Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Eva Gottstein FREIE WÄHLER vom 20.10.2015 Zulassungsbeschränkung Referendariat Die vom Kultusministerium geplante Änderung des bayerischen Lehrerbildungsgesetzes zum 1. April 2016 sieht eine Zulassungsbeschränkung zum Referendariat vor. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Zulassungsbeschränkungen gibt es in anderen Bundesländern und worin gleichen sie der geplanten bayerischen Regelung oder unterscheiden sie sich von ihr? 2. Welche Erfahrungen gibt es aus anderen Bundesländern , die bereits eine Zugangsbeschränkung zum Referendariat haben? a) Hat sich dort das Überangebot an qualifizierten Junglehrern , die keine Anstellung bekommen, gesenkt? b) Wie viel Prozent der Junglehrer, die auf einer Warteliste stehen, standen nach einem Jahr immer noch zur Verfügung? c) Wie viel Prozent waren es nach drei Jahren? 3. Liegen Erkenntnisse vor, welche Berufstätigkeiten Junglehrer aufnehmen, die nicht in den Schuldienst übernommen wurden? 4. Plant die Staatsregierung ggf. in Kooperation mit den Universitäten Überbrückungsmaßnahmen für die bis zu dreijährige Wartezeit auf einen Referendariatsplatz ? 5. Wie können Absolventen des ersten Staatsexamens während der Wartephase ihren Unterhalt finanzieren? a) Gilt die Wartephase als Teil der Ausbildung mit entsprechendem Fortbestand des Kindergeldanspruchs der Eltern und der studentischen Krankenversicherung ? b) Werden während der Wartephase BAföG und/oder Stipendien weiter gezahlt? c) Insofern das erste Staatsexamen keinen Hochschulabschluss darstellt, welche Möglichkeiten zur Aufnahme einer Berufstätigkeit bestehen nach Ansicht der Staatsregierung während der Wartephase? 6. Welche Auswirkungen auf den außerschulischen Arbeitsmarkt erwartet die Staatsregierung von der Einführung einer Zulassungsbeschränkung zum Referendariat ? 7. Welche Auswirkungen hätte die Zulassungsbeschränkung auf die Arbeit der Seminarschulen in Bayern? 8. Welche Auswirkungen erwartet die Staatsregierung von der Zulassungsbeschränkung auf die Ausgestaltung des Lehramtsstudiums und die Zahl der Studienanfänger für Lehrämter an den Universitäten? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 14.12.2015 1. Welche Zulassungsbeschränkungen gibt es in anderen Bundesländern und worin gleichen sie der geplanten bayerischen Regelung oder unterscheiden sie sich von ihr? Der Rechtsstand in anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland unterliegt nicht der Verantwortlichkeit der Staatsregierung. Zu rechtlichen Regelungen in anderen Ländern kann daher nicht Stellung genommen werden. 2. Welche Erfahrungen gibt es aus anderen Bundesländern , die bereits eine Zugangsbeschränkung zum Referendariat haben? a) Hat sich dort das Überangebot an qualifizierten Junglehrern, die keine Anstellung bekommen, gesenkt ? b) Wie viel Prozent der Junglehrer, die auf einer Warteliste stehen, standen nach einem Jahr immer noch zur Verfügung? c) Wie viel Prozent waren es nach drei Jahren? Belastbare Informationen aus anderen Ländern liegen dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) nicht vor. Zudem sind sowohl die Schulsysteme wie auch die Strukturen und Verfahren zur Verwaltung von Lehrkräften in anderen Ländern meist sehr verschieden von den bayerischen Verhältnissen. 3. Liegen Erkenntnisse vor, welche Berufstätigkeiten Junglehrer aufnehmen, die nicht in den Schuldienst übernommen wurden? Das StMBW verfügt über keine konkreten Informationen, in welchen außerschulischen Berufsbereichen Lehrkräfte, die keine Beschäftigung im Schuldienst gefunden haben, ein Arbeitsverhältnis aufnehmen. Allerdings gibt es z. B. beim Lehramt an Gymnasien eine erhebliche Zahl von Anträgen des Referendarjahrgangs September 2013/15 auf vorzeitige Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst unmittelbar nach Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.01.2016 17/9565 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9565 Ablegung der letzten Einzelprüfungen der zweiten Staatsprüfung . Auch besteht eine Vielzahl von Meldungen nichtstaatlicher Schulträger über kurz vor Beendigung des Vorbereitungsdienstes angetretene Beschäftigungsverhältnisse von Absolventinnen und Absolventen des gymnasialen Vorbereitungsdienstes . Dies zeigt, dass viele junge Lehrkräfte, die nicht in den staatlichen Schuldienst übernommen werden können, Beschäftigungsmöglichkeiten im nicht-staatlichen Schulbereich finden. 4. Plant die Staatsregierung ggf. in Kooperation mit den Universitäten Überbrückungsmaßnahmen für die bis zu dreijährige Wartezeit auf einen Referendariatsplatz ? Überbrückungsmaßnahmen im Sinne der Frage sind nicht geplant. Das StMBW unterstützt aber mit einem Förderprogramm „Sondermaßnahmen zur Förderung von Absolventinnen und Absolventen der ersten Lehramtsprüfung“ geeignete Weiterqualifizierungsmaßnahmen an Universitäten und Hochschulen im Umfang von 2 Millionen Euro. 5. Wie können Absolventen des ersten Staatsexamens während der Wartephase ihren Unterhalt finanzieren ? Den Absolventinnen und Absolventen der ersten Lehramtsprüfung steht grundsätzlich der allgemeine Arbeitsmarkt offen . Eine konkrete Darstellung ist aufgrund der Einzelfallabhängigkeit nicht möglich. a) Gilt die Wartephase als Teil der Ausbildung mit entsprechendem Fortbestand des Kindergeldanspruchs der Eltern und der studentischen Krankenversicherung ? Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) besteht für ein noch nicht 25 Jahre altes Kind Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Das Berufsziel, der Erwerb der Lehramtsbefähigung , wird gemäß Art. 7 Abs. 1 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes (BayLBG) erst mit Abschluss der zweiten Staatsprüfung am Ende des Vorbereitungsdienstes erreicht. Sofern bis zum Abschluss des 25. Lebensjahrs noch keine Zulassung zum Vorbereitungsdienst erfolgt ist, besteht bis dahin grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld. Dieser Anspruch kann aber erlöschen, wenn zwischenzeitlich eine Beschäftigung in einem bestimmten Umfang aufgenommen wird. Diese Fragen sind im Einzelfall zu klären. Mit Bestehen der ersten Lehramtsprüfung erfolgt die Exmatrikulation , die wiederum den Wegfall der studentischen Krankenversicherung zur Folge hat. In welcher Form sich Bewerberinnen und Bewerber in den Vorbereitungsdienst während der Zeit auf der Warteliste krankenversichern können , hängt ebenfalls vom Einzelfall ab. b) Werden während der Wartephase BAföG und/oder Stipendien weiter gezahlt? Mit Abschluss der ersten Lehramtsprüfung ist das Studienziel erreicht und der Anspruch von Berechtigten auf Zahlungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder anderer Studienstipendien erlischt. c) Insofern das erste Staatsexamen keinen Hochschulabschluss darstellt, welche Möglichkeiten zur Aufnahme einer Berufstätigkeit bestehen nach Ansicht der Staatsregierung während der Wartephase ? Die erste Lehramtsprüfung ist Hochschulabschlussprüfung (§ 1 Abs. 2 Satz 1 der Lehramtsprüfungsordnung I). Ihr Bestehen bestätigt den erfolgreichen Abschluss eines Hochschulstudiums , auch wenn damit keine unmittelbare Berufsqualifikation erworben wird. Ein Vertreter der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. hat in einem Gespräch mit dem StMBW bestätigt, dass Absolventinnen und Absolventen allein auch mit einer ersten Lehramtsprüfung durchaus erfolgreich unmittelbaren Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten . Im Übrigen darf auf den obigen Hinweis vor der Antwort zu a verwiesen werden. 6. Welche Auswirkungen auf den außerschulischen Arbeitsmarkt erwartet die Staatsregierung von der Einführung einer Zulassungsbeschränkung zum Referendariat? Ob und ggf. in welchen Lehrämtern sowie in welchen Fächerkombinationen eine Zulassungsbeschränkung eingeführt werden soll, wird zu gegebener Zeit auf der Grundlage der Änderung des BayLBG, dessen parlamentarische Beratung derzeit vorbereitet wird, zu entscheiden sein. Vor diesem Hintergrund verbindet die Staatsregierung eine mögliche Einführung einer Zulassungsbeschränkung nicht mit bestimmten Erwartungen hinsichtlich des außerschulischen Arbeitsmarkts. 7. Welche Auswirkungen hätte die Zulassungsbeschränkung auf die Arbeit der Seminarschulen in Bayern? Die inhaltliche Arbeit der mit der Ausbildung der Referendarinnen und Referendare beauftragten Lehrkräfte an den Seminarschulen, die die hohe Qualität der Ausbildung im Vorbereitungsdienst prägt, wird von Zulassungsbeschränkungen zum Vorbereitungsdienst nicht tangiert werden. Inwieweit sich Zulassungsbeschränkungen zum Vorbereitungsdienst sonst auf die Arbeit an den Seminarschulen in Bayern auswirken könnten, hängt von mehreren Faktoren ab, wie z. B. dem Umfang der vom Haushaltsgesetzgeber bereitgestellten Mittel für die Seminarausbildung oder der Zahl der zum Vorbereitungsdienst zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber im jeweiligen Lehramt in den einzelnen Fächerverbindungen. 8. Welche Auswirkungen erwartet die Staatsregierung von der Zulassungsbeschränkung auf die Ausgestaltung des Lehramtsstudiums und die Zahl der Studienanfänger für Lehrämter an den Universitäten? Sofern nach Inkrafttreten der Änderung des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes eine politische Entscheidung für den Erlass einer Verordnung, in der die Details der Zulassungsbeschränkung zum Vorbereitungsdienst zu regeln sind, getroffen würde, hätte dies auf die Ausgestaltung des Lehramtsstudiums selbst keine Auswirkungen. Die inhaltliche Ausgestaltung der Lehramtsstudiengänge richtet sich nach den Anforderungen des Berufsfelds einer Lehrkraft in der jeweiligen Schulart. Jedoch kann die Einführung einer Zulassungsbeschränkung zum Vorbereitungsdienst auf die Entscheidung für ein Lehramtsstudium gerade in Fächerverbindungen mit anhaltend hohen Bewerberzahlen einen regulierenden Effekt haben.