Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm, Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.10.2015 Grenzkontrollen und Sperrung des Schienenverkehrs Mit Beginn des Oktoberfestes wurde mit den Grenzkont rollen in Salzburg/Freilassing sämtlicher Zugverkehr auf Veranlassung des Staatsministers des Innern, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, zumindest teilweise eingestellt und bis heute, den 20.10.2015, noch nicht wieder voll aufge nommen, daher fragen wir die Staatsregierung: 1.1 Wer hat die Sperrung des Schienenverkehrs zwischen Bayern und Österreich angeordnet? 1.2 Welche Behörden waren in die Entscheidungsfindung eingebunden, waren so zum Beispiel das Landratsamt Berchtesgaden oder die Gemeinden Freilassing und Berchtesgaden in die Entscheidungsfindung einge bunden? 1.3 Wurden die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH (BEG) und die betroffenen Bahnunternehmen über die Entscheidung vorab informiert, wenn nein, warum nicht? 2.1 Wären die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Durchführung von Kontrollen an der deutschösterrei chischen Grenze nicht auch durch andere Maßnah men wie beispielsweise etwa die Begleitung der Züge durch Beamte der Bundespolizei möglich gewesen? 2.2 Wieso wurde nicht direkt mit Österreich eine Verein barung getroffen, direkt am Hauptbahnhof Salzburg Kontrollen durchführen zu können? 2.3 Wie viele Züge und Reisende waren von den Sperrun gen bis dato betroffen? 3.1 Welchen Zweck soll die Einstellung sämtlichen Zug verkehrs bewirken? 3.2 In welchen Fällen haben Reisende einen Anspruch auf Fahrpreisrückerstattung oder Entschädigung, insbe sondere da die Fahrzeiten sich auf den Fernverkehrsli nien über eine Stunde verlängert haben und anfangs auch kein Busdienst zwischen Salzburg und Freilas sing eingerichtet war? 4.1 Welchen Schaden (Ausfälle bei Fahrpreiseinnahmen, Bus) haben die betroffenen Eisenbahnverkehrsunter nehmen (EVUs) bisher erleiden müssen? (Angaben bitte für die einzelnen EVU)? 4.2 Werden die EVUs dafür entschädigt? 4.3 Wenn nein, warum nicht? 5.1 Wie viele Flüchtlinge und Asylbegehrende wurden seit der Einführung der Grenzkontrollen in Salzburg/Frei lassing registriert und wie viele seit der Sperrung des Bahnverkehrs? 5.2 Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen den bayeri schen und österreichischen Behörden seit der Einfüh rung der Grenzkontrollen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden aus? 6.1 Inwiefern befürchtet auch die Staatsregierung durch diese Zugsperren und die erhebliche Verlangsamung des Individualverkehrs Nachteile für bayerische Ge werbetreibende im Landkreis Rosenheim/Berchtesga den, insbesondere für die im Tourismusbereich? 6.2 Wurden bereits Erhebungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kontrollen durchgeführt, wird ein Ausgleich über Umsatzeinbrüche geprüft? 6.3 Wie können die Probleme von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in Salzburg beruflich tätig sind, so wie die der Schülerinnen und Schüler, die eine Salz burger Schule besuchen, zukünftig vermieden wer den? 7.1 Welche finanzielle und personelle Unterstützung ge währt der Freistaat der Gemeinde Freilassing bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge und Asylbegehrenden? 7.2 Welchen Beitrag leistet der Freistaat im Bereich für die Helfer/innen, die Erhebliches für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehren den in Freilassing geleistet haben? 7.3 Welche Unterstützung erhielten die entsprechenden Helferorganisationen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.02.2016 17/9561 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9561 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 15.12.