Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gisela Sengl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.10.2015 Jakobs- und Wasser-Kreuzkraut in Bayern Derzeit häufen sich Berichte über das zunehmende Vorkommen und die Ausbreitung von Jakobs-Kreuzkraut ( Senecio jacobaea) und Wasser-Kreuzkraut (Senecio aquaticus). Wie alle Kreuzkraut-Arten enthält die Pflanze in allen Pflanzenteilen sogenannte Pyrrolizidin-Alkaloide. Üblicherweise stellt die Pflanze bei der Beweidung kein Problem dar, da dieTiere sie aufgrund der enthaltenen Bitterstoffe meiden. Im Heu ist es für die Tiere allerdings kaum mehr möglich, die Pflanzen auszuselektieren, sodass es durch kontaminiertes Heu eher zu Vergiftungen kommen kann. Jakobs- und Wasser-Kreuzkraut behält auch im Heu oder der Silage seine Giftigkeit bei. Ich frage die Staatsregierung: 1. Liegen der Staatsregierung Informationen über Erkrankungen oder Todesfälle durch Pyrrolizidin-Alkaloide bei Pferden oder Kühen aus Bayern vor, wenn ja, wie viele, wo und wann? 2. Durch welche Bewirtschaftungsmaßnahmen lässt sich Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut wirksam zurückdrängen ? 3. Wie soll das Schnittgut von stark mit Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut bestandenen Wiesen entsorgt werden? 4. Welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Jakobsund Wasser-Kreuzkrautes führt die Landesanstalt für Landwirtschaft auf ihren Flächen durch? 5. Gibt es in Bayern Hinweise auf verstärktes Auftreten von Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut aufgrund von Auflagen durch das Vertragsnaturschutzprogramm? 6. Wurde in Bayern zur Begrünung von Böschungen an Straßen durch die Straßenbauverwaltung Saatgutmaterial eingesetzt, dass Jakobs-Kreuzkrautsamen enthielt, wenn ja, bis wann? 7. Gibt es für die Straßenbauämter Empfehlungen, wie die Ausbreitung von Jakobskreuzkraut an Straßenböschungen , Bankett, Trenn- und Mittelstreifen kontrolliert werden kann, und wenn ja, welche? 8. Welche anderen verbreiteten Pflanzen in Bayern weisen hohe Gehalte an Pyrrozolidin-Alkaloiden auf? a) Wurde bayerischer Honig auf Pyrrolizidin-Gehalte untersucht , wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 12.11.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Umwelt und Verbraucherschutz sowie des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Liegen der Staatsregierung Informationen über Erkrankungen oder Todesfälle durch Pyrrolizidin- Alkaloide bei Pferden oder Kühen aus Bayern vor, wenn ja, wie viele, wo und wann? Zu Erkrankungen oder Todesfällen durch Pyrrolizidin-Alkaloide (PA) bei Pferden oder Kühen aus Bayern liegen keine systematischen Erkenntnisse vor. 2. Durch welche Bewirtschaftungsmaßnahmen lässt sich Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut wirksam zurückdrängen ? Bei der Regulierung und Bekämpfung der unterschiedlichen Arten der Kreuzkräuter auf Wirtschaftsgrünland sind sowohl einheitliche als auch artspezifische Aspekte zu beachten. Für beide Arten gilt es, die Samenbildung und Samenverbreitung so weit wie möglich zu unterbinden. Hierzu sind eine termingerechte Schnittnutzung, intensive Weidepflege und gezielte Hygienemaßnahmen beim Maschineneinsatz und dem Materialtransport erforderlich. Eine weitere generelle Regulierungsmaßnahme ist die standortgerechte Förderung einer geschlossenen, wüchsigen Grasnarbe durch sachgerechte Düngung und schonende Pflege- und Nutzungsverfahren. Beide Kreuzkrautarten können durch eine mechanische Einzelpflanzenbekämpfung und durch einen Herbizideinsatz auf Basis des Wirkstoffes Aminopyralid effektiv reguliert werden. Die Regulierung durch ein angepasstes Schnittregime in der Wiesennutzung ist für beide Arten sehr unterschiedlich. Jakobs-Kreuzkraut ist relativ schnittempfindlich und kann daher durch eine Nutzungsfrequenz von drei oder mehr Schnitten verdrängt werden. Wasser-Kreuzkraut ist dagegen sehr schnitttolerant. Durch einen mehrjährigen Nutzungsverzicht kann infolge einer sogenannten „Ausdunkelung“ die aktive Entwicklung von Wasser-Kreuzkraut unterbunden werden. Aufgrund des langlebigen Bodensamenpotenzials sind allerdings bei einer Wiederinkulturnahme die oben genannten Regulierungs- und Bekämpfungsmaßnahmen erforderlich. 3. Wie soll das Schnittgut von stark mit Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut bestandenen Wiesen entsorgt werden? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.12.2015 17/9075 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9075 Die Behandlung von Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut ist grundsätzlich sowohl in Kompostierungs- als auch in Vergärungsanlagen möglich. Entsprechen die Anlagen in baulicher und betrieblicher Hinsicht den Anforderungen der Bioabfallverordnung (BioAbfV) an eine hygienisierende Behandlung , kann im Regelfall von einer Abtötung der Pflanzen und Samen ausgegangen werden. 4. Welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Jakobsund Wasser-Kreuzkrautes führt die Landesanstalt für Landwirtschaft auf ihren Flächen durch? Das Einwandern von Kreuzkräutern auf Wirtschaftsgrünland der Lehr-, Versuchs- und Fachzentren der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft wird derzeit noch ausreichend durch Maßnahmen der mechanischen Einzelpflanzenbekämpfung zurückgehalten. 