Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 06.10.2015 Situation der großen Beutegreifer in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über das Vorkommen von großen Beutegreifern im bayerischen Alpenraum sowie in den Nachbarregionen seit 2013, aufgeschlüsselt nach: a) Art der Beutegreifer, b) jeweilige Einzelbeobachtungen und c) dokumentierte Schäden durch große Beutegreifer? 2. In welcher Weise wurde das Beutegreifer-Monitoring in den Jahren seit 2013 weiterentwickelt? 3. Ab wann rechnet die Staatsregierung mit einer ständigen , sich reproduzierenden Population großer Beutegreifer im bayerischen Alpenraum, aufgeschlüsselt nach: a) der einzelnen Beutegreifer-Art und b) den möglichen Lebensräumen im bayerischen Alpenraum ? 4. Welche Möglichkeiten wird es für die Almwirtschaft geben , um die auf den Almen lebenden Nutztiere effektiv vor großen Beutegreifern zu schützen? 5. Mit welchen negativen Folgen ist zu rechnen, wenn infolge eines Sesshaftwerdens von großen Beutegreifern die Almwirtschaft im bayerischen Alpenraum zurückgedrängt wird, aufgeschlüsselt nach: a) Folgen für die Landwirtschaft bzw. landwirtschaftlichen Betriebe, b) Folgen für den Tourismus und c) Folgen für das Ökosystem Alpen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 12.11.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über das Vorkommen von großen Beutegreifern im bayerischen Alpenraum sowie in den Nachbarregionen seit 2013, aufgeschlüsselt nach: a) Art der Beutegreifer, b) jeweilige Einzelbeobachtungen und c) dokumentierte Schäden durch große Beutegreifer ? Luchs: Kein Vorkommen im bayerischen Alpenraum. Das nächste benachbarte Vorkommen ist im Gebiet Nordostschweiz /Liechtenstein/südliches Vorarlberg (Montafon). Braunbär: Kein Vorkommen im bayerischen Alpenraum. Die nächsten benachbarten Vorkommen bilden Einzeltiere in Graubünden und im Tessin sowie sporadisch im südlichen Tirol. Wolf: Seit 2013 gab es in den Landkreisen des bayerischen Alpenraums sporadisch Nachweise von Einzeltieren, nämlich im März 2014 im Lkr. Rosenheim, im Mai 2014 im Lkr. Oberallgäu und im August 2015 im Lkr. Miesbach. In Österreich gab es ebenfalls sporadische Einzelnachweise, gehäuft 2014/2015 in Vorarlberg. In der Schweiz leben etwa 20 standorttreue Einzeltiere. Seit 2012 gibt es ein Rudel bei Chur (Graubünden). Der Wolf im Lkr. Miesbach tötete im August 2015 ein Schaf und verletzte zwei weitere schwer. Dadurch entstand ein Schadensausgleichsanspruch in Höhe von 650 Euro. 2. In welcher Weise wurde das Beutegreifer-Monitoring in den Jahren seit 2013 weiterentwickelt? Das Beutegreifer-Monitoring erzielte seit 2013 folgende Entwicklungsschritte : • Ausbau und Fortbildung des „Netzwerks Große Beutegreifer “. 150 Personen unterstützen jetzt das Bayerische Landesamt für Umwelt, wirken beim Monitoring mit und dokumentieren mögliche Hinweise auf Vorkommen. • Systematische Erfassung der Luchse in Ostbayern mittels Fotofallen in den Gebieten mit dauerhaften Vorkommen . • Genetische Analyse von organischen Spuren an potenziell vom Wolf gerissenen Tieren, insbesondere Nutztieren, zur Feststellung des tatsächlichen Beutegreifers und gegebenenfalls seiner Herkunft. 3. Ab wann rechnet die Staatsregierung mit einer ständigen, sich reproduzierenden Population gro- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.12.2015 17/9090 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9090 ßer Beutegreifer im bayerischen Alpenraum, aufgeschlüsselt nach: a) der einzelnen Beutegreifer-Art? In den nächsten 10 Jahren rechnet die Bayerische Staatsregierung nicht mit ständigen, sich reproduzierenden Populationen von Braunbär oder Luchs im bayerischen Alpenraum. Beim Wolf erscheint dies nicht ausgeschlossen. b) den möglichen Lebensräumen im bayerischen Alpenraum ? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 4. Welche Möglichkeiten wird es für die Almwirtschaft geben, um die auf den Almen lebenden Nutztiere effektiv vor großen Beutegreifern zu schützen? Der Managementplan „Wölfe in Bayern – Stufe 2“ (Stand: April 2014) nennt folgende Maßnahmen zum Schutz von Nutztieren: Schutzzäune und Einkoppelung, nächtliche Einpferchung , vorübergehende oder nächtliche Stallhaltung, Behirtung als Hütehaltung oder Wanderschäferei, Einsatz von Herdenschutzhunden sowie Almabtrieb als vorübergehende Maßnahme. Welche dieser Maßnahmen für die Almwirtschaft zumutbar und effektiv sind, hängt stark von den örtlichen Gegebenheiten ab. Die Maßnahmen sind grundsätzlich auch gegen Angriffe von Luchs und Braunbär anwendbar. 5. Mit welchen negativen Folgen ist zu rechnen, wenn infolge eines Sesshaftwerdens von großen Beutegreifern die Almwirtschaft im bayerischen Alpenraum zurückgedrängt wird, aufgeschlüsselt nach: a) Folgen für die Landwirtschaft bzw. landwirtschaftlichen Betriebe? Wenn die Präsenz von großen Beutegreifern zu einer Verdrängung der Weidewirtschaft im Alpenraum führen würde, wäre dies mit der Aufgabe von erheblichen Flächen verbunden , da alternative Verfahren zur Freihaltung von Flächen wie Schwenden kaum flächendeckend durchführbar sind. Mit der Aufgabe der regelmäßigen Beweidung wäre eine über Jahrzehnte geschaffene Kulturlandschaft im Alpenraum gefährdet. Dies gilt insbesondere für sehr steile oder trittempfindliche Flächen, für die nur die Beweidung mit Schafen oder Ziegen in Betracht kommt. Bei einer Weidewirtschaft mit Rindern, die nicht so stark durch Wölfe gefährdet sind wie Schafe und Ziegen, kann heute nicht abgeschätzt werden, wie sich bei dem generell zu beobachtenden Trend eines zu geringen Viehauftriebs zusätzliche Belastungen auswirken werden. b) Folgen für den Tourismus? Eine Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung würde das wirtschaftliche Gefüge der Region aus Landwirtschaft, Tourismus und Handwerk belasten. Welche Folgen sich für den Tourismus im Einzelnen ergeben, ist von sehr vielen Faktoren abhängig und lässt sich deshalb nicht genauer prognostizieren . c) Folgen für das Ökosystem Alpen? Das Ökosystem der Alpen ist so komplex, dass eine Abschätzung der Folgen, die sich durch eine ständige Präsenz großer Beutegreifer ergeben könnten, nicht möglich ist. In anderen Alpenländern sind nach unserer Erkenntnis nach der Etablierung großer Beutegreifer bislang keine Veränderungen von alpinen Ökosystemen wissenschaftlich festgestellt .