Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.10.2015 Sicherung von Schienen-Güterverladestellen Nach übereinstimmenden Medienberichten wird die Deutsche Bahn AG im Bereich Güterverkehr erhebliche Einsparungen vornehmen. Neben Arbeitsplätzen sind auch Verladestellen im Schienennetz von der Stilllegung bedroht. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über die Einsparungspläne der Deutschen Bahn AG vor? 2. Welche Auswirkungen hätte die Schließung von Güterverladestellen auf das angestrebte Ziel, Güter von der Straße auf umweltfreundlichere Verkehrsträger zu verlagern ? 3. Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, Verladestellen als Zugang zum Verkehrsträger Schiene dauerhaft zu sichern? 4. Inwieweit gibt es Initiativen der Staatsregierung, über neue Gleisanschlüsse Verkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern? 5. Durch welche geeigneten Maßnahmen soll der Güterverkehr nach Auffassung der Staatsregierung stärker auf die Schiene verlagert werden? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.12.2015 Vorbemerkung: Es handelt sich bei der Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn AG (DB) um einen eigenwirtschaftlichen Leistungsbereich , der vom Tochterunternehmen DB Schenker Rail erbracht wird. DB Schenker Rail agiert als ein am Markt tätiges Güterverkehrsunternehmen eigenständig und ergebnisorientiert nach wirtschaftlichen Kriterien. Der Schienengüterverkehr fällt unter die Kompetenz des Bundes. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über die Einsparungspläne der Deutschen Bahn AG vor? Der Staatsregierung liegen über die aktuellen Einsparungspläne der Deutschen Bahn AG keine eigenen Erkenntnisse vor. Presseberichten zufolge plant die DB AG angesichts anhaltender Verluste bei DB Schenker Rail eine Umstrukturierung des Schienengüterverkehrs. Die Schließung von Verladestellen und ein Stellenabbau stehen demnach im Raum. 2. Welche Auswirkungen hätte die Schließung von Güterverladestellen auf das angestrebte Ziel, Güter von der Straße auf umweltfreundlichere Verkehrsträger zu verlagern? Die geplanten Maßnahmen der DB entsprechen gängigen betriebswirtschaftlichen Überlegungen und werden nicht das erste Mal beschritten (Marktorientiertes Angebot Cargo (MORA C) aus dem Jahr 2001). Volkswirtschaftlich und verkehrspolitisch sind sie ein Rückschritt in Richtung Transportrückverlagerung auf die Straße, da u. a. regionale Zugänge zum Schienengüterverkehr verloren gehen. Ein Rückzug aus der Fläche gefährdet auch das Aufkommen für die Schienenlangstrecke. Die Ziele Entlastung der Straßen vom Schwerlastverkehr, Sicherheit und Umweltschutz werden dadurch nicht befördert. 3. Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, Verladestellen als Zugang zum Verkehrsträger Schiene dauerhaft zu sichern? Verladestellen werden dann eher aufrechterhalten, wenn über sie ausreichendes Transportaufkommen abgewickelt werden kann. Die Staatsregierung unterstützt seit Jahren verschiedene Logistikkonzepte, die in diese Richtung zielen . So wurde z. B. im Rahmen des Projektes InnoVersys die Bündelung von Transporten mehrerer Unternehmen in der EuRegio Salzburg/Berchtesgadener Land/Traunstein vorangetrieben, indem zur Bestimmung verlagerungsfähiger Mengen Unternehmen und Gleisanschließer befragt wurden , um günstige Ganzzugverbindungen zu etablieren. Um die Potenziale zu erhöhen, wird das Thema aktuell im Rahmen eines Projektes Marktplatz Schienengüterverkehr, das dazu dient, den Zugang zum System Schiene zu erleichtern Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.01.2016 17/9362 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9362 und die oft nicht bekannten Möglichkeiten transparent zu machen, fortgesetzt. 4. Inwieweit gibt es Initiativen der Staatsregierung, über neue Gleisanschlüsse Verkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern? Bei der Nutzung von Güterbahnen handelt sich um eine ausschließliche Aufgabe des Bundes bzw. der DB Netz AG als Eigentümerin der Schieneninfrastruktur. Der Bund fördert den Neu- und Ausbau bzw. die Reaktivierung von privaten Gleisanschlüssen (Gleisanschlussrichtlinie). Der Freistaat Bayern fördert ergänzend die notwendigen planerischen Maßnahmen im Vorfeld der Errichtung von Anschlussgleisen von Unternehmen an das öffentliche Bahnnetz bis zur Förderantragstellung. Gerade letzteres stellt nicht nur für kleine und mittlere