Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 17.11.2015 Online-Handel von Antibiotika Im internationalen Kampf gegen Antibiotikaresistenzen wollen die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten an einem Strang ziehen und gemeinsam den „One-Health“-Ansatz verfolgen. Teil der Strategie soll eine Verschreibungspflicht von Antibiotika auf der ganzen Welt sein. Durch Online-Konsultationen ist es jedoch derzeit als Patient möglich sehr niedrigschwellig, ohne persönlichen Arztkontakt , ohne differenzierte Diagnostik und ohne entsprechende Labortests an Antibiotika-Rezepte zu kommen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welchen Reglementierungen/EU-Richtlinien unterliegt der Online-Handel mit Antibiotika? 2. Inwieweit wirkt das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) an Konzepten mit, um die Verschreibung von Antibiotika-Rezepten aufgrund von „Diagnosen aus der Ferne“ zu unterbinden? 3. Wenn sich das StMGP in diesem Themenkomplex nicht engagiert, warum nicht? 4. Gibt es juristische Handlungsmöglichkeiten, um Online- Praxen, wie beispielsweise DrEd.com, die ihren Sitz außerhalb Deutschlands haben, den Vertrieb von Antibiotika nach Deutschland nach EU-Richtlinien zu unterbinden? Antwort des Staatsministeriums Staatsministerium für Gesundheit und Pflege vom 14.12.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. Welchen Reglementierungen/EU-Richtlinien unterliegt der Online-Handel mit Antibiotika? Der Online-Handel mit Tierarzneimitteln ist im Arzneimittelgesetz geregelt. Nach nationalem Recht besteht ein Verbot des Versandhandels von Tierarzneimitteln für lebensmittelliefernde Tiere. Für den Versandhandel von Tierarzneimitteln für nicht lebensmittelliefernde Tiere gelten die üblichen Verkehrsbeschränkungen (Verschreibungspflicht). Darüber hinausgehende, gesonderte Vorgaben zum Online-Handel speziell mit Antibiotika existieren nicht. Auf Ebene der EU wird derzeit das Tierarzneimittelrecht überarbeitet. Zielsetzung ist es, die Richtlinie 2001/82/EG zu ersetzen und die Vorschriften über Tierarzneimittel zu harmonisieren. Dabei soll erstmalig auch der Versand von Tierarzneimitteln geregelt werden. Antibiotika, die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind, sind in Deutschland grundsätzlich apothekenpflichtig und in aller Regel verschreibungspflichtig, d. h. ihre Abgabe darf nur in Apotheken und nur gegen Vorlage einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung erfolgen. Verfügt die Apotheke über eine behördliche Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 11 a Apothekengesetz , darf ein Antibiotikum nach Vorlage der ärztlichen Verschreibung in der Apotheke von dieser Apotheke an die Patientin oder den Patienten versendet werden. 2. Inwieweit wirkt das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) an Konzepten mit, um die Verschreibung von Antibiotika-Rezepten aufgrund von „Diagnosen aus der Ferne“ zu unterbinden? 3. Wenn sich das StMGP in diesem Themenkomplex nicht engagiert, warum nicht? 4. Gibt es juristische Handlungsmöglichkeiten, um Online -Praxen, wie beispielsweise DrEd.com, die ihren Sitz außerhalb Deutschlands haben, den Vertrieb von Antibiotika nach Deutschland nach EU-Richtlinien zu unterbinden? Aus Sicht des StMGP ist ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt grundsätzliche Voraussetzung nicht nur für die Verschreibung von Antibiotika, sondern generell von Arzneimitteln, die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind. Behandlungen und Diagnosen über das Telefon oder über das Internet reichen nicht aus, sondern bergen das Risiko von Fehldiagnosen und können so die Patientinnen und Patienten gefährden. Im ärztlichen Berufsrecht ist daher auch ein grundsätzliches Verbot der Verschreibung von Arzneimitteln Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.02.2016 17/9555 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9555 ohne vorherigen direkten Kontakt zwischen Arzt und Patient niedergelegt. Nach § 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer sowie § 7 Abs. 4 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns dürfen Ärzte individuelle ärztliche Behandlung , insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Gleichwohl ist es derzeit noch möglich, dass ohne vorherigen unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontakt in Deutschland verschreibungspflichtige Arzneimittel auf dem Umweg über Online-Verordnungen im Ausland ansässiger Ärzte an Patienten abgegeben werden. Den rechtlichen Rahmen für grenzüberschreitende Arzneimittel-Verschreibungen bildet Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/24/EU. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Verschreibungen aus einem anderen Mitgliedstaat für einen namentlich genannten Patienten in ihrem Hoheitsgebiet gemäß ihren geltenden nationalen Rechtsvorschriften eingelöst werden können. Einschränkungen dieses Grundsatzes sind gemäß Art. 11 Abs. 1 der genannten Richtlinie aus Gründen des Patientenschutzes zulässig, sofern sie auf das notwendige und angemessene Maß begrenzt sind und nicht diskriminierend wirken. Die Durchführungsrichtlinie 2012/52/EU legt in diesem Zusammenhang fest, welche Angaben die sog. Crossborder -Verschreibungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten enthalten müssen. Das StMGP hat sich beim Bund bereits frühzeitig für ein grundsätzliches Verbot von Verschreibungen ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt eingesetzt. So hat Bayern im Bundesrat schon 2013 einen Entschließungsantrag eingebracht , wonach die Bundesregierung unter frühzeitiger Einbeziehung der Länder um Prüfung gebeten wird, wie sie vor dem Hintergrund des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/EU die ausnahmsweise Nichtanerkennung von Verschreibungen aus den Mitgliedstaaten der EU, die ohne persönlichen Patientenkontakt ausgestellt werden, arzneimittel- bzw. apothekenrechtlich umsetzen lässt (vgl. BR-Drs. 615/13 (Beschluss)). Aktuell hat das Bundesministerium für Gesundheit einen Referentenentwurf vorgelegt, aufgrund dessen das Arzneimittelgesetz u. a. um eine Regelung ergänzt werden soll, wonach die Abgabe von Arzneimitteln , die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind, auf Verschreibung nur erfolgen darf, wenn zuvor ein persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Es soll erreicht werden, dass von im Ausland ansässigen Ärzten ausgestellte Online-Verschreibungen ohne vorherigen direkten Arzt-Patienten-Kontakt in Deutschland nicht mehr einlösbar sind.