Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.08.2015 Unterbringung der Asylsuchenden: Mitwirkung der kreisangehörigen Gemeinden und staatliche Unterstützung Das Bayerische Aufnahmegesetz fordert im Artikel 6, dass die kreisangehörigen Gemeinden bei der Erfüllung der Aufgabe der Unterbringung der Asylsuchenden durch die Landratsämter mitwirken. Nur durch gemeinsame Initiativen kann diese gemeinsame Aufgabe gut gelöst werden. Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass der Landkreistag eine Konkretisierung des Abs. 2 des Artikels 8 des Bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG) fordert? 1.2 Sind derzeit entsprechende Initiativen der Staatsregierung in Vorbereitung? 2. Wie hoch ist nach Einschätzung der Staatsregierung der Anteil der Gemeinden, die trotz einer gewissen Größe (beispielsweise von mindestens 5.000 oder mindestens 10.000 Einwohner(innen) bislang noch keine Asylsuchenden unterbringen? 3.1 Auf welche Art und Weise plant die Staatsregierung, die Mitwirkungsbereitschaft der Gemeinden zu stärken ? 3.2 Wäre nach der Ansicht der Staatsregierung eine Quotenlösung für Kommunen über einer bestimmten Einwohnerzahl ein gangbarer Weg? 3.3 Könnten nach der Ansicht der Staatsregierung längerfristige Vorgaben, wie beispielsweise etwa über einen Quartalszeitraum, die Aufgabe erleichtern? 4. Inwiefern kann die Umnutzung leer stehenden innerörtlichen Wohnraums durch Investitionszuschüsse bei gleichzeitig entsprechend reduzierten Monatsmieten ermöglicht werden? 5. Wie kann die Staatsregierung Kommunen dabei unterstützen , auf geeigneten Grundstücken preisgünstige Übergangswohnungen zu errichten? 6. Was unternimmt die Staatsregierung, um ehemals staatlich geförderten aber mittlerweile leer stehende Schulen und Krankenhäuser für die Unterbringung von Asylsuchenden temporär zu nutzen? 7. Welche staatlichen Immobilien in Bayern sind aufgrund der Überprüfung aller staatlichen Immobilien als geeignet für die Unterbringung von Asylsuchenden erkannt worden, und sind auch alle staatlichen Immobilien auf Nutzungsmöglichkeit überprüft worden? 8. Wie viele und welche kommunalen Turnhallen werden derzeit aufgrund unzureichender Erstaufnahmekapazitäten durch den Freistaat beansprucht? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 05.12.2015 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm wird in Abstimmung mit der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass der Landkreistag eine Konkretisierung des Abs. 2 des Artikels 8 des Bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG) fordert? Im Gesamtzusammenhang der Fragen wird davon ausgegangen , dass sich die Frage auf den Art. 6 Abs. 2 Aufnahmegesetz (AufnG) bezieht. Der Staatsregierung sind konkrete Forderungen einzelner Landräte bzw. des Schwäbischen Bezirksverbands zu einer Änderung des Art. 6 Abs. 2 AufnG bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3.3 verwiesen. 1.2 Sind derzeit entsprechende Initiativen der Staatsregierung in Vorbereitung? Die Staatsregierung befindet sich diesbezüglich in einem engen Austausch mit allen Vertretern der kommunalen Spitzenverbände . 2. Wie hoch ist nach Einschätzung der Staatsregierung der Anteil der Gemeinden, die trotz einer gewissen Größe (beispielsweise von mindestens 5.000 oder mindestens 10.000 Einwohner(innen) bislang noch keine Asylsuchenden unterbringen? Hinsichtlich der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in den einzelnen Kommunen liegen der Staatsregierung keine umfassenden Informationen vor. Diese wä- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.01.2016 17/9393 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9393 ren nur durch Abfrage über die Regierungen bei den Kreisverwaltungsbehörden aufwendig zu ermitteln, was auch angesichts der sehr angespannten Zugangssituation in der für die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit leider nicht möglich war. 3.1 Auf welche Art und Weise plant die Staatsregierung , die Mitwirkungsbereitschaft der Gemeinden zu stärken? Siehe Antwort zu Frage 3.3. 3.2 Wäre nach der Ansicht der Staatsregierung eine Quotenlösung für Kommunen über einer bestimmten Einwohnerzahl ein gangbarer Weg? Siehe Antwort zu Frage 3.3. 