom 22. Oktober 2009 die Errichtung von Pflegestützpunkten in Bayern ermöglicht. Die konkrete Errichtung von Pflegestützpunkten obliegt jedoch gem. § 92 c Abs. 1 Satz 1 SGB XI ausschließlich den Pflege- und Krankenkassen. Träger der Pflegestützpunkte in Bayern sind die Pflegekassen und Krankenkassen, die Landkreise, die kreisfreien Städte sowie die Bezirke. In der Aufbauphase der Pflegestützpunkte hat sich vielerorts herausgestellt, dass aufgrund der bereits vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsangebote vor Ort kein Bedarf für die Errichtung von zusätzlichen Pflegestützpunkten besteht . Es wurden insgesamt nur 23 Bewerbungen auf Errichtung eines Pflegestützpunktes eingereicht, und das, obwohl es eine Anschubfinanzierung des Bundes in Höhe von bis zu € 50.000 gab. Da in Bayern bereits ein solides Netz an Pflegeberatungsangeboten besteht (Pflegeberatung der Pflegekassen nach § 7 a SGB XI, rund 110 Fachstellen für pflegende Angehörige , Pflegeservice Bayern als kassenübergreifende telefonische Erstanlaufstelle sowie die acht bestehenden Pflegestützpunkte), akzeptiert die Staatsregierung die Entscheidung der Kommunen, vorerst keine Pflegestützpunkte zusammen mit den Pflegekassen einzurichten.