Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 04.12.2015 Entwicklungspolitische Aktivitäten der Staatsregierung 2012–2014 Die Berichte über die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatsregierung, die dem Landtag seit 2012 gegeben werden, weisen regelmäßig Projekte aus, deren Nutzen und Geeignetheit in Bezug auf die großen entwicklungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit sich zumindest auf den ersten Blick nicht immer gleich erschließt. Vor dem Hintergrund , dass etwa der Welthungerbericht immer noch 800 Mio. Menschen zählt, die keine ausreichende Nahrungsmittelversorgung haben, oder das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) über die vergangenen Jahre ein Anwachsen der Flüchtlinge auf über 60 Mio. Menschen verzeichnet, ergeben sich auf die Zielrichtung der mit bayerischen Haushaltsmitteln finanzierten Aktivitäten Nachfragen zu einzelnen Aktivitäten für die Jahre 2012 bis 2014. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Welche Einzelprojekte wurden im Jahr 2013, aufgeschlüsselt nach Ressort, Region, Länder, Themen, Laufzeit, Kosten, Kapitel und Titel im Haushalt sowie Zweckbestimmung, im Jahr 2013 gefördert, nachdem dem Bericht für das Jahr 2013 keine Projektliste angefügt war? a) In welcher Höhe verursachte die Entsendung eines Experten im Bereich der „Ausbildung von Polizeidiensthunden “ im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit mit der Volksrepublik (VR) China Personalund Reisekosten? b) Welchen entwicklungspolitischen Mehrwert sah die Staatsregierung in dieser Aktivität? c) Kann die Staatsregierung sicherstellen, dass auf Basis des hierdurch gebotenen Wissenstransfers keine Polizeidiensthunde in der VR China ausgebildet werden, die gegen systemkritische Dissidenten eingesetzt werden könnten? 2. Weshalb verfolgt die Staatsregierung Aktivitäten zur Fluchtursachenbekämpfung in Ländern wie Brasilien und Südafrika? a) Wie schätzt die Staatsregierung gegenwärtig die politische und wirtschaftliche Lage in den Ländern Brasilien und Südafrika in Bezug auf Fluchtursachen ein? b) Wie lautet die Kostenaufstellung für die Projekte „Seminar für Fach- und Führungskräfte“ zum Thema „Erneuerbare Energien“ in Brasilien und „Förderung beruflicher Ausbildungsgänge Erneuerbare Energien“ 2011–2015 in Südafrika, die – gelb hervorgehoben – der Fluchtursachenbekämpfung dienen sollten? c) Welche Erfolge kann die Staatsregierung durch die Förderung beider Projekte festhalten? 3. Wie gestaltet sich die Kostenaufstellung für den Informationsbesuch albanischer Gerichtspräsidenten zum Gerichtssystem in Bayern und zur internationalen Zusammenarbeit ? a) Wie viele albanische Gerichtspräsidenten nahmen an dem Besuch in Summe teil? b) Welche Ergebnisse konnten im Rahmen des Informationsbesuchs festgehalten werden? c) Inwieweit hält die Staatsregierung den Mittelaufwand in Höhe von 558.726,54 Euro für diese entwicklungspolitische Aktivität (über 17 Prozent der Gesamtaufwendungen aus Haushaltsmitteln für entwicklungspolitische Aktivitäten im Jahr 2014) mit Blick auf die erzielten entwicklungspolitischen Effekte für gerechtfertigt ? 4. Wie begründet die Staatsregierung den Informationsbesuch tunesischer Richter zu Fragen des Zivil- und Strafverfahrens zwischen dem 19. und 23. Mai im Jahr 2014 als Maßnahme zur Bekämpfung von Fluchtursachen ? a) Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, denen zufolge Defizite in der tunesischen Justiz im Bereich des Zivil- und Strafverfahrens Fluchtbewegungen aus Tunesien auslösen bzw. auslösen könnten, sowie Erkenntnisse über weitere Defizite in der öffentlichen Verwaltung Tunesiens, die aus Sicht der Staatsregierung als Fluchtursachen bzw. mögliche Fluchtursachen gewertet werden müssten? 