Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Eva Gottstein FREIE WÄHLER vom 16.11.2015 Umwandlung der JVA Eichstätt in Abschiebungsgefängnis Da die JVA Mühldorf dringend wieder für den Vollzug der Untersuchungshaft benötigt wird, beabsichtigt man, die Abschiebungshaft nach Eichstätt zu verlagern. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wann wurde der Entschluss gefasst, die Abschiebungshaft von der JVA Mühldorf in die JVA Eichstätt zu verlagern? a) Wann und wie wurde welchen direkt oder indirekt Betroffenen dieser Entschluss kommuniziert (Leitung JVA, PP Oberbayern Nord, PI Eichstätt, Stadt Eichstätt und Landkreis Eichstätt etc.)? 2. Wie sehen die Zeitschiene und der finanzielle Aufwand für die geplanten Umbauten an der JVA Eichstätt aus und sind auch Außenbauten betroffen bzw. geplant? 3. Wie sieht die Zeitschiene bezüglich Verlegung der bisherigen Insassen und Belegung mit Abschiebungsgefangenen aus? 4. Aufgrund welcher rechtlichen Grundlage ist für die bisherigen Verschübe die Justiz und für die zukünftigen Verschübe die Polizei zuständig? a) Welche PI ist hiervon betroffen? Ist daran gedacht, die Bereitschaftspolizei einzubeziehen? b) Welche personellen Konsequenzen ergeben sich? 5. Mit welchen weiteren Konsequenzen für Justiz und Polizei ist zu rechnen (Sach- und Personalaufwand)? 6. Welche Umbauten oder sonstigen Maßnahmen werden notwendig, um die vor etwa zwei Jahren eigens für die Abschiebungshaft umgewidmete JVA Mühldorf wieder dem Strafvollzug zuführen zu können, und wie hoch belaufen sich die Kosten hierfür? 7. Mit wie vielen Abschiebungsgefangenen war die JVA Mühldorf bisher belegt, welche Verschübe sind in den letzten zwei Jahren angefallen (Arztbesuche, Behördengänge etc.) und wie hoch war der entsprechende Personalaufwand? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 17.12.2015 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Eva Gottstein wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wann wurde der Entschluss gefasst, die Abschiebungshaft von der JVA Mühldorf in die JVA Eichstätt zu verlagern? Um die rechtlichen Mindestanforderungen an eine Abschiebungshafteinrichtung zu erfüllen, ist vor einem Zuständigkeitswechsel eine bauliche Instandsetzung der Justizvollzugsanstalt Eichstätt unverzichtbar. Neben den erforderlichen baulichen Anpassungen für die Belange der Abschiebungshaft müssen vor allem die notwendigen Brandschutzmaßnahmen und eine Dachsanierung durchgeführt werden. Mit Beschluss vom 13. Oktober 2015 hat der Ministerrat das Finanzierungskonzept für Ausgaben im Bereich Zuwanderung und Integration beschlossen, in dem 4,0 Mio. EUR für die Instandsetzung der Justizvollzugsanstalt Eichstätt eingestellt worden waren. Am 22. Oktober 2015 hat der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags den Entwurf des Nachtragshaushalts 2016 – EPl. 04 Bayerisches Staatsministerium der Justiz – mit Nachschubliste vom 14. Oktober 2015 beschlossen. Damit wurden – vorbehaltlich der Beschlussfassung im Plenum des Bayerischen Landtags , die am 9. Dezember 2015 erfolgte – die finanziellen Voraussetzungen für eine zeitnahe Umstrukturierung der Abschiebungshaftkapazitäten im bayerischen Justizvollzug geschaffen. a) Wann und wie wurde welchen direkt oder indirekt Betroffenen dieser Entschluss kommuniziert (Leitung JVA, PP Oberbayern Nord, PI Eichstätt, Stadt Eichstätt und Landkreis Eichstätt etc.)