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integ ration und dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt beantwortet: 1.1 Wer hat die Sperrung des Schienenverkehrs zwischen Bayern und Österreich angeordnet? 1.2 Welche Behörden waren in die Entscheidungsfindung eingebunden, waren so zum Beispiel das Landratsamt Berchtesgaden oder die Gemeinden Freilassing und Berchtesgaden in die Entscheidungsfindung eingebunden? 1.3 Wurden die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH (BEG) und die betroffenen Bahnunternehmen über die Entscheidung vorab informiert, wenn nein, warum nicht? Die Bundespolizei ordnete für die Nacht vom 13. auf den 14.09.2015 eine Unterbrechung des Zugverkehrs und am 01.11.2015 in Kufstein kurzzeitige Zugangssperren an. Da rüber hinaus gab es keine behördlichen Anweisungen zur Aussetzung des Schienenverkehrs zwischen Bayern und Österreich. Diese ist vielmehr dadurch entstanden, dass die bundespolizeilichen Kontrollen an den Grenzbahnhöfen den Betriebsablauf stark beeinträchtigt haben und die Eisen bahnunternehmen sich in der Folge nicht mehr in der Lage sahen, den Verkehr aufrechtzuerhalten. Eine wiederum durch die Bundespolizei angeordnete fünfstündige Sperrung des Regionalzugverkehrs zwischen Österreich nach Passau am 11.11.2015 war die Folge ei ner Überkontingentierung von Flüchtlingen in diesen Zügen, entgegen der mit Österreich vereinbarten Anzahl von 50 Flüchtlingen pro Zug. Behördliche Anweisungen seitens des Freistaates Bay ern bezüglich einer Einstellung des Zugverkehrs zwischen Deutschland und Österreich gab es zu keinem Zeitpunkt. Erkenntnisse darüber, inwieweit andere Behörden durch die Bundespolizei in die Entscheidungsfindung eingebun den waren, liegen hier nicht vor. 2.1 Wären die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Durchführung von Kontrollen an der deutschösterreichischen Grenze nicht auch durch andere Maßnahmen wie beispielsweise etwa die Begleitung der Züge durch Beamte der Bundespolizei möglich gewesen? 2.2 Wieso wurde nicht direkt mit Österreich eine Vereinbarung getroffen, direkt am Hauptbahnhof Salzburg Kontrollen durchführen zu können? Zunächst ist anzuführen, dass nach Art. 73 Nr. 5 des Grund gesetzes (GG) dem Bund die ausschließliche Gesetzge bungsbefugnis über den Grenzschutz zusteht. Er hat hierzu das Gesetz über die Bundespolizei (BPolG) erlassen. Gemäß § 2 Absatz 1 BPolG obliegt grundsätzlich der Bundespolizei der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes. Die derzeitige temporäre Durchführung der Grenzkont rollen an der deutschösterreichischen Grenze fällt somit in den originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. In diesem Zusammenhang wurde auch die Entscheidung hin sichtlich der Art und Weise der Durchführung der Kontrol len an der deutschösterreichischen Grenze alleinig durch die Bundespolizei getroffen. Die Staatsregierung ist sich der durch die Grenzkontrollen bedingten Beeinträchtigung des Schienenverkehrs bewusst und deshalb bestrebt, einen Ausgleich zwischen den Vor gaben der Bundespolizei und den Belangen der Betreiber hinsichtlich eines geordneten Schienenverkehrs zu finden. Vor diesem Hintergrund fanden und finden auch weiterhin intensive Gespräche mit allen Beteiligten statt, um insbe sondere ein angemessenes und flexibles Kontrollverfahren zu entwickeln und einzuführen, damit Regelzugverbindun gen wieder zuverlässig betrieben und die Auswirkungen der Grenzkontrollen auf das unbedingt erforderliche Maß redu ziert werden können. Auf Initiative des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr fand hierzu am 10.11.2015 ein erster Runder Tisch statt, um gemeinsam eine entspre chende einvernehmliche Lösung herbeiführen zu können. Am 17.11.2015 folgte der zweite Runde Tisch zur „Wieder aufnahme des Schienenpersonenfernverkehrs Salzburg – Freilassing“ in Salzburg mit dem Ziel, den grenzüberschrei tenden Fernverkehr am 27.11.2015 wieder