Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 27.11.2015 Vorwürfe wegen fragwürdiger Praktiken in bayerischen Strafvollzugsanstalten Ich frage die Staatsregierung: 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach es bei Zellenkontrollen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg zur Beschädigung von persönlichem Eigentum von Strafgefangenen (z. B. Brillen) bzw. von Lebensmitteln gekommen ist, der entstandene Schaden aber nicht ersetzt wurde? 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach Strafgefangene in der JVA Landsberg von Dritten Zeitungsausschnitte zugesandt bekommen haben, diese aber den Strafgefangenen nicht oder nur unvollständig zugeleitet wurden, aufgeschlüsselt nach: a) dem jeweiligen Einzelfall und b) dem jeweiligen Grund für die Nichtweiterleitung? 3. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach in Zellen einzelner Strafgefangener in der JVA Landsberg die Wasserzufuhr an die Waschbecken eingeschränkt wurde? 4. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, ob Strafgefangene bei der Essensausgabe trotz Nachfrage keine größere Essensration erhalten, aufgeschlüsselt nach: a) allgemeinen Vorgaben zum Umfang der Verpflegung für Strafgefangene und b) Budget für die Verpflegung von Strafgefangenen in den einzelnen JVA (nach Haushaltsjahr und Budget pro Gefangenem pro Tag und Mahlzeit)? 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, dass sogenannte Einkaufssperren für einzelne Strafgefangene zwischen den zuständigen Stellen in der jeweiligen JVA nicht ausreichend kommuniziert werden? 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse zu Mängeln in der medizinischen Versorgung von Strafgefangenen vor, aufgeschlüsselt nach a) sehr langer Dauer der Wartezeit auf eine Behandlung beim Arzt, z. B. nach akuten Magen- und Darmerkrankungen und b) Umsetzung von Fixierungen von operierten Strafgefangenen ? (Welche Vorgaben gibt es dazu? Wie häufig kommt das vor? Wie lange dürfen solche Fixierungen /Fesseln genutzt werden?) 7. In wie vielen Fällen kommt es zu einem Entzug von TV- oder Radiogeräten von Strafgefangenen und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass die Geräte von den Strafgefangenen wieder genutzt werden können? 8. In wie vielen Fällen kommt es zur Unterbringung von Strafgefangenen in speziellen Einzelzellen aufgrund einer Abwehr einer Selbstgefährdung, aufgeschlüsselt nach: a) der Anzahl jeweiliger Unterbringungen in den einzelnen JVAen seit dem Jahr 2013, b) der jeweiligen Dauer dieser Unterbringung im Einzelfall und Grund für die Aufhebung und c) den diesen Maßnahmen zugrunde liegenden Vorgaben ? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 28.12.2015 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach es bei Zellenkontrollen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg zur Beschädigung von persönlichem Eigentum von Strafgefangenen (z. B. Brillen) bzw. von Lebensmitteln gekommen ist, der entstandene Schaden aber nicht ersetzt wurde? Dem Staatsministerium der Justiz liegen solche Erkenntnisse nicht vor. Eine Abfrage bei der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech hat ergeben, dass auch dort keine entsprechenden Erkenntnisse vorliegen. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass eine statistische Erfassung der beschriebenen Vorfälle nicht stattfindet. Die händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und konnte deshalb nicht erfolgen. Grundsätzlich wird bei Haftraumkontrollen durch die hierfür zuständigen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die größtmögliche Sorgfalt angewendet, um Beschädigungen am Eigentum der Gefangenen zu vermeiden. Sollte es doch einmal zu einer Beschädigung kommen, erhält der betroffene Gefangene in der Regel unaufgefordert Schadensersatz. 