? Mit Schreiben des bayerischen Staatsministers der Justiz vom 23. Oktober 2015 wurden folgende Mandatsträger über die Umstrukturierung der Abschiebungshaft-kapazitäten in Kenntnis gesetzt: Herr Staatsminister Dr. Marcel Huber, MdL, Bayerische Staatskanzlei, Frau Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel, Bayerischer Landtag, Frau Landtagsabgeordnete Eva Gottstein, Bayerischer Landtag, Herr Landtagsabgeordneter Wolfgang Fackler, Bayerischer Landtag, Herr Landtagsabgeordneter Herbert Woerlein, Bayerischer Landtag, Herr Landtagsabgeordneter Helmut Radlmeier, Bayerischer Landtag, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.03.2016 17/9571 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9571 Frau Landtagsabgeordnete Johanna Werner-Muggendorfer , Bayerischer Landtag, Herr Landrat Georg Huber, Landkreis Mühldorf a. Inn, Herr Landrat Anton Knapp, Landkreis Eichstätt, Frau Erste Bürgermeisterin Marianne Zollner, Kreisstadt Mühldorf a. Inn, und Herr Oberbürgermeister Andreas Steppberger, Stadt Eichstätt . Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Eichstätt wurde am 30. November 2015 in einem persönlichen Gespräch über die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung informiert . Seitens des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr wurde die Entscheidung bisher nicht nach außen kommuniziert und bislang auch keine nachgeordneten Behörden hiervon umfänglich in Kenntnis gesetzt, da Details der Umsetzung noch nicht abschließend geklärt sind. 2. Wie sehen die Zeitschiene und der finanzielle Aufwand für die geplanten Umbauten an der JVA Eichstätt aus und sind auch Außenbauten betroffen bzw. geplant? Nach dem derzeitigen Planungsstand sollen die Einzelheiten des Raumkonzepts und der erforderlichen Umbauarbeiten bis Ende des Jahres 2015 durch die Beteiligten aus den Justizvollzugsanstalten Kaisheim und Eichstätt, vom staatlichen Bauamt Ingolstadt und des eingebundenen Architekturbüros festgelegt werden. Bis Ende Januar 2016 sollen die entsprechenden Werkleistungen dann ausgeschrieben werden; deren Vergabe wird voraussichtlich bis Ende Februar 2016 vorgenommen werden können. Der mögliche Baubeginn ist derzeit auf Anfang März 2016 datiert. Die Fertigstellung der erforderlichen Umbaumaßnahmen ist für Herbst 2016 geplant. Die baulichen Instandsetzungsmaßnahmen zur Umwidmung der Justizvollzugsanstalt Eichstätt in eine Einrichtung für Abschiebungshaft sind im Nachtragshaushalt 2016 bei Kapitel 04 05 Titel 519 01 (Bauunterhalt) mit 4 Mio. EUR angesetzt. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Ansatz für die insoweit erforderlichen Baumaßnahmen auskömmlich ist. Nach derzeitigem Planungsstand werden keine nennenswerten Außenumbauten vorgenommen werden. Allein im Eingangsbereich ist eine Ertüchtigung der dortigen Außentreppe vorgesehen. 3. Wie sieht die Zeitschiene bezüglich Verlegung der bisherigen Insassen und Belegung mit Abschiebungsgefangenen aus? Es ist beabsichtigt, die Justizvollzugsanstalt Eichstätt bis zum 1. März 2016 zu räumen. Spätestens ab dem 1. Februar 2016 sollen keine neuen Gefangenen mehr aufgenommen werden. Im Februar 2016 werden die noch vorhandenen arbeitenden Gefangenen mit der restlichen Auftragsabwicklung sowie mit Räumungs- und Abbauarbeiten beschäftigt sein. Zur Entzerrung der notwendigen Verschubungen sollen die nicht arbeitenden Gefangenen im Laufe des Februar 2016 sukzessive verlegt werden. Eine Belegung der Justizvollzugsanstalt Eichstätt mit Abschiebungsgefangenen erfolgt nach Abschluss der noch vorzunehmenden Baumaßnahmen. 