5. Gibt es in Bayern Hinweise auf verstärktes Auftreten von Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut aufgrund von Auflagen durch das Vertragsnaturschutzprogramm ? Hinweise für ein verstärktes Auftreten von Jakobs- oder Wasser-Kreuzkraut aufgrund von Auflagen durch das Vertragsnaturschutzprogramm in Bayern gibt es nicht. Das vermehrte Auftreten von Wasser-Kreuzkraut in Südwestbayern (insbes. Allgäu) betrifft standörtlich geeignete Grünlandflächen allgemein, darunter auch Wiesen im Vertragsnaturschutz . Im Hinblick auf die Verdrängung von Problempflanzen wie dem Wasser-Kreuzkraut sind im Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm entsprechende Flexibilisierungen bei den Maßnahmen mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde möglich, z. B. Abweichungen beim Schnittzeitpunkt oder der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur Einzelpflanzenbekämpfung. 6. Wurde in Bayern zur Begrünung von Böschungen an Straßen durch die Straßenbauverwaltung Saatgutmaterial eingesetzt, dass Jakobs-Kreuzkrautsamen enthielt, wenn ja, bis wann? Straßennebenflächen (Bankett, Straßenböschungen) werden in der Regel mit sogenannten Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) begrünt, die jährlich durch die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. veröffentlicht werden. Die Straßenbauverwaltung verwendet insbesondere die Regel-Saatgut-Mischung Landschaftsrasen (RSM 7) und ggf. auch die Biotopmischungen (RSM 8). Es liegen die Veröffentlichungen der Regel-Saatgut-Mischungen seit 2005 vor. Demnach sind in den Regel-Saatgut -Mischungen keine Kreuzkräuter enthalten. Bei von den RSM abweichenden Saatgutmischungen, insbesondere für Ausgleichsflächen, wurden die nachgeordneten Straßenbaubehörden im Jahr 2009 mit einem Schreiben der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr darauf hingewiesen, auf Saatgutmischungen zu verzichten, die Kreuzkrautarten enthalten . Dennoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass bei der Verwendung besonderer Ansaatmischungen Kreuzkräuter im Einzelfall enthalten waren. 7. Gibt es für die Straßenbauämter Empfehlungen, wie die Ausbreitung von Jakobskreuzkraut an Straßenböschungen, Bankett, Trenn- und Mittelstreifen kontrolliert werden kann, und wenn ja, welche? Es gibt bisher keine Empfehlungen der Obersten Baubehörde an die Autobahndirektionen und Staatlichen Bauämter wie die Ausbreitung von Jakobskreuzkraut kontrolliert und reguliert werden kann. Gegenwärtig werden vom Straßenbetriebsdienst und der Landschaftspflege der Autobahndirektionen und Staatlichen Bauämter Straßenböschungen, auf denen verstärkt Kreuzkraut großflächig auftritt, durch ein entsprechendes Mahdregime reguliert. Auf den Ausgleichsflächen werden im Einzelfall entsprechende Maßnahmen wie Ausreißen oder Änderung der Beweidungs- oder Mähkonzepte ergriffen. Die Oberste Baubehörde wird zudem Handlungsempfehlungen zur Regulierung von Kreuzkräutern für die nachgeordneten Behörden erarbeiten. 8. Welche anderen verbreiteten Pflanzen in Bayern weisen hohe Gehalte an Pyrrozolidin-Alkaloiden auf? PA (Pyrrolizidin-Alkaloiden) werden nach aktuellem Kenntnisstand von rund 400 Pflanzenarten unterschiedlicher Gattungen gebildet. Die Gattung Senecio ist dabei mit ca. 200 Arten die bedeutendste Gruppe. In der Grünlandbewirtschaftung sind neben Jakobs- und Wasser-Kreuzkraut das Alpen-Kreuzkraut, das Fuchs- Kreuzkraut, das Raukenblättrige Kreuzkraut und bei Einwanderung in Wirtschaftsgrünland der an Straßenrändern bereits weitverbreitete Neophyt Schmalblättriges Kreuzkraut (S. inaequidens) von Bedeutung. Auch der im Wirtschaftsgrünland unerwünschte Huflattich (Tussilago farfara) bildet PA-haltige Giftstoffe. Im Ackerbau bzw. in der Feldgemüseproduktion kann das PA-bildende Gemeine Kreuzkraut (S. vulgaris) problematisch werden, wenn es in das Erntegut transferiert wird. Das ebenfalls PA-haltige Ackerunkraut Ochsenzunge (Anchusa officinalis) ist als schwer bekämpfbares Problemunkraut im Winterraps von Bedeutung. Da die Pflanze allerdings nicht mit beerntet wird, ist die Ochsenzunge in der ackerbaulichen Nutzung nicht als Giftpflanze relevant. Die weiteren in Deutschland auftretenden PA-haltigen Wild-, Zier-, Heil- und Gewürzpflanzen haben für die Landwirtschaft keine Bedeutung als problematische Giftpflanzen. PA-haltige Pflanzen wie etwa der Natternkopf (Echium vulgare) oder der Wasserdost (Eupatorium cannabinum) treten vorrangig auf nährstoffarmen Ruderalstandorten auf. Auch die Heil- und Gewürzpflanze Borretsch (Borago officinalis ) zählt zu den PA-haltigen Pflanzenarten. a) Wurde bayerischer Honig auf Pyrrolizidin-Gehalte untersucht, wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wurden im Zeitraum 2014 bis 2015 auch bayerische Honige hinsichtlich eines Eintrags von PA untersucht . Dabei konnten lediglich in einem der untersuchten Honige PA sicher nachgewiesen werden. Die festgestellte Menge in diesem Honig war aber so gering, dass gemäß der aktuellen toxikologischen Bewertung eine Gesundheitsgefahr ausgeschlossen werden kann.