Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.01.2014 Verbindungen des militanten Neonazi-Netzwerks „Objekt 21“ nach Bayern Seit Oktober 2013 muss sich eine Gruppe Neonazis vor dem Landgericht Wels in Oberösterreich u. a. wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verantworten. Der Gruppe , die dem Neonazi-Netzwerk rund um den „Freizeit- und Kulturverein Objekt 21“ entstammt, wird darüber hinaus die Bildung einer kriminellen Bande, Körperverletzung, Brandstiftung , Erpressung, Drogenhandel und Förderung der Prostitution vorgeworfen. Außerdem ist in der Anklage von illegalem Waffenbesitz die Rede. Neben österreichischen Staatsbürgern wird auch gegen deutsche Neonazis ermittelt . Drei Bundesbürger sind zwischenzeitlich in diesem Zusammenhang verhaftet worden. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen das Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ wurden zudem in den thüringischen Orten Crawinkel, Ballstädt und in Erfurt Neonazi-Immobilien durchsucht. Dabei wurden laut Medienberichten „mindestens ein Sturmgewehr mit Munition , zwei Maschinenpistolen der Marke Uzi, ein Colt ‚Double Eagle‘, 15 Patronen Kaliber 9 mm sowie diverse Schlagwaffen “ sichergestellt (Spiegel Online, 30.08.13). Nach ersten Erkenntnissen aus den Prozessen gegen Mitglieder des „Objekt 21“ und laut entsprechender Medienberichte beschränken sich die Verbindungen nach Deutschland jedoch nicht auf Thüringen. In einem Artikel der Berliner Zeitung ist von „engen Verbindungen nach Bayern und Thüringen“ die Rede. Insgesamt seien der Kameradschaft „rund 30 Mitglieder und etwa 200 Anhänger aus Österreich und Deutschland“ zuzuordnen (Berliner Zeitung, 22.10.13). Auch Spiegel Online spricht von „tatkräftiger Unterstützung aus Deutschland“ beim „gezielte[n] Aufbau eines mafiösen Netzwerkes“ (Spiegel Online, 30.08.13). Die „Hilfe mehrerer deutscher Kameraden bei Straftaten“ sei „aktenkundig“ (ebd.). Insbesondere Mitglieder des „Freien Netzes Süd“ und der „Aktionsgruppe Passau“ hätten „vielfältige Kontakte “ zum „Objekt 21“ (neues deutschland, 08.11.13). Zudem lägen den österreichischen Ermittlern Erkenntnisse darüber vor, dass „die Gruppe über bayerische Rockergruppen Kontakte in die Rotlichtszene“ geknüpft habe (Spiegel Online, 30.08.13). „Objekt 21“ stehe, so Spiegel Online, „für eine neue Dimension von organisierter, grenzüberschreitender Kriminalität von Rechtsaußen“ (ebd.). Die zahlreichen Waffenfunde und die Verbindungen nach Deutschland sind insbesondere vor dem Hintergrund der Taten des sog. „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) beunruhigend und könnten auf ein verzweigtes Netzwerk mit rechtsterroristischem Charakter hindeuten. Angesichts dieser Erkenntnisse ist es umso erstaunlicher und ebenso beunruhigend, dass die Staatsregierung in der Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sepp Dürr vom 07.02.13 erklärte, dass den Sicherheitsbehörden „keine Erkenntnisse“ darüber vorlägen, „dass die Gruppierung als solche in Bayern in Erscheinung getreten ist“ (Drs. 16/15615). Es ist lediglich davon die Rede, dass Mitglieder der Gruppe „vereinzelt strafrechtlich in Erscheinung getreten “ seien. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Beziehungen bayerischer Neonazigruppen, Rockergruppen und Personen der extremen Rechten zum Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ bzw. zu den jetzt in Österreich angeklagten Neonazis vor? b) Haben im Zusammenhang mit der Aufdeckung des Neonazi-Netzwerks „Objekt 21“ auch in Bayern Ermittlungen stattgefunden (falls ja, mit welchem Ergebnis)? c) Beobachten die Staatsregierung bzw. bayerische Sicherheitsbehörden den Prozess in Österreich und sind bayerische Behörden regelmäßig vor Ort vertreten? 2. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Beziehungen bayerischer Neonazigruppen, Rockergruppen und Personen der extremen Rechten zu den im Rahmen der Prozesse gegen das Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ angeklagten deutschen Staatsbürgern vor? b) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Beziehungen bayerischer Neonazigruppen, Rockergruppen und Personen der extremen Rechten zu den thüringischen Neonazi-Gruppierungen – insbesondere zur „Hausgemeinschaft Jonastal“ – vor, die enge Verbindungen zu den im Rahmen der Prozesse gegen das Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ angeklagten deutschen Staatsbürgern haben? 3. a) In wie vielen Fällen sind Mitglieder des Neonazi-Netz- werks „Objekt 21“ bzw. die weiteren Angeklagten in Bayern strafrechtlich in Erscheinung getreten (bitte unter Nennung der Straftat, Ort und Datum der Strafbegehung )? b) Welchen Ausgang nahmen die jeweiligen Ermittlungen ? 4. a) Inwieweit liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, dass bayerische Neonazis oder Rockergruppen, die mit dem Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ in Kontakt stehen, in Bayern in Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität verwickelt sind (bitte unter Nennung der Straftat, Ort und Datum der Strafbegehung )? b) Welchen Ausgang nahmen die jeweiligen Ermittlungen? 5. a) Inwieweit unterstützen die bayerischen Sicherheitsbe- hörden im Hinblick auf das Neonazi-Netzwerk „Objekt Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.04.2014 17/938 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/938 21“ die Strafverfolgungsbehörden in Österreich z. B. durch die Bereitstellung von Informationen und Unterlagen ? b) Hat es im Vorfeld der Festnahmen einen Austausch bayerischer und österreichischer Sicherheitsbehörden zu den grenzüberschreitenden Aktivitäten von Nazigruppen aus beiden Ländern gegeben? c) Gibt es einen generellen und regelmäßigen Austausch zum Thema Rechtsextremismus zwischen Bayern und Österreich? 6. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über die grenzüberschreitende Kooperation von Neonazis aus Bayern und Österreich (speziell aus den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg ) und insbesondere über organisierte, grenzüberschreitende Kriminalität von Rechtsaußen vor? b) Wie schätzt die Staatsregierung grundsätzlich die Gefahr ein, die von der grenzüberschreitenden Kooperation von Neonazis aus Bayern und Österreich (speziell aus den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg) und insbesondere von organisierter , grenzüberschreitender Kriminalität von Rechtsaußen ausgeht? c) Mithilfe welcher Maßnahmen versucht die Staatsregierung , diese Gefahr – insbesondere im Austausch mit den österreichischen Sicherheitsbehörden – einzudämmen ? 7. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung grundsätzlich über grenzüberschreitende Kooperationen von Neonazis und insbesondere über organisierte , grenzüberschreitende Kriminalität von Rechtsaußen vor? b) Wie schätzt die Staatsregierung grundsätzlich die Gefahr ein, die von der grenzüberschreitenden Kooperation von Neonazis und insbesondere von organisierter, grenzüberschreitender Kriminalität von Rechtsaußen ausgeht? c) Mithilfe welcher Maßnahmen versucht die Staatsregierung , diese Gefahr – insbesondere im Austausch mit den Sicherheitsbehörden anderer Länder – einzudämmen ? 8. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über die Verbindungen der bayerischen Neonazi-Szene zur organisierten Kriminalität – und insbesondere zur (bayerischen) Rockerszene – vor? b) Wie schätzt die Staatsregierung grundsätzlich die Gefahr ein, die von den Verbindungen der bayerischen Neonazi-Szene zur organisierten Kriminalität – und insbesondere zur (bayerischen) Rockerszene – ausgeht ? c) Mithilfe welcher Maßnahmen versucht die Staatsregierung , diese Gefahr einzudämmen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 28.02.