4. Aufgrund welcher rechtlichen Grundlage ist für die bisherigen Verschübe die Justiz und für die zukünftigen Verschübe die Polizei zuständig? Das zum Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz zählende Gefangenentransportwesen, also der Transport der Gefangenen von einer bayerischen Justizvollzugsanstalt in eine andere bayerische Justizvollzugsanstalt, wird gegenwärtig und bis auf Weiteres in Amtshilfe durch das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr besorgt. Ausführungen − etwa zu Gerichtverhandlungen oder Ärzten − werden in der Justizvollzugsanstalt Eichstätt gegenwärtig durch Justizbedienstete durchgeführt. Das Gleiche gilt für die Bewachung von Gefangenen in Krankenhäusern. Lediglich Vorführungen zu den Gerichten in Strafsachen werden von den Polizeibehörden in Amtshilfe übernommen. Die grundsätzliche Zuständigkeit der Bediensteten des Justizvollzugs für die Vornahme von Ausführungen geht auf § 4 Nr. 1 Buchstabe c) der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Staatsregierung vom 28. Januar 2014 (GVBl. S. 31) zurück, in der die Zuständigkeit des Staatsministeriums der Justiz für den Justizvollzug geregelt ist. Für den zum Ausländerrecht zu zählenden Vollzug der Abschiebungshaft ist hingegen nach § 3 Nr. 1 Buchstabe f) der Geschäftsverteilung der Bayerischen Staatsregierung das Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr zuständig. Die Vornahme von Ausführungen im Bereich der Abschiebungshaft obliegt damit den Polizeibehörden in eigener Zuständigkeit. Eine entsprechende Handhabung findet gegenwärtig auch in der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn statt. a) Welche PI ist hiervon betroffen? Ist daran gedacht, die Bereitschaftspolizei einzubeziehen? Mit Aufnahme des Wirkbetriebs der Abschiebungshafteinrichtung in Eichstätt wird die Polizeiinspektion Eichstätt die Ausführungen der Gefangenen übernehmen. Ein Einsatz der Bereitschaftspolizei ist grundsätzlich nicht vorgesehen. b) Welche personellen Konsequenzen ergeben sich? Die personellen Konsequenzen für die zuständige Polizeiinspektion Eichstätt hinsichtlich der Umwandlung der Justizvollzugsanstalt Eichstätt in eine Abschiebungshaftanstalt können derzeit noch nicht belastbar abgeschätzt werden. Die Personalplanungen hinsichtlich der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Justizvollzugsanstalt Eichstätt obliegen dem zuständigen Polizeipräsidium Oberbayern Nord. Der Personalansatz kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden. 5. Mit welchen weiteren Konsequenzen für Justiz und Polizei ist zu rechnen (Sach- und Personalaufwand )? Für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz gilt Folgendes: Soweit das Stammpersonal der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn derzeit im provisorischen Vollzug der Abschiebungshaft tätig ist, kann dieses nach einer Verlagerung des Vollzugs der Abschiebungshaft in die Justizvollzugsanstalt Eichstätt wieder für den originären Zweck der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn, nämlich für den Vollzug der Straf- und Untersuchungshaft, eingesetzt werden. Zeitlich befristete Beschäftigungsverhältnisse mit Fachdienstmitarbeitern, die speziell für den Vollzug der Abschiebungshaft begründet wurden, werden in der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn nicht mehr fortgesetzt werden. Mit Verlagerung des Vollzugs der Abschiebungshaft in die Justizvollzugsanstalt Eichstätt wird nach derzeitigem Planungsstand die Betreuung der Abschiebungsgefangenen Drucksache 17/9571 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 durch das dort bereits vor Ort vorhandene Vollzugspersonal sowie neu anzustellende Tarifbeschäftigte aus dem Bereich der Fachdienste wahrgenommen werden. Der genaue Umfang des für den Vollzug der Abschiebungshaft in der Justizvollzugsanstalt Eichstätt erforderlichen Personaleinsatzes ist abhängig von der konkreten Umgestaltung der Anstalt und kann derzeit noch nicht konkret beziffert werden. Ein in der Antworten zu den Fragen 2 und 6 aufgeführter Sachaufwand ist nicht zu erwarten. Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr wird die Umwandlung der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn von einer Abschiebungshafteinrichtung in eine Justizvollzugsanstalt für Straf- und Untersuchungshaft keine großen Entlastungen mit sich bringen. Wenngleich die Transporte von Abschiebungshäftlingen zu den Flughäfen etc. wegfallen werden, wird für die Polizeiinspektion Mühldorf a. Inn die Anzahl der täglichen Vorführungen von der Justizvollzugsanstalt zu den Gerichten wieder um ein Vielfaches ansteigen. In welcher Höhe für die Polizei in Eichstätt (Polizeipräsidium Oberbayern Nord) zusätzliche Kosten entstehen werden, kann derzeit aufgrund fehlender Planungsgrößen noch nicht abgeschätzt werden. Als wesentlicher Kostenfaktor wäre hier jedoch der Fuhrpark zu nennen. So werden in Mühldorf a. Inn für die Schubaufgaben derzeit drei Fahrzeuge verwendet. Sollte in Eichstätt beispielsweise die Neubeschaffung eines uniformierten Fahrzeugs zum Zwecke der Ausführung der Gefangenen erforderlich werden, so fielen allein hierfür rd. 52.000 EUR an. 6. Welche Umbauten oder sonstigen Maßnahmen werden notwendig, um die vor etwa zwei Jahren eigens für die Abschiebungshaft umgewidmete JVA Mühldorf wieder dem Strafvollzug zuführen zu können, und wie hoch belaufen sich die Kosten hierfür? Für die Wiedereingliederung der derzeitigen Einrichtung für Abschiebungshaft in Mühldorf a. Inn in den bayerischen Justizvollzug sind derzeit keine Baumaßnahmen vorgesehen und somit auch keine entsprechenden Kosten separat veranschlagt. Es wird davon ausgegangen, dass keine Maßnahmen erforderlich werden, die über die üblichen Instandsetzungs - bzw. Schönheitsreparaturen nach einem Nutzer- und Funktionswechsel hinausgehen. Die insoweit erforderlichen Aufwendungen sollen aus dem laufenden Bauunterhalt aufgebracht werden. 7. Mit wie vielen Abschiebungsgefangenen war die JVA Mühldorf bisher belegt, welche Verschübe sind in den letzten zwei Jahren angefallen (Arztbesuche , Behördengänge etc.) und wie hoch war der entsprechende Personalaufwand? Seit Umwidmung der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn zur zentralen Einrichtung für Abschiebungshaft im Jahr 2013 waren insgesamt 702 männliche und 79 weibliche Abschiebungsgefangene dort untergebracht (Stand 3. Dezember 2015). Für Ausführungen wurde kein Personal der Justizvollzugsanstalt Mühldorf a. Inn eingesetzt. Für die Polizeiinspektion Mühldorf a. Inn fielen in den Jahren 2014 und 2015 folgende Ausführungen der Gefangenen an, wobei die Zahlen für den Monat Dezember 2015 hochgerechnet wurden: 2014 2015 Luftabschiebungen 140 202 Landabschiebungen 19 5 Arzt-/Krankenhausfahrten 68 37 Fahrten zu Konsulaten/BAMF 16 12 Fahrten zu Gerichten 28 26 Sonstige Fahrten 12 14 Transport-Mann-Stunden 3.440 3.530 Gesamtkilometer 60.450 60.366 Nicht aus der Statistik ersichtlich ist der Anteil an zusätzlichen Verwaltungsaufgaben für den Sachbereich Einsatz. Dieser ist zuständig für die Organisation und Koordination, Dienstplanung, Änderungen etc. aller durchzuführender Transporte. Für diese Aufgaben ist ein Polizeibeamter in Vollzeit gebunden. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9571