5. Wie rechtfertigt die Staatsregierung den Rückgang der Verwendung zur Verfügung gestellter Haushaltsmittel für entwicklungspolitische Aktivitäten von 6.873.454 Euro im Jahr 2012 auf 3.232.446 Euro im Jahr 2014 um über 50 Prozent, insbesondere angesichts der in den letzten Jahren drastisch gestiegenen Herausforderungen in diesem Politikfeld? 6. Konnte der in der Antwort der Staatsregierung auf Landtagsdrucksache 16/18193 als mittelfristig gesichert geltende Deutschunterricht an der Bangalore International School tatsächlich bis heute gesichert werden? a) Falls ja, wie viele Schüler nehmen gegenwärtig am dort angebotenen Deutschunterricht teil? b) Wie hoch ist der Anteil einheimischer Kinder am Deutschunterricht? c) Handelt es sich bei der Bangalore International School um eine Schule, die auch von Armut bedrohten bzw. in Armut lebenden indischen Schülern Zugang bietet? 7. Welche Projekte sind gegenwärtig schon für das Jahr 2016 fest geplant und welche Projekte wären davon Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.03.2016 17/9648 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9648 nach gegenwärtigem Sachstand für das kommende Jahr durch die Mittelerhöhung im Nachtragshaushalt für den Zweck der Fluchtursachenbekämpfung realisierbar ? 8. Inwieweit würden die noch zu beschließenden entwicklungspolitischen Leitsätze des Landtags Veränderungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit der Staatsregierung herbeiführen? a) In welchen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit erwartet die Staatsregierung die größten Veränderungen ? b) Sieht die Staatsregierung Widersprüche zwischen ihrer bisherigen Praxis im Rahmen ihrer entwicklungspolitischen Aktivitäten und den Vorgaben, die nun die entwicklungspolitischen Leitsätze des Landtags beinhalten ? Antwort der Staatsministerin für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen in der Bayerischen Staatskanzlei vom 13.01.2016 1. Welche Einzelprojekte wurden im Jahr 2013, aufgeschlüsselt nach Ressort, Region, Länder, Themen, Laufzeit, Kosten, Kapitel und Titel im Haushalt sowie Zweckbestimmung, im Jahr 2013 gefördert, nachdem dem Bericht für das Jahr 2013 keine Projektliste angefügt war? Die Projektliste für das Jahr 2013, aus der Ressort, Region , Länder, Themen, Laufzeit, Kosten, Kapitel und Titel im Haushalt sowie Zweckbestimmung ersichtlich sind, wurde dem Landtag nachgereicht. a) In welcher Höhe verursachte die Entsendung eines Experten im Bereich der „Ausbildung von Polizeidiensthunden “ im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit mit der Volksrepublik (VR) China Personal- und Reisekosten? Auf Einladung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit entsandte die Bayerische Polizei im Oktober 2013 einen Beamten der Polizeidiensthundeschule der Bayerischen Polizei zu einem Fachsymposium „Diensthundewesen“ in die VR China. Eingeladen waren zwei Referenten. Für den Freistaat Bayern fielen für die Entsendung des Beamten zu dem Symposium neben den laufenden Personalkosten lediglich 91 EUR für die Ausstellung eines Expressreisepasses und 60 EUR Visagebühr für die VR China an. b) Welchen entwicklungspolitischen Mehrwert sah die Staatsregierung in dieser Aktivität? Die VR China ist ein bedeutendes Herkunfts- bzw. Produktionsland von Drogen. Die Teilnahme an dem internationalen Symposium kann dazu beitragen, den chinesischen Sicherheitsbehörden die Bandbreite