aufzunehmen, was auch gelungen ist. Am 15.12.2015 hat/wird es einen dritten Runden Tisch mit dem Ziel (ge)geben, die Abläufe an der Schnittstelle „Grenzkontrolle – Bahnverkehr“ gerade im Fernverkehr weiter zu optimieren. Seit 27.11.2015 wurde der grenzüberschreitende Schie nenfernverkehr mit folgendem Betriebsablauf wieder aufge nommen: • Fernzüge Richtung Österreich fahren uneingeschränkt. • ECZüge Richtung Deutschland fahren zwischen Salz burg und Freilassing ohne Fahrgäste. • Bei RailjetZügen in Richtung Deutschland muss in Salz burg umgestiegen werden, beim Umstieg werden die Reisenden am Bahnsteig durch die Bundespolizei kont rolliert. • Die Nachtzüge Richtung Ungarn und Kroatien fahren nur von/bis Salzburg. Voraussichtlich ab dem 18.12.2015 sollen auch die ECZüge und der Nachtreiseverkehr wieder uneingeschränkt angebo ten werden. Die Fahrgäste in Richtung Deutschland sollen dann bei in Salzburg beginnenden Zügen durch die Bun despolizei vor dem Zustieg kontrolliert werden. Bei Zügen, die nicht in Salzburg beginnen, ist eine Kontrolle durch die Bundespolizei in den Zügen während der fahrplanmäßigen Aufenthaltszeit am Salzburger Hauptbahnhof vorgesehen. Reisende in Schlaf und Liegewagen können ihre Ausweis dokumente beim Zugpersonal abgeben und sollen entspre chend nur in begründeten Fällen geweckt werden. Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) konnte mit Un terstützung der Staatsregierung am 07.10.2015 wieder ein Pendelverkehr zwischen Salzburg und Freilassing eingerich tet werden. Anschließend wurde das Angebot im grenzüber schreitenden SPNV schrittweise ausgeweitet. So fahren die Züge des Meridian seit dem 23.10.2015 wieder fahrplanmä ßig. Zum Fahrplanwechsel am 13.12.2015 sollen sämtliche Verbindungen im SPNV wieder angeboten werden. Der Runde Tisch soll auch weiterhin regelmäßig tagen, um eine Abstimmung aller Beteiligten bezüglich des grenz überschreitenden Zugverkehrs sicherzustellen. 2.3 Wie viele Züge und Reisende waren von den Sperrungen bis dato betroffen? Der Zugverkehr zwischen Freilassing und Salzburg war zwischen Mitte September und dem 06.10.2015 vollständig Drucksache 17/9561 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 unterbrochen. Hiervon waren pro Tag 176 Züge betroffen, davon 144 Züge des Schienenpersonennahverkehrs und 32 Züge des Schienenpersonenfernverkehrs. Diese Züge werden normalerweise von gut 10.000 Fahrgästen pro Tag genutzt. An den anderen deutschösterreichischen Eisenbahn grenzübergängen gab es allenfalls kurzfristige Verkehrsein schränkungen. 3.1 Welchen Zweck soll die Einstellung sämtlichen Zugverkehrs bewirken? Auf die Beantwortung der Fragen 2.1 und 2.2 darf verwiesen werden. 3.2 In welchen Fällen haben Reisende einen Anspruch auf Fahrpreisrückerstattung oder Entschädigung, insbesondere da die Fahrzeiten sich auf den Fernverkehrslinien über eine Stunde verlängert haben und anfangs auch kein Busdienst zwischen Salzburg und Freilassing eingerichtet war? Mit der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über die Rech te und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr wur den am 03.12.2009 europaweit einheitliche Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr eingeführt. In Deutschland gelten die Fahrgastrechte kraft eines nationalen Fahrgastrechtever ordnungAnwendungsgesetzes bereits seit 29.07.2009. Grundsätzlich haben Fahrgäste im Nah und Fernverkehr einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises ab einer Verspätung von 60 Minuten und von 50 Prozent des Fahrpreises ab einer Verspätung von 120 Mi nuten. Bei einer zu erwartenden Verspätung am Zielbahnhof von mehr als 60 Minuten kann ein Fahrgast vor Fahrtantritt alternativ auch vom Beförderungsvertrag zurücktreten und Erstattung des Fahrpreises verlangen. Die Deutsche Bahn hat zusammen mit dem Tarifverband der Bundeseigenen und Nichtbundeseigenen Eisenbahnen in Deutschland (TBNE) ein gemeinsames Verfahren zur Ab wicklung der Entschädigungsansprüche entwickelt und stellt auf der Internetseite http://www.fahrgastrechte.info ausführ liche Informationen zu Fahrgastrechten und deren Geltend machung zur Verfügung. 