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Beziehungen bayerischer Neonazigruppen, Rockergruppen und Personen der extremen Rechten zum Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ bzw. zu den jetzt in Österreich angeklagten Neonazis vor? Diesbezüglich verweisen wir auf die Anfrage zum Plenum des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (LT-Drs. 16/15615) und auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei „Die Linke“ aus dem Jahr 2013, die durch die Bundesregierung beantwortet wurde (BT-Drs. 18/103). Seit der letzten Plenumsanfrage des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr aus dem Jahr 2013 sind beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) keine neuen Erkenntnisse zu Beziehungen von bayerischen Rechtsextremisten zu dem als Neo- nazi-Netzwerk „Objekt 21“ bzw. zu den jetzt in Österreich angeklagten Neonazis bekannt geworden. Es liegen polizeiliche Erkenntnisse vor, dass einzelne Personen im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Niederbayern, die im Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität im Phänomenbereich Rechts bereits in Erscheinung getreten sind, aufgrund der örtlichen Nähe grenzüberschreitende Kontakte zu Angehörigen der österreichischen Gruppierung „Objekt 21“ hatten. Zudem nahmen mehrere Mitglieder des „Objekt 21“ an Versammlungen bzw. Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene in Niederbayern teil. b) Haben im Zusammenhang mit der Aufdeckung des Neonazi-Netzwerks „Objekt 21“ auch in Bayern Ermittlungen stattgefunden (falls ja, mit welchem Ergebnis)? Anlässlich der Ermittlungen der österreichischen Behörden zur Gruppierung „Objekt 21“ wurden seitens der Polizei in Bayern präventive Personen- und Strukturermittlungen intensiviert . Dadurch konnten bereits vorhandene polizeiliche Erkenntnisse verifiziert werden. Bei den bayerischen Staatsanwaltschaften sind bisher keine Verfahren bekannt geworden, die einen Zusammenhang mit der Organisation „Objekt 21“ erkennen lassen bzw. in denen diese Organisation verfahrenserheblich genannt wurde. Die bayerischen Staatsanwaltschaften haben in den vergangenen Jahren allerdings zahlreiche Verfahren gegen Personen geführt, die aus polizeilicher Sicht mit der Organisation „Objekt 21“ in Verbindung stehen bzw. damit in Verbindung gebracht werden. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die Antworten zu den Fragen 3 a und 3 b Bezug genommen. c) Beobachten die Staatsregierung bzw. bayerische Sicherheitsbehörden den Prozess in Österreich und sind bayerische Behörden regelmäßig vor Ort vertreten? Eine Prozessbeobachtung oder -begleitung erfolgt weder durch die Staatsregierung noch durch bayerische Sicherheitsbehörden . Für bayerische Sicherheitsbehörden rele- Drucksache 17/938 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 vante Informationen werden im Rahmen der engen Zusammenarbeit zwischen den österreichischen und bayerischen Sicherheitsbehörden übermittelt. 2. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Beziehungen bayerischer Neonazigruppen, Rockergruppen und Personen der extremen Rechten zu den im Rahmen der Prozesse gegen das Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ angeklagten deutschen Staatsbürgern vor? Eine Auswertung des Telefonspeichers eines der deutschen Angeklagten ergab, dass dort u. a. Nummern von Personen aus Bayern gespeichert waren. Darunter befanden sich auch bayerische Rechtsextremisten. Der Angeklagte wurde abgesehen von seinen Verbindungen zum „Objekt 21“ und den daraus resultierenden Ermittlungen in Bayern allerdings nicht bekannt. Darüber hinaus liegen den bayerischen Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse über eine direkte Verbindung von