3.3 Könnten nach der Ansicht der Staatsregierung längerfristige Vorgaben, wie beispielsweise etwa über einen Quartalszeitraum, die Aufgabe erleichtern? Die Mitwirkung der kreisfreien Gemeinde ist bereits jetzt in Art. 6 Abs. 2 AufnG geregelt. Die Staatsregierung befürwortet die eigenverantwortliche Regelung innerhalb der Landkreise . Entsprechend dem Ministerratsbeschluss vom 10. November 2015 wird die Asyldurchführungsverordnung dahingehend geändert werden, dass den Landratsämtern die gesetzliche Ermächtigung eingeräumt wird, den kreisangehörigen Gemeinden bei Bedarf Asylbewerber zuzuweisen. 4. Inwiefern kann die Umnutzung leer stehenden innerörtlichen Wohnraums durch Investitionszuschüsse bei gleichzeitig entsprechend reduzierten Monatsmieten ermöglicht werden? Die Staatsregierung hat angesichts der Zuwanderung in den vergangenen Monaten eine Reihe von Maßnahmen zur Versorgung aller Bewohner Bayerns mit angemessenem Wohnraum ergriffen. Dazu gehört auch die verstärkte Ertüchtigung leer stehenden Wohnraums insbesondere durch den Einsatz von Mitteln der Wohnraumförderung und der Städtebauförderung. Eine Förderung im Bayerischen Modernisierungsprogramm zur Sanierung und Instandsetzung leer stehender, den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechender Mietwohngebäude setzt u. a. die Übernahme von Mietbindungen voraus. Subventionsvorteile werden gemäß § 559 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei der Berechnung der zulässigen Miete zugunsten des Mieters berücksichtigt . Darüber hinausgehend ist in den Richtlinien für das Bayerische Modernisierungsprogramm festgelegt, dass der Vermieter auch bei Abschluss von Mietverträgen nach einer Modernisierung die Miete so zu gestalten hat, dass der Subventionsvorteil dem Mieter wirtschaftlich zugutekommt. 5. Wie kann die Staatsregierung Kommunen dabei unterstützen, auf geeigneten Grundstücken preisgünstige Übergangswohnungen zu errichten? Der von der Staatsregierung am 9. Oktober 2015 beschlossene Wohnungspakt Bayern sieht – zusätzlich zur Ausweitung der staatlichen Wohnraumförderung auf 401,6 Mio. Euro im Jahr 2016 und weiteren Verbesserung der Förderkonditionen – den Bau von Übergangswohnungen für anerkannte Flüchtlinge im Rahmen eines staatlichen Sofortprogramms mit einem Bauvolumen von 70 Mio. Euro sowie ein an die Gemeinden adressiertes kommunales Förderprogramm mit einem jährlichen Fördervolumen von 150 Mio. Euro vor, das auch der Schaffung von Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge dient. 6. Was unternimmt die Staatsregierung, um ehemals staatlich geförderte, aber mittlerweile leer stehende Schulen und Krankenhäuser für die Unterbringung von Asylsuchenden temporär zu nutzen? Die Regierungen prüfen laufend die in ihrem Zuständigkeitsbereich angebotenen freien bzw. frei werdenden Objekte auf deren Geeignetheit im Hinblick auf eine Nutzung für Zwecke der Asylbewerberunterbringung. Sofern eine dementsprechende Möglichkeit besteht, werden diese selbstverständlich auch in Anspruch genommen. 7. Welche staatlichen Immobilien in Bayern sind aufgrund der Überprüfung aller staatlichen Immobilien als geeignet für die Unterbringung von Asylsuchenden erkannt worden, und sind auch alle staatlichen Immobilien auf Nutzungsmöglichkeit überprüft worden? In Vollzug des Beschlusses des Landtags vom 14. März 2001 (LT-Drs. 14/6032) und gemäß Nr. 3.3.6 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu Art. 64 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) sind die Ressorts verpflichtet, mehr als nur unwesentliche Veränderungen der Inanspruchnahme von Flächen, wie z. B. Wegfall des Bedarfs oder Leerstand, frühzeitig der Immobilien Freistaat Bayern anzuzeigen. Staatseigene Grundstücke, die einer staatlichen Nutzung nicht mehr unterliegen, sind von der Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststelle an die Immobilien Freistaat Bay ern in den Einzelplan 13 zu übergeben. Sodann wird eine Staatsbedarfsprüfung durchgeführt. Im Rahmen der Staatsbedarfsprüfung wird auch geprüft, ob sich die Immobilien für eine Unterbringung von Asylsuchenden eignen könnten. Ergibt die Staatsbedarfsprüfung, dass sich die entbehrlichen Immobilien − auch nur annäherungsweise − für die Unterbringung von Asylsuchenden eignen könnten, bietet die Immobilien Freistaat Bayern diese hierfür gleichzeitig den Regierungen sowie den Landratsämtern bzw. kreisfreien Städten an. Die Regierungen und Landratsämter bzw. kreisfreien Städte führen sodann eine einzelfallbezogene Geeignetheitsprüfung