4.1 Welchen Schaden (Ausfälle bei Fahrpreiseinnahmen , Bus) haben die betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) bisher erleiden müssen ? (Angaben bitte für die einzelnen EVU)? Informationen über die Höhe der Einbußen oder auch zu sätzlichen Einnahmen der einzelnen Eisenbahnverkehrsun ternehmen aufgrund der aktuellen Flüchtlingslage liegen der Staatsregierung nicht vor. 4.2 Werden die EVUs dafür entschädigt? 4.3 Wenn nein, warum nicht? Eine explizite Regelung über eine Entschädigung der im SPNV beauftragten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sehen die Verkehrsdurchführungsverträge mit der Baye rischen Eisenbahngesellschaft nicht vor. Grundsätzlich gilt, dass die Bayerische Eisenbahngesellschaft mit den Eisen bahnverkehrsunternehmen nahezu durchgehend Nettover träge abgeschlossen hat, Erlöschancen und risiken (wie hier die Ausfälle bei den Fahrgeldeinnahmen) liegen damit regelmäßig beim Eisenbahnverkehrsunternehmen. Im Übrigen liegt die Zuständigkeit für die vorübergehen de Wiedereinführung der Grenzkontrollen beim Bund. Eine Zuständigkeit der Staatsregierung für etwaige Entschädi gungsansprüche ist damit nicht gegeben. 5.1 Wie viele Flüchtlinge und Asylbegehrende wurden seit der Einführung der Grenzkontrollen in Salzburg /Freilassing registriert und wie viele seit der Sperrung des Bahnverkehrs? Die Durchführung der Grenzkontrollen fällt in den Ressort bereich des Bundesministeriums des Innern und obliegt der Bundespolizei. Die Bundesregierung und damit die Bun despolizei unterliegen ausschließlich dem Kontrollrecht und dem damit korrelierenden Fragerecht des Deutschen Bun destages. Der Bayerischen Landespolizei liegen deshalb keine belast baren Zahlen über registrierte Flüchtlinge in Freilassing vor. 5.2 Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen den bayerischen und österreichischen Behörden seit der Einführung der Grenzkontrollen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden aus? Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat zur Koordinierung des Vorgehens von Behörden und Orga nisationen auf Bundes und Landesebene am 17.09.2015 den Koordinierungsstab Asyl/Sicherheit eingerichtet. Im Hinblick auf die fortdauernde dynamische Lage und die massiven Migrationsbewegungen basiert der gegensei tige Informationsaustausch zwischen Bayern und Österreich über Flüchtlingszahlen und zu treffende Maßnahmen wie Unterbringung und Versorgung derzeit überwiegend auf ge genseitigen Verbindungsbeamtentätigkeiten und wöchentli chen, trilateralen Telefonschaltkonferenzen zwischen Bay ern, Bund und Österreich auf Abteilungsleiterebene. Verbindungsbeamte des Koordinierungsstabs Asyl/Si cherheit sind im Migrationsstab des Bundesministeriums für Inneres in Wien und des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in der Landesleitzentrale in Salzburg vertreten. Auf bayeri scher Seite befinden sich österreichische Verbindungsbe amte im Führungsstab der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) Irreguläre Migration des Polizeipräsidiums Nieder bayern. In Ergänzung hierzu ist im Koordinierungsstab Asyl/ Sicherheit ein Verbindungsbeamter des Polizeipräsidiums Niederbayern eingesetzt. Eine schnellstmögliche und so mit aktuelle Weitergabe u. a. von Informationen über das Flüchtlingsaufkommen in Österreich und über österreichi sche Maßnahmen ist somit gewährleistet und ermöglicht u. a. den bayer. Behörden mit entsprechenden Transport, Unterbringungs und Versorgungsmaßnahmen, nach An kunft der Flüchtlinge an den