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach Strafgefangene in der JVA Landsberg von Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.02.2016 17/9600 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9600 Dritten Zeitungsausschnitte zugesandt bekommen haben, diese aber den Strafgefangenen nicht oder nur unvollständig zugeleitet wurden, aufgeschlüsselt nach: a) dem jeweiligen Einzelfall und b) dem jeweiligen Grund für die Nichtweiterleitung? Im Spätsommer 2015 ist es in einem Fall aufgrund eines Versehens nachgeordneter Bediensteter entgegen der in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech geltenden Vorschriftenlage zur Entnahme eines Zeitungsartikels aus einer an einen Gefangenen gerichteten Briefsendung gekommen . Der Zeitungsartikel wurde dem Gefangenen in der Folge umgehend ausgehändigt. Die in der Poststelle der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech tätigen Bediensteten wurden belehrt und auf die korrekte Anwendung der entsprechenden Dienstanweisung hingewiesen. Dem Staatsministerium der Justiz und der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech liegen darüber hinaus keine Erkenntnisse zu vergleichbar gelagerten Fällen vor. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass eine statistische Erfassung insoweit nicht stattfindet. Die händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und konnte deshalb nicht erfolgen. 3. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach in Zellen einzelner Strafgefangener in der JVA Landsberg die Wasserzufuhr an die Waschbecken eingeschränkt wurde? In der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech wird die Wasserzufuhr an den Waschbecken in den Hafträumen nicht eingeschränkt, es sei denn, dies ist aus technischen Gründen oder zu Reparaturzwecken erforderlich. 4. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, ob Strafgefangene bei der Essensausgabe trotz Nachfrage keine größere Essensration erhalten? Dem Staatsministerium der Justiz liegen solche Erkenntnisse nicht vor. Eine Abfrage bei der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech hat ergeben, dass auch dort keine entsprechenden Erkenntnisse vorliegen. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass eine statistische Erfassung insoweit nicht stattfindet. Eine bayernweite händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und konnte deshalb nicht erfolgen. a) Allgemeine Vorgaben zum Umfang der Verpflegung für Strafgefangene Die Verpflegung der Gefangenen und Jugendarrestanten in den bayerischen Justizvollzugsanstalten ist in der Verpflegungsordnung für die Justizvollzugsanstalten in Bayern (VerpflO) vom 15. November 2007 geregelt. Hiernach ist die Verpflegung für alle derselben Anstalt zugehörigen Gefangenen gleich. Die Tagesverpflegung besteht grundsätzlich aus drei Mahlzeiten (Frühstück, Mittagessen und Abendessen). Die Portionierung, Auswahl und Zubereitung der Speisen erfolgt unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Ernährungslehre, insbesondere den Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die Kostausgabe wird von Bediensteten im Hinblick auf Sauberkeit, Hygiene und ordnungsgemäße Verteilung an die Gefangenen überwacht . Es ist zu unterscheiden zwischen dem sog. Tablettsystem , bei welchem die Speisen in der Küche portioniert und über eine Menü-Einheit an die Gefangenen in den Unterkunftsgebäuden verteilt werden, und einer Kostausgabe direkt an die Gefangenen. Die konkrete Organisation richtet sich nach den jeweiligen strukturellen Gegebenheiten in den einzelnen Justizvollzugsanstalten. Zu der Frage, ob Gefangenen auf Wunsch ein Nachschlag zu ihren Mahlzeiten erteilt wird, gilt Folgendes: In den Justizvollzugsanstalten Augsburg, Bamberg, St. Georgen-Bayreuth, Ebrach, Hof (inklusive Jugendarrestanstalt ), Kronach, München (inklusive Jugendarrestanstalt), Niederschönenfeld, Schweinfurt und Würzburg (inklusive Jugendarrestanstalt) wird auf Wunsch in der Regel ein Nachschlag zu den Mahlzeiten gewährt. In der Justizvollzugsanstalt Passau wird bei der Ausgabe der Mittags- und der Abendkost auf Wunsch ein Nachschlag gewährt. In den Justizvollzugsanstalten Amberg, Landsberg am Lech, Neuburg-Herrenwörth und Weiden erhalten die Gefangenen auf Wunsch einen Nachschlag zu ihrem Mittagessen . In den Justizvollzugsanstalten Ansbach, Erlangen und Nürnberg (inklusive der Jugendarrestanstalt sowie der Außenstelle Lichtenau) wird auf Nachfrage ein Nachschlag zum Mittagessen gewährt; abends kann zusätzliches Brot angefordert werden. In den Justizvollzugsanstalten Aichach, Bad Reichenhall , Bernau, Eichstätt, Garmisch-Partenkirchen, Ingolstadt, Kaisheim, Neuburg a. d. Donau, Regensburg, Traunstein und der Außenstelle Rothenfeld der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech kann ein – zum Teil auf die Beilagen beschränkter – Nachschlag erteilt werden, wenn nach Verteilung des Essens Überkapazitäten bestehen. In den Justizvollzugsanstalten Erding, Laufen-Lebenau, Landshut, Mühldorf a. Inn sowie den Jugendarrestanstalten Landshut und Landau a. d. Isar wird kein Nachschlag ausgegeben , allerdings kann zusätzliches Brot zu allen Mahlzeiten angefordert werden. In den Justizvollzugsanstalten Aschaffenburg, Kempten, Memmingen und Straubing ist grundsätzlich kein Nachschlag erhältlich. b) Budget für die Verpflegung von Strafgefangenen in den einzelnen JVA (nach Haushaltsjahr und Budget pro Gefangenem pro Tag und Mahlzeit) Nachfolgende Übersicht zeigt die in den bayerischen Justizvollzugsanstalten für die Verpflegung der Gefangenen im Jahr 2014 insgesamt aufgewendeten Kosten (ohne Berücksichtigung des Personalaufwands) sowie die hieraus , unter Zugrundelegung der jeweiligen Gesamtzahl an Verpflegungstagen, errechneten Tagesdurchschnittskosten pro Gefangenem. Eine weitergehende Differenzierung nach Mahlzeiten findet nicht statt. Justizvollzugsanstalt/ Jugendarrestanstalt Verpflegungskosten EUR Anzahl Verpflegungstage Tagesdurch - schnitt EUR Aichach 469.462,72 204.102 2,30 Amberg und Weiden 679.389,82 258.613 2,63 Aschaffenburg 131.629,15 56.956 2,31 Augsburg 221.266,27 90.237 2,45 Bamberg/Kronach 264.915,58 109.994 2,41 St. Georgen-Bayreuth und Hof 1.005.304,83 403.084 2,49 Bernau mit Traunstein und Bad Reichenhall 834.783,64 345.715 2,41 Drucksache 17/9600 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Ebrach 254.026,74 99.599 2,55 Erlangen 38.193,68 14.021 2,72 Kaisheim mit Eichstätt, Ingolstadt 642.301,62 271.915 2,36 Kempten 317.258,78 116.485 2,72 Memmingen 249.901,07 49.754 5,02 Landsberg a. Lech 533.967,92 207.482 2,57 Landshut mit Erding und Mühldorf 419.741,64 185.564 2,26 Landau Jugendarrest 4.876,33 343 14,22 Laufen-Lebenau 119.044,71 51.504 2,31 München 1.162.682,31 464.756 2,50 Neuburg-Herrenwörth 148.318,36 57.524 2,58 Niederschönenfeld 183.819,95 88.631 2,07 Nürnberg 849.551,35 367.415 2,31 Regensburg 164.674,36 64.176 2,57 Straubing mit Passau 841.577,90 308.560 2,73 Würzburg mit Schweinfurt 547.204,89 225.200 2,43 Die vergleichsweise niedrigen Verpflegungskosten sind u a. darauf zurückzuführen, dass die Justizvollzugsanstalten regionale Einkaufsverbände bilden und somit günstiger als im Lebensmitteleinzelhandel einzukaufen vermögen. Die geringfügigen Unterschiede in der Höhe der Tagesdurchschnittskosten sind vorrangig auf regionale Preisunterschiede beim Einkauf der Lebensmittel sowie die Höhe der Zahl der zu verpflegenden Gefangenen zurückzuführen. In der Justizvollzugsanstalt Memmingen lagen die Tagesdurchschnittskosten 2014 im Vergleich deutlich höher. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Mittagskost wegen Sanierungsmaßnahmen übergangsweise von einem externen Lieferservice bezogen werden musste. Überdurchschnittlich hohe Kosten verursachte im Jahr 2014 die Verpflegung von lediglich 343 Arrestanten in der Jugendarrestanstalt Landau a. d. Isar. Dort war durchschnittlich nur ein Arrestant pro Tag zu verpflegen. Die Mahlzeiten (Mittag- und Abendessen) werden über das Krankenhaus Landau an der Isar bezogen. Für die Anlieferung mussten überaus hohe Transportkosten in Höhe von 27,50 EUR pro Tag bezahlt werden. 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, dass sogenannte Einkaufssperren für einzelne Strafgefangene zwischen den zuständigen Stellen in der jeweiligen JVA nicht ausreichend kommuniziert werden? Dem Staatsministerium der Justiz liegen solche Erkenntnisse nicht vor. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass eine statistische Erfassung der beschriebenen Vorfälle nicht stattfindet. Eine bayernweite händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und konnte deshalb nicht erfolgen. Ausgesprochene Einkaufssperren und deren Vollzug werden in der Softwareanwendung IT-Vollzug erfasst; sie stehen damit für die Bediensteten als Information grundsätzlich zur Verfügung. 