des Einsatzmittels „Polizeidiensthund “ im Bereich Suchhunde und damit die Detektion von Drogen zu vermitteln, um ihnen die Möglichkeit zu geben , das Niveau der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität im eigenen Land zu stärken. c) Kann die Staatsregierung sicherstellen, dass auf Basis des hierdurch gebotenen Wissenstransfers keine Polizeidiensthunde in der VR China ausgebildet werden, die gegen systemkritische Dissidenten eingesetzt werden könnten? Der Inhalt des seitens der Bayerischen Polizei gebotenen Wissenstransfers beschränkt sich neben Aussagen zur Grundausbildung auf den Bereich der Suchhunde. Der Einsatz des Diensthundes als Mittel der körperlichen Gewalt ist nicht Gegenstand der polizeilichen Informationsweitergabe gegenüber der VR China. 2. Weshalb verfolgt die Staatsregierung Aktivitäten zur Fluchtursachenbekämpfung in Ländern wie Brasilien und Südafrika? São Paulo in Brasilien und die zwei Provinzen Gauteng und Westkap in Südafrika sind Partnerregionen des Freistaats Bayern. In den geschlossenen Partnerschaftsabkommen mit den Regionen wurde die Entwicklungszusammenarbeit zwischen Bayern und den Regionen festgeschrieben. a) Wie schätzt die Staatsregierung gegenwärtig die politische und wirtschaftliche Lage in den Ländern Brasilien und Südafrika in Bezug auf Fluchtursachen ein? Sowohl Brasilien wie auch Südafrika gelten als Schwellenländer . Brasilien befindet sich derzeit ökonomisch in einer sehr schwierigen Phase, was zu einem Auswanderungsdruck auf die zumeist gut ausgebildeten Fachkräfte führt. Die Programme des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) zielen darauf , einen Know-how-Transfer zu generieren und Bleibeperspektiven für die Fachkräfte zu schaffen. Die Themen, zu denen Seminare stattfinden, richten sich zudem auf die Verbesserung der desolaten Bedingungen der zunehmenden Urbanisierung in Brasilien und tragen damit dazu bei, Fluchtursachen präventiv zu vermeiden. Durch nachhaltige Umwelttechnologie sollen so nicht nur Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern auch die Lebensqualität durch bayerische Technologie im Bereich Abfall- und Abwasserentsorgung und erneuerbare Energien verbessert werden, was letztlich Bleibeperspektiven schafft. Zudem konnten im Bereich der beruflichen Bildung gewachsene Projektstrukturen für ein Berufsbildungsprojekt im Nordirak genutzt werden. Südafrika gilt als Wirtschaftsmotor in der Region südliches Afrika. Vor allem aus den benachbarten Staaten wandern viele Arbeitsmigranten ein. Zudem ist Südafrika das Land, das mit Abstand die meisten Flüchtlinge des ganzen Kontinents aufnimmt und 2014 weltweit auf Rang fünf der Länder stand, in denen die meisten Asylanträge gestellt werden. Die meisten Asylanträge in Südafrika werden von Simbabwern, Kongolesen, Nigerianern, Somalis und Äthiopiern gestellt. Die junge Bevölkerung Südafrikas hat oftmals auch nur unzureichende Perspektiven im eigenen Land. Die Unterstützung der Partnerprovinzen bei der Schaffung von beruflichen Perspektiven für junge Menschen dient nicht zuletzt dazu, den Wanderungsdruck aus Subsahara-Afrika Richtung Norden zu mindern. Drucksache 17/9648 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 b) Wie lautet die Kostenaufstellung für die Projekte „Seminar für Fach- und Führungskräfte“ zum Thema „Erneuerbare Energien“ in Brasilien und „Förderung beruflicher Ausbildungsgänge Erneuerbare Energien“ 2011–2015 in Südafrika, die – gelb hervorgehoben – der Fluchtursachenbekämpfung dienen sollten? Das Seminar für Fach- und Führungskräfte aus Brasilien zum Thema Erneuerbare