bayer. Grenzen lageangepasst zu reagieren. Auf Initiative des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr wurden zwischen dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium für Inneres in Wien und dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr eine koordinierte Abwicklung des Zustroms von Migranten an fünf Grenzübergangspunkten am 30.10.2015 abgestimmt und festgelegt. Flüchtlinge werden dort durch die Bundespolizei kontin gentiert im Rahmen einer Blockabfertigung übernommen, wodurch der unkontrollierte Zustrom von Migranten aus Ös terreich unterbunden wurde. Am 20.11.2015 hat zudem das deutschösterreichische Polizeikooperationszentrum mit momentanem Standort in Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9561 Passau seinen Wirkbetrieb aufgenommen. Das Bundesmi nisterium des Innern, das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und das Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich haben sich auf eine gemeinsame Zusammenarbeit in diesem Zentrum verständigt. Unter an derem wird dort an der Bewertung und Koordinierung der grenzüberschreitenden Migrations, Flüchtlings und Asyl Lage mitgewirkt. 6.1 Inwiefern befürchtet auch die Staatsregierung durch diese Zugsperren und die erhebliche Verlangsamung des Individualverkehrs Nachteile für bayerische Gewerbetreibende im Landkreis Rosenheim /Berchtesgaden, insbesondere für die im Tourismusbereich? Die notwendigen Kontrollmaßnahmen an der bayerisch österreichischen Grenze stellen sicherlich eine deutliche Belastung für das Transitgeschehen in mehreren bayerisch österreichischen Grenzregionen dar. Fahrten aus Öster reich, von denen Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistun gen und Handwerk in den grenznahen Orten in Deutschland profitieren, werden deutlich eingeschränkt. Das dürfte sich, wenn die Lage so anhält, vor allem im Weihnachtsgeschäft 2015 auswirken. Zum einen Teil können diese Einbußen durch die Versorgung von Flüchtlingen, Ehrenamtlichen und Beamten ausgeglichen werden. Was den Tourismus betrifft, können beim IncomingTourismus aus dem Ausland Rückgänge bei Ankünften und Übernachtungen nicht aus geschlossen werden, wobei auch von einem Verschieben von Reisen und einem Nachholeffekt zu einem späteren Zeitpunkt ausgegangen wird. Ausländische Gäste schätzen besonders die Sicherheit Deutschlands als Reiseland und bringen polizeilichen Maßnahmen daher sehr großes Ver ständnis und Wohlwollen entgegen. 6.2 Wurden bereits Erhebungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kontrollen durchgeführt, wird ein Ausgleich über Umsatzeinbrüche geprüft? Amtliche Erhebungen zu den Auswirkungen der Grenz kontrollen auf die Umsatzzahlen im Einzelhandel oder die Übernachtungsentwicklung in den Landkreisen Rosenheim und Berchtesgadener Land liegen nicht vor. Meldungen von Betroffenen aus dieser Region sprechen von massiven Um satzrückgängen, allerdings örtlich sehr begrenzt. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass durch ausbleibende Gäste, aber auch durch die Umwidmung von touristischen Übernachtungskapazitäten für die Flüchtlingsunterbringung touristische Betten dem Markt entzogen sind, was einen leicht rückläufigen Effekt für die touristischen Ankunfts und Übernachtungszahlen zur Folge haben dürfte. Mit den be troffenen Regionen wird ein intensiver Austausch gesucht, um das Ausmaß der Beeinträchtigungen einschätzen zu können. Erst nach Abschluss der Gespräche kann über die Notwendigkeit punktueller Unterstützungsmaßnahmen für die Region entschieden werden. Der Gemeinde Freilassing, die in besonderem Maße vom Rückgang des grenzüber schreitenden Einkaufsverkehrs betroffen ist, wurde seitens des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) die Unterstützung einer Marke tingmaßnahme mit bis zu 50.000 € zugesagt. 