Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gisela Sengl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.10.2015 Opt-Out und Bayern – Anbauverbote ermöglichen Am 30.09.2015 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) noch während des Gesetzgebungsverfahrens für ein Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes für acht gentechnisch veränderte Organismen Stellungnahmen an die EU dahingehend abgegeben, dass das gesamte deutsche Hoheitsgebiet vom Anbau dieser Organismen ausgeschlossen werden soll (mit Ausnahme von Standorten, an denen der Anbau des jeweils genannten genetisch veränderten Organismus (GVO) nachweislich zu Forschungszwecken erfolgt). Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wurden der Staatsregierung oder der zuständigen obersten Landesbehörde seitens des BMEL oder anderer Bundesbehörden bzw. -ministerien bereits Anträge oder Anmeldungen zum Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen zum Anbau mit der Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt? b) Falls ja, wann und für welche gentechnisch veränderten Organismen? 2. a) Hat Bayern dem BMEL oder anderen Bundesbehörden bzw. -ministerien daraufhin Stellungnahmen zukommen lassen (bitte einzeln aufführen)? b) Welche Begründungen bzw. regionaltypischen Untersagungsgründe lieferte Bayern in diesen Stellungnahmen , damit Bayern von der Zulassung für GVO-Anbau ausgenommen werden kann? c) Welche Gründe wird Bayern zukünftig liefern? 3. Gesetzt den Fall, das geänderte Gentechnikgesetz sieht gemäß dem Vorschlag des Bundeslandwirtschaftsministers neben der rein bundesweiten Lösung auch die Möglichkeit vor, dass die Bundesländer einzeln vom Opt-Out Gebrauch machen können und dass dieser Fall eintritt, weil sich in einem bestimmten Fall auf Bundesebene kein Anbauverbot realisieren lässt, frage ich die Staatsregierung, wie Bayern sicherstellen wird, dass es über die Grenzen des Freistaats Bayern keinen Eintrag von GVO nach Bayern geben wird, wenn Bayern den Anbau ablehnt, ein Nachbarbundesland jedoch nicht? 4. Welche Sicherheit hat Bayern, auf Länderebene von einer Zulassung zum Anbau ausgenommen werden zu können, wenn die dafür nötigen Gründe auf Bundesebene nicht zu einem GVO-Anbauverbot führen konnten? 5. Mit welchem Bürokratieaufwand und mit welchen Kosten rechnet Bayern für Beschränkungs- und Verbotsmöglichkeiten auf Länderebene? 6. a) Gibt es in Bayern Standorte, an denen der Anbau von GVO zu Forschungszwecken erfolgt? b) Falls ja, welche GVO werden an welchen Standorten angebaut? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 18.11.2015 1. a) Wurden der Staatsregierung oder der zuständigen obersten Landesbehörde seitens des BMEL oder anderer Bundesbehörden bzw. -ministerien bereits Anträge oder Anmeldungen zum Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen zum Anbau mit der Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt? b) Falls ja, wann und für welche gentechnisch veränderten Organismen? Mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom 21.08.2015 wurde das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gebeten, zu den acht Maislinien TC1507, Bt11, 59122 „Herkulex“, 1507 x 59122, MON810, GA21, Bt11 x MIR604 x GA21 und MIR604 eine Stellungnahme abzugeben. 