Energien fand in Bayern statt. Alle Seminare, bis auf die Follow-up-Seminare, finden in Bayern statt. Kostenaufstellung Fachseminar Brasilien 2014: Programmvorbereitung und Nachevaluierung 13.500 € Teilnehmerbezogene Kosten: u. a. Reise-, Unterbringungs - und Verpflegungskosten in Bayern 16.950 € Inhaltliche Programmbetreuung 12.020 € Kostenaufstellung Förderung Ausbildung Erneuerbare Energien in Westkap 2014: Personalkosten für Langzeitexperten in Westkap 84.000 € Sachkosten und Öffentlichkeitsarbeit in Westkap 10.000 € Expertentätigkeit in Deutschland 1.000 € Kosten für Schulungs- und Unterlagenerstellung 25.000 € c) Welche Erfolge kann die Staatsregierung durch die Förderung beider Projekte festhalten? Das Fach- und Führungskräfteseminar in Bayern zielte darauf ab, Wissen nach Brasilien zu transferieren und Netzwerke vor Ort zu stärken. Für die bayerischen Unternehmen ergaben sich durch das Programm nützliche Kontakte, ebenso konnten die Teilnehmer aus Brasilien sich bayerisches Know-how aneignen, das sie für Projektentwicklung vor Ort einsetzen können. Für eine Quantifizierung des Erfolgs ist eine längerfristige Betrachtungsweise erforderlich. Projekt: Förderung Ausbildung Erneuerbare Energien im Western Cape Mit der Zusage des Departments Higher Education and Training zur Vollfinanzierung, Entwicklung und Aufbau eines Ausbildungszentrums für Erneuerbare Energien im Western Cape (South African Renewable Energies Technology Centre / SARETEC) ist eine entscheidende Etappe bei der Realisierung der Projektziele erreicht worden. Seit Anfang 2015 liegen südafrikanische Qualifikationen für Wind Turbinen Service Techniker und für Solar Farmen Techniker vor. Beide Qualifikationen sind Ecksteine der Funktion von SARETEC und reagieren auf den Bedarf der im Aufbau befindlichen Alternativen Energie Industrie in Südafrika. Die Qualifikation Service- und Betriebstechniker Biogasanlagen ist in Planung. SARETEC und die entsprechende Qualifikation bieten bayerischen Unternehmen, die in Südafrika im Bereich Erneuerbarer Energien tätig sind oder sein werden, dringend benötigte südafrikanische Fachkräfte an. Auch in Bayern selbst können diese Fachkräfte langfristig eingesetzt werden , da die Qualifikation international anerkannt ist. 3. Wie gestaltet sich die Kostenaufstellung für den Informationsbesuch albanischer Gerichtspräsidenten zum Gerichtssystem in Bayern und zur internationalen Zusammenarbeit? Siehe Antwort zu Teilfrage 3 c. a) Wie viele albanische Gerichtspräsidenten nahmen an dem Besuch in Summe teil? An dem Informationsbesuch albanischer Gerichtspräsidenten vom 9. bis 14. November 2014 haben neben dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs der Republik Albanien zwei weitere Präsidenten albanischer Gerichte sowie ein Richter des Obersten Gerichtshofs der Republik Albanien teilgenommen. b) Welche Ergebnisse konnten im Rahmen des Informationsbesuchs festgehalten werden? Den Teilnehmern des Informationsbesuchs wurden in mehreren Gesprächen Aufbau und Organisation der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayern sowie ein Einblick in den Ablauf eines Gerichtsverfahrens vermittelt. Ergänzend wurden sie über die Tätigkeit des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz insbesondere im Bereich der internationalen Zusammenarbeit informiert. c) Inwieweit hält die Staatsregierung den Mittelaufwand in Höhe von 558.726,54 Euro für diese entwicklungspolitische Aktivität (über 17 Prozent der Gesamtaufwendungen aus Haushaltsmitteln für entwicklungspolitische Aktivitäten im Jahr 2014) mit Blick auf die erzielten entwicklungspolitischen Effekte für gerechtfertigt? Der in der Projektliste genannte Betrag beruht auf einem technischen Versehen. Er stellt die Summe der Projekte der Staatskanzlei in den Spalten darüber dar und blieb versehentlich im falschen Feld. Für den Informationsbesuch der Gerichtspräsidenten, der durch die Hanns-Seidel-Stiftung e.V. organisiert wurde, wurden keine Ausgaben aus Haushaltsmitteln getätigt. 