Unternehmen eine Herausforderung dar und kann inzwischen nur noch von externen Beratern geleistet werden. Von Erweiterungs- oder Neubaumaßnahmen würde wegen des schwierigen Verfahrens sonst teilweise Abstand genommen. Aktuell unterstützt die Staatsregierung drei Standorte in Bayern. Zwei Projekte sind infolge aktiver Präsenz im Rahmen der Messe transport logistic 2015 in München hervorgegangen. Nachdem die DB AG nicht mehr als Ansprechpartner für Nutzer privater Gleisanschlüsse zur Verfügung steht, müssen Unternehmen die regulatorischen Vorgaben für die Reaktivierung eines Gleisanschlusses oder die Planung eines neuen Gleisanschlusses ohne Hilfe der Bahn bewältigen. Der Freistaat Bayern hat daher von Beginn an die Erfahrungsaustauschgruppe (ERFA) Gleisanschluss des Logistik-Kompetenz-Zentrums (LKZ) in Prien, des Fraunhofer -Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) und dem Ingenieurbüro Anschlussbahnprofis unterstützt. Inzwischen ist die dritte Gruppe in Vorbereitung und ein Netzwerk entstanden , in dem interessierte Unternehmen bei regelmäßigen Informationsveranstaltungen ihre Erfahrungen und Ideen im Zusammenhang mit Gleisanschlüssen branchenübergreifend austauschen und so effektiv voneinander lernen und profitieren können. Auch in diesem Rahmen stehen die Vertreter der Staatsregierung als aktive Unterstützer zur Verfügung. 5. Durch welche geeigneten Maßnahmen soll der Güterverkehr nach Auffassung der Staatsregierung stärker auf die Schiene verlagert werden? Verkehrsstudien prognostizieren weiter erhebliche Zuwachsraten im Güterverkehrsaufkommen. Um diesen Mehrverkehr zu bewältigen, muss der Transport so weit wie möglich auf umweltfreundliche Verkehrsträger verlagert und dazu der Übergang zwischen den Verkehrsträgern erleichtert werden. Ferner sind die Leistungsfähigkeit und der Einsatz der einzelnen Verkehrsträger zu optimieren. Als konkrete Maßnahmen werden seitens der Staatsregierung verfolgt: – Ausbau der Schieneninfrastruktur Bayern hat bei seinen Schienenprojekt-Anmeldungen zum bevorstehenden neuen Bundesverkehrswegeplan (siehe beigefügte Liste) einen deutlichen Schwerpunkt auf die Schließung von Elektrifizierungslücken und die internationalen Verbindungen gesetzt. Elektrifizierte Schienenstrecken sind für den Schienengüterverkehr um ein Vielfaches attraktiver und wettbewerbsfähiger. Zudem sind für ein exportorientiertes Land wie Bayern leistungsfähige Bahnstrecken zu den Handelspartnern essenziell, will man möglichst viel Transport über die Schiene abwickeln . – Förderung der Errichtung von Gleisanschlüssen, Umschlaganlagen und Güterverkehrszentren (GVZ) Im Schienengüterverkehr gibt es Ganzzüge von Großabnehmern , Wagenladungsverkehr mit Bündelung einzelner Waggons von verschiedenen Kunden und Kombinierten Verkehr unter Nutzung von Umschlaganlagen. Die Staatsregierung unterstützt Kommunen und Unternehmen bei der Errichtung von Gleisanschlüssen, Umschlaganlagen für den Kombinierten Verkehr bis hin zu GVZ. Es stehen in Bayern jährlich, seit 2012 zunächst bis einschließlich 2016, Fördermittel von ca. 3 Mio. Euro zur Verfügung. Damit können i. d. R. alle Förderanfragen bedient werden. Die bayerische Förderung ergänzt die Mittel des Bundes (ca. 106 Mio. Euro für Errichtung von Umschlaganlagen und privaten Gleisanschlüssen). Anfang 2015 konnte das modernste GVZ in Bayern in Burghausen in Betrieb genommen werden. Aktuell unterstützt die Staatsregierung die Entstehung von Anlagen z. B. in Augsburg, Hof und Regensburg. Bayern verfügt im deutschlandweiten Vergleich über eines der leistungsfähigsten Netze im Bereich der Umschlagbahnhöfe und GVZ. – Innovative Logistikkonzepte Ein weiteres Augenmerk legt der Freistaat auf innovative logistische Projekte zur optimierten Abwicklung des Güterverkehrs . Dabei geht es vor allem um Konzepte zur intelligenten Nutzung der Infrastruktur durch die Kombination aller Verkehrsträger und den Einsatz neuer Technologien . Ein Beispiel für ein innovatives Logistikprojekt ist die bayerisch-hamburgische Kooperation Hafen Hamburg 62+. Hier haben sich 16 Partner mit der Frage beschäftigt , wie der Anteil der Eisenbahn am Container-Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens mit Bayern auch im Hinblick auf den zu erwartenden Mengenzuwachs der kommenden Jahre weiter gesteigert werden kann. Dazu wurden Verkehrsstatistiken ausgewertet, Ladungsströme analysiert und