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse zu Mängeln in der medizinischen Versorgung von Strafgefangenen vor, aufgeschlüsselt nach a) sehr langer Dauer der Wartezeit auf eine Behandlung beim Arzt, z. B. nach akuten Magen- und Darmerkrankungen und b) Umsetzung von Fixierungen von operierten Strafgefangenen ? (Welche Vorgaben gibt es dazu? Wie häufig kommt das vor? Wie lange dürfen solche Fixierungen / Fesseln genutzt werden?) Erkenntnisse zu Mängeln in der medizinischen Versorgung von Gefangenen in den genannten Fällen liegen dem Staatsministerium der Justiz nicht vor. Eine statistische Erfassung erfolgt insoweit jedoch nicht. Eine bayernweite händische Überprüfung aller relevanten Gefangenpersonalakten wäre mit einem nicht vertretbaren Aufwand verbunden und konnte deshalb nicht erfolgen. Nachdem sich die Frage ausschließlich auf Strafgefangene bezieht, wird davon ausgegangen, dass die Fixierung eines operierten Untersuchungsgefangenen im Klinikum Augsburg im Herbst 2015 nicht von der Fragestellung umfasst ist. Rechtliche Grundlage für die Fesselung eines Strafgefangenen ist Art. 96 Abs. 1, 2 Nr. 6 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG). Demnach kommt eine Fesselung in Betracht, wenn nach dem Verhalten des Gefangenen oder aufgrund seines seelischen Zustands in erhöhtem Maß Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmords oder der Selbstverletzung besteht. Nach Art. 96 Abs. 5 BayStVollzG darf diese besondere Sicherungsmaßnahme nur so lange aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert . Eine absolute zeitliche Höchstgrenze lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Nach Art. 98 Satz 1 BayStVollzG werden Fesseln grundsätzlich nur an den Händen oder an den Füßen des Gefangenen angelegt. Die Fesselung ist zu lockern, soweit dies notwendig ist, Art. 98 Satz 3 BayStVollzG. Zur Einnahme der Mahlzeiten oder zur Verrichtung der Notdurft sind die Fesseln abzunehmen oder so zu lockern, dass der Gefangene nicht behindert ist (Verwaltungsvorschrift Nr. 2 zu Art. 98 BayStVollzG). Die Anstalt hat auf der Grundlage von Art. 58 BayStVollzG auch während der Fesselung für die Gesundheit des Gefangenen Sorge zu tragen. Nach Art. 100 BayStVollzG hat der Anstaltsarzt gefesselte Gefangene alsbald und in der Folge möglichst täglich aufzusuchen . Jeder Besuch und der jeweils erhobene Befund sind auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift Nr. 3 zu Art. 100 BayStVollzG zu dokumentieren. Nach der Verwaltungsvorschrift Nr. 2 zu Art. 96 BaySt- VollzG ist in angemessenen Abständen zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Fesselung aufrechtzuerhalten ist. Das Ergebnis der jeweiligen Prüfung ist zu dokumentieren. 7. In wie vielen Fällen kommt es zu einem Entzug von TV- oder Radiogeräten von Strafgefangenen und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass die Geräte von den Strafgefangenen wieder genutzt werden können? Der Entzug des Hörfunk- oder Fernsehempfangs kann auf der Grundlage von Art. 110 Abs. 1 Nr. 3 BayStVollzG als Disziplinarmaßnahme für eine Zeit von bis zu 3 Monaten angeordnet werden. Nach Ende der festgesetzten Disziplinarmaßnahme wird dem Gefangenen das entzogene Gerät wieder ausgehändigt. In den Jahren 2013 bis 2015 kam es in bayerischen Justizvollzugsanstalten in der nachfolgend dargestellten Anzahl von Fällen zum Entzug des Hörfunk- oder Fernsehempfangs als Disziplinarmaßnahme: Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9600 Jahr Anzahl 2013 1.248 2014 1.056 2015 (Stand 08.12.2015) 1.013 Der Entzug eines Empfangsgeräts ist auch aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt möglich. Von den Gefangenen erworbene TV- und Radiogeräte dürfen aus Sicherheitsgründen nur verplombt betrieben werden. Kommt es zu einer Beschädigung der Plombe, die im Verantwortungsbereich des Strafgefangenen liegt, wird ihm das Gerät entzogen. Das Empfangsgerät muss auf Kosten des Strafgefangenen von einem Elektrofachgeschäft erneut auf das unerlaubte Einbringen von Gegenständen untersucht und verplombt werden. Darüber wird der Strafgefangene grundsätzlich informiert. Er wird im Regelfall ebenfalls darüber in Kenntnis gesetzt, selbst den Wunsch nach einer Überprüfung