bayerischen Rechtsextremisten zu den angeklagten deutschen Staatsbürgern im Zusammenhang mit der Gruppierung „Objekt 21“ vor. Allenfalls aus deren Umfeld gab es vereinzelte Kontakte nach Bayern. Keiner der in Österreich angeklagten deutschen Staatsangehörigen stammt aus Bayern. b) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Beziehungen bayerischer Neonazigruppen, Rockergruppen und Personen der extremen Rechten zu den thüringischen Neonazi-Gruppierungen – insbesondere zur „Hausgemeinschaft Jonastal“ – vor, die enge Verbindungen zu den im Rahmen der Prozesse gegen das Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ angeklagten deutschen Staatsbürgern haben? Dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) sind keine direkten Verbindungen der „Hausgemeinschaft Jonastal“ nach Bayern bekannt. Allenfalls aus deren Umfeld gab es einzelne Kontakte nach Bayern. Darüber hinaus liegen keine polizeilichen Erkenntnisse über Beziehungen bayerischer Rechtsextremisten zu thüringischen Neonazi-Gruppierungen vor, die enge Verbindungen zu den in Österreich angeklagten deutschen Staatsangehörigen haben. 3. a) In wie vielen Fällen sind Mitglieder des NeonaziNetzwerks „Objekt 21“ bzw. die weiteren Angeklagten in Bayern strafrechtlich in Erscheinung getreten (bitte unter Nennung der Straftat, Ort und Datum der Strafbegehung)? b) Welchen Ausgang nahmen die jeweiligen Ermittlungen ? Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs werden die Fragen 3 a und 3 b gemeinsam beantwortet. Gegen Personen, die nach polizeilicher Erkenntnis mit der Organisation „Objekt 21“ in Verbindung stehen bzw. in Verbindung gebracht werden, wurden, soweit ersichtlich, folgende Ermittlungs- bzw. Strafverfahren geführt: – Fahren ohne Fahrerlaubnis, begangen am 9. April 1996 im Bezirk des Amtsgerichts Traunstein. Geahndet mit Geldstrafe (30 Tagessätze zu je 80 €). Die Akte ist bereits ausgesondert. – Diebstahl, begangen am 22. Juli 1997 in Freilassing, sowie Beleidigung, begangen am 21. Mai 1998 in Freilas- sing, jeweils geahndet durch Strafbefehl. Ferner Verdacht der gefährlichen Körperverletzung, begangen am 11. Juli 1998; das Verfahren wurde durch das Gericht gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Akten der Staatsanwaltschaft Traunstein sind bereits ausgesondert. – Ermittlungsverfahren wegen versuchten Raubes, begangen am 2. Juli 2003, im Bereich Bernau am Chiemsee . Akten sind bereits ausgesondert. Es ist anzumerken, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. – Verstoß gegen das Versammlungsgesetz (Uniformverbot ), begangen am 16. August 2003 im Bezirk der Staatsanwaltschaft Hof, geahndet mit Geldstrafe (30 Tagessätze zu 15 €). – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen , gefährliche Körperverletzung und Bedrohung, begangen jeweils am 8. November 2003 in Burghausen. Die Verfahren wurden eingestellt aufgrund des Rechtsgrundsatzes „ne bis in idem“. – Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln, begangen am 9. April 2005 in Mühldorf a. Inn, geahndet mit Geldstrafe (50 Tagessätze zu je 25 €). – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Raum Regensburg. In dem im Jahr 2006 eingeleiteten Strafverfahren erfolgte eine Ahndung durch Geldstrafe (30 Tagessätze zu je 30 €). – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen , begangen am 7. April 2007 in Geiselhöring. Das Verfahren wurde gemäß § 153 a Abs. 1 StPO eingestellt . – Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, begangen am 25. Februar 2008 in Reischach. Das Verfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoß gegen das Waffengesetz, begangen am 22. April 2008 im Bezirk der Staatsanwaltschaft Hof. Das Verfahren wurde gemäß § 153 a StPO eingestellt. – Gefährliche Körperverletzung, begangen am 30. November 2008 in Freilassing. Das Verfahren wurde gemäß § 153 a StPO eingestellt. – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit zwei rechtlich zusammentreffenden Vergehen der Beleidigung, begangen am 3. Januar 2009 in Passau, geahndet mit Geldstrafe (40 Tagessätze zu je 20 €). – Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen sowie Verstoß gegen das Waffengesetz, begangen am 11. September 2010 im Raum Passau. Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO. – Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verwenden von Kennzeichen verfas- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/938 sungswidriger Organisationen und Verstoß gegen das Waffengesetz, begangen am 11. September 2010 auf der BAB A 3 Anschlussstelle Pocking. Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO. – Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, begangen am 12. September 2010 auf der BAB A 3 Anschlussstelle Pocking, geahndet mit Geldstrafe (50 Tagessätze zu je 20 €). – Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung, begangen am 29. Dezember 2012 auf der BAB A 8 bei Piding, geahndet mit Geldstrafe (85 Tagessätze zu je 50 €). – Gemeinschädliche Sachbeschädigung im Raum Passau. Das 2013 eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. – Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, begangen am 16. Juni 2013 in Tüßling. Das Verfahren wurde gemäß § 153 a StPO eingestellt. – Verstoß gegen das Waffengesetz, begangen am 16. Januar 2011 in Freyung. Das Verfahren wurde gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Ergänzend ist anzuführen, dass im Oktober 2013 bei der Staatsanwaltschaft Regensburg ein Ersuchen auf Ladung eines Zeugen in einem Verfahren des Landesgerichts Wels/ Oberösterreich wegen Verstoßes gegen § 3 g VerbotsG einging , dem entsprochen wurde. Weder gegen den Zeugen noch gegen den vor dem Landesgericht Wels Angeklagten waren bei der Staatsanwaltschaft Regensburg Verfahren anhängig. Ob das Ersuchen des Landesgerichts Wels im Zusammenhang mit dem in der Schriftlichen Anfrage genannten dortigen Verfahren steht, ist der Staatsanwaltschaft Regensburg nicht bekannt. 4. a) Inwieweit liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, dass bayerische Neonazis oder Rockergruppen , die mit dem Neonazi-Netzwerk „Objekt 21“ in Kontakt stehen, in Bayern in Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität verwickelt sind (bitte unter Nennung der Straftat, Ort und Datum der Strafbegehung)? b) Welchen Ausgang nahmen die jeweiligen Ermittlungen ? Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs werden die Fragen 4 a und 4 b gemeinsam beantwortet. Bei den bayerischen Staatsanwaltschaften haben sich bisher keine entsprechenden Erkenntnisse ergeben. Auch der bayerischen Polizei sind keine Rockergruppen bekannt, die mit dem Netzwerk „Objekt 21“ in Kontakt stehen. Lediglich eine einzelne Person, die in hier nicht näher bekanntem Zusammenhang mit dem „Objekt 21“ steht, ist laut Mitteilung der österreichischen Ermittlungsbehörden Angehöriger des Chapters einer OMCG (Outlaw Motorcycle Gang) in Bayern . Nach derzeitiger Erkenntnislage war diese Person aber nicht in Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität verwickelt. 5. a) Inwieweit unterstützen die bayerischen Sicherheitsbehörden im Hinblick auf das Neonazi-Netz- werk „Objekt 21“ die Strafverfolgungsbehörden in Österreich z. B. durch die Bereitstellung von Informationen und Unterlagen? Dem BayLfV liegen keine eigenen Erkenntnisse zu der in Österreich agierenden Gruppierung „Objekt 21“ bzw. deren Angehörigen vor. Die Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden erfolgt deshalb in erster Linie durch die bayerische Polizei. Auf dieser Ebene findet mit den österreichischen Behörden ein enger, anlassbezogener Erkenntnisaustausch statt. Am 10.04.2013 fand