durch. Um auch noch letzte Flächenreserven für die Unterbringung von Asylsuchenden nutzbar zu machen, wurden alle Ressorts (über alle Einzelpläne hinweg) gebeten, ihre Flächen − auch Flächen, die nur zeitlich begrenzt oder teilweise (neben der bestehenden Verwaltungsnutzung) hierfür zur Verfügung gestellt werden können − zu überprüfen. Die Rückmeldungen aller Ressorts liegen bereits vor. Die Immobilien Freistaat Bayern hat nach deren Auswertung mit Schreiben vom 21.08.2015 (aktualisiert am 03.09.2015) bereits eine Liste mit 99 möglicherweise für eine Unterbringung von Asylsuchenden geeigneten Immobilien an das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) übermittelt sowie größtenteils die Immobilien den Regierungen und den Landratsämtern/kreisfreien Städten zur Prüfung der Geeignetheit im Einzelfall angeboten. Die Prüfung der Geeignetheit durch die Regierungen und Landratsämter bzw. kreisfreien Städte wird derzeit durchgeführt. Die folgenden staatlichen Immobilien sind aufgrund der Ressortumfrage nach Kenntnis der Immobilien Freistaat Bayern bereits als geeignet für die Unterbringung von Asylsuchenden (teilweise als Erweiterungsmöglichkeit bestehender Kapazitäten) durch die Regierungen oder Landratsämter bzw. kreisfreien Städte erkannt worden: Drucksache 17/9393 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Gemeinde Straße oder Flurnummer Mittelfranken Ipsheim Waldstraße 34 (Bestands-GU; Erweiterung derzeit in Prüfung) Niederbayern Straubing Äußere Passauer Straße 118 Oberbayern München Riemer Straße 274 Franz-Mader-Straße (Bestands-AE; Erweiterung derzeit in Prüfung) Am Stiftsbogen Emma-Ihrer-Straße McGraw-Kaserne (Bestands-AE; Erweiterung derzeit in Prüfung) Gilching Landsberger Straße Wolfratshausen Heimgartenstraße 3 Königsdorfer Straße 17 Bad Reichenhall Traunfeldstraße 11 Laufen Seethaler Straße Holzkirchen Frühlingsstraße 14 Landsberg Geschwister-Scholl-Straße Schwaben Augsburg Berliner Allee 143, 145 Kempten Maler-Lochbihler-Straße 14 Unterfranken Würzburg Weißenburgstraße 6, 8, 10 Teilfläche Hubland-Campus Nord Karlstadt Gemünder Straße 3 (Hinweis: für Wohnungsbauprogramm für anerkannte Asylbewerber) 8. Wie viele und welche kommunalen Turnhallen werden derzeit aufgrund unzureichender Erstaufnahmekapazitäten durch den Freistaat beansprucht? Mit der unten genutzten Abkürzung „NAE“ (Notaufnahmeeinrichtungen ) sind die Unterbringungseinrichtungen gemeint , die durch die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen des bayernweiten Notfallplans zur Verfügung gestellt werden. Die planerische Konzeption des Winternotfallplans , der im Herbst 2014 vom damaligen Krisenkoordinierungsstab Asyl angestoßen wurde, hat sich vergangenen Winter bewährt und wurde in einen dauerhaften Notfallplan überführt. Dieser sieht im Ergebnis u. a. vor, dass in allen 96 Landkreisen und kreisfreien Städten Bayerns Kapazitäten für je 200–300 Personen zur vorübergehenden Unterbringung , einschließlich der Sicherstellung der hierzu notwendigen Verpflegungs- und medizinischen Versorgungskapazitäten , zur Verfügung gestellt werden. „Notunterkünfte“ sollen grundsätzlich nur vorübergehend aktiviert werden, um Zugangsspitzen abzufedern. Dauerhaft sollen die Notunterkünfte durch reguläre Plätze abgelöst werden. Dazu schafft das StMAS 45.000 Plätze in der Erstaufnahmeunterbringung . Folgende kommunale Turnhallen wurden zum Stand 19.11.2015 nach Rückmeldung der Regierungen für Zwecke der Asylbewerberunterbringung genutzt: Oberbayern Ort NAE Turnhalle Neuötting NAE Turnhalle Penzberg NAE Turnhalle Miesbach NAE Turnhalle Landsberg NAE Turnhalle Eichstätt NAE Turnhalle Moosburg Niederbayern NAE Dreifachturnhalle Kelheim NAE Thumansbang Thumansbang NAE Grafenau Grafenau Oberpfalz NAE Turnhalle Wiesau NAE Turnhalle Clermont Ferrand Regensburg NAE Sporthalle Nord Regensburg NAE Turnhalle Realschule Sulzbach-Rosenberg NAE Sporthalle Obertraubling Oberfranken NAE Turnhalle Kronach NAE Turnhalle Lichtenfels NAE Turnhalle Coburg NAE Turnhalle Bamberg NAE Turnhalle Hof Mittelfranken NAE Schulturnhalle Schallershofer Straße Erlangen NAE Turnhalle Treuchtlingen NAE Turnhalle Schalkhausen Ansbach NAE Schulzentrum Uffenheim NAE Schulturnhalle Kiderlinstraße Fürth Unterfranken NAE Dreifachsporthalle Realschule Miltenberg NAE Dreifachturnhalle Realschule Gerolzhofen Schwaben NAE Kreissporthalle Gundelfingen