fast 50 Unternehmen der verladenen und transportierenden Wirtschaft einbezogen. Die von den Projektpartnern gemeinschaftlich identifizierten Ansatzpunkte für eine weitere Stärkung der Schiene entlang der Transportkette führten schon kurze Zeit nach Abschluss des Projektes zur Steigerung des Schienenanteils zwischen Bayern und Hamburg von 62 auf 67 Prozent. Derzeit läuft ein Folgeprojekt (HH 67+), in dem der aktuelle Stand der Maßnahmen abgefragt und weiterentwickelt werden soll. In einem anderen Förderprojekt wurde z. B. ein holzverarbeitendes Unternehmen mit einem optimierten Nutzungskonzept dabei unterstützt, seinen bestehenden Gleisanschluss durch Öffnung für Dritte besser auszulasten . Ein Beispiel für den Einsatz neuer Technologien ist das Projekt NIKRASA der Bayernhafen Gruppe, der TX Logistik und dem LKZ Prien. Ziel ist es, in den bestehenden Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs auch Sattelauflieger kranbar zu machen, die keine Vorrichtung für den Umschlag aufweisen. Dadurch soll der Anteil des kombinierten Verkehrs am Modal Split maßgeblich erhöht werden. Nach den Anschubförderungen durch den Freistaat Bayern konnte in nur zwei Jahren eine zertifizierte, einsatzreife Umschlagplatte entwickelt werden. Drucksache 17/9362 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Ein anderes Projekt beschäftigt sich z. B. mit der Verlagerung von Lebensmitteltransporten auf den Kombinierten Verkehr durch die Entwicklung einer EuroTrailer- Kühlversion, die es derzeit noch nicht auf dem Markt gibt. – Initiative „Vernetzte Mobilität im Güterverkehr“ Um an das Thema des Übergangs und der Schnittstellen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern im Güterverkehr systematisch heranzugehen, wurde im Frühjahr 2015 die Initiative „Vernetzte Mobilität“ gestartet. Ziel ist es, Optimierungspotenziale im Güterverkehr herauszuarbeiten und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten, die in überschaubarer Zeit umsetzbar sind. Im Güterverkehr hat sich, neben Engpässen in der Verkehrsinfrastruktur, vor allem ein Defizit in den Bereichen Information und Transparenz herausgestellt. Hier sollen konkrete Maßnahmen in Angriff genommen werden, um Gemeinden, Verladern, Transporteuren und Spediteuren gezielt die Funktionsweise und Stärken der Güterverlagerung auf die Schiene nahezubringen. Gearbeitet wird aktuell an der Sammlung von Lösungen für zielgruppenspezifische Problemfelder den Schienengüterverkehr betreffend und an einer Terminalkarte. Diese und andere Projekte sollen auf einer neuen „Internet-Informationsplattform Güterverkehr und Logistik in Bayern“ allen Akteuren im Güterverkehr zur Verfügung gestellt werden. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9362 An m el du ng en B ay er ns zu m B un de sv er ke hr sw eg ep la n 20 15 (S ch ie ne ni nf ra st ru kt ur pr oj ek te ) Pr oj ek tm aß na hm e im a kt ue lle n BV W P en th al te n im a kt ue lle n BV W P ni ch t e nt ha lte n be tr of fe ne R eg ie ru ng sb ez irk e AB S/ NB S N ür nb er g - Er fu rt (V DE 8 .1 ) x M itt el fra nk en /O be rfr an ke n AB S/ NB S H an au - Na nt en ba ch x Un te rfr an ke n AB S S tu ttg ar t - U lm - Au gs bu rg (G es ch wi nd igk ei ts er hö hu ng ) x Sc hw ab en AB S U lm - Fr ie dr ich sh af en - Lin da u / U lm - Lin da u - G re nz e D/ A x Sc hw ab en AB S M ün ch en - M üh ld or f - Fr ei las sin g G re nz e D/ A x Ob er ba ye rn AB S N ür nb er g - M ar kt re dw itz - Ho f / - Gr en ze D /C Z ( - P ra g) x M itt el fra nk en /O be rfr an ke n/ Ob er pf alz AB S N eu -U lm - Au gs bu rg (3 -g le isi ge r A us ba u) x Sc hw ab en AB S M ün ch en - Ro se nh ei m - Ki ef er sfe ld en G re nz e D/ A x Ob er ba ye rn AB S N ür nb er g - P as sa u - G re nz e D/ A x M itt el fra nk en /O be rp fa lz/ Ni ed er ba ye rn AB S M ün ch en - Lin da u - G re nz e D/ A x Ob er ba ye rn /S ch wa be n Kn ot en M ün ch en x Ob er ba ye rn Kn ot en N ür nb er g x M itt el fra nk en Kn oe n Au gs bu rg x Sc hw ab en Kn ot en In go lst ad t x Ob er ba ye rn Kn ot en R eg en sb ur g x Ob er pf alz Kn ot en P as sa u x Ni ed er ba ye rn 2- gle isi ge r A us ba u Bu ch lo e - T ür kh ei m Sc hw ab en 3- gle isi ge r A us ba u Au gs bu rg - Ge ss er ts ha us en x Sc hw ab en Be sc hl eu ni gu ng u nd El ek tri fiz ie ru ng M ün ch en - Re ge ns bu rg - Fu rth i. 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