6.3 Wie können die Probleme von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in Salzburg beruflich tätig sind, sowie die der Schülerinnen und Schüler, die eine Salzburger Schule besuchen, zukünftig vermieden werden? Aus Sicht der Staatsregierung muss im grenzüberschrei tenden öffentlichen Verkehr zwischen Freilassing und Salz burg schrittweise wieder zum Regelbetrieb zurückgekehrt werden. Entscheidend ist, dass die für die Grenzkontrollen zuständige Bundespolizei und die betroffenen Verkehrsun ternehmen sich auf Abläufe verständigen, die sowohl den Belangen des Grenzschutzes als auch den betrieblichen Belangen des öffentlichen Verkehrs gerecht werden. Hier bei ist die Staatsregierung seit Beginn der Einschränkun gen vermittelnd tätig. Zur Verbesserung der Verbindungen im Schienenpersonenfernverkehr, für den die Zuständigkeit grundsätzlich beim Bund liegt, hat die Staatsregierung einen Runden Tisch unter Teilnahme der Sicherheitsbehörden und beteiligten EVU initiiert, s. o. 7.1 Welche finanzielle und personelle Unterstützung gewährt der Freistaat der Gemeinde Freilassing bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge und Asylbegehrenden? Vorab: Die Situation unmittelbar an der deutschösterreichischen Grenze ist nach Auffassung der Staatsregierung unmittel bare Folge der grenzpolizeilichen Maßnahmen durch die Bundespolizei und des Zugangsgeschehens nach Deutsch land. Unterbringung und Versorgung fallen nach Auffassung der Staatsregierung daher in die Zuständigkeit des Bundes. Auch der Weitertransport im Rahmen des sogenannten Deutschlandausgleichs fällt in die Zuständigkeit des Bun des. Es besteht damit in erster Linie eine Einstandspflicht des Bundes, gegenüber den Kommunen im Grenzbereich unterstützend tätig zu werden. Dies fordert die Staatsregie rung ein. Gleichwohl ist der Freistaat Bayern, um eine humanitäre Katastrophe und Gefahren für Leib oder Leben zu vermei den, in einer Vielzahl von Fällen in Vorleistung getreten und hat die Kosten für Ausrüstung, Verpflegung und medizini sche Versorgung vorverauslagt. Konkret erfolgt die Organisation der Versorgung und Un terbringung der Flüchtlinge im Bereich Freilassing (insbe sondere Unterkunft Sägewerkstraße) durch das Landrats amt Berchtesgadener Land als Staatsbehörde. Insofern werden sämtliche Kosten unmittelbar vom Freistaat Bayern getragen. Der Stadt Freilassing entstehen daher keine un mittelbaren Aufwendungen in diesem Zusammenhang. 7.2 Welchen Beitrag leistet der Freistaat im Bereich für die Helfer-/innen, die Erhebliches für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in Freilassing geleistet haben? Der Freistaat Bayern richtet gemeinsam mit den Hilfs und Rettungsorganisationen hier professionelle Helferstrukturen ein und finanziert diese, um die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu entlasten. Konkret wurde mit den Hilfsorgani sationen eine Vereinbarung abgestimmt, wonach der Staat auch die Kosten für hauptamtliches Personal in den betrof fenen Landkreisen und für die landesweite Koordination übernimmt. Die Staatsregierung steht dabei in ständigem und engem Kontakt mit den Hilfs und Rettungsorganisati onen, u. a. in dem gemeinsamen Koordinierungsstab Asyl/ Sicherheit. Ergänzend unterstützt der Freistaat Bayern die Hilfsorga nisationen in vielfältiger Weise. So organisiert der Freistaat Drucksache 17/9561 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Bayern die Inanspruchnahme von Amtshilfen, z. B. durch die Bundeswehr, um die Hilfsorganisationen zu unterstützen. Die Hilfsorganisationen erhalten zudem eine Vergütung für Sanitätsleistungen und Sachkosten werden vollständig ab gerechnet. 7.3 Welche Unterstützung erhielten die entsprechenden Helferorganisationen? Ehrenamtliche Helfer können darüber hinaus eine Entschä digung für einen aufgrund des Einsatzes erlittenen Ver dienstausfall erhalten.