Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Eva Gottstein FREIE WÄHLER vom 16.10.2015 Ärztliche Versorgung von psychisch kranken Straf tätern Ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 12.10.15 be fasst sich mit Unregelmäßigkeiten in der ärztlichen Versor gung von in der Forensik untergebrachten psychisch kran ken Straftätern. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche forensischen Einrichtungen für psychisch kranke Straftäter gibt es in Bayern (bitte aufgliedern nach Regie rungsbezirken)? 2. Wie viele Patienten sind dort jeweils untergebracht? 3. Welche ärztliche Versorgung wie Allgemeinärzte, Inter nisten, Kardiologen etc. wird in der jeweiligen Forensik angeboten? 4. Wie hoch ist dabei die Quote der jährlichen Überweisun gen an Ärzte/med. Einrichtungen außerhalb der jeweili gen Forensik? 5. Wie viele Fälle sind bekannt, in denen Angehörige vor Gericht gezogen sind, um Arztbesuche für einen Insas sen zu erkämpfen? 6. Wie viele Fälle sind bekannt, in denen Angehörige nach dem Tod eines Insassen wegen mangelnder ärztlicher Versorgung rechtliche Schritte eingeleitet haben? 7. Aufgrund welcher gesetzlichen Regelung kann die He rausgabe von Krankenberichten an die Betroffenen bzw. nach Ableben an die Hinterbliebenen verweigert werden? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 03.12.2015 1. Welche forensischen Einrichtungen für psychisch kranke Straftäter gibt es in Bayern (bitte aufgliedern nach Regierungsbezirken)? 2. Wie viele Patienten sind dort jeweils untergebracht? In Bayern gibt es 14 forensische Einrichtungen verteilt auf die sieben Bezirke des Freistaats. Nachfolgender Tabelle sind die Bezirke, ihre jeweiligen Einrichtungen und deren jeweiliger durchschnittlicher Pati entenbestand im 3. Quartal 2015 zu entnehmen: Bezirk Maßregelvollzugs-Einrichtung Durchschnittlicher Patientenbestand im 3. Quartal 2015 Oberbayern IsarAmperKlinikum München Ost, Haar 351 IsarAmperKlinikum, Klinik Tauf kirchen 186 InnSalzachKlinikum Wasser burg, Gabersee 165 Niederbayern Klinikum Mainkofen 167 Forensischpsychiatrische Klinik Straubing 214 Oberpfalz Bezirkskrankenhaus Parsberg II 54 Bezirksklinikum Regensburg mit Parsberg III 285 Oberfranken Bezirkskrankenhaus Bayreuth 211 Mittelfranken Bezirksklinikum Ansbach 211 Klinik am Europakanal, Erlangen 133 Unterfranken Bezirkskrankenhaus Lohr a. Main 122 Bezirkskrankenhaus Werneck 67 Schwaben Bezirkskrankenhaus Günzburg 94 Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren 174 Bayern 2.434 3. Welche ärztliche Versorgung wie Allgemeinärzte, Internisten , Kardiologen etc. wird in der jeweiligen Forensik angeboten? Die Staatsregierung weist darauf hin, dass alle als Arzt täti gen Personen die für die Berufszulassung notwendigen the oretischen und praktischen Bestandteile in verschiedenen medizinischen Gebieten erfolgreich absolviert haben und daher die Anforderungen zur Berufsausübung als Arzt um fassend erfüllen. Daher ist bereits durch die Anwesenheit der Fachärzte oder der Fachärztinnen für Psychiatrie und Psychotherapie eine allgemeinmedizinische zeitnahe Ver sorgung der Patienten und Patientinnen in den Maßregel vollzugseinrichtungen gewährleistet. Darüber hinaus wird diese Basisversorgung in jeder der Maßregelvollzugseinrichtungen auf unterschiedliche Weise vollumfänglich weiter fachärztlich unterstützt. So sind bei einigen forensischen Kliniken Fachärzte oder Fachärztin Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.01.2016 17/9350 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9350 nen für Allgemein oder Innere Medizin fest angestellt. Meist befindet sich die forensische Klinik an einem Standort mit weiteren bezirklichen Gesundheitseinrichtungen, sodass Fachärzte oder Fachärztinnen für Allgemein oder Innere Medizin auf dem Gelände, auf dem sich die Forensik befin det, tätig sind und diese regelmäßig Sprechstunden in der Forensik durchführen. Außerdem stehen dort auch weitere somatische Disziplinen wie Neurologie und vereinzelt auch Orthopädie und Chirurgie zur Verfügung. Ferner wird bei Bedarf in allen Bereichen auf niederge lassene Vertragsärzte und Vertragsärztinnen der Fachrich tungen Chirurgie, Orthopädie, Ophthalmologie (Augenheil kunde), Dermatologie und Urologie zurückgegriffen, welche zum Teil auch feste Sprechstunden in einzelnen Einrichtun gen anbieten. Eine weiterführende fachspezifische statio näre Versorgung wird ebenso durch Kooperation mit Kran kenhäusern anderer Träger gewährleistet. 