eine gemeinsame Besprechung zwischen dem Bundeskriminalamt, dem Bayerischen Landeskriminalamt , dem Landeskriminalamt Thüringen, dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und der Landespolizeidirektion Oberösterreich in Linz statt. Eine in diesem Rahmen vom österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung übergebene Namensliste zur Gruppierung „Objekt 21“ enthält sieben deutsche Staatsangehörige, von denen lediglich vier mit vollem Namen bekannt sind. Alle vier namentlich bekannten Personen stammen aus Thüringen. Bei den übrigen drei Personen liegen weder deutschen noch österreichischen Dienststellen Hinweise auf einen dauerhaften Aufenthalt oder Wohnsitz in Bayern vor. Zu 23 Personen der übergebenen Liste liegen in Bayern polizeiliche Erkenntnisse vor. Diese Erkenntnisse wurden den österreichischen Behörden durch das Bundeskriminalamt übermittelt und für die dortigen Ermittlungen zur Verfügung gestellt. b) Hat es im Vorfeld der Festnahmen einen Austausch bayerischer und österreichischer Sicherheitsbehörden zu den grenzüberschreitenden Aktivitäten von Nazigruppen aus beiden Ländern gegeben? Grundsätzlich findet ein Austausch zwischen bayerischen und österreichischen Sicherheitsbehörden sowohl im Rahmen von Besprechungen der Grenzbeauftragten als auch durch unmittelbare Kontakte des Bayerischen Landeskriminalamtes mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Wien sowie den Landesämtern für Verfassungsschutz der österreichischen Bundesländer statt, die an Bayern angrenzen. Dieser Austausch ist gängige Praxis und fand bereits vor den erfolgten Festnahmen statt. Zu einer gesonderten Informationsübermittlung im Vorfeld der Festnahmen bestand kein Anlass. c) Gibt es einen generellen und regelmäßigen Austausch zum Thema Rechtsextremismus zwischen Bayern und Österreich? Wie bereits zu Frage 5 b dargelegt, findet zwischen dem Bayerischen Landeskriminalamt und den Landesämtern für Verfassungsschutz der österreichischen Bundesländer, die an Bayern angrenzen, sowie mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung auf Führungsebene (Leiter der Staatsschutzabteilung im BLKA, Leiter der österreichischen Landesämter, Leiter des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ) ein unmittelbarer Informationsaustausch über alle Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität unter Berücksichtigung der jeweiligen polizeilichen Zuständigkeiten und rechtlichen Gegebenheiten statt. Im Bereich des Verfassungsschutzes obliegt die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten grund- Drucksache 17/938 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 sätzlich dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Unabhängig hiervon pflegt das BayLfV in Abstimmung mit dem BfV mit den Diensten der benachbarten Länder eine gute Zusammenarbeit. 6. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über die grenzüberschreitende Kooperation von Neonazis aus Bayern und Österreich (speziell aus den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg) und insbesondere über organisierte , grenzüberschreitende Kriminalität von Rechtsaußen vor? Vor allem im grenznahen Gebiet kommt es immer wieder zu einer punktuellen und räumlich beschränkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen deutschen und österreichischen Rechtsextremisten. So werden z. B. gegenseitig Treffen oder Veranstaltungen besucht. In den letzten Jahren erregte vor allem der Prozess gegen den österreichischen Rechtsextremisten Gottfried KÜSSEL in der bay- erischen rechtsextremen Szene größeres Interesse. Das Freie Netz Süd (FNS) berichtete auf seiner Homepage regelmäßig über den Fortgang des Prozesses. Aktivisten des FNS führten in Bayern wiederholt kleinere Aktionen durch, um auf den Prozess und die Verurteilung von KÜSSEL aufmerksam