4. Wie begründet die Staatsregierung den Informationsbesuch tunesischer Richter zu Fragen des Zivil - und Strafverfahrens zwischen dem 19. und 23. Mai im Jahr 2014 als Maßnahme zur Bekämpfung von Fluchtursachen? a) Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, denen zufolge Defizite in der tunesischen Justiz im Bereich des Zivil- und Strafverfahrens Fluchtbewegungen aus Tunesien auslösen bzw. auslösen könnten, sowie Erkenntnisse über weitere Defizite in der öffentlichen Verwaltung Tunesiens, die aus Sicht der Staatsregierung als Fluchtursachen bzw. mögliche Fluchtursachen gewertet werden müssten ? Tunesien gehörte in den vergangenen Jahren zu den Ländern , aus denen eine erhebliche Zahl von Flüchtlingen Asyl in Deutschland beantragt hat. Die Unterstützung der tunesischen Justiz zielt auf eine Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stabilisierung und nachhaltige Verbesserung der Lebensverhältnisse in Tunesien ab. Eine verlässliche und effiziente Zivil- und Strafrechtspflege ist nicht nur für die eigenen Bürger eines Landes ein hohes Gut. Sie stellt auch einen wichtigen Standortfaktor im Wettbewerb um Investoren dar. Rechtsstaatliche Strukturen und eine unabhängige Justiz schaffen somit die Voraussetzungen für gesellschaftliche Stabilität und wirtschaftlichen Wohlstand, durch die auch islamistischem Fanatismus die Grundlage entzogen wird. Neben einer Stärkung der tunesischen Justiz verfolgen die Unterstützungsmaßnahmen auch das Ziel, zu zeigen, dass Bayern die demokratischen Kräfte im Land unterstützt, Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/9648 um Politik und Zivilgesellschaft dort und in anderen Ländern Nordafrikas auf ihrem Weg zu Frieden und Demokratie zu ermutigen. 5. Wie rechtfertigt die Staatsregierung den Rückgang der Verwendung zur Verfügung gestellter Haushaltsmittel für entwicklungspolitische Aktivitäten von 6.873.454 Euro im Jahr 2012 auf 3.232.446 Euro im Jahr 2014 um über 50 Prozent, insbesondere angesichts der in den letzten Jahren drastisch gestiegenen Herausforderungen in diesem Politikfeld? In den entwicklungspolitischen Bericht der Staatsregierung für das Jahr 2014 wurden neben fixen Personalkosten die Studienplatzkosten nicht mehr aufgenommen. Dies soll dem Fehlschluss entgegenwirken, es handele sich hierbei um beliebig verfügbare Projektmittel. Tatsächlich fallen die genannten Kosten lediglich im Rahmen bestehender Aufgaben an und sind als öffentliche Entwicklungszusammenarbeit anrechenbar. 6. Konnte der in der Antwort der Staatsregierung auf Landtagsdrucksache 16/18193 als mittelfristig gesichert geltende Deutschunterricht an der Bangalore International School tatsächlich bis heute gesichert werden? Die Entsendung einer bayerischen Landesprogrammlehrkraft an die Bangalore International School (BIS)/Indien in den Schuljahren 2011/2012 und 2012/2013 verfolgte die beiden Ziele, • den Deutschunterricht an einer Schule in der Hauptstadt der bayerischen Partnerprovinz Karnataka in Abstimmung mit dem damaligen Verantwortlichen des Bundesverwaltungsamtes , Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), aufzubauen, und zugleich • das bayerische