und Neuverplombung artikulieren zu müssen, damit dies in die Wege geleitet wird und er sein Empfangsgerät zurückerhalten kann. Andernfalls wird das Gerät zur Habe gegeben und der Gefangene erhält dieses erst bei seiner Entlassung ausgehändigt. Statistische Angaben zu der Frage, in wie vielen Fällen Empfangsgeräte zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt entzogen werden, liegen nicht vor. Eine bayernweite händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre mit einem nicht vertretbaren Aufwand verbunden. Bezieht ein Gefangener sein Empfangsgerät per Vertrag von einem Dritten (Miet-System), wird dem Gefangenen das Gerät auch entzogen, wenn er nicht über ausreichende finanzielle Mittel für die Begleichung des Mietzinses verfügt . Sobald er über ausreichende Mittel verfügt, wird ihm das Gerät wieder ausgehändigt. Statistische Angaben zur Häufigkeit der vorstehend dargestellten Konstellation liegen nicht vor. Eine bayernweite händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre auch hier mit einem nicht vertretbaren Aufwand verbunden. 8. In wie vielen Fällen kommt es zur Unterbringung von Strafgefangenen in speziellen Einzelzellen aufgrund einer Abwehr einer Selbstgefährdung, aufgeschlüsselt nach: a) der Anzahl jeweiliger Unterbringungen in den einzelnen JVAen seit dem Jahr 2013? Die Zahl der Unterbringungen in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände wird in der zentralen Softwareanwendung IT-Vollzug erfasst. Für die Jahre 2013 bis 2015 ergeben sich danach folgende Zahlen: Justizvollzugsanstalt 2013 2014 2015 (Stand 08.12.2015) Augsburg 4 13 4 Amberg - 1 1 Aschaffenburg 2 1 - Bamberg 1 3 1 Bernau 13 15 7 Ebrach 4 6 3 Hof - 1 1 Kaisheim 11 10 3 Kempten 2 1 1 Kronach 1 1 2 Landshut 4 2 4 Landsberg am Lech 4 4 7 Memmingen - 1 - München 9 7 11 Mühldorf am Inn 1 - - Neuburg-Herrenwörth 7 10 8 Niederschönenfeld - 1 1 Nürnberg - 2 5 Straubing 62 55 56 Traunstein 2 - - Weiden - 1 - Würzburg 196 208 177 (Stand 22.12.2015) Gesamt 323 343 292 Die hohe Zahl der Unterbringungen in den Justizvollzugsanstalten Würzburg und Straubing erklärt sich aus den dort eingerichteten akutpsychiatrischen Abteilungen. b) der jeweiligen Dauer dieser Unterbringung im Einzelfall und Grund für die Aufhebung? Im Jahr 2013 betrug die durchschnittliche Dauer der einzelnen Unterbringung 122 Stunden, im Jahr 2014 136 Stunden und im Jahr 2015 141 Stunden. Die Gründe für die Aufhebung der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum werden statistisch nicht erfasst. Eine bayernweite händische Überprüfung aller relevanten Gefangenenpersonalakten wäre mit einem nicht vertretbaren Aufwand verbunden. c) den diesen Maßnahmen zugrunde liegenden Vorgaben ? Rechtliche Grundlage für die Unterbringung eines Gefangenen in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände ist Art. 96 Abs. 1, 2 Nr. 5 BayStVollzG. Demnach kommt die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum in Betracht, wenn nach dem Verhalten des Gefangenen oder aufgrund seines seelischen Zustands in erhöhtem Maß Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmords oder der Selbstverletzung besteht. Nach Art. 96 Abs. 5 BayStVollzG darf diese besondere Sicherungsmaßnahme nur so lange aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert. Die Anstalt hat auf der Grundlage von Art. 58 BayStVollzG auch während der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum für die Gesundheit des Gefangenen Sorge zu tragen. Nach Art. 100 BayStVollzG hat der Anstaltsarzt einen in einem besonders gesicherten Haftraum untergebrachten Gefangenen alsbald und in der Folge möglichst täglich aufzusuchen . Jeder Besuch und der jeweils erhobene Befund sind auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift Nr. 3 zu Art. 100 BayStVollzG zu dokumentieren. Nach den Verwaltungsvorschriften Nrn. 2 und 3 zu Art. 96 BayStVollzG ist in angemessenen Abständen zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Unterbringung aufrecht zu erhalten ist. Das Ergebnis der jeweiligen Prüfung ist zu dokumentieren . Wird die Unterbringung länger als drei Tage aufrechterhalten, ist sie der Aufsichtsbehörde, dem Staatsministerium der Justiz, unverzüglich mitzuteilen.