Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 16.10.2015 Kommunale Behindertenbeauftragte in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Sind Kommunen verpflichtet, die Stelle eines Behindertenbeauftragten zu besetzen? Wie sind die rechtlichen Grundlagen ausgestaltet? 2. In welchen bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es Behindertenbeauftragte? Wie sind die Stellen ausgestattet (Stellenanzahl/Mitarbeiterstab; ehrenamtlich /hauptamtlich; Teilzeit/Vollzeit; eigenes Büro/ Homeoffice)? 3. Wo sind die Behindertenbeauftragten hierarchisch angesiedelt ? Wie werden sie bei der Arbeit eingebunden? Wie wird ihre Unabhängigkeit sichergestellt? 4. Mit hilfe welchen Verfahrens wurden die Stellen besetzt? Welche Qualifikationen müssen potenzielle Bewerber in der Regel mitbringen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 21.12.2015 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Gabi Schmidt wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr auf der Grundlage einer Umfrage bei den Regierungen wie folgt beantwortet: 1. Sind Kommunen verpflichtet, die Stelle eines Behindertenbeauftragten zu besetzen? Wie sind die rechtlichen Grundlagen ausgestaltet? Laut Artikel 18 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BayBGG) sollen die Bezirke, die Landkreise und die kreisfreien Gemeinden Behindertenbeauftragte bestellen . Damit muss die Kommune eine/einen Beauftragte/n bestellen , es sei denn gewichtige Gründe sprechen dagegen. Eine Ausnahme ist zum Beispiel gegeben, wenn in der Kommune bereits ein Behindertenrat besteht. Durch die Soll-Regelung wird dem verfassungsmäßig verankerten Recht der kommunalen Selbstverwaltung Rechnung getragen. 2. In welchen bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es Behindertenbeauftragte? Wie sind die Stellen ausgestattet (Stellenanzahl/Mitarbeiterstab; ehrenamtlich/hauptamtlich; Teilzeit/Vollzeit; eigenes Büro/Homeoffice)? In Bayern gibt es grundsätzlich in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt einen kommunalen Behindertenbeauftragten bzw. eine kommunale Behindertenbeauftragte. In einer kreisfreien Stadt läuft hierfür derzeit ein Bewerber- Auswahl-Verfahren; die Stelle soll im Laufe des 1. Quartals 2016 besetzt werden. In einer weiteren kreisfreien Stadt gab es bis Anfang 2015 einen vom Oberbürgermeister bestellten Behindertenbeauftragten; derzeit klärt die Stadt, wie die Stelle neu besetzt werden kann. Die konkrete Ausstattung der Stellen der/des Behindertenbeauftragten obliegt der kommunalen Selbstverwaltung und ist daher sehr unterschiedlich. In der Regel wird die Aufgabe von einer Vollzeit- oder einer Teilzeitkraft alleine erbracht. In manchen Landkreisen oder kreisfreien Städten werden der/dem Behindertenbeauftragten jedoch auch ein, in sehr seltenen Fällen zwei Mitarbeiter zur Verfügung gestellt . Die Mitarbeiter unterstützen dabei in der Regel die/ den Behindertenbeauftragten bei Schreib- und Verwaltungsarbeiten . Auch in den Fällen, in denen der/dem Behindertenbeauftragten keine eigenen Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden, können diese oftmals für Schreib- und Verwaltungsarbeiten auf das Verwaltungspersonal des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt zugreifen. Die Stelle der/des Behindertenbeauftragten ist bayernweit etwa zu zwei Drittel ehrenamtlich und zu einem Drittel hauptamtlich ausgestaltet. Im Rahmen einer hauptamtlichen Tätigkeit wird die Aufgabe sehr häufig in Teilzeit erbracht. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.02.2016 17/9587 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9587 Dabei gibt es vor allem zwei Modelle. Entweder erbringt die/ der Behindertenbeauftragte in Teilzeit ihre/seine ganze Arbeitskraft für diese Aufgabe, oder ein hauptamtlich und in Vollzeit arbeitender Angestellter oder Beamter des Landkreises oder der kreisfreien Stadt widmet einen fest bestimmten Anteil seiner Arbeitskraft dieser Aufgabe. Der/dem Behindertenbeauftragten im Hauptamt oder Ehrenamt wird in der Mehrzahl der Fälle ein eigenes Büro zur Verfügung gestellt. Nicht selten arbeiten Behindertenbeauftragte jedoch auch im Homeoffice. Den Behindertenbeauftragten , die im Homeoffice arbeiten, werden jedoch in aller Regel Räume in den jeweiligen Verwaltungsgebäuden zur Verfügung gestellt, um dort beispielsweise Besprechungen abhalten zu können. 3. Wo sind die Behindertenbeauftragten hierarchisch angesiedelt? Wie werden sie bei der Arbeit eingebunden ? Wie wird ihre Unabhängigkeit sichergestellt? Am häufigsten sind die Behindertenbeauftragten hierarchisch in den Fachabteilungen der Landkreise oder der kreisfreien Städte angesiedelt. In aller Regel handelt es sich dabei um die Abteilung für Soziales. Vielfach ist die/der Behindertenbeauftragte auch einer Stabsstelle ohne spezifische Zuordnung zu einem Fachbereich oder unmittelbar der Hausspitze zugeteilt. Eine Einbindung der Behindertenbeauftragten bei der Arbeit erfolgt in aller Regel über eine Einbindung in die Projekte und Aktivitäten des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt, die einen Bezug zu Belangen von Menschen mit Behinderung aufweisen. Die Behindertenbeauftragten werden hierbei zu Stellungnahmen zu den jeweiligen Projekten und Aktivitäten aufgefordert und können auch aus eigener Initiative Stellungnahmen abgeben. Ein Themengebiet, bei dem Belange von Menschen mit Behinderung besonders häufig betroffen sind und die Behindertenbeauftragten daher besonders häufig einbezogen werden, ist die Barrierefreiheit, die vor allem bei öffentlichen Bauvorhaben oder bei Fragen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) berührt ist. Die Beteiligung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Einbeziehung über Stellungnahmen , sondern es findet vereinzelt auch eine konkrete Beteiligung der Behindertenbeauftragten bei der Umsetzung der jeweiligen Projekte statt. Darüber hinaus nehmen die Behindertenbeauftragten auch an Ausschusssitzungen oder an Sitzungen sonstiger Kreisgremien, wie zum Beispiel dem Sozialbeirat oder dem Nahverkehrsbeirat, teil, in denen die Belange von Menschen mit Behinderung thematisiert werden . Vereinzelt kümmern sich die Behindertenbeauftragten auch um Einzelanliegen von Menschen mit Behinderung. Die Unabhängigkeit der Behindertenbeauftragten wird durch Satzung oder anderweitige behördliche Festlegung sichergestellt. Auch nach dem Satzungsmuster des Bayerischen Landkreistages ist die/der Behindertenbeauftragte unabhängig und weisungsungebunden. 4. Mithilfe welchen Verfahrens wurden die Stellen besetzt ? Welche Qualifikationen müssen potenzielle Bewerber in der Regel mitbringen? Die Besetzung der Stellen erfolgte in der Regel über einen Kreistags- oder Stadtratsbeschluss oder einen Ausschussbeschluss . In manchen Fällen wurde der Bewerber oder die Bewerberin zuvor von der Vollversammlung des Behindertenbeirats gewählt. Darüber hinaus werden zum Teil vor dem Beschluss Vorschläge von Wohlfahrtsverbänden eingeholt oder es wird dem Beschluss eine Ausschreibung vorgeschaltet . Daneben erfolgte auch eine hausinterne Besetzung der Stelle oder eine Besetzung mittels Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens. In aller Regel werden an die Stelle keine fachlichen Vo raussetzungen geknüpft. Vorausgesetzt wird zumeist jedoch ein Interesse an der Thematik, eine Aufgeschlossenheit für die Belange von Menschen mit Behinderung und eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit. Als wünschenswert wurden darüber hinaus unter anderem Vorkenntnisse in der Thematik, insbesondere im Bereich des Sozial- und Baurechts genannt. Nur selten wird eine konkrete Ausbildung, wie etwa eine Ausbildung als Sozialpädagoge oder eine Verwaltungsausbildung, gefordert.