Engagement im Schulbereich in Karnataka zu verdeutlichen. An der BIS ist der Freistaat Bayern aktuell weder personell noch in sonstiger Form mehr involviert. Das Angebot des Deutschunterrichts an der BIS konnte in den 2 ½ Schuljahren nach Beendigung des Einsatzes der bayerischen Lehrkraft gefestigt werden. Deutschunterricht findet heute in allen drei Schularten statt: Elementary School, Middle School und High School. a) Falls ja, wie viele Schüler nehmen gegenwärtig am dort angebotenen Deutschunterricht teil? Im laufenden Schuljahr nehmen insgesamt 15 Schülerinnen und Schüler am Deutschunterricht teil. Der Deutschunterricht an der BIS behauptet sich in der Konkurrenz zu den Fremdsprachen Französisch und Spanisch. Außerdem werden die Sprachen Hindi und Englisch unterrichtet – je nach Herkunft der Schülerin bzw. des Schülers ist auch eine dieser beiden Sprachen eine zusätzliche Fremdsprache. b) Wie hoch ist der Anteil einheimischer Kinder am Deutschunterricht? Das Verhältnis zwischen indischen Schülern und Schülern anderer Nationalitäten liegt im Allgemeinen bei ca. 4:1. Nach Angaben der BIS sind über 90 % der Deutsch lernenden Schüler indischer Nationalität. c) Handelt es sich bei der Bangalore International School um eine Schule, die auch von Armut bedrohten bzw. in Armut lebenden indischen Schülern Zugang bietet? Gemäß dem indischen Right to Education Act (Gesetz über das Recht auf Bildung) müssen 25 % der Ausbildungsplätze für Schüler aus armen Familien reserviert werden. An der BIS werden dementsprechend auch einige Schüler aus armen Familien unterrichtet. Genauere statistische Angaben hierzu liegen der Staatsregierung jedoch nicht vor. 7. Welche Projekte sind gegenwärtig schon für das Jahr 2016 fest geplant und welche Projekte wären davon nach gegenwärtigem Sachstand für das kommende Jahr durch die Mittelerhöhung im Nachtragshaushalt für den Zweck der Fluchtursachenbekämpfung realisierbar? Der Schwerpunkt der entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatsregierung wird auch 2016 im Bereich der beruflichen Bildung liegen. Die zusätzlich bewilligten Mittel werden voraussichtlich zu einem nennenswerten Anteil in diesem Bereich verausgabt. So fördert die Staatsregierung die Errichtung eines Ausbildungshauses für Jugendliche im Libanon . In Tunesien wird ein Zertifizierungssystem für Berufsausbildungen aufgebaut. In Togo sollen Schulspeisungen in Modelldörfern durchgeführt und die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen verbessert werden. Außerdem wird die Zusammenarbeit mit Westbalkanstaaten intensiviert. Wie vom Ausschuss erbeten, wird eine detaillierte Zusammenstellung der für 2016 geplanten Projekte im Bericht über die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatsregierung 2015, dessen Vorlage bis zum Sommer angestrebt ist, vorgelegt . 8. Inwieweit würden die noch zu beschließenden entwicklungspolitischen Leitsätze des Landtags Veränderungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit der Staatsregierung herbeiführen? a) In welchen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit erwartet die Staatsregierung die größten Veränderungen? b) Sieht die Staatsregierung Widersprüche zwischen ihrer bisherigen Praxis im Rahmen ihrer entwicklungspolitischen Aktivitäten und den Vorgaben, die nun die entwicklungspolitischen Leitsätze des Landtags beinhalten? Die Staatsregierung wird die vom Landtag beschlossene Fassung der entwicklungspolitischen Leitsätze in allen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit sorgfältig prüfen und ggf. notwendige Veränderungen vornehmen.