2. a) Hat Bayern dem BMEL oder anderen Bundesbehörden bzw. -ministerien daraufhin Stellungnahmen zukommen lassen (bitte einzeln aufführen)? Es wurde eine Stellungnahme gegenüber dem BMEL zu allen vorgenannten Maislinien abgegeben. b) Welche Begründungen bzw. regionaltypischen Untersagungsgründe lieferte Bayern in diesen Stellungnahmen , damit Bayern von der Zulassung für GVO-Anbau ausgenommen werden kann? Folgende Gründe wurden mitgeteilt: Ziel der Agrar- und Umweltpolitik Bayerns ist es, dass auf bayerischem Staatsgebiet keine gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP) angebaut werden. Bayern ist seit fast sechs Jahren gentechnikanbaufrei und setzt sich dafür ein, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.01.2016 17/9102 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9102 es auch zukünftig zu bleiben. Der Landtag hat mehrfach Anbauverbote für GVP im Sinne der auf EU-Ebene vereinbarten Opt-Out-Regelung gefordert. Der GVP-Anbau ist nicht vereinbar mit der in Bayern üblichen und bewährten Nutzung des Bodens. Er kann dort beispielsweise den konventionellen Anbau, den Ökolandbau und die Imkerei schädigen und so die Lebensqualität beinträchtigen. Die Qualität landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus heimischer Produktion darf nicht dadurch gefährdet werden, dass diese infolge des Anbaus von gentechnisch veränderten Maispflanzen verunreinigt werden. Der Anbau von Mais ist in allen Landesteilen Bayerns weitverbreitet. Mais wurde 2014 auf 557.200 ha von insgesamt 3.141.200 ha landwirtschaftlicher Fläche angebaut. Das entspricht einem Anteil von 17,7 %. Zusätzliche Kosten für Kontrollen inländischer Produkte auf GVO gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Landwirtschaft . Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung in Bayern lehnt den Anbau von gentechnisch verändertem Mais ab. Dessen Anbau würde eine Belastung für die öffentliche Ordnung in Bayern darstellen. c) Welche Gründe wird Bayern zukünftig liefern? Die Richtlinie (EU) 2015/412 führt in Artikel 1 Ziffer 2 folgende Gründe an: a) umweltpolitische Ziele, b) Stadt- und Raumordnung, c) Bodennutzung, d) sozioökonomische Auswirkungen, e) Verhinderung des Vorhandenseins von GVO in anderen Erzeugnissen, f) agrarpolitische Ziele, g) öffentliche Ordnung. Welche Gründe zukünftig ins Feld geführt werden können, hängt von den GVP ab, für die eine Anbauzulassung beantragt wird. 3. Gesetzt den Fall, das geänderte Gentechnikgesetz sieht gemäß dem Vorschlag des Bundeslandwirtschaftsministers neben der rein bundesweiten Lösung auch die Möglichkeit vor, dass die Bundesländer einzeln vom Opt-Out Gebrauch machen können und dass dieser Fall eintritt, weil sich in einem bestimmten Fall auf Bundesebene kein Anbauverbot realisieren lässt, frage ich die Staatsregierung , wie Bayern sicherstellen wird, dass es über die Grenzen des Freistaats Bayern keinen Eintrag von GVO nach Bayern geben wird, wenn Bayern den Anbau ablehnt, ein Nachbarbundesland jedoch nicht? Die Bundesregierung hat nach Beteiligung der Länder der EU-Kommission die Aufforderung übermittelt, das gesamte deutsche Hoheitsgebiet vom Anbau der acht o. a. Maislinien auszuschließen. Neue Anträge für den Anbau von GVP liegen in der EU nicht vor. Der in der Frage angenommene Fall wird deshalb in absehbarer Zeit nicht eintreten. 4. Welche Sicherheit hat Bayern, auf Länderebene von einer Zulassung zum Anbau ausgenommen werden zu können, wenn die dafür nötigen Gründe auf Bundesebene nicht zu einem GVO-Anbauverbot führen konnten? Die Bundesregierung und die Länder arbeiten derzeit daran, die Richtlinie (EU) 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen, umzusetzen. Davon werden die künftigen Handlungsmöglichkeiten der Länder abhängen. 5. Mit welchem Bürokratieaufwand und mit welchen Kosten rechnet Bayern für Beschränkungs- und Verbotsmöglichkeiten auf Länderebene? Der Aufwand kann derzeit nicht abgeschätzt werden, da keine Erfahrungen dazu vorliegen. 6. a) Gibt es in Bayern Standorte, an denen der Anbau von GVO zu Forschungszwecken erfolgt? Nein. b) Falls ja, welche GVO werden an welchen Standorten angebaut? Entfällt.