Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 05.01.2014 Neue Prognosegutachten für die Entwicklung des Luftverkehrs am Flughafen München Das im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zur geplanten dritten Startbahn vorgelegte Prognosegutachten der Fa. Intraplan zur Entwicklung des Luftverkehrs am Flughafen München ist mittlerweile längst von der Realität überholt. Vom Höchststand der Flugbewegungen im Jahr 2008 sind die aktuellen Zahlen weit entfernt. 2013 wird in etwa die Zahl von 2004 erreicht. Von der viel zitierten „Delle“ kann keine Rede mehr sein. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wann gedenkt die Staatsregierung, neue Prognosegutachten in Auftrag zu geben, um die Zahlen wieder mit der Realität in Einklang zu bringen? 2. Falls die Staatsregierung keine realistischeren Gutachten in Auftrag geben will, weshalb nicht? 3. Glaubt die Staatsregierung nach wie vor, dass am Flughafen München die im aktualisierten Intraplan-Gutachten vom März 2010 vorgelegten Zahlen für 2020 bzw. 2025 tatsächlich noch erreicht werden können? 4. Falls ja, worauf stützt sich dieser Glaube? 5. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass angesichts der oben erwähnten Entwicklung keinerlei Bedarf für eine neue Start- und Landebahn am Flughafen München besteht , wenn nein, weshalb nicht? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 06.03.2014 1. Wann gedenkt die Staatsregierung, neue Prognosegutachten in Auftrag zu geben, um die Zahlen wieder mit der Realität in Einklang zu bringen? Wie bereits in der Antwort zu Frage 5 der Schriftlichen Anfrage von Frau Abgeordnete Kohnen (Drs. 16/15645) dargelegt , erstellt die Bayerische Staatsregierung keine eigenen Luftverkehrsprognosen. 2. Falls die Staatsregierung keine realistischeren Gutachten in Auftrag geben will, weshalb nicht? Die dem Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens München mit einer 3. Start- und Landebahn zugrunde gelegte Luftverkehrsprognose der Firma Intraplan GmbH wurde durch die zuständige Planfeststellungsbehörde umfassend geprüft. Hierzu wurde das Institut für Verkehrsplanung und Logistik der Technischen Universität HamburgHarburg als Qualitätssicherung zugezogen. Im Ergebnis beurteilte die Planfeststellungsbehörde die Luftverkehrsprog- nose als tragfähige Grundlage für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses . Seit dem 20. März 2013 verhandelte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof über Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss. Dabei wurde insbesondere die Luftverkehrsprognose als ein zentrales Element sowohl für die Planrechtfertigung als auch für die Darlegung zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einer richterlichen Kontrolle unterzogen. Die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss, die schwerpunktmäßig auch die Plausibilität der Luftverkehrsprognose angegriffen haben, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 19. Februar 2014 abgewiesen (siehe Pressemitteilung des BayVGH vom 19.02.2014, http://www.vgh.bayern.de/ bayvgh/oeffentl/pm/index.php). 3. Glaubt die Staatsregierung nach wie vor, dass am Flughafen München die im aktualisierten IntraplanGutachten vom März 2010 vorgelegten Zahlen für 2020 bzw. 2025 tatsächlich noch erreicht werden können ? 4. Falls ja, worauf stützt sich dieser Glaube? Die Fragen 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Wie bereits in der Beantwortung zu Frage 2 sowie in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage von Frau Abgeordnete Kohnen (Drs. 16/15645) ausgeführt, liegen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der in der Luftverkehrsprognose der Firma Intraplan prognostizierten Zahlen für die Jahre 2020 und 2025 vor. Die Prognosezahlen lassen sich mit der gegenwärtigen Entwicklung bei den Flugbewegungen weder durch einen rückblickenden Vergleich noch im Wege einer Interpolation von Einzeljahreswerten miteinander vergleichen. Die Entwicklung des Luftverkehrs wird realistischerweise nicht linear, sondern stets dynamisch abgebildet. Zudem liegt der Luftverkehrsprognose bei der Ermittlung der Nachfrage in den Jahren 2020 und 2025 ein engpassfreies PrognoseSzenario zugrunde (vgl. bereits Bayerischer Landtag, Drs. 16/15645 Seite 2, zu 4. bis 6.). Dieses Szenario geht davon aus, dass die an den Flughafen München herangetragene Nachfrage befriedigt werden kann und nicht – wie heute – aufgrund der bestehenden Kapazitätsengpässe gekappt werden muss. Ein Vergleich einer durch Kapazitätsengpässe gekennzeichneten Situation mit einer Situation ohne Engpass ist nicht möglich. Unabhängig davon bestätigt die tatsächliche Entwicklung der Passagiernachfrage am Flughafen München die Prog- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.04.2014 17/963 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/963 nosezahlen, denn sie liegen im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 sogar über dem durchschnittlichen Entwicklungspfad der Luftverkehrsprognose aus 2010. Der auch im Jahr 2013 zu verzeichnende Anstieg der Passagiernachfrage am Flughafen München zeigt trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds und Konsolidierungsmaßnahmen in der Luftverkehrsbranche , dass der Bedarf an Transportleistungen weiter anwächst. Die Erwartung einer allgemein weiter zunehmenden Nachfrage deckt sich mit den Ergebnissen anderer – auch internationaler – Prognosen (z. B. Airbus, Boeing , IATA, Eurocontrol) und lässt sich auch an den aktuellen Flugzeugbestellungen großer Fluggesellschaften ablesen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere die bestehenden Kapazitätsengpässe in den Verkehrsknoten sind Ursache für die gegenwärtige Entwicklung bei den Flugbewegungen. Die Fluggesellschaften reagieren darauf mit Flottenumstrukturierungen und tauschen kleinere Flugzeuge gegen größeres Gerät aus bzw. erhöhen das Sitzplatzangebot in ihren Flugzeugen. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Luftverkehrsgesellschaften in den nächsten Jahren zur Befriedigung der Nachfrage wieder zusätzliche Verbindungen zu neuen und Frequenzerhöhungen zu bestehen- den Destinationen anbieten werden. Das lässt sich am Standort München bereits an den zahlreichen neuen Des- tinationen und höheren Frequenzen sowohl kontinental wie auch interkontinental im kommenden Sommerflugplan 2014 ablesen. Diese zeugen vom ungebrochenen Interesse der Luftverkehrsgesellschaften an weiteren Verbindungen. Aufgrund der bestehenden Kapazitätsengpässe können diese neuen Verbindungen oder Frequenzerhöhungen zum Teil jedoch nur durch Reduzierung oder Verlagerung von Verkehr auf andere Strecken realisiert werden. 5. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass angesichts der oben erwähnten Entwicklung keinerlei Bedarf für eine neue Start- und Landebahn am Flughafen München besteht, wenn nein, weshalb nicht? Wie bereits in der Beantwortung zu den Fragen 2–4 sowie in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage von Frau Abgeordnete Kohnen (Drs. 16/15645) ausgeführt, ist der Bedarf für eine 3. Start- und Landebahn umfangreich behördlich und gerichtlich geprüft worden. Deshalb sieht auch die Staatsregierung keine Anhaltspunkte für eine fehlende Luftverkehrsnachfrage .