zu machen. Eine besondere grenzüberschreitende Kriminalität, die in den Bereich des Rechtsextremismus fällt und dazu dienen würde, rechtsextreme Strukturen zu fördern bzw. rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten, ist dem BayLfV nicht bekannt. Dem Bayerischen Landeskriminalamt liegen derzeit ebenfalls keine Erkenntnisse über grenzüberschreitende Kriminalität mit politischer Motivation im Phänomenbereich Rechts vor. Insbesondere liegen keine Erkenntnisse über grenzüberschreitende organisierte Kriminalität mit politischer Motivation im Phänomenbereich Rechts vor. b) Wie schätzt die Staatsregierung grundsätzlich die Gefahr ein, die von der grenzüberschreitenden Kooperation von Neonazis aus Bayern und Österreich (speziell aus den Bundesländern Oberösterreich , Salzburg, Tirol und Vorarlberg) und insbesondere von organisierter, grenzüberschreitender Kriminalität von Rechtsaußen ausgeht? Aufgrund des punktuellen und räumlich beschränkten Charakters der grenzüberschreitenden Kontakte und Zusammenarbeit geht das BayLfV zum jetzigen Zeitpunkt von keiner außergewöhnlichen Gefahr für die Sicherheitslage in Bayern aus. Das BayLfV legt aber ein besonderes Augenmerk auf grenzüberschreitende Aktivitäten bayerischer Rechtsextremisten. Auch wenn derzeit keine Erkenntnisse über grenzüberschreitende Kriminalität im Phänomenbereich Rechts vorliegen , werden gerade die Aktivitäten rechtsmotivierter Gruppierungen und Personen von den bayerischen Polizeibehörden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Verstöße gegen Rechtsvorschriften werden konsequent verfolgt und auch präventive Maßnahmen im Rahmen der Rechtslage fortlaufend geprüft. c) Mithilfe welcher Maßnahmen versucht die Staatsregierung , diese Gefahr – insbesondere im Austausch mit den österreichischen Sicherheitsbehörden – einzudämmen? Auf die Antworten zu den Fragen 1 b, 5 b und 5 c wird verwiesen . 7. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung grundsätzlich über grenzüberschreitende Kooperationen von Neonazis und insbesondere über organisierte , grenzüberschreitende Kriminalität von Rechtsaußen vor? Grundsätzlich sind dem BayLfV im Bereich des Rechtsextremismus mehrere Formen der grenzüberschreitenden Kooperation bekannt. Diese reichen von losen einzelnen Kontakten, die auf persönlichen Kennverhältnissen beruhen , über die gelegentliche Teilnahme an Veranstaltungen jenseits der Grenze und gegenseitige Besuche bis hin zu einer organisierten Zusammenarbeit im „Deutsch-Böhmischen Freundeskreis“. Als Beispiel für die Besuche bzw. die Teilnahme an rechtsextremistischen Veranstaltungen im Ausland können hier wiederholte Teilnahmen von bayerischen Aktivisten am „Tag der Ehre“ in Budapest und den rechtsextremistischen Gedenkveranstaltungen zur Bombardierung von Dresden in Tschechien sowie die Teilnahme am „Imia Marsch“ in Athen und die Beteiligung bayerischer Skinheads und Skinheadbands an den Musikfestivals der Skinheadgruppe Veneto Fronte (Raum Verona, Vicenza) genannt werden. Bezüglich des „Deutsch-Böhmischen Freundeskreises“ wird ergänzend auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Frau Ulrike Gote vom 17.12.2012 (LT-Drs. 16/15560) verwiesen. Der bayerischen Polizei liegen derzeit keine Erkenntnisse über grenzüberschreitende Kriminalität mit politischer Motivation im Phänomenbereich Rechts vor. Insbesondere liegen keine Erkenntnisse über grenzüberschreitende organisierte Kriminalität mit politischer Motivation im Phänomenbereich Rechts vor. b) Wie schätzt die Staatsregierung grundsätzlich die Gefahr ein, die von der grenzüberschreitenden Kooperation von Neonazis und insbesondere von organisierter, grenzüberschreitender Kriminalität von Rechtsaußen ausgeht? Das grenzüberschreitende Zusammenarbeiten von Extremisten gerade im Bereich Rechtsextremismus