4. Wie hoch ist dabei die Quote der jährlichen Überweisungen an Ärzte/med. Einrichtungen außerhalb der jeweiligen Forensik? Zu dieser Fragestellung wurde über das Zentrum Bayern Familie und Soziales – Amt für Maßregelvollzug eine Stel lungnahme des Bayerischen Bezirketags eingeholt. Der Bayerische Bezirketag hat keine Aufschlüsselung nach den jeweiligen Einrichtungen vorgenommen, sondern Folgendes mitgeteilt: Der Bedarf an Überweisungen an Ärzte und medizini sche Einrichtungen außerhalb der Forensik hängt zunächst einmal von der Größe der Forensik und der deswegen dort vorgehaltenen somatischen Versorgung selbst ab. Der Be darf an somatischer Diagnostik und Behandlung ergibt sich zudem aus der Zusammensetzung der Patienten und Pa tientinnen. Je nach forensischer Klinik wurde bei 71 % bis 100 % der Patienten, die sich aktuell in der Maßregelvoll zugseinrichtung befinden, in den letzten sechs Monaten eine Untersuchung und/oder Behandlung von Ärzten und medizinischen Einrichtungen außerhalb der Forensik durch geführt. Darin sind die obligatorischen Aufnahme und Spe ziallaboruntersuchungen, aber auch apparatetechnische Diagnostik enthalten. Zum Teil werden Untersuchung und Behandlung durch externe Fachärzte, jedoch innerhalb der Forensik erbracht. Patienten mit einer höheren Lockerungsstufe werden dazu aufgefordert, selbstständig Kontakt zu einem Facharzt ihrer Wahl in ihrer Wohnortnähe aufzunehmen, der nach der Entlassung die (fach)ärztliche Versorgung weiterführt. 5. Wie viele Fälle sind bekannt, in denen Angehörige vor Gericht gezogen sind, um Arztbesuche für einen Insassen zu erkämpfen? Der Staatsregierung sind keine Fälle bekannt. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei unterge brachten Personen, die sich aufgrund einer strafrechtlichen Entscheidung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt befinden, nicht um „Insassen“, sondern um Patienten und Patientinnen handelt. 6. Wie viele Fälle sind bekannt, in denen Angehörige nach dem Tod eines Insassen wegen mangelnder ärztlicher Versorgung rechtliche Schritte eingeleitet haben? Der Staatsregierung sind keine Fälle bekannt. Im Übrigen siehe Hinweis zu Frage 5. 7. Aufgrund welcher gesetzlichen Regelung kann die Herausgabe von Krankenberichten an die Betroffenen bzw. nach Ableben an die Hinterbliebenen verweigert werden? Mit Inkrafttreten des neuen Bayerischen Maßregelvollzugs gesetzes (BayMRVG) zum 1. August 2015 wurde in Art. 33 der Anspruch auf Akteneinsicht geregelt. Danach kann Akteneinsicht der untergebrachten Person gewährt werden, soweit dies ohne Verletzung schutzwürdiger Belange an derer Personen möglich ist oder soweit das Interesse der untergebrachten Person an der Akteneinsicht die schutz würdigen Belange anderer Personen überwiegt. Der unter gebrachten Person kann die Einsicht nur versagt werden, wenn eine Verständigung mit ihr wegen ihres Gesundheits zustands nicht möglich ist oder soweit die Auskunft oder Einsicht nicht ohne erhebliche Nachteile für ihren Gesund heitszustand oder ihre Therapieaussicht wäre. Hinterbliebene einer untergebrachten Person können nach den Maßgaben des § 630 g des Bürgerlichen Gesetz buches (BGB) Einsicht in die Patientenakte nehmen. Danach können die Erben zur Wahrnehmung vermögensrechtlicher Interessen Einsicht nehmen sowie nächste Angehörige, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Ausge schlossen sind diese Rechte, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten oder der Patientin entgegensteht.