Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Josef Zellmeier CSU vom 24.11.2015 Veröffentlichung von Bildern ohne Zustimmung der abgebildeten Personen Immer wieder taucht bei ehrenamtlichen oder auch hauptamtlichen Organisationen, insbesondere bei Vereinen und Verbänden, die Frage auf, ob sie Bilder ihrer Veranstaltungen im Internet, auf ihrer Homepage oder Facebook-Seite und in Medienberichten veröffentlichen dürfen, wenn sich darauf Personen befinden, deren Zustimmung nicht eingeholt wurde bzw. eingeholt werden konnte. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1. Darf eine Institution ohne Zustimmung der Abgebildeten Fotos von Teilnehmern bei eigenen Veranstaltungen veröffentlichen , und wenn ja, unter welchen Bedingungen? 2. Welche Rechtsfolgen treten ein, wenn dagegen verstoßen wird? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 09.12.2015 Zu 1.: Nach § 22 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotographie (Kunsturheberrechtsgesetz – KUG) dürfen Bildnisse von Personen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Bildnisse in diesem Sinn sind nicht nur Porträtaufnahmen, sondern alle Bilder, auf denen Personen durch ihre Gesichtszüge oder sonstige Merkmale erkennbar sind. Auch z. B. die Einstellung von Bildern ins Internet stellt ein öffentliches Zurschaustellen im Sinn des § 22 KUG dar. Die Einwilligung kann ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden. Ihre Wirksamkeit setzt regelmäßig voraus, dass dem Einwilligenden Zweck, Art und Umfang der geplanten Verwendung des Bildnisses bekannt sind (vgl. Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl. 2015, RdNr. 19 zu § 22 KUG). § 23 Abs. 1 KUG sieht in bestimmten Fällen Ausnahmen von dem Einwilligungserfordernis vor. Im vorliegenden Zusammenhang kommen, soweit es sich nicht um Fotos aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, insbesondere die Tatbestände des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG („Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen“) und des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG („Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben“) in Betracht. Die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG greift nur ein, wenn die Personendarstellung der Darstellung der Umgebung derart untergeordnet ist, dass sie auch entfallen könnte , ohne dass sich der Gegenstand und der Charakter des Bildes verändern (Specht, a.a.O., RdNr. 35 zu § 23 KUG m.w.N.). Die Ausnahme nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG setzt voraus, dass sich die Ansammlung in der Öffentlichkeit abspielt und für diese wahrnehmbar ist. Abbildungsfrei sind danach z. B. Sportveranstaltungen oder größere Tagungen (vgl. Fricke in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, RdNr. 25 zu § 23 KUG). Wer an einer solchen Veranstaltung teilnimmt, muss damit rechnen, dass er auf Bildern von der Veranstaltung – zusammen mit anderen Teilnehmern – abgebildet wird (Götting in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, RdNr. 84 zu § 23 KUG). Ob einer der genannten Ausnahmefälle vorliegt, muss jeweils im konkreten Einzelfall beurteilt werden. Erforderlich ist stets eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Die Befugnis nach § 23 Abs. 1 KUG erstreckt sich nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG). In Zweifelsfällen dürfte sich die Einholung einer ausdrücklichen Einwilligung der abgebildeten Personen als sicherster Weg empfehlen. Zu 2.: Das Recht am eigenen Bild ist ebenso wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht im Sinn des § 823 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie nach § 823 Abs. 2 des BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG geschützt. Seine Verletzung kann daher zivilrechtlich in analoger Anwendung von § 1004 BGB bzw. von § 97 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) verschuldensunabhängige Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche des Verletzten begründen. Darüber hinaus gewähren §§ 37 ff. KUG spezielle Beseitigungsansprüche auf Vernichtung, Übernahme und Herausgabe von Bildnissen. Ferner kann der Verletzte gestützt auf § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG von demjenigen, der das Bildmaterial veröffentlicht hat, Ersatz des durch die rechtswidrige Veröffentlichung entstandenen Schadens verlangen. Hierzu gehören auch die Rechtsverfolgungskosten . Der Anspruch setzt Verschulden voraus. Ein unmittelbar auf Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gestützter Anspruch auf eine Geldentschä- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.01.2016 17/9521 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9521 digung wegen Verletzung des immateriellen Gehalts des Persönlichkeitsrechts kommt nach der Rechtsprechung nur in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Denkbar sind auch zivilrechtliche Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach den §§ 812 ff. BGB, sofern der Verletzte durch den Eingriff in die fremde geschützte Rechtssphäre etwas von Vermögenswert erlangt hat. Die vorsätzliche rechtswidrige Bildnisverbreitung und -zurschaustellung stellt schließlich nach § 33 KUG auch einen Straftatbestand dar, wobei die Tat nur auf Antrag verfolgt wird; gemäß § 374 Abs. 1 Nr. 8 der Strafprozessordnung (StPO) handelt es sich um ein Privatklagedelikt. Im vorliegenden Zusammenhang dürfte die Strafbestimmung allerdings kaum von praktischer Relevanz sein.