wird aufmerksam beobachtet. So wurde im Rahmen des Verfassungsschutzberichts für das 1. Halbjahr 2013 dem grenzüberschreitenden Rechtsextremismus ein besonderer Stellenwert beigemessen. Grenzüberschreitende Kontakte garantieren die gegenseitige Mobilisierung für internationale Szeneveranstaltungen, Konzerte und Großdemonstrationen . Internationale Kontakte erlauben Rechtsextremisten oftmals auch, dem hohen Überwachungsdruck deutscher Sicherheitsbehörden, z. B. bei der Veranstaltung von Rechtsrockkonzerten, auszuweichen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 a verwiesen. c) Mithilfe welcher Maßnahmen versucht die Staatsregierung , diese Gefahr – insbesondere im Austausch mit den Sicherheitsbehörden anderer Länder – einzudämmen? Auf die Antworten zu den Fragen 1 b, 5 b und 5 c wird verwiesen . 8. a) Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über die Verbindungen der bayerischen NeonaziSzene zur organisierten Kriminalität – und insbe- Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/938 sondere zur (bayerischen) Rockerszene – vor? b) Wie schätzt die Staatsregierung grundsätzlich die Gefahr ein, die von den Verbindungen der bayerischen Neonazi-Szene zur organisierten Kriminalität – und insbesondere zur (bayerischen) Rockerszene – ausgeht? c) Mithilfe welcher Maßnahmen versucht die Staatsregierung , diese Gefahr einzudämmen? Aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs werden die Fragen 8 a, 8 b und 8 c gemeinsam beantwortet. Das BayLfV beobachtet die möglichen Verbindungen zwischen der rechtsextremistischen Szene und den Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG). Hinweise auf Verbindungen der „Neonazi-Szene“ zur organisierten Kriminalität, einschließlich der Rockerszene, sind die Ausnahme (vgl. Bayerischer Verfassungsschutzbericht 2012, Seiten 4 und 176). Aufgrund der nur vereinzelt bestehenden individuellpersönlichen Verbindungen zwischen beiden Bereichen wird eine Gefahr durch das Zusammenwirken von Personen aus beiden Phänomenbereichen aktuell als gering eingeschätzt . Über eine strukturelle oder strategisch angelegte Zusammenarbeit liegen den Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse vor. Es gibt derzeit auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Politisierung eines Rockerclubs durch ehemalige oder im Einzelfall noch aktive Rechtsextremisten, die einer Gruppierung beigetreten sind. OMCG sind grund- sätzlich, ungeachtet der politischen Einstellung einzelner Mitglieder, unpolitisch. Lediglich Einzelpersonen sind derzeit in beiden Szenen aktiv. Hintergrund dafür dürften jedoch persönliche Beziehungen und geschäftliche Interessen sein. Selbst der Eintritt eines aktiven NPD-Funktionärs bei einem bayerischen Chapter des BANDIDOS MC hat nach Erkenntnissen aller Sicherheitsbehörden zu keiner Ideologisierung geführt, obwohl diese Person auch innerhalb des Clubs eine Führungsfunktion ausübt. Beide Szenen unterliegen einer fortlaufenden Betrachtung sowohl durch das BayLfV als auch durch die Bayerische Polizei. Mit wiederkehrenden fortlaufenden präventiven Personen- und Strukturermittlungen, konsequenter Strafverfolgung sowie durch intensiven Informationsaustausch mit anderen Stellen wird der in der Fragestellung genannten Gefahr seitens der Polizeibehörden entgegengewirkt. Das BayLfV, welches die Entwicklung und Bezüge der beiden Szenen zueinander bereits seit Jahren beobachtet, hat durch die Gründung einer eigenen Arbeitsgruppe im Mai 2012 den Fokus auf diese Verbindungen nochmals intensiviert. Das bisherige Ergebnis dieser Arbeitsgruppe, die an der Schnittstelle zwischen den Fachbereichen Organisierter Kriminalität und Rechtsextremismus angesiedelt ist, ergibt keine Hinweise darauf, dass eine strukturierte Zusammenarbeit und ideologische Annäherung beider Szenen stattfindet.